Sein letzter Wille. .Es soll sich lein Mensch unterste- Ihen, mir «inen Rath zu geben! Und wenn einer von euch einfältigen Weibsl«uten mir den neuen Rechts-. verdreh», den verflixten Kerl von Avkaten ins Haus bringt, dann dann —." Der Rest der verbind lichen Rede erstarrt in einem undeut lichen Gemurmel, und der Schulte schlug mit der Faust auf d«n Tisch, daß es dröhnte. Er brauchte auch nicht viele mehr hinzuzufügen, denn die also angehauchte Weiblichlichkeit hatt«, angstvoll durcheinanderslatternd wi« ein Volk aufgescheuchter Hühner, die Stube verlassen. „Gott in dem Haugen Himmel, wat is düt mit dem Schulten?" rief, draußen angelangt, die alt« Kathari ne, Schulten „Haushältersche", mii der tragischen Gebärd« einer Seherin die blaue Schürze über dem Kopfe zu sammenschlagend. „Kinners. wat ick ju segge, düt geiht min Dage nich gut! Gistern Awend vun dat leckere Pfefferpotthast män en halwen Teller vull. un van Middoge bi dicke Boh nen un Speck ok män so' n« lütte Idee. Un nu türt hei all vun dat Testament!" Wenn «in westfälischer Bauer bei Pfefferspotthast halb und bei dicken Bohnen und Speck beinahe gänzliH versagt, wenn er von seinem Testa mente spricht und dazu die siebzig angetreten hat, so ist es nach allge meiner Erfahrung meist Zeit, sich nach Dolior und Pastor umzusehen. Die alte Katharine, sonst nach eini ger Aussage „en höllsch resolut Frau insmensch", mochte nun b'i dem et was cholerischen Temperamente ihres Brotherrn diesen kritischen Schritt nicht aus ihre alleinige werthe Ge fahr hin unternehmen. Sie ent sandte deshalb Natz, den Kuhjungen, mit der Weisung: „Natz, riin Jung, laup, wat de laupen kannst, in die Stadt", um, trotz des Verbotes, den heranzuholen, den ihr Gebieter d«m Beherrscher d«r Hölle soeben so warm empfohlen hatte. „Ei wat, wenn de jung« Här män do is, denn is de olle Brummbär ok all tofreden", dach te Katharine. Der Schulte saß unterdessen mür risch in seinem Ohrenllappensessel und dacht« noch durchaus nicht ans „Ab kratzen", wie er sich bezüglich seines Hinscheidens mit der ihm eigenen Kühle auszudrücken beliebte. Er that lediglich das, was er in seinem langen Leben schon oft gethan: er ärgerte sich. Und es muß leider ge sagt werden, daß die Bezeichnung «ärgern" für die heutige Gemüths verfassung von Wilm-Diedrich Schul te-Klump noch zu milde var: er war im Grunde so wüthend, daß «r am liebsten aus der Haut gefahren wäre. schwollen, die Fauste geballt, starrte «r voll Ingrimm auf einen tags zu vor erhaltenen Brief. Und in die sem Brief theilte Heinrich, der bis dahin so theure Neffe das schmü ckende Beiwort leider im doppelten Sinne genommen —, der nunmehr Infame Bengel, dem er ungezählte blaue Lappen nach Bonn und Hei ldelberg geschickt und sogar das Dienstjahr bei den Kürassieren in Münster spendirt hatte, seinem lieben Ohm Wilm-Diedrick erg«benst mit, daß er sich in dn Kreisstadt den Schaaken der Rechtsanwälte beigesellt habe. Gegen diese so nützlichen Staatsbürger hegte Wilm-Diedrich nun aber eine Abneigung, die sich mit des großen Friedrichs Groll gegen die Advokaten beinahe deckte. Der Hin rich „Avkat", der Junge unter