Im Strudel der Grobstadt. (12. Fortsetzung.) Fortgesetzt verringerte sich der Ab stand zwischen Polly und dem vor ausjagenden Felde, das sich allmählich immer mehr auseinander zog. Es dauerte nicht lange, da hatte si« die ersten Nachzügler überholt und nun gewann sie Schritt für Schritt Ter- Spitze auf. Im Finish dann noch «in erbitterter Kampf zwischen ihr und Nero. D«r wollte sich nicht noch im letzten Augenblick die Siegespalme «ntr«ißen lassen, er kämpfte wie ein Held. Seite an Seit« schössen die beiden schönen Thiere dahin, ein herr licher Anblick für das Herz jedes Sportsmans. Nero war zäh«r, aus dauernder, verläßlich«!, als Polly, aber ihm fehlte ihre Impulsivität, sie ihr oft schon noch im letzten Au genblick, wenn es galt, im Spurt die Leistungsfähigkeit für Sekunden aus den Gipfelpunkt zu steigern, das Uebergewicht über die konkurrirenden Genossen gegeben hatte. Nachdem Orthmann zum Endspurt «ingesetzt hatte, war das Schicksal Neros besiegelt. Einen Augenblick noch sah man ihre Köpfe in gleicher Linie, dann schoß Polly wie ein Pfeil vor und ging mit einem letzten schlan ken wilden Satz mit einer halben Länge als «rste durchs Zi«l. Das Publikum war von einem Taumel d«r Begeisterung ersaßt, Hüte, Taschentücher, Stöcke, Schirm« wur den unter Hurrahrufen geschwenkt. Wem es möglich war, eroberte sich ir gend einen erhöhten Standpunkt, um iiber die Köpf« der Bordermänner hinweg die beiden Sieger bestaunen zu können. Andere versuchten die Schranken des Jnnenraums zu stür men, di« Rennbahndiener konnten sich kaum des Ansturmes erwehren. Polly und Ortbmann waren die Helden d«s Tages, und das Thier verstand die Huldigungen und wür digte sie. Trotzdem es augenscheinlich am Rande seiner Kräfte war, trug es Schweif und Nack«n stolz und schnaubt« mit geblähten Nüstern, als Orthmann jetzt langsam zurückgerit ten lam, Ihren Herrn dagegen schien der Beifall kaum zu berühren. Er dankte mechanisch für die begeisterte Ovation, während sein Auge über das Publikum hinweg nach den Tri bünen spähte. Er sah blaß aus, wie immer nach einer großen, sein ganzes Wesen auf wühlenden Erregung. Die rothe Wunde hob sich grell aus dem sohlen Gesicht, das Blut sickert« tropfenweis auf den Rockkragen hernieder. Während seine Augen vergeben» suchten, zog sich sein« Stirn finster zusammen ein« strahlende Sie germiene war das nicht aber dann ging auf einmal ein Leuchten über seine Züge, und er winkte lebhaft zu einem Punkt hinüber, wo zwei Mädchengestalten in hellen Kleidern standen und ihm >init ihren Taschen tüchern Grüße sandten. Als er von Soltei unterstützt wie der auf den Füßen stand, merkte er «rst, wie ihm alle Glieder schmerzten und wie st«is sie waren. Die höchste Zeit, daß sie beide, er wie Polly, zur Man liebkost«, beklopfte, bewun derte Polly, begleitete sie im Triumph nach dem Stall, und man schüttelt« Orthmann die Hand, erschöpfte sich in Gratulationen und Anerkennungen, und da war auch mancher gute Be kannt«, der ihm wie Polly in iiberströ- Schulter klopfte: Brav gemacht. Herr Kamerad ... und er konnt« sich doch kaum auf d«n Füßen halten und knickte fast zusammen unter den kräf tig«« Handschlägen. Soltei nahm ihn unter den Arm und führte ihn den Kabinen entge gen. Der Arzt wartete mit dem Verbandzeug. „Wenn du nur keine Gehirnerschüt terung davonträgst," sorgte er sich. Er der Ausregung der letzten Biertel stunde, viel erregter, als Hans selber. Si« waren schon lange eng befreundet, ab«r erst jetzt fanden sie das vertrau liche Du. Orthmann nahm es so selbstverständlich auf, wie es Soltei über die Lippen gekommen war. „Nein, ich bin vollkommen klar hab« nicht einmal ernstlich Kops weh." Durch eine Mnschenmauer mußten si« sich mühsam Bahn schaffen. Jeder wollte den schneidigen Sieger von Angesicht zu Angesicht sehen, womög lich seine Hand fassen od«r