Mit der Spitzhacke. > .Poch, poch, poch!" So klaßg es schon den ganzen Tag trüben vom Abbruch des kleinen Hau ses, das so gar nicht mehr in die vornehme Nachbarschaft paßte; die reine Lust würd« verdunkelt durch den grauen Staub, der weit abflog und sich auf die «rsten grünenden, Blättchen fetzte, die an den Büschen sproßten. Entsetzlich ist dieser Lärm. Das geht schon von früh an", stöhnte die junge, verwöhnte Frau Linda Bergheim, die in dem vornehmen Hause vi» !l vis wohnte. „Könnte ich nur aufathmen, nur die Erinne rung loswerden! Wie durfte er das nur wagen! ... Ich sehe noch immer seine schrecklichen Blicke, fühle Aoch immer die heißen Athemzüge. Sie schauderte und zog die seidene Diwandecke höher, dann nach weni gen Minuten schleuderte sie das feine Gewebe wieder von sich und erhob Die Vorhänge waren zugezogen. Frau Linda liebte selbst am Tag« «in matt«s Dämmerlicht. Die Mittagsstunde war vorüber. Mit verdoppelter Kraft hatte das Pochen und Hämmern drüben wieder «ingesetzt. Von dem Thurm der nahen Kirch« schlug es dreimal. Die junge Frau klingelte. „Der Herr noch nicht zu HauS?" - „Nein, gnädige Frau, der Herr Rechtsanwalt hat gleich gefürchtet, tagüber fortzubleiben." „Unerträglich!" Der kleine Fuß stampfte den Bo den. „Die gnädige Frau schliefen noch, als der Herr fortging. Es ist doch heut der große Prozeß gegen die schlechte Frau, die den eigenen Mann wollte erschießen lassen. Heute Nacht hat der Herr bis drei Uhr ge arbeitet." „Es ist gut," verabschiedete Linda das Mädchen. Nachdenklich ging sie im Zimmer aus und ab. Richtig, die Lampe hatte ja noch in feinem Arbeitsge macht gebrannt, als sie so spät nach Haus« gekommen war. Warum mußten auch Wehrenthals den tollen Gedanken haben, nach der Aufführung deS „Nathan" noch ins R.'staurant zu gehen und dann ins Eaf6 zu wandern- Sie hätte ja nicht nöthig gehabt, mitzugehen, zumal sie ohne Mann war. Was that'S? Lorenzen, ihr treuer Verehrer, war ja da, sie liebte Menschen, Geselligkeit, alles Damals saß sie drüben in dem al terthümlichen Häuschen und guckt« mit den braunen Rehagen verwun dert auf das frohe Treiben der Welt. Aber als sie des jungen Rechtsan walts glückliche Gattin geworden war «nd vielleicht zu hastig an all den Genüssen gelostet hatte, die das Le ben in der Grvßstadt gewährt, als sie widerstandslos in den Trubel gezo gen wurde, da zuckte man hier und da die Achseln und sagte gering schätzend: »Eine wie viele; es wird nicht lange dauern, dann ist sie auch ein Opfer der Eitelleit." Sie seufzte tief, ihr Herz pochte hastig. Ach, wenn er jetzt bei ihr fein könnte, sie zu schützen, zu rächen! ... Gerade heut mußte dieser Pro- Prozeß!' ' nen! Noch gestern Abend, beim Au sternessen und Seltschlllrfen, war von dem leichtsinnigen Weibe, der «itelen, genußsüchtigen „Kreatur" die Rcde gewesen, die zweifellos den harmlosen, sie vergötternden Manne betrogen hatte und dann so tief ge sunl«n war, den Mordgesellen zu dingen. schuldig?" Man hatte die Frage dringend aufgeworfen. „Ihr Herr Gemahl ist ja der Ver theidiger," hatte Lorenzen seiner Nachbarin zugeflüstert. .Er soll sehr eingenommen von seiner schönen Klientin sein und sie häufig im Un tersuchungsgefängnis besucht hadei^ anderer. „Uebrigens eine riesenhafte Arbeit, so recht dazu geschaffen, prüfende Blicke in ein wild pochendes Frauen- zu werfen." «inander. Frau Linda saß abseits mit ihrem Verehrer. Sie unterhielt sich mit ihm über den .Nathan", die Lorstellung des Abends, und rezitirte begeistert aus der Er- Da hatte sich der leidenschaftliche Lorenzen tief über ihre Hand ge beugt ... Linda zittert jetzt vor Er regung, wie sie es sich vergegenwär tigt sie zärtlich