Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 08, 1909, Image 2

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    Ostern.
Ss-
ein, o Lenz, du loldcS Kind,
Mit deinen Jubelllänaen,
Daß sich mein Herz erst wieder
wie Lust will'S schier zersprengen,
?s wich de« Frostes eis'aer Schild
sanften
Ter befiezte Pr«feffor.
! In den Straßen der kleinen Uni
versitätsstadt ging es flott und mun
»er her. Die lichte und warme April
sonn« hatte jung und alt ins Frei«
«gerufen, und so schritt«!« zwisch«n
Schülern und Schülerinnen, die kürz
lich Osterferien erhalten hatten, bunt
miitzige Studenten, würdig« Profes
soren und sorgsame Hausfrauen, die
Noch all« Hände voll zu thun hatten,
«m di« Einkäufe und Vvrbereitun-
Hen für das F«st rechtzeitig zu besor
gen.
An der Morktecke, wo es rechts nach
der Universität und links nach der
Kaserne des im Städtchen garniso
trirenden Jägerbataillons geht, trafen
pch soeben zwei Damen, die ein« «twa
Anfang d«r Zwanziger, mit braunem
Kraushaar, den goldenen Ehereif am
tzinger, di« andere «in« schlank« Blon
din« im vollen Reiz der jungfräuli
chen Schönheit und wohl drei Jahre
jünger.
„Guten Morgen, Toni, wie geht's,
wie steht's?"
„Danke, Irmgard bei euch auch
Hut? Komm «in Stückchen mit, wir
können so schön schwatzen. Lieber
Himmel, ich hab« so furchtbar viel
zu thun. Erstens einen Kringel
hacken, wie es mein Mann aus seiner
Aber ich schwatze immer nur
von mir was machst Du denn,
Liebe? So
Irmgard Ziegler, die hübsche Toch
ter des Prozessors und Germanisten
Segler, drückte leise der Freundin die
„Ach, Toni wer es so gut wie
Du hat! Papa ist unerbittlich."
„Aber Deine Mama ist doch da
für!"
sich so in seine Germanisterei ver
rannt, daß für ihn andere Menschen
als Alterthumsforscher gar nicht exi-
M
reden," erwiderte die Freundin, „viel
leicht weiß er Rath, Wenn auch sehr
viel jüngerer Kollege Deines Papas,
ist er doch bei ihm, wie ich glaube,
angeschrieben. Gestern Abend
im Kegelklub ist er übrigens mit
Deinem Karl zusammengewesen. Ich
glaube fast, sie haben gehörig ge
kneipt! Ja, Irmgard, ganz ohne
Schattenseiten ist auch die Ehe nicht!"
Adieu, empfiehl mich Deinem Mann
rind gesundes Fest."
Frau Professor Blankenburg ging
die Querstraße entlang. Irmgard
Ziegler aber zog den Weg durch die
Hauptstraße vor, aus der ihr von
fern Musik entgegentönte. Es waren
die Hörner des Jäger-Bataillons, die
immer näher kamen und schmetternd
in die frische Luft ihre kecken Klänge
hinaussandten.
Sie kamen von einer Felddienst
übung, die strammen grünen Jäger,
sahen mit den rothen Backen und
den lachenden Augen wie die Ver
körperung des jungen Frühlings aus.
Irmgard blickte in mädchenhafter
Ende vierten Kompagnie saluti
rend den Degen senkte, entging ihr
doch nicht.
Beinahe zu derselben Stunde, wo
dies geschah, hatte Professor Ziegler
«ine nicht erfreulich« Szene mit feiner
Gattin.
„Es ist etwas Schönes, von alten
Zeiten zu Hörens sagte tue würdige
Sopha jagte, wo er sich breit
macht«, „gewiß, etwas sehr Schönes.
Aber man muß auch in der Gegen
.Du bist manchmal recht spitz, liebe
Amalie," sagte der Professor, »ich
copius sagt in seiner "
„Ach was, Procopius der hat
gewiß keine Töchter gehabt, oder er
war gänzlich unverheirathet. Du aber,
Theodor, hast welche, und zwar alle
heirathssähig!"