wenigstens seinen Aerm«l streifen, den wenig er quicklichen Anblick der Blessur, d«r zersetzten Uniform aus nächster Nähe genießen auch hier war Theil nahme und Sensationslust eng ver eint. Soltei hatte zu k«hren und zu wehren, daß man ihn unbehelligt doch plötzlich verstohlen Orthmanns herabhängende Rechte und preßte sie mit innigem Druck und Hans blickt« Dorette hatte sich inzwischen soweit gefaßt, daß sie die Damen Seid«l- mann der Tante zuführen konnte. Die Gräfin hatt«, flammend vor Be geisterung über OrthmannS Leistung, sofort Steinrücker mit ihren Gratu lationen zu ihm geschickt, und sie hörte mit Befriedigung, daß der schneidige Oberleutnant nur Fleisch wunden, allerhand Kontusionen, aber keine ernsten Verletzungen davonge tragen hätte. „Gott sei Dank," sagte sie, „er hätte ebensogut das Genick brechen können." In ihrer gehobenen Stimmung em pfing sie die Frau Pastor wärmer, als es sonst ihre Art neuen Bekannt schlichte, würdige und doch herzlich« Liebenswürdigkeit der Frau Seidel mann nahmen sie sofort gefangen. Sie mußte sich zu ihr fetzen, während die beiden jungen Damen einen Er holungsspaziergang unternahmen. Dorette schob vertraulich ihren Arm durch den Anna Marias und stützte sich auf sie. Sie fühlte sich elend, noch immer zitterten die Füße unter ibr. Mit ihrem feinen Instinkt für die Leiden und Freuden ihrer Mitmen schen ahnte Anna Maria, was in Dorette vorging und sie begann wie zufällig von Hans zu erzählen, von ihrer beider Jugend und ohne daß sie eS beabsichtigt«, wurix Schik für behalten Freund. Dorette ath mete immer hastiger, ihre Augen strahlten immer Heller, und als Anna Maria endigt«: „Wir haben uns lieb gehabt, so lange wir uns kennen, und haben nur den «in«n Wunsch, daß es so bleiben möge, auch wenn sich einer oon uns verheirathet," da drückte sie ibr ganz unv«rmitt«lt stumm, aber hirzlich die Hand. Man blieb nicht bis zum Schluß der Rennen, Gräfin Anastasia war hochbefriedigt über d«n Ausfall der Nummer, wegen der sie ja überhaupt nur gekommen war so befriedigt, daß sie darüber ganz vergaß, wie ihre eigenen sachkundigen Prophezeiungen denen der Nichte ge genüber kläglich zuschanden geworden waren. Die Schlußnummern interef si'-ten sie nicht weiter, und die Frau Pastor war froh, daß sie nicht länger einem Schauspiel beizuwohnen brauchte, das ihrem innern Empfin den. wie sie vorausgesehen hatte, durchaus widerstrebte. Gerade als man gemeinsam aus der Umfriedigung des Sattelplatzes auf den Vorplatz heraustrat, kamen Soltei, Orthmann und noch einige Herren von den Kabinen her. Hans trug eine weiße Bind« um die Stirn und Civilkleider. Man sah an der Blässe seines Gesichtes und an der lässigen Haltung, daß er erschöpft war. Aber er schritt wie in Unge duld d«n anderen voraus, seine Augen spähten suchend umher. Die Gräfin blieb wartend stehen, Hans bemerkte sie sofort, und da be kam f«in Gesicht auf einmal Farbe. Sein Blick sprühte auf, fein Körper straffte sich. Rasch trat er der Gruppe entgegen, aber ehe er sie noch erreicht hatte, war Anna Maria, von ihrem Temperament hingerissen, ihm entge gengeeilt. und hatte seine beiden Hände ergriffen. ..Hanni ach Hanni, wie stolz bin ich auf Sie!" „Nun, Frau Gräfin, was sagen Sie zu unserem Orthmann?" fragte Soltei. als Hans sich üb«r ihr« Hand zum Kuß neigte. „Wunderbar einfach wun derbar! Unübertrefflich! Jetzt, Herr von Orthmann, entgehen Sie mir nicht mehr! In meinen Salon» darf der schneidigste Offizier Seiner Majestät nicht fehlen." Hans stand wie auf Kohlen, be strebt. zu Dorette zu gelangen. Die hielt sich etnns abseits, zeichnete mit d«m Sonnenschirm mechanisch Figu ren in den Kiek und nur dann und wann flog ein rascher verstohlener Blick zu der Gräsin und zu den beiden üerren. Auf ihrem Gesicht brannte ein Helles Roth. Man begrüß'? noch einige andere Belannte. und