den Erzschelmen, seinen geschworenen Feinden Himmeldonnerwetter, da hörte doch alles auf. Wilm-Diedrich kam allmählich zu dem schmerzlichen Gefühl, eine Natter am Busen ge hegt zu haben das Dienstjahr siel besonders schwer ins Gewicht und der Zorn löste sich in trübe Weh „Wilm, Junge, wat ick di segge, nimm di sör de Aktalens in acht" > — „Wilm, glöv mi, de Kirls hebbt wiederholt. Und noch auf ihrem Todtenbette, als der Pastor schon seine Schuldigkeit zeth-m, hatte sich ihrem Aeltest«n zugeflüstert: „Wilm, denk an dat mit d» Avkatens!" Aber sie hatte in den Wind gesprochen: kaum war Wilm Hofbesitzer, da ging der Rummel los. — so nen »lütten Prozeß" mußte der neue nen Herrengesühlen nicht befriedigt. Und als er seinen Dickkops einmal glänzend durchgesetzt hatte, da wurde die Streitlust noch länger. Und in der Kanzlei häuften sich di« Akten mit Schwänzen in allen sieben Regenbo- und schimpfte und las ihnen schließ lich sogar ein Reskript vom alten Fri tzen vor, der schon ihren Altvordern, und der Vernunft entfernt und zum Zanken geboren sind" wegen ihrer Prozeßwuth derbe genug die Wahrheit gesagt habe. Aber wie sie das hörten, da lachten sie nur, und das Prozessi ren ließen st« nicht. Im Gegentheil: „Wenn dat unse Altvordern all so nee. wi siind westfälske Dicklöppe, un wi blivt bim Ollen!" Aber daS Ende wmmt^nach; gelegenheit sehr zarter Natur: Wilm- Diedrichs hartes Schultenherz war in Liebe erglüht. Und da auch seine Auserkorene, Schult« - Echterlamps Kathrin-Lisebekh, ihm in zarter Nei gung zugethan war, so hätte einer Bereinigung eigentlich nichis mehr im Wege aestanden. Aber da war «in- Hinderniß; es war unumstößliche Thatsache: Kathrin-Lisebeth hatte es sich in d«n Kopf gesetzt, sie wollte «ine schriftlich« Erklärung haben. Und die hatte dem kraftvollen Beherrfcker des Schsitenhofes mehr Kopfschmerzen gemacht als manchem Forscher das Welträthsel und die Entstehung alles schwierigen Minneprobe brütete und spintisirte, hatte das Schicksal seinen juristischen Beistand, den später tau sendmal in alle höllischen Abgründe verwünschten Justiz - Kommissar, auf den Hof geführt „No, Schulte, wo stecht et denn mit de — im Zange, äwerst leiwer Gott, Här Kommissär, dat Kathrin, dat is so'n nimodisch Frauensminsch sei is in 'ne Pankschjohn w«st, un h«t dat nu mit Bildunge und Klaverspe len, un hölt mächtig vel vun Dichters und so 'ne Lüt. Un nu sin se denn up Echterlamps Hofe up d« „Alte un Neue Welt" un denn noch so'n'Blält ken ut Mönster oder Paderborn abun nert, un do is nu just 'en Romanen 'ne sranzöske Markise dür drei Kapi tels umschichtig met Breiskes in ehren Leiweshandel utenanner selten. Un Kathrin hett sick dat nu in 'n Kopp set: Sei will pattuh 'ne schriftliche Verklärung Hebben anners wör dat Schulte, wo kllmmt hei denn domet torecht?" „Je, dat segg ick män, Här Kummissär." Und schließlich hatte der sehr vergnügte Herr Kommissar selbst zu Tinte und F« in die heiligen Hallen Ihres erbabenen Musentempels! Aber ich verschaffe Ihnen ausverkaufte Häu ser, ick belebe das Interesse an den unsterblichen Schöpfungen unserer Titanen akfs neue, ich zaubere eine