„Welch ein Irrthum, liebe Amalie!
Irmgard, unsere Aelteste, ist neun»
zehn, und die alten G«rman«nmädchen
Tacitus erzählt —"
„Das hast Du mir schon öfters
gesagt, ich bitte Dich aber, laß es
heute. Irmgard ist ein hübsches
Kind, und es giebt ansehnlich« Leute
in unserer Stadt, die gern als Be
werber aufträten, wenn Du sie nicht
mit Deiner Brummigkeit verscheuch
test."
.Ich bin nicht brummig, me>ne
Liebe, ich bin nur vorsichtig. Gegen
einen wohlsundirten Mann, der tüch
tige germanistisch« Kenntnisse besitzt
und irgendwo habilitirt ist, werde ich
nie Einspruch erheben. Gegen Leut
nants, Assessoren und dergleichen Volk
aber, die keine Liebe zu unseren Alt
vorderen besitzen und beispielsweise
nicht wissen, daß Ostern ein altes
deutsches F«st ist, g«g«n solch«s Volk
bin ich entschieden. Das sind ober
flächliche Leute ohne Fond. Ostern
ist nämlich, wie in der Edda an einer
Stelle "
Frau Professor Ziegler hörte die
hochgelehrte Auseinandersetzung nicht
an, denn sie hatte Besseres zu thun.
Dafür mußte aber Irmgard, die ge
rade von der Stadt nach dem hüb
schen vor dem Stadtthor inmitten
von Gärten gelegenen Elternhaus
heimlehrt«, die ganz« Geschicke des
Osterfestes über sich ergeh«n lassen,
von TacituS und Cäsar an bis auf
den berühmtesten Forscher der Neu
zeit, nämlich ihren eigenen Vater
Geduld und zeigt« sogar sonderliches
Interesse, so daß der Professor mehr
mals seine Erklärungen wiederholen
hinten im Rathskeller, vi«r H«rren zu
sammen, die eifrig diskutirten, sehr
viel echtes Bier tranken und erst in
früher Morgenstund« heimgingen.
Einer von ihnen trug die Uniform
der Jägeroffuiere. Mit einem fröh
lichen „Auf Wiedersehen!" ging man
auseinander.
Donnerstag abgespielt, und drn Tage
darauf war Ostern. Professor
Ziegler machte einen langen Spazier-
Veilchen zum ersten Male in der
Osterfeier, als Anna 875 Jünglinge
in feierlichem Zuge
Was? 875? Nein, heute schallt
eine festlich« Marschweist durch die
Birkenalle«, di« sich vom Stadtthor
h«r zum Haus« d«s Prof«ssors zieht.
rende haben sich angeschlossen, die
Referendar« des Amtsgerichts, die
Jägerleutnants, Privatleuten und
auch zahlreiche Hörerinnen, junge Da
men der Stadt, w«lch« das Koll«g des
Professors Ziegler über „neueste Li
teratur" belegt haben oder auch gern
in der „alten" mitthun. Di« jungen
Menschenkinder hab«n die Hüte mit
Grün umwunden, einen Strauß vor
die Brust gesteckt und singen mit hel
len Stimmen. Jetzt schwenken sie
durch den Thorweg hinein und neh
men Aufstellung auf dem freien Platz
vor der Gartenveranda, zu Füßen
«iner Statue des hammerfchwingen
d«n Asathor. Professor Ziegler, d«r
wohl ahnt, daß die Huldigung ihm
gelte, ist auf di« Verandatreppe ge
treten, und hinter ihm im Rahmen
der Thür erscheimn auch die Frau
Professor und Irmgard im weißen
Gewand«, «in«n Veilchenstrauß im üp
pigen blonden Haar.
Das Osterlied verklingt, aus der
Menge tritt ein kräftiger Mann im
braunen Vollbart, Prof. Blanken
burg, Privatdozent und jüngerer Kol
lege des Gefeierten.