endlich vermochte Hans sich frei zu machen. Langsam näherte er sich Dorette. Da hob sie die Augen und obwohl sich das Roth in ihrem Gesicht noch "ertieftc. sah si« ihm mit einem festen Blick sre! und gerade ins Gesicht. „Ich danke Ihnen. Herr von Orth mann." Er erfaßte die ihm darge reicht- Hand mit kräftigem Druck. „Gnädiges Fräulein." sagte er leise, mit versetztem Athem, „soll das heißen, daß Sie mir verzeihen?" „Ich hab« Ihnen nichts zu ver zeihen Sie haben mir neulich bei Seemanns bewiesen, daß ich gefehlt habe, wie Si« so sind wir quitt." „Und, gnädiges Fräulein wenn ich die Gräfin besuchen werde wird dann Fräulein vom Berg auch anwesend sein?" „Wenn Tante nicht etwa den „schneidigsten Offizier Sr. Majestät" für sich allein in Beschlag nimmt..." Da sa'ien «ich beide an und lächel ten, und durstig tranken seine Augen das Licht, daS ihnen aus seinem blauen Himmel entgegenstrahlte. „Leben Sie wohl, gnädiges Fräu lein." Er bückte sich und drückte seine heiß.n Lippen auf ihre Hand. Und si« trat hastig zu Anna Maria und wagte nicht m«hr, ihn anzusehen. > "xv. ' Steinrücker b«sand sich in eimr Übeln Lage. »IS cr in Gesellschaft dir Gräfin und Dorettes vom Rennen nach Hause fuhr. Sich von d«r Be gleitung sr«i zu machen, war unmög lich gewesen, so sab er den Damen gegenüber in der Gräfin Wagen und hörte mit erzwungen harmlosem Ge sicht und innerlich kochend die Lobes hqmnen an, die die Tante Exzellenz süchtiges im leisteten, sich auf irgendwelchem Gebiet auszeichneten, überhaupt imstande wären, ihre Kraft und Energie zu konzentrir«n. Er empfand recht gut, auf wen das abzielte und daß Dorette Zeug« dieser verblümten Zurechtweisung war, verstärkte nur das Demüthigende Allerdings, das Fräulein vom Berg lehnte theilnahmSlvs in ihrer Wa genecke mit in sich gekehrtem Ausdruck im Gesicht, als ob si« von dem ganzen Gespräch nichts hör«. Er warf dann und wann einen verstohlenen Blick aus sie und zum erstenmal bemerkte er, wie wunder schöne blau« Augen sie hatte. Ein sonderbares Leuchten wie von innen heraus lag in ihnen, und der für Frauenschönh«it sehr empfängliche Steinrücker meinte, wen diese Augen in warmer Herzlichkeit anstrahlten, dem müßte es fein, als ob ein Stück chen sonniger Himmel zwischen düste ren Wolken auf ihn herablächele. Und während di« Tante rücksichts los ihre Kritik fortsetzte und «r schein bar aufmerksam lauschte, erwog er bei sich, daß es endlich an der Zeit für ihn sei, der Gräfin Wunsch zu erfüllen und sich ernstlich um Dorette zu bewerben. Der Examenstermin ruckte erbarmungslos näher und Jobst von Steinrücker hätte der hoff nungsvollen Tante schon heut das Resultat voraussagen können. Es würde aber bei dem sicheren Fiasko des Adoptivnessen nur ein Be ruhigungsmittel für die empörten Gefühle der Gräfin Tant« geben ihre HeirathSpläne zu verwirklichen. Außerdem gewann Dorett« täglich mehr die Gunst ihrer Tante, und das konnte zuletzt unbequem und unange nehm für ihn werden. Schon die Klugheit gebot ihm. sie an sich zu fesseln. Früher hatte er daS als eine todtschere, nur ?on sein«m Belieben abhängige Sach« sehr leicht genom men. Seit einiger Zeit aber waren ihm doch Zweifel an seiner Unwider stehlichkeit diesem „Landgänschen" vom Berg besaß eine ganz respektable Dosis Selbstbewußtsein und eine un heimliche Klugheit. Da würde es gelten, ernstlich zu werden! Pah^ Neues, Amüsantes, solch kühles, lang weiliges, indifferentes Persönchen ein ihm doch zuflog, wie alle Weiber. Es zuckte malitiös um seine Lippen. Er hob unternehmungslustig den Kopf, aber als er einen prüfenden Blick zu Dorette spickte, begegnete Ausdruck auf ihm ruhten, als ob sie ihm die Gedanken von der Stirn ge lesen hätte. ES würd« ihm unbe haglich unter diesem Blick, um so mehr, als er wieder bemerken mußte, wie schön die Augen waren und wel chen wundervollen