Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 27, 1906, Image 6

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    ! Allen unseren Tesern ein !
Fröhliches Neujahr?
Sylvester- Zauber.
Langsam und feierlich neigte sich
das Jahr seinem End« zu. In allen
Häusern stellt« man an die Gesellig
keit heute am letzten Abend erhöhte
ine Junggeselle, der sonst Gesellschaf
Weibliche" vertreten Ist, wie die
flieht, konnte heute dem Drange sei
nes Herzens nicht wiederstehen und
suchte ein benachbartes öffentliches
Lokal auf, um wenigstens „unter
Menschen" den wichtigen Augenblick
des Ueberganges vom alten in ein
neues Jahr würdig zu feiern. Es
tiegt ja auch eine tiefe Wahrheit in
dem bekannten Satze: Getheilte Freu
de ist doppelte Freude, getheiltes Leid
halbes Leid! Wer mag es wissen,
was alles an Freuden und Leiden das
dringen wird! Der vom Weh des
Lebens über Gebühr gequälte Erden
pilger «benfo gut wie d«s Glückes
-«Schoßkind, die heranblllherrde Jung
frau wie der Jüngling, in dessen
Ärust Welten sich formen, der kräftig
-schaffend« Mann wie der lebensmüde
-Greis sie alle haben in dieser
schicksalsschweren Stund« eine Gewis-
Herzen, und gerade die Ungewißheit
über die Antwort führt selbst einan
der Fernstehende in diesen Augenbli
cken zusammen, nicht, um in leichtfer
tigem Genuß sich über den Ernst der
Stunde hinwegzutäuschen, sondern in
läßt in trauter Runde.
Auch der kleine Kreis, der sich bei
Gerichtsf«kr«tär Wehmanns um die
duftende Ananos-Bowle versammelt
ein böser Husten hatte sich zu ihrem
.asthmatischen Leiden gesellt und
Herr Wehmann dachte vorgerückten
len Gründ haben. War doch Weh-
Gerichtssekrctärs, zum wohlbestallten
Stadtbaumeister in R. gewählt wor
den und somit in di« Lage gekommen,
seinen sehnlichsten Wunsch zu erfül
len, di« Geliebte seiner Jugend als
Gattin heimzuführen. Nur «ines
fehlte noch an dem vollen Glücke des
te. So mochte es sich erklären, daß
die junge Gattin allen Versuchen
ihres Gatten zum Trotz eher ernst
und nachdenklich blieb. Nur zwei
Menschenkinder schienen ein« Ausnah
-me zu machen: das war Gretchen,
Sekretärs jüngstes Töchterlein, ein«
schelmische Blondine, di« trotz ihr«r
Fahre necken und
jfisch, und der an ihrer SeUe sitzende
jugendliche frische Assessor Miller, ein
entf«rnt«r Verwandter der Frau Bau
m«ist«r, der als einsamer Junggeselle
die Einladung in die befreundete
Helles Glvckenläuten klang es, wenn
Gretchen die witzigen Einfälle ihres
Nachbars belachte, d«r wiederum in
allerlei Vorschlägen zu einer würdi
gen Sylvesterfeier nicht erschöpfte.
„Nun wollen wir das Schicksal be
fragen", begann der Assessor würde
voll. Sogleich füllt- er eine Schale
mit Wasser, nahm sechs ein« der
Zahl der anwesenden Personen ent
sprechende Anzahl leere halbe Naß
schalen und befestigte in jeder ein
WachSziindhölzchen, das er anbrannte.
Dann setzte er alle Schiffchen mit
ihren brennenden Lichtlein in die
Wasserschal«. Jeder der Anwesenden
mußte nun eines der Schifflein als
das feinig« bezeichnen, wobei der
schlaue Assessor darauf Bedacht nahm,
daß Gretchens und sein Schiff nicht
allzu fern von einander blieben.
„Wessen Schiffchen sich nun einander
nähern", fügte er erläuternd b«i, „die
nähern sich selbst auch im künftigen
Jahre, werden gute Freunde viel
leicht noch etwas mehr. Und wessen
Sch'ffe sich von einander entfernen,
di': wl.oen bitterbös« Feinde", fügte
e mit «inem listigen Augenzwinkern
und einem verstohlenen Seitenblick
auf Gr«tchen bei. Wessen Schiff aber
umkippt, der muß im neuen Jahre
unwiderruflich in's Gras beißen!"