„Sehr verehrter Herr Geheim
rath," beginnt er mit wohllautender
Stimme, „wir sind an diesem Oster
morgen gekommen, um nach guter,
alter Sitte den Frühling zu feiern
und unsere Huldigung vorzubringen.
Früher jauchzte wohl jugendlich Volk
durch den Wald bis zur Wodanseiche.
zum ehrwürdigen Priester des Stam
mes; heute, unter veränderten Kul
turverhältnissen. ziehen wir zu dem
Hause des Gelehrten, der uralter Zeit
Bild in köstlichen Gemälden vor uns
,u entrollen weiß zu Ihnen, Herr
Geheimrath! Nehmen Sie freund-
denen mit Stolz auch ich mich rechn«.
Und noch ein anderes führt uns
her. Wir wissen alle, daß im deut
sck«n Alterthum der Mann, d«r einer
Maid hold war, nicht, wie nach heuti
ger Sitte, persönlich nx' 5. Er sandte
einen Fürsprecher und mit ihm zahl
reiche Freund«, Je größer das Ge
folge. desto ehrenvoller die Werbung,
desto willkommener der Freier.
Wohlan, so werbe ich. Friedrich Blan
j kenburg. Lehrer an dieser Hochschule
des Reiches, für diesen meinen
Freund, den Kriegsmann Karl Sachs,
Leutnant bei des Königs Jägern, um
Jrnigardis, das holdselig« älteste
Töchterlein des Hauses. Er selbst
,ommt her, selbhundert, um Hand
schlag zu geben und zu empfangen!
j Bei diesen Worten trat der Ge
nannt« vor di« Stufen der Veranda,
von der Professorin durch stilles Nei
gen des Hauptes begrüßt, während
Professor Ziegler vor Ueberraschung
den grauen Bart nach allen Himmels
richtungen zwirbelte und den Gehrock
zweimal auf- und zuknöpfte. Eine
solche unmittelbar« Anwendung seiner
Kolleglehren Ivar ihm d«nn doch noch
nicht vorgekommen. Aber sehr bald
besann er sich auf seine Rolle als
Herr und Meister des Haus«s, und
der freundschaftlich« Puff, den ihm
die Gattin verstohlen von hinten zu
theil werden ließ, bewirkte, daß seine
Entschlüsse schnell reiften. Mit der
Rechten faßte er die tief erröthend«
Irmgard, mit der Linktn den jungen
Offizier und sprach weithinhallend
die Worte: „Wollt Ihr Euch zum
Mann und zum Weibe? Wohlan, so
verlob« ich Euch vor dieser Volksge
meindi al» Zeugen! Nehmt Euch hin
und gebt Euch nach gut«r, alter Sitte
schon vorher etwas von d«m Aufzug
lich« Paar ab«r voll s«in«s Glücks,
ging still in den Garten, hielt sich
er die Winterriesen in die Flucht ge
schlagen. Denn es war Frühling ge
worden, in der Natur und in den
Herzen, und alle Kreatur jauchzt« em
por zum lichten Lenzhimmel: .Freuet
euch Ostern ist da!"
i» Well hinein:
Aber plötzlich schreit er: .Achl"
Einheimischer: „Unsere Feu
erwehr ist heute zum Gaufest nach
Timpelskirchen abgerückt."
Fremder: „Wenn nun aber im
Ort was passirt?"
Einheimischer: „Was soll
—Z arier Wink. Passagier (im
Wartesaal einer Nebenstation zum
Vortier): „Wie lange dauert es noch,
bis der letzte Zug abgeht"? Por
tier: „i ischt noch Zeit gnug, daß wir
zwei a Maß Bier mit einander trinkn
tönna!"
Der Spitzname. Dorf
wirth: ...Ja, meine Säu dees fan
Säu!" Städter: „Aber wer wird
nur immer Sau sagen!... Es heißt
doch Schwein!" — Dorfwirth: „Na,
wissen S' was, Ihretwegen geb ich
meiner Sau keinen Spitznamen!"
Moskau ist doch im Jahre 1812 abge
brannt!