Tei it dieses „Land gänschen" besaß. Er gab sich unendlich dienstbeflis sen und liebenswürdig, leistete auch den Abend über den Damen Gesell schaft, wciS die Gräfin freute und ihm Wieder geneigter machte. Sie selbst fordert« ihn auf zu spie len und singen. „Ich muß ja einsehen, daß er viel Begabung für Musik ocsitzt," sagte sie zu Dorette. „Er mög sie auch, so bald er sein Examen hinter sich hat, nach Herzenslust ausbilden. Ich bin doch kein Unmensch und werde nicht verlangen, daß er im Bureau hinter den Büchern vertrocknet aber einst weilen hat er seine Aufgabe zu er füllen und soll mir nicht mit Phan tastereien kommen.' «in« sehr schöne Stimme und eine gute Technik im Spiel." „Das klingt recht kühl! Du scheinst nicht sonderlich viel von Jobst zu halten.' „Wie sollte ich da,u kommen, gering von deinem Neffen zu deirken? Ich glaube sogar, daß ich ihm mehr Ge rechtigkeit angedeihen lasse, als ihr alle. Verzeih, iber nicht paßt nicht hinein." „Aha!" dachte die Tonte befriedigt, „sie ergreift schon Partei für ihn." Darum sagte sie milder, als sie sonst einen solchen Borwurf beantwortet haben würde: „Das verstehst du nicht, Kind er muß doch einen Lebens beruf haben als mittelloser Mann oder soll er sein Leben lang di« De müthigung mit sich herumtragen, ganz und gar von mir abhängig zu sein?" Als Jobst von Steinrücker aus d«m Musiksalon zu den Damen trat, sah er fragend, ein Kompliment er wartend, Dorett« an. „Sie haben eine ganz eigenartige Auffassung von Schuberts Liedern, die mir neu und interessant ist," sagte sie. „Ich würde Jl.nen dankbar sein, wenn Sie noch das Mignonlied sän gen: „Heiß mich nicht reden, heiß mich schweigen." Schubert lieat Ih nen, wie ich glaube, besonders." .Ich will g«rn Ihren Wunsch »r- füllen, wenn Sie mich begleiten wol len." Sie stand sofort aus und ging ihm voran zum Flügel. Ehe sie be gann, entspann sich ein Gespräch über Musil und Gesang zwischen ihnen, und er war erstaunt und hoch erfreut, zu hören, wie fein und scharf ihr Ur theil war. Die Aussicht, einmal eine verständige ZuHörerin in seiner Frau iu finden, wenn er über seine geliebte Musil plaudern wollte, entzückte ihn. Aus dieser Basis ließ sich ein erträg liches Zusammenleben recht wohl vor stellen. einen Augenblick, nachdem er geendet hatte, die Hände auf den Tasten, den Blick in weite Fernen gerichtet, wie im Nachempfinden des Genusses. „Ergreifend ist's, wie Sie das sin das auswich selber schöpften selber solch trübes schweres Geheimniß zu hüten hätten." Sie lacht«, aber in ihrem Blick war noch immer der ver träumte Glanz. .Und wenn das vielleicht der Fall wäre ... .Ach nein," sagte sie lächelnd, und nun waren auch ihre Augen ganz bei der Sache. Es schimmert« sogar eine leise Ironie aus ihnen. .Leute von Ihrer glücklichen Veranlagung pfle gen sich nicht mit lästigen Geheimnis sen nmherzut-agen." .Sie halten mich wohl für sehr leichtfertig, schönstes Kusinchen?" Er blitzte sie mit seinen verführerischen Augen lächelnd herausfordernd an. Sonst Pflegten junge Damen ver wirrt de» Blick zu fenen, wenn er sie so ansah, Dorette hielt ihm ruhig Stand. Ja, sie betrachtete den jun gen Mann vor ihr sogar recht kritisch. .Ich muh wohl, wenn Sie nun gar anfangen, mir Komplimente zu machen." .Ist denn gerade das ein Zeichen von Leichtfertigkeit?" .Ja. Sie thun es, trotzdem «s Ih nen selber lein B-rgnügen macht und Sie einsehen müssen, daß mir kein Gefallen damit geschieht ein ernst hafter Mensch unterläßt es in solchem Sa«." . . „Puh!" dachte er .da ist wieder der Schulmeister!" Aber es stieß ihn nicht ab wie sonst, im Gegentheil, di« Erob«rung dieser energisch verthei digten Festung fing an, ihn zu in teressiren. „Wie können Sie wissen, was mir Beronügen bereitet, Kusinchen? Sie haben ja bis jetzt den armen Jobst keines theilnehmenden Blickes gewürdigt. Es