Der Musterknabe. Von Karl Pauli. ES war sechs, als Paul die elterli che Wohnung betrat. Er fand sie leer. Wie ihn das anmuthete; Rommen würde, und waren jetzt beide am Grabe Ottomars, der heut' vor fünsundvierzig Jahren gestorben war. Onkel Ottomar, wie er genannt wur de, war der Neffe des Schwagers von Mauls Mutterschwestertochter! Nein, konnten nicht wissen, daß er heute würde, er selbst hatte es nicht wis- hatte sich verlobt, und da wa ren sie alle gratuliren gewesen, zu welchem Zweck das Bureau schon um fünf zugemacht worden war. Eine — WaS sollte er jetzt thun? Paul war der Mustersohn von Mustereltern! Nie ist ein Kind systematischer erzogen worden wie — Jede Handlung der Eltern, lvstenhafte Fügsamkeit. Er that alles, Lerben wirst Du bis hellte Abend daß er sie ohne Anstoß hersagen tonn te, wie er das Berliner Adreßbuch auswendig gelernt haben würde, wenn es sein Vater oder seine Mutter gewünscht hätten. Und wie er die Hirnschmalz als ein Spatz besaß, Und das alles war geschehen, ohne daß Paul einen Finger gekrümmt hätte, alles hatten die Eltern besorgt, und er hatte nur nöthig gehabt, diese Fürsorge gehorsam über sich ergehen zu lassen. Und das hatte er gethan! Mit gerührter Dankbarkeit hatte r» alles entgegengenommen, was die Eltern ihm geboten, und sich dort nach besten Kräften und Können bewährt, wo sie ihn hingestellt. Kann man sich stuhle Platz, warum sollte sie sich erst woanders hinsetzen. sie war mit ihrer Tagesarbeit fertig, die Woh nung hatte sie in Ordnung gebracht, »he sie weggegangen, die Betten auf gedeckt, überall Wafchwsber besorgt. denn die gute Frau hielt sich kein Dienstmädchen, nicht, weil sie eS nicht gehabt hätte, denn der alte Rech nungsrath Schönfelder hatte neben feiner Pension noch ein ganz hübsches schehen müssen!" Oder einer sagte: „Weißt Du?" da antwortete der andere sofort: „Natürlich gehe ich hin, das ist doch selbstverständlich!" So te, und das Gespräch fesselte sie nicht sehr, das ganze Interesse des alten Paares war aus das Kommen des Aber er kam nicht! Es schlug halb acht, und er war noch nicht zu sehen! „Nanu!" bemerkte Herr Schönfel der und zog die Uhr. sagte die Mutter. „Verspätet, verspätet!" rief der Rcchnungsrath ungeduldig, „natürlich hat er sich verspätet, was sollte er denn sonst gemacht haben!" „Weißt Du?" sagte die Frau in gewesen sein, da hatte er sich auch verspätet, aber nach fünf Minuten kam er dann frisch und gesund!" M tt d F st d Aber Paul kam nicht! „Ich werde einmal nachsehen, wo ziehend. Die Frau faltete die Hände. „Um Gottes willen," rief sie, „Du willst mich allein hierlassen in dieser tödtlichen Angst?" „Tödtlichen Angst, tödtlichen sammen und schluchzte: „Wenn ihm nur nichts Passirt ist!" Der Richnungsrath warf einen ver zurück. „Im Kontor ist alles dunkel, auf mein Klopfen wurde mir nicht aufge ih: vorkam, als hätte sich draußen entwas geregt. Aber es war immer nichts, auch war es schon ganz dunkel geworden, sie konnte nichts mehr sehen. Nach einer Weile kam der Mann zurück. „ES ist heut nichts zu machen," bei. wenn Jemand um halb zehn noch nicht da sei, der sonst um acht kommt. Leutnant ist!" was soll es denn sein? ein Unglück ist Passirt, sonst hätte uns Paul längst benachrichtigt. Gewiß ist er unter die Räder eines Gefährts ge „Das kann schon sein! Vielleicht unter die Elektrische!" „Um Gottes willen, lästere nicht, eine Droschke ist gerade genug!" „Und die vielen Automobile!" sagte Schönfelder sinnend. „Oder vielleicht krochen!" rief die Frau schluchzend, „weißt Du, schon als kleines Kind"— „Eis! Eingebrochen! Jetzt „Möglich ist alles," gab der Rech scin!" „Ach, da braucht es keinen Löwen; ein Ziegel, der vom Dache fällt, ge nügt!" „Siehst Du!" schrie die Frau auf, „ich habe ihm immer gesagt, er solle „Was Haus! Was Haus!" schrie man es ahnt!" O Gott! Mein armes Kind, vielleicht „Pfui!" sagte sie. „Unser Paul! befürchten haben!" „Nein, es