an seine heißen Lippen gedrückt jeden einzelnen Fin ger geliebkost. .WaS thun Sie da, Lorenzen?" tief eins der lustigen Weib« über den Tisch .... „Ich nehm« Maß, Gnädigste!" Alle hatten über seltsame Ant eine große Veränderung vorgegan- > 'H >ch M d ch „Fort, fort, Elender, auf der Stei der'Thür.' verschwand aus Auf dem Teppich lag das Etui mit dem Ringe Linda stieß «S fort dem Fuße und dann „Luft, Luft, ich ersticke sonst!" rief weg Gott, was war das? Täuschte sie ein Trugbild? Sie athmete Kindheit, ihre Jugendzeit verlebt!?.. Wo war es geblieben? Zur Hälfte abgebrochen ragten t«n? Zitgel auf Ziegel, Mauerstllck auf Mauerstück löste sich ... schnell fort. Das alte, liebe Haus! Auch in ihr wühlt es, pocht «s, warme, erlösende Thränen verdunkeln Lin das Blicke. Ist sie auch nicht drüben eingezogen, die Arme der jungen Mutter, die ihr Liebstes hatte hergeben müssen, sie hinaufge- Alten hatte Linda keine Liebe ent behrt, aber nach den Regeln der alt modischen Zeit wurde sie erzogen, da her wohl auch später der Heißhunger nach Vergnügungen, nach Freuden al ler Art. Die Leute rühren sich tapfer. Poch, poch ... wieder eine Staubwolke, nun ist die kleine, hölzerne Treppe blosgelegt, die sie so oft hinab und herauf gelaufen war. im Schulröck chen, dem kurzen, im Consirmanden kleid, als trauernde Enkelin, als glückliche Braut. Eben kam die kornblumenblaue Tapete mit den wei ßen Ranken zum Vorschein, die Wän de des Putzstübchens waren es sie glaubte noch die Glasservante mit den altmodischen Tassen und Humpen zu sehen, das schwarze Roßhaarsopha mit den blanken Knöpfen, die Por zellanfiguren auf dem Cylinderbu reau, in dessen Schublade der gute, seiden« R«genfchirm lag, den Groß- ! mutt«r nie bei schlechtem Wetter g» brauchen wollte. Rechtsanwalt hatte dem Mlltter den Schatz aus dem alten Hause mit mir fort! Dies« Brust soll deine Heimath s«in; ich liebe dich, meine tenlosigkeit, Eitelkeit, tiefem Weh. Schritt, Stuf« um Stufe; aber Gott dort. Der schecklich« Prozeß hält ihn wohl noch fern, dieser Prozeß gegen Stimme dem Kutscher „schnell, schnell, hier für doppelte Fahrt!" Die Gedanken drängen sich in ih rem Kopf. „Was würde er sagen, wenn er'S Thür. aus übervollem Saal entgegen, Kops ,an Kopf steh«» Menschen. „Ihre Karte, bitte!" digt" Es wirkte wi« ein Zauberwort. Erschöpft lehnt sie an der Wand wohlbekannt« Stimme an^ihr dich schützen" Tiefe Bewegung, Schluchzen, Wei- nen, dann unheimlich« Stille. ... Der Spruch wird nach kurzer Be rathung gefällt. den Saal. So schnell wie möglich verläßt Leo Berghelm die Räume d«S lustizpala steS. Erholung bedürftig. Sein schweres Wert ist vollendet, Ehr«, neuen Ruhm eS ihm gebraut. Was wohl r«n, ich weiß nicht wohin" erklärt daS Mädchen. „Also doch" «r lächtlt bitter und geht in sein Arbeitszimmer. Dort sitzt er am Tisch, den Kops in die Hände gestützt, die Augen halb geschlossen. ... Leise öffnet sich die Thür, fast un hörbare Tritte huschen durch das Ge mach. Linda ist's. ... Forschend tritt sie näher, jetzt sieht sie ihn im Zwielicht. War er eingeschlafen, überwältigt von der seelischen Anstrengung? .Leo", sagt sie weich und legt den „Leo, ich war eben dort bei dem Prozeß, ich habe dich gehört, alles gehört, was du gesagt hast. Glaubst du wirklich, Leo. daß wahre Reue viel gutmachen kann? Ach, wenn du es mit mir auch noch einmal ver suche« wolltest! Ich weiß, eS ist nicht alles so gewesen, wi« es sein sollt? der Trubel, ja der Tau mel des ungewohnten Lebens ließ mich nicht zur Besinnung kommen, es war, als ob die Wellen über mir zusammenschlagen wollten, aber ich rettet« mich, Leo, du darfst noch an mich glauben, du darfst mich küssen; meine Stirn, mein