würde mir zum Bei spiel Ueb-rwindung zsten, Zhnen jetzt nicht sagen zu dürfen, daß Sie mir in dem weißen Kleid« mit dem schim mernden Blondhaar und den klaren tiefen Blauaug«n wie eine keusche Lo tosblume vorkommen, in deren Kelch sich in Thauperlen der Himmel spie gelt." .Das klingt zwar sehr poetisch, und ich bin nicht unempfänglich für Poesie aber im Ernst, Herr von Stein riicker, wir wollen das ein für alle mal aus unserm Bertehr ausschal ten. Wir werden uns besser mit einander verständigen ohne Phrasen kram." Das konnte eine Verheißung, aber auch «ine Absage für ihn bedeuten. Er wußte nicht, wie er es nehmen sollte, und ihm standen dieser .fro stigen Person" gegenüber nicht ein mal seine gewöhnlichen Malicen zu Gebote, mit denen er sich sonst so vortrefflich aus kritischen Situationen zu ziehen wußte. So sehr er sich auch dagegen wehrte, sie übte mit ihrer überlegenen Ruhe einen Druck auf ihn aus. .Ich sehe, ich stehe nicht besonders hoch in der Werthschätzung des ver ehrten Kusinchen, und da wird der arme Steinrücker wohl damit rechnen müssen, in den sechs Wochen des Ge trenntseins völlig v?n Fräulein Do rette vergessen zu werden." „Sie können versichert sein, Herr von Steinrücker, daß ich genau so oft an Sie denken werde, wie Sie an mich." Sie lachte lustig auf und er zog vor, einzullimmen. „Dann ist mi: nicht bange," rief er „dann darf ich mit Zuversicht einem Wiedersehen entgegengehen." Und ernst und sogar mit einem Ton von Dringlichkeit fügte er hinzu: „Ich hofft, Sie werden mir dann häusiger den Borzug geben, mit mir zu must eren." .Ohne „blaue Augen" und .Lo tosblume" und dergleichen überflüssige Dinge sehr gern! Das wird ganz von Ihnen abhängen, Herr von Steinrücker. ' „Er scheint doch endlich zur Ber nunst zu kommen, meinte die Gräsin Anastasia befriedigt, nachdem er ge gangen war, „es war auch die höchste Zeit!" xvi. Soltei hatte seinen Freund vom Rennen nach Hause begleitet und daraus bestanden, daß er sich nieder lege. Es that Hans auch wohl, die Glieder auszustrecken, aber zu Bett war er nicht gegangen. Er lag auf dem Diwan in seinem Salon, rauchte trotz Solteis Protest seelenvergnügt, trank Eislimonade und war in einer so ausgeräumten Stimmung, wie seit langer Zeit nicht. Soltei hatte «S sich 'n einem Klub sessel bequem gemacht. Die Beine ! übereinander geschlagen, blies er Rauchringe in die Lust und plauderte zwischendurch mit HanS; aber er war merlwürdig ernst und nachdenklich ge stimmt. Seiner sonstigen Gewohn heit entgegen, hörte er mehr zu, als er selber sprach. „Du bist so erregt, sprichst so viel," sagte er endlich, Hans aufmerksam ins Auge fassend. .Ich glaube, du hast Fieber." „Keine Spur," bestritt der. »Soll man nicht vergnügt sein nach einem solchen Tage?" „Nach einem solchen Tage!" wie derholte Soltei mit Nachdruck. „Ich werde die Erinnerung lange Zeit nicht aus den Gliedern bringen! Gott im Himmel, als du stürztest ich weiß gewiß, ich hätte mir eine Kugel durch den Kopf geschossen, wenn du bei der schrecklichen Ge schichte das Leben eingebüßt hättest. Aber ich glaube, ich fasse sie ern ster auf als du! Nun, dir hat der Tag auch ein doppeltes Glück gebracht ... Sage mir doch einmal, Fräulein Anna Marias Munde, daß ich dich fortan auch so nennen werde aus purem Neid, damit du dir nichts doch einmal, wie reimt sich denn das zusammen: das Fräulein vom Berg, die Nichte der Gräfin Anastasia, und das Mädchen in untergeordneter Le bensstellung, das dir, wenn ich mich recht entsinne, den „Laufpaß" gege ben hat?" „So das hast du also heraus zetüstelt!" HanS lachte gezwungen, dann sagt« er ernst: „Du sollst alles erfahren, Alexander, obwohl ich keine glänzend« Rolle dabei gespielt habe." Und «r schüttelte ihm rückhaltlos sein Herz aus. Als er geendet hatte, fragt« Solt«i in einem eigenen Ton: „Du warst also entschlossen, das