auf. Ich sah es mit Besorgniß. „Iwan", sagte ich. „fahr zu! Die Wölfe! ..Wenn es so hell ist, sind sie befon htll oder dunkel ist. Ich kenne si«. Hier war es, hier, um dieselbe Zeit, „Hm. ich rede nicht gern davon, und wenn ich Dir die Geschichte erzahle, tvirst Tu das begreifen." Jahren und bin heute siekxnunddrei ssig, also achtundzwanzig Jahre, wir waren sieben Kinder auf dem Schlit- In ber Stadt ging alles glatt, bedeutete: die Wölfe. Wir Kinder Wölse wollen? Aber ich sehe noch hoffnungslos, vor uns der endlos« Weg, hinter uns die Wölfe. Das 'Pferd tonnte noch so gut sein, den Schlitten, das war kein Zweifel. Die Jagd ging los, das Pferd rannt« um sein und unser Leben, das an den Hals zu springen, sie versuch ten, sich von hinten des Schlittens zu bemächtigen. Gelang ihnen eins von diesen Manövern, so waren wir alle verloren, das wußten wir, das fühl ten wir, und deshalb harrten wir zit ternd auf das Kommende. Schon schien es keine Rettung mehr zu geben, schon haben die Vordersten das Pferd erreicht, schon springt einer, der größte und der stärkste, demselben nach der Gurgel, da drehte sich der Tatar plötzlich auf seinem Sitz um: „Mag Gott mit uns sein!" ruft er, „besser einer wie viele. Betet für sein« Seele, Kinder!" Und eh« wir wissen, was «r sagen will, ja ehe wir recht gehört haben, hat er eins der Kinder, «in kleines Mädchen, von dem Schlitten gestoßen. Wir schrien aus vor Schrecken und Entsetzen, ab«r so schrill uns«r Schrei auch klingen mochte, noch entsetzlicher klang der des armen geopferten Kin des. über das di« wilden Bestien mit unendlicher Gier herfielen. Nur den Aufschrei hörten wir, nur eine krampf hafte Bewegung des armen Opfers war wahrzunehmen, dann verschwand der kleine Körper unter den Leibern d«r Wölf«. Der Schlitten jagte weiter. Die Wölfe blieben hinter uns zu rück. Wie toll hieb der Tatar auf das Pferd «in, aber wir hatten nur einen kurzen Vorsprung gewonnen, bald waren die grauen Bestien wieder an unserer S«it«. Eine Weile versuchte der Tatar durch die Kraft des Pferdes dem Tode zu «ntfli«hen, ab«r als die Gefahr wieder den höchsten Grad erreicht hatte, drehte sich der Unmensch wieder um und warf den Thieren ein neues Opfer vor. Wie wir auch baten und schreien mochten, all unser Beten und Weinen rührte den Unmenschen nicht, der in seiner thierischen Lebenssucht all die armen Kleinen einem gräßlichen Tode opferte. Ich bin in meinem Leben nie wieder recht froh geworden, die Erinnerung an jene entsetzliche Nacht hatte mich nie ganz verlassen, nie völlig der Gedanke, daß sechs kleine unschuldige Kinder sterben mußten, damit ich leben konnte. Ich sehe mich immer noch im Kreise meiner Kameraden auf dem Schlitten hocken, hinter uns die Wölfe, neben uns d«n Unmenschen, der eins der Kinder nach dem anderen den Wölfen zum Fraße vorwarf. Eines nach dem andern, nur ich war noch übrig, zitternd hielt ich mich an den Planken des Schlittens fest, ich hatte mein Messer gezogen; wenn er nach mir greifen wollte, Mutter Gottes, sei gelobt, dort^koin- Aber was ist das, der Tatar langt doch nach mir, will mich doch vom dem Schlitten her. „Was thust Du!" ten! Sieh', die Wölse stutzen schon!" Aber noch wilder zerrt er an meinem Arm, mit Riesenkraft versuchte er mich von dem Schlitten zu stoßen, Noch einen Blick warf der Tatar dann ließ er plötzlich die Zügel fallen und griff mit beiden Händen nach ment vom Schlitten stoßen wollte: seine Unthat durfte keinen Zeugen haben. Ich wußte, daß ich mich iim mein Leben zu wehren hatte, und stieß schre-tliche Geheul, das wir vorhin in der Ferne gehört. „Ein starkes Rudel," sag!