Mund sind nicht „ Welcher Sieg!" sagte der ergrif- Arme. ... „Erkläre mir, wie kam das alles nur?" Sie zog ihn zum Fenster Mondeslicht umzog das alte Ge mäuer. „Sieh' dort, Leo, das alt«, liebe Haus heruntergerissen. .... Heute erst entdeckte ich den plötzlichen Abbruch och, und aus den Trüm mern stiegen Erinnerungen, Mahnun gen herauf. ... Die Werkzeuge, die drüben bohrten, pochten auch an mein Herz, zeigten mir mein nutzloses Trei ben, meine Undankbarkeit." Drüben hatten sie Feierabend ge macht; die fleißigen Arbeiter ver schwanden, ihre Werkzeug« mit sich nehmend. Von den blauen Wänden war kaum noch etwas zu erkennen. Die weißen Arabesken leuchteten wie ein Menetekel. Tiefbewegt hielt Linda den Gatten fest, als wollte sie ihn nie, nie mehr lassen. Ein stummes, heiliges Gelöbniß durchzitterte ihr Herz Ter Selbstmörder. Es glich fast einer Flucht. Fieber haft erregt hatte er einige Briefe ge schrieben, ein paar Glas Kognak ge trunken und verwirrt in den Spiegel gesehen. Dann hatte er seine Tasche gepackt: eine Reisemütze und «in paar Kragen und Manschetten, weiter nichts. Was brauchte er mehr zu sei ner letzten Reis«? Es ging ja dann in den Tod! Tod . . . nein, er wollte das Wort nicht mehr wiederholen, nicht mehr daran denken, «h« eS Zeit war. Es mußte geschehen, er hatte keinen anderen Ausweg mehr. Ein leichtes Zittern überfiel feintn Rücken, während er mechanisch «ine Schachtel Zigarretten in die Tasche warf. Auch den Rest Kognak that er hinein, oer war zur Ermuthigung und gegen das Doch augenblicklich fühlte er sich so ruhig, fast unwahrscheinlich ruhig, nur ein Prickeln in den Beinen schien ein wenig Angst zu verrathen. Aber das konnte auch die Folge der Aus gänzlichen finanziellen und morali schen Bankrott. Doch die Liebe hat ihn entwaffnet. Mattes, traurig Resignirendes in den sie ein Goldfisch sei. Dieser Goldfisch war sein« letzte Hoffnung, so daß er ihr bald von als käm« ein Fünkch«n Leben hinein. Ihr Herz war offen wie das ein«? Kindts, ihre Seele rein wie der Mor gen. Deshalb fand er selbstverständ lich, ihr alles zu sagen, ihr all sein« Streiche zu berichten, zum erstenmal in seinem L«ben ehrlich zu sein. Da hat si« ihm hochmüthig die Thür gewiesen, schwach ahnend, daß ihr Geld und nicht die Liebe ihn blind gemacht hatte. Er war nicht gegangen, sondern hatte gebeten, ver zweifelt gefleht, pathetisch mit dem Tode gedroht. Ruhig und stolz hat sie ihm wiederholt, daß sie nicht käuf lich fei. Da hat er ihr drei Tage, dreimal vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit gegeben, über sein Leben zu entscheiden. Sie hat es abgelehnt, eine Minute genügt« ihr; schweigend hat sie ihn in den Tod gejagt. Noch eh« er d«n Bahnhof erreicht hatte, hört« er d«n Zug einfahren. Er begann zu laufen, mit dem ganzen Körper gegen den eigensinnigen Wind ankämpfend, der ihn zum Stehen bringen wollte. Er dachte in diesem Augenblick an eine Vorsehung oder etwas dergleichen, und vas verbitter te seine Stimmung noch mehr. Kei ne Macht der Welt würde ihn davon zurückhalten können, seine Absicht auszuführen. Er fürchtete den Tod nicht, und sein Schuß würde sicher gehen. Außer Athem, mit stechenden Schmerzen in der Brust, löste er s«in Billet, raste nach dem Perron, in närrisch«n S«it«nsprüngen di« Menschen umgehend, warf enolich völ lig erschöpft seine Tasche in ein leer«! Coup«e und sich selbst daneben. Der Zug setzte sich in Bewegung. Er drückte sich in seine Ecke und be gann über vergangene Dinge zu den ken, bis er in den Schlaf fiel. Der Kondukteur weckt« ihn, er müsse sich beeilen, d«r Dampfer warte. Ver schlafen, mit halb offenen Augen, folgte er den anderen Reisenden zum