Mädchen zu Heirathen, trotzdem du glaubtest, es sei arm und abhängig? und trotz aller unangenehmen Fol gen, die dieser Schritt für dich hätte nach sich ziehen müssen?" „Ja felsenfest! ... Sie mehr von ihr lassen." Soltei sprang auf und ging im Zimmer auf und ab wie von innerer Unruhe getrieben. „Wie das kommt," stieß er endlich kopfschüttelnd in grollendem Ton her vor. „daß man sich gerade an einer festhakt und nicht wieder loskommt! Man hat geflirtet, den Hof gemacht, Liebeleien gehabt, auch einmal eine ernsthafte Liaison dazwischen Geschichte überdrüssig, die Frau ist einem zuwider, zum mindesten gleich gültig was man für sie gefühlt hat, weg, wie ausgelöscht! So geht's, bis dann eine kommt, um ihr ganzes Geschlecht an uns zu rächen!" „Davon weißt du doch bis heut noch nichts!" bemerkte Hans in harm losem Ton, aber den ruhelosen Freund heimlich scharf beobachtend. „Ich?" Soltei lachte gezwun gen. „Warum fragst du? Dessen hälft du mich doch gar nicht für fähig der Alexander Soltei und ein« ernsthafte Liebe ... Eine Liebe, die nur einen Wunsch und ein Glück kennt: Di« Ehe? ... Na ja, siehst du, da mußt du auch lachen, wenn du dir den Soltei als «hrsamen puwr ksm! Ii»», womöglich mit einem Baby auf dem Arm, vorstellst, oder wie er mit sein«r Frau Dienstboten- und Kü chengespräche führt." Hans hatte nicht daran gedacht, zu lachen. „Nein, mx Iw.v, das reimt sich nicht zusammen! Aber das eine weiß ich: Wäre ich in deiner Lage gewesen, ich hätte nicht anders gehandelt hin geworfen alles, und wäre es um einen einzigen Tag wahrhafter Se ligkeit gewesen." Und der will nicht ernsthaft ver liebt sein? dachte Hans, und «in Grauen b«schlich ihn. Wi« sollt« das «nden? Und als jetzt Soltei sich wieder in den Sessel warf und, zum »lten Thema zurückkehrend, sagte: „Nun hast du nicht nöthig, des Kö nigs Rock an den Nagel zu hängen, die Sache wird sich fein sacht und schicklich, wie sich's gehört, abwickeln," da wehrt« er hastig ab „Wie kommst du darauf? Du weißt, die Gräfin hat ihre Nicht« dem Adoptivn«ffen bestimmt ..." „Pah! das Fräulein vom Berg macht mir nicht den Eindruck, als ob es sich verschachern ließe." „Wer hat mir denn seiner Zeit die famose Rede gehalten über das Thema, wi« die Heirathen in unse ren Kreisen geschlossen werdeif? ... und daß das auch ganz recht und Alexander, meine Sache steht einstwei len noch nicht so, daß ich mich be glückenden Erwartungen hingeben ausgesöhnt und das menschliche seri> ist ja so thöricht, die kleinste Hoffnung schon für ein ZukunstS glück anzusehen." Sie schwiegen beid«. Soltei war Teppich, und Hans lag mit geschlos senen Augen apathisch still. Die Mattigkeit kam jetzt über ihn und das Wundsieber. Als Soltei nach einiger Zeit zu ihm trat, ri«f «r er schreckt: „Dir ist nicht wohl! Du solltest auch längst im Bett sein ... ga«D griin siehst du au»." Er lief hinaus und schickte heimlich den Burschen zum Arzt, denn Hans hatte sich vorher energisch dagegen gewehrt. Als er dann oaran ging, den Patienten ins Bett zu bringen, läutete die Korridorglocke und Frau Pastor Seidelmann erschien. „Wir hatten leine Ruhe daheim, ich mußte sehen, wie es mit ihm steht," sagte sie. .Ach Frau Pastor, daß Sie gekom men sind! Mir ist ein Stein vom Herzen ... Unsereiner versteht ja doch nichts vom Krankenpflegen." Mit den leisen ruhigen Bewegun gen der erfahrenen Diakonissin trat sie zu Hans ins Zimmer, strich ihm sacht lieblosend über die Stirn, als sie das Aufleuchten der Freude über ihr Erscheinen in seinen Augen sah, und fühlte ihm den Puls. „Na ja, da hätten wir ja das schönste Fieber! Also zunächst ins Bett." Ihr« gütige doch bestimmte Art hatte etwas ungemein Beruhi gendes. Als Hans auf sein Lager gebracht war, erlärte sie: ben eingerichtet, es wird eine schlaf lose Nacht werden." Und sie begann auch schon den Verband, durch den das Blut ge sickert war, zu lösen, damit der Arzt alles vorbereitet fände. Da sah Sol tei, daß er überflüssig war, und machte sich zum Gehen fertig. Hans lag mit geschlossenen Augen theilnahmslos für seine Umgebung, aber sich unruhig umherwerfend. „Ihr Herr Sohn und Ihr Fräu lein Tochter werden sich um Hans Sorge machen," sagt« Soltei beim Abschiednehmen. „Ich will Hern nach Charlottenburg hinausfahren und ihnen Nachricht geben." S!