Dabei machte er mit der rechten Hand
umkippt«. „Huhu!" machte er, „da
müssen Sie bald zum Leichenbitter
schicken. Sie gehen doch alle mit mir
zu Grab«, meine Herrschaften?. . ."
Von draußen erschollen fröhliche Sti
mm«n, di« immer lauter wurden: un
aufhaltsam rückte der Zeiger der Mit
ternachtssiunde näher. Die Wirthschaf
ten fingen an sich zu l««ren, und eine
„Jetzt weiß ich", hub Gretchen an,
„wir wollen Blei gießen! Das ist das
sicherste Mittel, die Zukunft zu erfor-
Spiriluslampe, ein Löffel und die mit
Wasser gefüllte Schal«. Den Erd
schlüsse!, durch dessen Ring das flüs
sig: Metall in das Wasser gegossen
dem Wasser zu Tage gefördert wur
den! Die glühendste Phantasie, der
gewiegteste Verstand konnte sich da
ihnen herauszudeuten. Ei/ Stäb
chen mit einem Kopf mußte ein Na
gel sein. „Der Nagel zu meinem
Sarge", meint« Frau W-Hmann ge
faßt. „Bei Fischer's ist's auch einge
troffen!"
Ein lustiges Gläserklingen, vom
ausgehend, bannte gar bald
bemächtigen wollte. Da horch! lang
sam gezogene, ernste Schläge eins
zwei drei vier und so fort
bis zwölf! Mitternacht! In vollen,
cken harmonisches Geläute ein in den
brausenden Jubel d«r Menschen drau
ßen. di' sich unaufhörlich ihr zur Ge
wohnheit gewordenes „Prosit Neu
jahr!" zuriefen. Auch in unserem
Stübchen wurde man sich d«s Ernstes
des Augenblickes bewußt. Unter herz
lichen Wünschen reichten sich die
Teilnehmer der Tafelrunde die
Hände und gelobten sich aufs Neue
Freundschaft, Treue, Liebe. . . Und
wiederum erklangen die Gläser, und
Papa Wehmann erhob sich zu dem
ernsten frommen Weibclvruck,'
.Stoßt an! Und gut sein immerdar,
Sei unser Wunsch zum neuen Jahr!"
Eine augenblickliche Stille folgte.
Dann begann der Assessor: „Ein
neuer Versuch, das Schicksal zu be
fragen, könnte nichts schaden!" Und
unter Zustimmung der übrigen goß er
noch einmal das flüssige Metall durch
den Ring des ererbten Schlüssels in
di« mit Wasser gefüllte Schale. Em
Prasseln, ein Zischen, und unter
athemlosem Schweigen fischt« d«r jun.
ge Mann einen Sarg aus dem
Wasser. „Ein Sarg! Ein Sarg!"
so hieß «s allgemein, und schreckens
bleich betrachteten Vater und Mutter
Wehmann das ominöse bleiern« Ge
bilde. Richtig war's ja: ein länglich
viereckig«! Gegenstand mit allerlei
Buckeln und Schnöikeln, so daß er
wohl etwas Kastenartiges haben moch
te. Aber ein Sarg? Nun, die aufge
regte Phantasie, di« in alten Weiden
stiimm«n drohend« Gespenster, in Ei
senbahnschienen züngelnde Schlangen
erblickt, sie mochte, stets geneigt, et
was Unheilkllntxndes zu sehen, das
wunderlich« Gebilde für einen Sarg
halten. . . .Um die eigentlich« froh«
und gemüthliche Sylvest«rlaune war
«S jedenfalls für diesmal gescheht»,
und in gedrückter Stimmung, die
freilich «in jeder nach Kräften zu
verbergen suchte, trennte sich unsere
klein« Gesellschaft mit einem herz
lichen gegenseitigen „Prosit Neu
jahr!". . . .