ungeahnt« Idealwelt für das arbei tende deutA« 8011, ich zwinge die Gegenwart zur Anerkennung der der Zukunft! Ich bring« ganz einfach auf die Bühne, was unsere Klassiker in die Zwischenakte verlegt haben ich bin der Zwischenakts-Dichter un serer Unsterblichen! Hier lesen Sie, theurer Direktor: „Wilhelm Tell im Kreis« der Seinen" eine Idylle in einem Aufzug mit Gesang und Tanz" „Jetzt ist's aber genug, H«rr, ich bin nicht zu Späßen aufgelegt, ich bin beschäftigt —" „Tbeurer Direktor, schauen Sie mir ins treue deutsche Auge! Lesen Sie darin nicht hehre Begeisterung für das Höchste? Hören Sie nur. wie mein Wilhelm Tell beginnt! Teils Frau putzt die Fenster und jo delt, Walter Tell macht seine Schul arbeiten, während der Bater —" Jetzt war der Sekretär ausgesprun gen und hatte mit dramatischer Kraft das Buch zugeklappt, indem er rief: „Herr, es ist genug —" Aber schon zog der haarbuschige Mann ein zweites Manuskript aus d«m settglänzenden Rock und flötete in süßestem Flüsterton: „Theurer Direktor, es muß ja nickt gerade Wilhelm Tell sein! Hier Personen: der Generalissimus, die Herzogin, Thekla und Max ge statten Sie, daß ich nur erste bei, Wollenstem blickt auf —" tion. Jetzt schien der Direktor plötzlich bester Laune zu sein: ..Allerdings, mein Bester, Vor schuß! Denn Sie haben ein« Göt- allein! Dramatische Feinschmecker wie ich, wollen im Genuß nicht gestört sein! Also wenn Ihre Forderung nicht zu unbescheiden —" „Theurer Direktor, sehe ich aus wie unbescheiden? Aber ich spll mich von meinen Geisteslindern womöglich über Nacht trennen das hat mir noch kein Direktor zugemuthet!" „Was sind Si« eigentlich daS heißt, ich meine richtiger: Wovon le ben Sie? Denn daß Sie Dichter sind, weiß ich ja nunmehr, ab«r die Quelle Ihrer Einkünfte —?" „Ist allerdings nicht die Dicht kunst, leider, theurer Herr Direktor! Ick bin Cigarrenfabrikant das heißt, .ich fabrizire selbst für eine Fabrik Cigarren, meine Frau und Tochter Kelsen, ich thue es ungern, aber ich thue es! Früher war ich Theatersriseur, aber eine ungliicklicke Liebe zwang —" viel Borschuß?" ..Theurer Direktor, setzen Sie mir, bitte, die Vorschußpistole nicht sd plötzlich auf die Brust, das verwirrt mich blättern Sie doch im ersten Buch, Sie finden da noch „Hamlet auf der Universität zu Wittenberg" und das Notturno „Der alte Moor im Hungerthurm" —" „Ich lese alles, seien Sie über zeugt, also wieviel Vorschuß oder Le hgebühr, denn das geistige Eigen thumsrecht bleibt Ihnen!" „Theurer Direktor, sehen Sic den zweiten Band: da ist noch die reizen de Schelmenscene „Maria Stuart bei Lord Lester" und mein bestes Zwi schenaktsorama „Muley Hassan auf der Galeere" das kann man so gar mit Schillers „Fiesco" aussüh cher!" „Verehrter, nun aber Schluß Sie sind jetzt über fünf Minuten da, gegen die Abrede!" „Aber theurer Direktor, wir haben ja den Contrakt auch noch nicht ab geschlossen!" „Also ich biete fünfzig Mark für leihweise Ueberlassung beider Band« aus acht Tag«, dann holen Sie Ihre einzigartigen Werke wieder, und wir dürften beide zu frieden fein! Abge macht?" „Theurer Direktor, fünfzig Mark ist viel, aber eine solche