« wollte dankend ablehnen, aber ehe sie noch sprechen konnte, hatte HanS die Augen aufgerissen, Soltei einen ärgerlichen Blick zugeworfen und h«ftig herausgestoßen: „Nein nein! Wozu! Laß das! Anna Maria und Albrecht sind beruhigt, wenn sie ihre Mutler bei mir wissen." Die Frau Pastor legte ihm be schwichtigend die Hand auf den Arm und machte Solt«i ein Zeichen zu gehen. Am anderen Vormittag war eZ Soltei möglich, sich eine Stunde frü her vom Dienst frei zu machen, um Erkundigungen nach dem Befinden des Freundes einzuholen. Die Nacht war in der That sehr unruhig verlausen, die Gefahr des Ausbruchs einer Ge hirnerschütterung groß gewesen. Jetzt schien sie beseitigt. Das Allgemein befinden des Kranken war normal. Allerdings fühlte er sich sehr abge spannt und schlief meistens. Die Frau Pastor, die noch nicht aus den Kleidern gekommen war, aber keineswegs besonders abgespannt erschien, lehnte das Anerbieten der Ablösung durch Soltei oder «ine Dia konissin freundlich aber entschieden ab. Lächelnd sagte sie: D«r Herr Baron solle ihr das Glück doch gön nen. ihren lieben Vizesohn pflegen zu „Er hat viel phantasirt," berichtete st«, „wirres Zeug, aber die eine Vor stellung kehrte immer wieder, er dürfe nicht schlafen, mllfs« die Augen aus halten, sonst Passire ein Unheil. Und w«nn ich ihn wirklich einmal beruhigt hatte und glaubt«, er schliefe, riß er plötzlich wieder krampfhaft die Augen auf und bat, ich möchte ihm seiner Pslichtvergessenheit wegen nicht zür nen. Was kann «r damit nur mei nen?" blasser geworden. „Ich ... ich weiß nicht," sagte er hastig in einer Ver legenheit, gegen di« er vergebens an kämpfte. Er durfte nicht zu dem Kranken hinein und war bei der Pflege über flüssig, so entschloß er sich nothge drungen wieder zu gehen. Als er die Korridorthür öffnete, stand, im Begriff, die Klingel zu zie hen, Anna Maria Seidelmann vor ihm. Er konnte einen lauten Ausruf d«r Freude nicht unterdrücken. „Gnädiges Fräulein, das ist ja ein ganz unverhofftes Glück!" Et fehlte nicht viel, so hätte er ihr beide Hand« entgegengestreckt. So viel zu umer!aff«n, aber im Ueberschwang seiner Freude drückt« er ihre Fing» kräftiger, als «s einer so kurzen Be kanntschaft angemessen war. Sie erröthete, vermochte nicht gleich zu sprechen. Ihr Athem ging hastig, wi« nach schnellem Lauf. Endlich brachte sie hervor: „Wie geht es dem armen Hanni? Hat er Schmerzen?" „Bitte, nicht so laut! Er hat Sie müssen, wenn auch nur auf «inen Augenblick." Da mußte sich Soltei nothgedrung«n empfehlen. Hans hielt Anna Maria fest, schien in wahrer Angst zu schweben, daß sie gehen könnte. Er sprach vi«l und in fieberifcher Art, so daß die Frau Pa stor schließlich bestimmt erklärte, mm s«i es genug, Anna Maria müsse ih» IS-rtsedun« Fir die Aich«. Rührei mit Spargel« spitzen. Mitteldicke Spargel schält man gut, schneidet die Köpfe, soweit sie zart sind, L'/s —2 Zoll lang ab, schnei det die Köpfe in erbsengroße Stücke, kocht sie in wenig Wasser mit etwas Butter lii Minuten, fügt dann das nöthige Salz hinzu und locht sie noch b Minuten und läßt sie ablühle». Recht frische Eier k Person 2 quirlt man, giebt zu je 3 Eiern zwei Kochlöffel voll Wasser, zu dem man auch das Spargelwasser benutzt, fügt das noch fehlende Salz, eine Prise wei ßen Pfeffer und die Spargelspitzen hin zu, quirlt alles noch gut und bereitet davon in irdener Kasserolle mit