« Iwan. Der Mond war aufgegangen und beleuchtete taghell die Gegend. Wir waren an die Stepp« gekommen und sausten über die glatte Fläche. Trotz dem fuhr Iwan durchaus nicht mit voller Geschwindigkeit. „Schneller, schneller!" r!«f ich ba hn, denn seine Erzählung hatte ge rade meinen Wunsch. Wölfen zu be gegnen, nicht verstärkt. 'ss - s te mobil gegenüber benehmen, ob si« „Aber Jwant" rief ich entsetzt. Er hörte nicht, er hatte sich empor- Mufchtt, siehst Du denn nicht, daß der Scheiben fast einen Centimeter dick, vor was hast Du Angst?" „Ich habe keine Angst," erwiderte „Verdammtes Blut!" rief er. „ab«r die Wolfsangst steckt jedem hier so tief im Blute, daß sich 3^5 Mildem Winterest er ser- Fenster. tig. „Hast Du gesehen?" flüsterte er, „das war einer, jetzt werden sie gleich trotz der großen Kälte, das Fenster zu Die scharfe Luft, die schnelle Fahrt, ich"'"«" „Nun?" fragt« Iwan. Ich theilte Fahrt folgte und in welchem jetzt, wahrscheinlich infolge unserer Schwenkung einige Unordnung zu gen Bestien! Wenn'S nur ein Schlit- Jhr fürchtet Euch wohl?!" schrie er und hielt den Wagen plötzlich an. Die Wölfe schoben im Laus noch ein Stück vor, stutzten aber doch, als Iwan lacht« laut und „Da hast Du sie!" schrie er. „Da siehst Du die feigen Kanaillen. Und vor denen haft Du Angst gehabt? Wart', ich werde Dir noch ganz was anderes zeigen." Bei diesen Worten hatte er das Automobil ganz herumgedreht und fuhr jetzt direkt auf die Wölfe IoS. Ich war, als ich seine Absicht merkte, aufgesprungen, um ihm das Lenkrad aus der Hand zu reißen, ab«r ich sah bald, daß keine G«sahr vor handen war, den» kaum hatten di« Wölfe die Bewegung des Autos auf sich zu bemerkt, als sie sich zur schleu nigen Flucht wandten. „Laß sie," sagte ich, „fahren wir nach Hause, es ist spät genug." Jwa» gab keine Antwort, wie von einer Vision ersaßt, schaute er hinter den fliehenedn Wölfen dr«in, sein« Augen glühten, feine Lippen murmel tastet«. ch F h Jetzt hatte er ihn «rgrissen und zog ihn langsam an zu schnellerer Fahrt. die Maschine die Bestien schnell er reichte. Jetzt zog Iwan den Heb«l ganz heran zu schnellster Fahrt. Mit nächsten Augenblick waren wir vor den Bestien. Iwan wendete das Gefährt. stand aus und blickte nach den Boden. Als die fur-Abar« die war aufgesprungen und senkte stehend, nach Opfern ausspähend, das Ge fährt, und erblickte er irgendwo eine Luft «rschütt«rtc. „Siehst Du, siehst Du, damals als Wildheit der Wölfe zugleich bedroht, sein, für j«d«s der armen kleinen Opfer, fünf, zehn Wölfe, so wahr ich Iwan Oetowitsch heiße!" mit großem Geschick sein Gefährt zwi schen die fliehenden Wölfe lenkend, hatte er die Worte wie «in Triumph- Opfers. welches stth dem sicheren Tode durch die Flucht entziehen wollte, rast« er her, als gelte es, den Erbfeind zu ver tilgen. Und keines der Thier« hatte sich zur Wehr gesetzt; flüchtend von Todes angst getrieben, ließen si« sich todtsah r«n. Der Untergang des Mondes been dete das grause Morden. Wir zähl ten die L«ichen der Getödteten; es waren über vierzig. Wir verabredetcn gleich am nächsten Tag ein neues Jagen, aber ich sollte v«rhind«rt sein, daran teilzunehmen; eine Depesche rief mich nach Deutsch- Als ich abfuhr, dachte ich von Iwan mehr zu hören, er hatte mir zwar versprochen, zu schreiben, ab«r solche Versprechen kennt man. Allein ich sollt« mich täuschen. Kaum waren seit meiner Rückkehr vier Wochen in's Land