Ein Jahr war im Flug« d«r Zeiten
dahingeraucht, und wiederum war
die uns wohlbekannte Tafel
runde im trauten Städtchen
zur Sylvester - Feier versam
melt vollzählig, ja, wenn man
will, um ein theures Haupt vermehrt,
und Helles Glück strahlt« aus aller
Augen. Mama Wehmanns Gesund
heit hatte sich wesentlich gekräftigt,
wozu ein Badeaufenthalt in stärken
der Gebirgsluft am in«ist«n
gen hatte. Der war aber in der
Hauptsache durch di« beträchtliche Ge
hzltszulage möglich die
Vater Wehmann als Antwort auf ein
beabsichtigtes Pensionirungsgesuch er
halten hatte. Da waren ihm allc
Abschiedsgedanlen mit einem Male
vergangen. Hauptfreude des altern
sen, daß Gretchens und des Assessors
Herzen sich gefunden hatten. Morgen,
zum Neujahrstage, sollte die Verlo
bungsanzeige in alle W«lt hinaus
flattern. Warum? Es sollte ein
Doppelfest sein. War doch bei Bau
meisters der längst ersehnt« Klapper
storch eingelehrt und hatte einen kräf
tigen Stammhalter gebracht! Darum
also die hell« Freude auf allen Mi«'
iien. Da lenkt« der ewig aufgelegte
Assessor die G«danken auf die vor
jährige trübselige Sylvesterfeier.
„Bleibt mir mit Euren traurigen Ge
danken heut' unterwegs!" wollte ihn
Papa, besser Großpapa, Wehmann
unterbrechen. „Nein, nein!" wehrte
der Assessor ab. „Seitdem bin ich
auch abergläubisch geworden! Es ist
gen, was uns beim Bleigießen ver
kündet wurde!" Während die Anwe
senden ihn kopfschüttelnd anstaunten,
Welt kein Sarg, das sieht eher einer
Kutsche ähnlich. S«ht Ihr, das d«u
tet auf die Brautkutfche hin, die uns
bescheert ward!" Ein herzhafter Kuß
froh«s Gläserklingen folgte. Mit be
sondrer Aufmerksamkeit betrachtete
Oeffnung oben, so scheint es eher ei
ner Wiege zu gleichen!" Allgem«ines
Bravo und erneutes Gläserklingen, an
dem Papa und Mama Wehmann sich
am lebhaftesten betheiligt«n. „Aber
der Nagel?" wandte schließlich letztere
etwas zögernd ein. „Ganz einfach
und buchstäblich eingetroffen: das is!
der Nagel, den wir im alten Jahre
stets auf den Kopf getroffen haben
und hoffentlich auch im neuen Jahre
st«ts auf d«n Kopf treffen w«rden!
Prosit!" Und der Glocken feierlich
Geläut, welches das neue Jahr be
grüßt«, sprach s«in Ja und Am«n
dazu.
Mr »e«, ReujoftrKpunf».
Für diejenigen unserer Leser, welche
von 4 saftigen Citronen und 2
Zucker. Beides thut man in 'ine
Punschbowle, wirft auch etwas Cn'v
nenschale mit hinein und gießt
kochendes Wasser darauf, auf 1 Fla
fche Rum etwa 3 4 Flaschen Was
ser. Dann giebt man 1 Flascht
Champagner daran, dickt den Punsch
fest zu und läßt ihn am besten einen
Tag bis zum Gebrauch stehen. Er
kann kalt, aber auch warm getrunken
werden, doch muß man ihn dann zu
gedeckt erhitzen.
Hausirer, zum Sonntagsreiter, dessen Pferd scheuen will: „Viel
leicht a Schnurrbartbinde sor's Pferd über di« Augen?!"
Liebesglück. „-So, jetzt
trägt Johann die Verlobungslarten
nach dem Briefkasten nun können
Sie unserm Töchterchen den ersten
Kuß geben, lieber Herr Schwieger
sohn!"
Uebertrumpft. Bekann
ter: Ihr Conkurrent behauptet, im
vorigen Jahre hundert Paare zusam
mengebracht zu haben! Heirathsver
mittler: Kleinigkeit; soviel Scheidun
gen hatte ich allein!