frischer zerlassener Butter ein weiches Rührei. KartoffelsuppevonSalz k- rt 0 ffeln. Die Kartoffeln »Ver den zerrieben, auf 2 Pfund davon giebt man 1 Pint laues Wasser, setzt beide? zusammen auf's Feuer, schneidet einige kleine Mohrrüben, «in Stückchen Selle rieknolle und etwas Porree daran. Dann salzt man die Suppe und thut einen Löffel verlesene Kiimmelkörner und eine halbe ungeschälte Zwiebel da zu. Alles wird tüchtig durchgelocht und durch ein weitlöcheriges Sieb ge strichen; zuletzt thut man einen Stich Butter in die wieder auf das Feuer gesetzte Suppe und trägt sie dann gleich auf. Für 6 Cents Suppenwurzeln zur Wenn man will, kann man noch einen Theelöffel Würze dazu thun, doch darf dann die Suppe nicht mehr kochen. Elac i r te Zwie b «l n. Weiße, ein Sieb geschüttet. Dann bräunt man Butter mit einem Löffel voll gestoße nem Zucker, schüttet die Zwiebeln hin ein, gießt eine Tasse kräftige Bouillon hinzu und dünstet die Zwiebeln erst denster Art. Gewürzte Kalbskeule. Eine kleine, fleischige Keule wird gut vermischt man Salz, weißen Pfeffer, fein gehackte Citronenschale, ein weniA geriebene Zwiebel, sein gestoßene» Thymiankraut und fein gestoßenes Lorbeerblatt, wendet die zum Spicken bestimmten Speckstreifen darin um, spickt die Keule, legt sie in zerlassene, gelb gemachte Butter und brät sie im Ofen bei fleißigem Begießen gar. Zuletzt wird etwas saure oder süße Sahne dazugesiigt und, wenn die Keule weich ist, die Sauce mit in Sahne klar gerührtem Kraftinehl ver kocht. GrieSsuppemitWein. Ein Quart Wasser läßt man mit 2V» Un zen Butter, >4 Pfund Zucker, etwa» Zimmt und Citronenschale zum Kochen kommen, verkocht unter fortgesetztem Rühren 1/4 Pfund Gries 10 Minuten damit, gießt ein« bis anderthalb Fla sche leichten Weißwein dazu, läßt die Suppe einmal auskochen, schmeckt nach Zucker ab und verquirlt sie mit ein bis zwei in etwas Weißwein verrührten Eidottern. Man kann auch nach Belie ben mit einigen süßen und bitteren ge riebenen Mandeln würzen und gerei nigte, in Wasser aufgequellte Korin- R u"f?s ch°e"'K art 0 ffel - Pa st ei e. Roher Schinken und Speck werden in feine gleichmäßige Würfel geschnitten, mit 3 feingehackten, vorher in ein wenig Butter durchgedünsteten Schalotten, etwas weißem Pfeffer und V? Pint fetter saurer Sahne ver misti. Nun werden gute Kartoffeln in dcr Schale gar, aber nicht zu weich gelocht und, solange sie noch warm sind, abgezogen und in mäßig dicke Scheiben geschnitten. Eine Auf laufform wird fett mit Butter ausge strichen. auf den Boden legt man eine Schicht Scheiben, dann eine Lage Sckinkengemisch, die man glatt streicht, läßt nun wieder Kartoffel scheiben und noch eine Fleischschicht srlzin, bestreut letztere mit etwa» femgeriebener Semmel, gießt ein wenig geklärte Butter und 1 LWel saure Sahne darüber und schiebt die Pastete in den Ofen. Sie muß eine Stunde backen und sofort in der sersirt werden. Grüne Erbsen-Suppe mit Klößchen. Zu dieser wohl schmeckende» Suppe koche man 4 bis 6 Tassen frische grün« Erbsen in 2 Quarts kochenden Wasser mit 1 Tasse gehackten, srischen kleinen Gelbrüben aar. Dann gibt man 1 bis 2 Eßlöf fel Zucker. 1 Theelöffel Salz. 1 Eß löffel fein g-hackte Petersilie hinzu und fetzte kleine Klößchen aus folgen dem Teige in die Suppe: 2 Eßlöffel Butter reib! man zu Sahne, gibt Z Eigelb. 54 Tasse süße Milch Theelöffel Salz. 1 Tasse Mehl hinzu und schlägt die Masse tüchtig, zuletzt rührt man den leicht geschlagenen Schnee von den 3 Eiweiß hinzu, setzt einen kleinen Berfuchskloß in die Suppe, und gibt entweder mehr Mehl oder mehr Milch hinzu, falls d-r Verfuchskloß zu weich oder zu fest sein sollte. Sind die Klöße eingesetzt, so rührt man 3 Eßlöffel Butter glatt, gibt 2 schlicht- Eßlöffel Mehl hinzu rührt dies in die Erbsensuppe, die n>.a.i, sobald die Klöße gar sind, vom Feuer hebt und servirt.