gegangen, da er hielt ich eines Tages «in Packet aus Rußland, es war eine riesige Pelz decke mit gezacktem Rand. Iwan schickte sie und schrieb dazu: „Kennst Du sie wieder? Es sind drei Felle von den größten, und vier zig Ohren sind als Rand verwendet! Hier gibt's jetzt keine Wölfe mehr, sie sind g«flohen. L«id«r konnte ich sie nicht alle todten, aber etwas gehol fen ist uns doch." „Merkwürdig," dachte ich, „wer hätte je gedacht, daß man die Wölfe mit Automobilen verjagen wird! Welt erfahren!? Ja, was haben die, die nur -in halbes Jahrhundert alt sind, in dieser kurzen Spanne Zeit nicht schon alles erlebt, und was wer den sie noch erleben, das den^e^ich stuhl sitze/ und meine Füße bequem auf die warme Wolfsdecke stütze." Episode. Ein ernst aussehender junger Mann, der Wolfgang hieß, saß auf dem Ballon eines Cafes an einem marmornen Tischchen. Vor ihm stand d«r Killner in langer, nxißer Schürze und kurzer Jacke und fragte nach seinen Wünschen. Er überleg te. Im Grunde verspürte er über haupt keine Lust zu irgend etwas aus reiner Langeweile und nur um die Zeit todtzuschlagen, war er einge „Einen Thee mit Rum", schon lief d«r Schürzenmann ans Büfett. Dort sah die „Mamsell" in schwarzem Rock und weißer Bluse mit dein fahlen, müde-biti«ren Gesichtsausdruck der meisten Büfettmamsells. Wie eine Schutzwehr zieht sich das Büfett um sie herum, was noch mehr den Eindruck verstärkt, daß sie, die dahinter sitzt, hier «inen Ruheposten, «inen Hasen gefunden hat. Die Wo gen des Lebens und die Stürme der Brandung gelangen nicht mehr zu ihr sie prallen ab an dem Maha goniholz der Brüstung. Braun« Schokoladtkuchen und nxißglacirt« Punschtortcn Apf«l schnitten und Sahnebaiseis stehen in bunt«r Reihe auf der marmornen Platt«, und der hellblinkende Me lallkrahn spendet duftendes, heißes Getränk. Wolfgang hat unterdessen eine Zi garette in Brand gesteckt und schaut nun auf das Gedränge hinab. Da unten braust das Leben in vol len Tönen Pfeifend, heulend, tu tend und klingend rasen Wagen. Au tos, Trams und Fahrräder vorv«i, während die Menschen sich dazwischen drängen, schieben und stoßen, um nur durchzukommen. Es ist noch früher Nachmittag 4 Uhr. Der Himmel ist grau und jene frühherbstliche Stimmung liegt in der Luft, die selbst an warmmil den Septembernachmittagen schon er füllt ist von abendlichen Nelxlahnun- Graue, mattgelbe Töne herrscken oor, und selbst die lustigen blauen, rothen und grünen Plakat« an den Litfaßsäulen und auf der Platsorm der Omnibusse erscheinen weniger hell, weniger leuchtend. Wolfgang fragt nach Zeitungen «r will lesen. Zuerst wird ts ihm schwer, sich zu R.iuschtn und Dröhnen unter ihm, aber dann plötzlich geht es ja, das regelmäßige Wogen und Brau«n be ruhigt ihn wohlthätig wi« ein gleich mäßig sich wiegendes Me«r. Er fühlt sich isolirt, frei und einsam wie ni« in dir Stille der wirklchen Einsamlet. Ein« Dame tritt ein und setzt sich nach einigem Zögern an den kleinen Tisch neben dem seinen. Sie legt ihre Pack«tchen auf den Stuhl und bestellt ein« Tasse Kaffee. Sie ist ele gant und vornehm gekleidet und ein großer Rembrandthut beschattet «in feines blasses Gesicht. Auch sie schaut mit fernem Blick hinab auf das Treiben lange träumerisch. Sie hat die Handschuhe abgelegt— ein breiter, schwer Ehering blinkt an der rechten Hand. Das alles sieht Wolfgang halb mechanisch über sein« Zeitung hin weg- Und plötzlich wird er von einem merkwürdigen, ihm ganz neuen Em pfinden beherrscht. Fremd ist ihm diese Frau, und nicht das geringste Klopfen seines Herzens spricht für sie. Aber ihr ferner, träumender Blick sagt ihm, daß ihre See!