Trennung ist noch mehr sür mich, geben Sie hundert Mark, und ich gestatt« Ih nen, sich selbst als Verfasser auszu geben unter Ihrem Namen sollen die Kinder meiner illegitimen Ehe mit der Muse sanktionirt werden!" „Auf die Ehre verzichte ich aus angeborener Bescheidenheit, aber, Se kretär, geben Sie dem Kassirer eine Anweisung auf einen blauen Lappen für den genialen Zwischenaktsdichter! Adieu, Verehrter übrigens, wi« heißen Sie?" „Erwin Sl«in, Charakterkomi ker," tlang «S plötzlich mit sonorer Stimme, d«r Kn«belbarl flog in die Ecke, die wallende Haarperücke mit dein schmierigen Schlapphut ebenfalls, der defekte Paletot schwand, und ein glattrasierter Mime mit kurzem Haar und lustigen Augen stand verbindlich vor dem Theatergewaltigen. Noch ehe Direktor und Sekretär sich erholten, fuhr der Komiker fort: „Mein Gast spiel liatten Sie schriftlich abgelehnt, es wäre keine Aussicht auf Engage ment für mich im nächsten Jahre nun hörte ich aber gestern, Sie suchen dock einen Komiker für di« nächste Spielzeit, und so habe ich mir er laubt, so eben ein kleines Probegast spiel zu absolviren; hundert Mark Honorar haben Sie ja gütigst schon bewilligt wenn Sie mich also nicht brauchen lönnen. habe ich wenigstens die Reisekosten ersetzt. Oder darf ich auf Gastspiel hoffen?" Erwin Stein ist noch heute als beliebter und trefflicher Komiker bei dem düpirten Direktor. Aber trotz dem behauptet der Bühnengewaltige: Steins beste Rolle, die mir am mei sten imponirt hat, war doch sein „Zwischenakts-Dichter"! Hühnerbeileid. Mutter: Denk' mal, Fritzchen, unser schöner Hahn ist kaput gegangen! Fritz chen: Ob denn da wohl die Hühner vor Trauer schwarze Eier legen werden? Zur Abwechslung. Herr (welch«r sich beim Arzt «inen Zahn hat ziehen lassen und nach einigen Tagen wiederkommt): Aber sagen Sie mir nur um Gottes willen, Herr Doktor, was soll ich denn nur mit der dicken Back« machen? Zahnarzt: Spielen Sie ruhig zur Abwechslung mal acht Tage lang den „Geschwol lenen". Unverfroren. Reicher (zu seinem Nachbar): Wie Sie wohl wissen werden, hat mir der Arzt das Holzhauen empfohlen; da ich mich nun aber mit verkleinertem Holz auf Jahre hinaus versorgt habe, will !ck. wenn Si« damit einverstanden !ind, nun Ihr Holz vornehmen, wel ches Sie im Hos« steh«n haben!" Metzger: I«, ja, ich bin schon ein. —Poesie und Prosa. Friiu» ich —!" Er: ~Ach was! Txr Fuchs tragen!" Zukunftsbild. Jnnungsmeister: „Also, Sie wollen die Gesellenprüfung ablegen. Haben Sie eine vierjährige Lehrzei! hinter sich?" Lehrling: „Ja!" Meister: „Was haben Sie da Lehrling: „Gearbeitet? Nichts sperrt?"' ' Unverbesserlich. Anwalt nichts, Herr Rechtsanwalt." Sohn (zerknirscht): „Ich gehe ins Wasser, wenn Ella mich nicht Bater (warnend): „Thu's nicht, Karl Du kennst 's Wasser nicht!" Beleidigt. Chef (erzürnt für Sie abgeschlossen habe!" Boshaft. Köchin (als ihr die Gnädige vor Mahlen gibt): „Was, gleich acht scher: „Nei, Sie kenn i nüd, aber min Rägeschirm, wo Sie in Hände trä g-d!" Zaghaft. Barbierlehrling (nachdem er den Fremden auf der rechten Wan ge viermal geschnitten hat): „Wollen Sie die and're Hälft' auch noch ra sirt haben»"