ist etwas passirt! es ist etwas passirt! Wir sehen ihn in dieser Welt nicht wieder!" auf die Tischplatte, hii^u. „Unser Paul Raubmörder?" es war etwas von schmerzlicher Freude. ruf erlassen, sowohl an den Anschlag säulen, wie in allen Blättern. Was trug er denn für einen Anzu^?" Sie erhob sich etwas schwerfällig spind. In diesem Augenblick schlug die wacht. „Um diese Zeit pflegt er sonst auf zustehen!" flüsterte sie und schritt auf das Zimmer des Sohnes zu. gleichfalls und wankte der Frau nach. Diese ging auf den Kleiderschrank zu, den sie öffnete, und da sie dort nicht der das Bett Pauls stand. Aber nur Schrei begleitet um und zur Erde und jetzt sah der Rath auch, was die Frau vor einer Sekunde gesehen, und was ihr den Schrei erpreßt hatte! Da lag ihr Sohn, da lag der Mu nant, in Kleidern und Stiefeln, mit Wäsche und Halsbinde im Bett und schlief! Empörend! und schlief! Die Wirkung dieser Entde- Herzen und Nerven des getäuschten Elternpaares, sich dort durch das Er kennen des Unnützen ihrer Sorge in krasse Wuth verwandelnd nur einen Blick tauschte der Rechnungs zierstock und nun tobte sich der ganze Kummer, den sie die Nacht durchlebt, in wildgeführten Schlägen Ter Türkis. Es war eine Luft, die den Ver stand, den Wächter der Gefühle, ein schläfert und sich bis in die Tiefen „Diese Vernunft hatte ich bei Jh „Jch hatte absolut nicht die Ab sicht ' „Die Sache von der Hand zu wei sen," fiel Brand ein. „An sich ist das Arbeiten bei Henniger schon interes sant genug". Die linke Hand legte sich bei seinen Worten auf den Arm des Chemikers. Kurtius war wie gelähmt. Er hatte gerade das Ge gentheil sagen wollen. Dieser Brand war ein Schurke. Das Ungeheuer von der Straße legte die heißen Pranken auf das Fensterbrett. Es war erstickend schwül in dem Gemach. Brand ging mit In dies«? Händen drängten sich die Laster Brands, seine Geldgier, sein Haß, seine Skrupellosigkeit zu diesen Fingern. Er stellte sie sich feucht und schleimig vor, mit unzähli gen Saugnäpfen besetzt, die nach sei len und Gedanken auszuschlürfen. „Henniger wird Sie gern anstellen. Er sucht einen Assistenten und Sie werden kein Gehalt verlangen. Wenn Sie dann in der Aufregung des Ge lingens den Hahn zu weit öffnen Brand zuckte die Achseln „ein un glücklicher Zufall!" Noch einmal riß sich Kurtius los. „Ich will aber nicht." „Sie sind ein Kind. Denken Sie vielleicht, ich habe Lust, einen opposi tionellen Angestellten zu behalten?" „Ich ich kann es nicht thun. Ich bin kein Lump." Ein hartes Lachen zerschnitt den Ausklang seiner Worte. Die Luft hielt die beiden Männer mit träger Gluth umspannt. Sebastian Brand kam dich an den jungen Mann heran und legte die Linke auf seinen Arm. „Denken Sv an Ihre Frau." Und langsam, widerstrebend drehte sich der blonde Kopf herum. Die rothbraunen Finger des Direktors klebten an seinem Bermel —, der Türkis leuchtete tückisch „ich werde eS thun." Es war geglückt. Kurtius hatte mit zusammengebissenen Zähnen ge arbeitet im rechten Moment den Hahn geöffnet. Die Flamme war herausgeschossen, die Lösung aufge spritzt und verdampft. Nachher hatte er Henniger ohnmächtig am Boden gefunden. Er hatte keine Mittel mehr gehabt, die kostbare, räthselhafte Tink tur noch einmal herzustellen. Das boratorium, Henniger mit gleichgül tiger Muthlosigkeit, Kurtius mit wü thendem Eifer. Täglich um elf Uhr Vormittags besuchte Direktor Brand seine Herren. Jedesmal glitten seine Hände über die Tische, raschelten in den zahlenbedeckten Papieren und stie ßen an die klirrenden Flaschen und Schalen. „Ekelhaft", dachte Kurtius und blickte wie gebannt auf die hageren Finger. Zwischen den durchsichtigen Gläsern bewegten sie sich wie die Arme eines Oktopus und der Türkis lauerte bald hier bald dort mit sei „Sie sollten verreisen," meinte Brand, dem die Unruhe seines Che mikers nicht gefiel. „Nein, ich bleibe hier." Die beiden Männer waren sehr Kopf