Schiss hinab. Ein heftiger Seewind drang gewaltsam durch seine Kleider, daß er erschauerte. Warum hat dieser dumme Kerl ihn auch nicht schlafen lassen, er hat gerade so schön von allerlei Freunden geträumt. bis in die Ewigkeit, das wäre ein idealer Tod gewesen. Welcher Dä mon hatte ihm denn den Gedanken eingegeben, bei solchem Witter Nachts auf ein Schiff zu gehen. Der Sturmwind pfiff an dem Schornstein empor und die Taue entlang und stieß das Wasser hoch gegen die Schiffswänd:. Lauernd mit tausend offenen Rachen wartete das Meer, ob sich etwas in die Nacht hinauswa gen werde. Ein drohendes Poltern aus dunklen Fernen rollte durch oie doch schnell überwand er sich und hatt« plötzlich wied«r Muth, allem zu trotzen. Ob ertrinken oder er so ziemlich auf eins heraus. Er suchte sich ein Plätzchen auf dem Promonadendeck, er wollte wach de es geschehen, er wollte in den Lauf des Revolvers etwas Wasser thun, dos war sicherer. Bah. das Leben war nicht des Nachdenkens werth! Was beoeutete eS diesem hatte. Er war ein Mann und hatteMuth; d«r wehte ihn an aus den heulenden Kognak. Aber schließlich ward eS auf d«m Deck immer unbehaglich«!, «r würd« len, meinte er, warf die leere Fla sche über Bord und schwankte nach seiner Kajüt«. Harwich lag noch in tiefster Mor genruhe. Nur am Kai hasteten blei cht Menschen hin und her und re servirten sich Plätze im Zuge, froh, daß sie wieder auf festem, sicherem Boden waren. Der Wind war ruhi ger geworden. ES schien, als habe eine Riesenhand durch den noch wol kigen Himmel gegriffen, um Platz zu schaffen für das zitternde Licht des kommenden TageS. Und langsam, in immer weiteren Kreisen verbreite te sich die Helle und zog die Kirchen thllrme und Fabrikschornsleine au» der nächtlichen Dämmerung, bis sie sich endlich scharf gegen die tiefblauen Flecken am Himmel abzeichneten. Der Selbstmörder, vom Schlaf er rasende Eßlust. Er fühlte sich wirk lich behaglich, nicht mehr so verstimmt wie am Abend vorher, und überlegte, Weilchen Gewalt anzuthun und dann ganz behaglich im Speisewagen zu essen. Was doch ein Sonnenstrahl, am frühen Morgen über des Men btstellt« sein Frühstück. Wohlthätig Er beglückwünschte sich selbst, daß trotz seines Elends. Oder sollte Frühstück. schickt!""' Probat. »Ist Ihre Gattin Aha! Herr: „Wissen Sie, es ist schrecklich ich habe in der Nacht keinen Schlaf mehr." Student: „Mir geht's ebenso." Herr: „Was, Sie Kindermund. .Aber Großpapa, wie hast du eine so alte Frau wie die Großmama Heirath«» Beim Metzger. Gehilfe: Ach. Herr Meister, seinS net böse, vorhin ist mir Ihr Tabaksbeutel in die Maschine gerathen! Meister: Was? so theure? Zeug gibst in die Wurst? Na warte! tern haben erst nach langem Zögern die Einwilligung zur Verlobung gege ben?" Braut (Rechtsanwaltin): ..Ja, hatte!" ther. „Warum haben Sie denn Ihre letzte Stelle verloren?" „O, der junge Mann studirte Medizin, und er chen benutzen!" Sein erster Gedanke. Der alte Kohn (als er seinen Sohn im Flußbade steht): Um Himmels willen, Moritz, liebst« etwa unglück lich? Dame: „Ich hätte gern etwas in O«l für ein Speisezimmer!" Verkauf« r: „Jawohl, gnädig« Frau; soll es eine Landschaft sein oder eine Büchse Sardinen?" Kindervonh«ute. „Ma. mach«n, schenke mir doch bitte eine schon, wenn man sie nach ihrem Al ter frägt!" Hrra»«ge»latzt. Postbeamter: „Was für ein Brief war es, den Sie zurückzuhol:n eingeschriebener, oder ein W«rthbrief?" Fräulein, Backfisch, heraus platzend: „Nein ein Liebesbrief!" JungeFrau(zu ihrem Gatten, der verreist): „Wirst Du mir auch treu bl«ib«n, Edgar? Du schw«igst? O schwör« mir'S!" Junger Assessor: »Ab«r, Kind w«g«n so 'ner Lappalie von vier Wochen wird man doch nicht