« wie die sein« all«in, isolirt ist weit über der lärmen den, hastenden Menge da unten und daß dort irgendwo in diiser Menge eine häßliche, fette Hand ist, an d«r das Gegenstück zu diesem fürchterlich breiten Ringe blinkte Und Wolfgang erlebt an sich das Wunder eines r«in unpersönlich Wolsgang, wie getrieben von einer inneren Macht, folgt ihr. Sie geht zur Unt«rgrundbahn, die zum Westen führt. Und er b«eilt sich, ihr vis-a-oiZ rothen Polster im Schimmer des elektrischen Lichtes «rsch«int ihr schmales Gesicht noch blässer, noch fei ner. Da plötzlich ein Ruck und dann ein Halt auf der freien Bahn am Gleisdreieck. Vielleicht um nur einen Zug abzuwarten oder weil ein Signal genau beachtet werden muß. Nur ein paar kurz«, angstvolle Se kundin war«n «s, aber sie werden zum tiefen Erlebniß für Wolfgang und di« fremd« 'Dame. Nun wußt« er, warum er ihr folgen mußte nun kannte er plötzlich die Bedeutting und Art feines Empfindens für , d s d wegmüde Seelen, die sich heute zwei mal gefunden hatten, wi« sich sonst Menschen ein ganzes langes Leben und nun am jähen Abgrund mii zit terndem Herzen, das den Gefährten sucht und an der Hand halten möchte, zum letzten Sprung. Ein ängstlich flatternder Blick war sung fand in seinem warmen Blick. Er hätte diese fremde, süße Frau in diesem Augenblick in seine Arme schließen und mit ihr vereint in den Abgrund stürzen mögen —, so lebte er ihre seine, unsichtbare Seele, die er tastend fühlte und tröstete. Der Zug aber that wieder einen Ruck, und schnell und sicher eilte er weiter, der nahen Station zu. Blick, und als sie an der dritten Sta tion ausstieg, blieb Wolfgang ruhi gen, erlösten Herzens sitzen in dem wieder sehen. „Menschen, Mensche« sei« wir alle." Ein Student der Rechte saß wegen Sachbeschädigung auf dem „Arme Es ward ihm zur Last gelegt, ein Kellerschild abgerissen und fortge schleppt zu haben. Er wurde aber Umgegend schon oft derartige Dum- Sie sich schuldig?" Angeklagten Ich kann mich auf Vorsitzender: Wie hat sich die THÄ Air l»»ße Zeiche»k»»pler. i-l ! '! !/ 1 )ic. ! j Erdstürze in Pari». Jn den letzten Wochen sind in Pa ris häufig Erdstöße vorgekommen, welch« den Lvuvr« zu gefährden schei nen. Diese Erdstürze gehören dort nicht zu den Seltenheiten. Das er klärt sjch aus der Natur des Bodens, auf dem die Stadt steht. Dieser Bo den ist durch ein doppeltes Netz von Gängen nach allen Richtungen hin durchzogen. Zunächst durch die viel verzweigten Kloaken, dann aber hauptsächlich durch die sogenannten „Katakomben", die diesen Namen al lerdings mit Unrecht tragen, da sie in Wirklichkeit nichts anderes als ur alte Kaltsteinbrüche sind. Jetzt erin nern sie freilich den Besucher in ei genthümlicher Weise an die römischen ttatakomben und Kapuzinergrüste, da sie als Riesenlagerstätte für die menschlichen Gebeine dienen, die hier her geschafft werden, so oft es auf den Friedhöfen an Raum gebricht. es in besonders großer Ausdehnung im südlichen Theil der Stadt, auf dem linken auch der 1534 der Jesuitenorden gegründet. Der Bau der riesigen Herz-Jesu- Kirche auf dem Gipfel des Mvnt. martre erforderte auch befolg rutsch erfolgte, der leider ein Men schenleben kostete. Der Erdsturz im großen Hofe des Louvre hat viel leicht ähnliche Ursachen. Allerdings liegt der gewaltige Gebäudecompler ist ja nicht ausgeschlossen, daß auch der centrale Stadtth«il, der sich zwischkr. dem Seineuser und d«n großen Bcule-