in die Hände gestützt, mit fin sterem Gesicht an seinem Platze. Kur tius litt unsäglich. Warum habe ich es nur gethan?" Er haßte den Chef. Er rauchte nicht mehr, der. werth." Es klang so bitter. Kurtius wußte, wie sehr der Kollege ein Abhängig den mußte. Bis spät in die Nacht saß er im Laboratorium. Er kochte, probirte wurde, zuckte er zusammen; alt wenn sein Fleisch bloß läge und jedes Wort ihn schmerzend berührte. Fortwäh- „Ein ekelhafter Mensch, dieser Di erstaunt den Kopf. Der Kollege war wirklich trank. .Sie sollten mal verreisen." „Nein." Tisch. ch - tl ch de« ges. Kurtius sah ihn aus brennenden Augen an. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Durch seinen Kör per liefen von Käsern mit chen. „Was ich mache?" Er zog ein klei nes Fläschchen aus der Tasche und hielt es gegen das Licht. Eine milchig blaue Flüssigkeit war darin. Mit glühenden Blicken schüttelte er die kleine Phiole. Er beugte sich weit über die breite Tischplatte und flü sterte: „Gift für den Oktopus". liches Gefühl. „Lassen Sie doch diese reizt." Sebastian Brand kam herein. Kurtius zitterte. Die Käfer in feinem Körper liefen wie rasend durch einander. Der Direktor streckte die Hand aus, rückte an den Retorten und Flaschen. Seine Finger krochen in dem gläsernen Gewirr umher, der Türkis sixirte höhnisch den Chemiker. „Was ist das - ?" Brand hielt die kleine Phiole in der Hand. Kurtius riß sie ihm fort. Mit blitzartiger Schnelligkeit zog er den Glasstöpsel heraus und schüttete die bläuliche Flüssigkeit auf Sebastian Brands ausgestreckte Linke. Ein Wuthschrei rief Henniger aus dem Nebenraum. Der Direktor lag bewußtlos auf den Fliesen und Kurtius hielt mit gräßlichem Auflachen die leere Flasche empor. „Er ist todt, ich habe den Okto pus getödtet." Henniger kniete nieder. Die linke Hand des Ohnmächtigen war nur noch ein scheußlicher Klumpen. Und mitten in der braunen klebrigen Masse lag ein runder Türkis. Kurtius sah ihn und wollte sich darauf stürzen „das Auge, das Auge". iiek b d sinniger seine Arme. „Ich muß es haben das Auge, das Auge, das mich vergiftet hat." Der Kollege rang verzweifelt. Er schrie und pfiff Der Schaum stand ihm vor dem Munde. Er wurde still. Hilflos starrte er aus den leblosen Direktor, auf die verbrannte Hand und weinte. Noch im Fortführen klagte er. „Wa rum habt ihr mir das Auge nicht ge< der Hand abgenommen. Er lag im halbdunklen Schlafzimmer. Henniger mußte ihm berichten.' Kurtius ist wahnsinnig geworden. Er war schon in der letzten Zeit manchmal so sonderbar Brand folgte dem Blick. Er griff auf das Tischchen an seinem Bett und zum ersten Male. den Mundwinkeln Brands. „Es ist Äuf dem Bahnsteig eines sehr östli chen deutschen Bahnhofs stehen, nicht weit von einander entfernt, der Han- General v. Z. Der General ist in Be gleitung seines Hundes, den er „Mo ses" nennt, und läßt das kluge Thier allerlei gescheidte Kunststücke machen. „Moses hier" und „Moses dort" geht es eine ganze Weile lang. „Na, Chajim," ruft endlich der General, „wie gefällt Dir mein Hund?" „Groißortig," erwidert Chajim, „groißortig, Herr Generolleben! Wann der Hund nir wär' ä Jiid', Der kleine Willy (zu seiner Schwester): „Soll ich's Mama sagen, daß Du Dich von dem Autler hast küssen lassen?" „Das hast Du nicht gesehen!"" „Ich hab's aber gehört!" „Du hast es auch nicht gehört!"" „Ich riech's aber!" > Angst?" „I net. aber der Lehrer." Der Abschrift st eller. „Als ob der.Roman der Zwölf' etwas Seßhaft. Arzt (in dex Kneipe zum Patien ten): „Na, na. schon wieder beim Bier?" Patient: „Herr Doktor hatten mir doch einige Glas erlaubt!" selbst Wasser trinken müssen!" Besitzest Du und bist besessen! Günstig. Kinderfinger Sie haben' Fräulein!" Sie: „Nicht wahr? Meine Man«? sten." Ausrede. „Warum kommst Du denn heute wieder erst um halb ''ein Uhr nach Hause?" „Ach. süßes Weibchen, ich wollte Dich doch im be sten Schlaf vor Mitternacht nicht stö-