Zeitbild. Wärterin (zu einem
Kinde, welches sich ungezogen be
was sich gehört! Ich hab« zu Hause
Knigges „Umgang mit Menschen",
ich will Ihnen das Buch auf acht
mn Sie es denn so lange entbehren?"
Ein SchZuhetttfiiniitUrr.
trisch!"
ten): „Wie heißen Sie?" Rekrut:
« e z m D u sh
hat."
„Siehst Du, das ist der Vortheil,
Herbe Kritik, Ein Beam
ter wird nach fünfjähriger Thätigkeit
ger und jovialer Mann, sich mit we
nig Arbeit sehr lange habe beschäfti
gen können. Der Gefeierte selbst gibt
ben!"
„Fräulein Minna, Sie haben wirk
'ich Arme zum anbeißen "
„Ich meine aber, gute Zähne gehö
— Im Pensionat. Lehrer:
„WaS blüht wohl zuerst im Mai?" —
Backfisch (erröthend,: „Die Liebe!"
Gut gesagt. Professor (die
Kunstwerke einiger Malerinnen be
trachtend): Meine Damen, malträti-
Landschaft.
Aussicht stellten."
haben!"
Bettler von heut«.
H«rr: Ich möchte Ihnen gern etwas
Geld bei mir. Bettler: Hundert
Unbead sichtigte Grobheit,
Di« Aelter «: „Was mein Mann
geworden ist, hat er nur sich selbst zu
verdanken. Daz«gen weiß ich, vaß
Gemahl diesen Vorwurf machen."
Nicht passend. Ein junger
Boshaft. .Man sieht den
Auchein Verdien st. Arzt:
Begreiflich.
.Angeklagter, wie kommen Sie zu dem unerklärlichen Wunsch, eine
recht lange Freiheitsstrafe zu erhalten?"
.Bitte, Herr Gerichtshof, sehen Sie in den Zuschauerraum da
sitzt meine Alte!"
Beim Wort genommen.
Dame: „Heute habe Ich jemand gese
hen, Herr Leutnant, den Sie sehr
gern haben!" Leutnant: „Gnädiges
Freitags."
Subjektive Auffas
sung. .Merkwürdig, daß von
Goethe immer noch so viel unze
druckte Gedichte aufgefunden werden."
.Die sind gewiß damals auch von
den!"
fassen."
Die lleine Ella sitzt mit den Eltern beim Mittagessen. „Ich möcht'
Bier trinken," sagt sie plötzlich und langt ungezogen nach dem Glase. .Wie
.Bitte", kaltblütig, .Prost!"
Stoßseufzer. Alte Jung
einmal im Leben einen Liebesbrief
—Verschnappt. Herr: »Furch
tet sich denn Ihre Frau nicht, wenn
Sie sie so in der Nacht allein lassen?"
~O nein! Wenn ich nichl zu Hause
bin, da hat sie immer beim Bette ei
nen tüchtigen Stock stehen!"
Zur Sicherheit. „Ich und
der Kohn haben uns heute gesagt di«
den?" gefragt; haben wir
doch benützt das Telephon."
Der Pantoffelheld als
S t r o h w i t t w e r. „Mich wundert,
daß der Müller so viel auf daS Re
staurationSessen schimpft, statt sich zu
freuen, daß feine Alte verreist ist."
„DaS muß er auf deren Befehl thun,
damit man denken soll, er sei durch
Einzige Möglichkeit.
Mutter (zu ihrer Tochter): „Was
kommen gesund sind. Da die Unter
suchung für Sie so günstig ausgefal
lein ist, werden Sie wahrscheinlich
—S eine Auffassung. Mut
—Un t« rsch ie d. Moritzl: .Pa
zwischen einer Schenkung und einem
Darlehen?" Papa: .Nu ... wenn
der jemand was schenkt, brauchst De
in Lebensgröße?"
Ein guter Kerl. Richter:
.Aus welchem Grunde sind Sie aus
gebrochen?" Sträfling: .Ich hatte er
fahren. daß der Herr Kellermeister
Jevurtstag hat. da wollte ich nuz 'n
paar Blumen holen!"