Maliziös,
Sommergast (der schon länge
re Zeit auf die bestellte Suppe ge
wartet): „Ja, was ist denn, Frau
Wirthin, sind die Fliegen noch immer
Im Re st auran t. Professor
der Ethik: „Sie, Kellner, dieses Huhn
ist nicht gut, das heißt, vom morali
gewesen sein, aber zum Essen nicht!"
Gar zu heikel. „Kellnärr!"
„Ew. Gnaden wünschen?" „Für mich
frisch anstechen!" „Aber Ew. Gnaden,
es ist ja eben erst frisch angestochen
worden!" „Aeh, macht nischt, will mit
Kerl nchen mir nicht aus einem Fasse
Ter gebildet« Toni.
dem Maxl so a Watsch'n abig'haut?"
Toni: „G'stritten hob'n wir uns
Der Erzieher. Vater (sei
nen Kindern die Mondsinsterniß zei
gend): Seht Hungens, auf die Se
kunde ist der Mond in den Schatten
der >srve getreten. . . solche Pünkt
lichkeit müßt Ahr Euch auch ange
— Modern. Herr (bei einem Ei
senbahnzusammenstoße): „Warum lei
stet man denn den Verunglückten
nicht sofort die nöthige Hilfe?" Ar
beiter: „Wir warten nur auf den
Photographen!"
Muth antrinken!"
Sie (beim Abschied): „Wiri! Du mir
> auch treu bleiben, Max?" Er (Ge
! schäftsreffend».): wenn ich Zeit -
hab""
Dilemma. Assistent: „Nun
5
Nicht sein Fall.
„Vielleicht ein« Flafch« Parfüm ge
fällig Beilch«n Flieder He
liotrop?
Weitgehend. „Ist der
Mayer stark verschuldet?" „Bis
ters."
Motivirte Kritik. „Im
L»-Dur - Quintett von Schumann
Höchste Eitelkeit.
Abgestürzter Bergkrax
le r (zu einem Führer, der ihn nach
tagelangem Suchen gefunden): „Ge
wiß haben alle Tagesblätter über
meinen Absturz geschritben!?"
Führer: „Hab' no' in keiner
Zeitung 'was davon g'lesen!"
Verqkraxler: „Ah . . . dann
lassen Sie mich lieber noch etwas lie
gen!"
Gerecht« Entrüstung.
Mether (in der Dachwohnung): „Se
durchregnet!" „Na, haben Sie denn
nicht mal einen Regenschirm?"
Maßvoll. Richter: „Ange
doch nur mit einem derselben im
Streit waren?" Angeklagter: „Na,
Wissens, Herr Richter, für «inen wä
ren die Schläg a bissel reichlich gewe
sen."
Die falschen Adressen.
will ich mal den dort fragen. Einhei
mischer: Das wird Ihnen nicht viel
helfen, Herr, denn das is ja auch 'n
Hiesiger.
Der Mwokat »l« Friedensstifter.
<Bilder ohne Worte.)
Unverbesserlich. „Der
Arzt hat gesagt, ich müßte mir das
Biertrinken abgewöhnen... Wenn ich
nur wüßte, wie ich das fertig brächte!
Halt, jetzt weiß ich, was ich thu'
ich kauf' mir ein paar Maß, denn
wenn ich einen ordentlichen Schwips
hab', kommen mir immer die besten
Gedanken!"
Schmierendirektor zumVonvivant: „Was haben Sie
sich fortwährend um meine ledige Tochter herumzudrücken, Sie Mitgiftjä
ger?"
Nette Entschuldigung.
Beruf?" Bettler: „Nein, bloß aus
Plausibler Grund.
„Diesmal ist die Rauferei doch, gott
lob, nichi gar so blutig verlaufen!"
Wirth: „Ja, wissen S', Ehrwürden,
d' Leut' hab'n zu dem neuen Bader
Gattin: „Weißt Du Männchen, daß wir auf Goeth«s Todestag ge
heirathet haben?"
mit dem Vergrößerungsglas an."
Widerlegung. „Ich weiß
es, Schatz, Du wirst mich bald ver
gessen haben." Junger Professor:
„Wie kannst Du so etwas glauben,
Elvira, ich machte mir einen extra
großen Knoten in's Taschentuch."
M-d-,
.Ist es txnn wahr, daß Ihr Bruder seine geschiedene Frau geheiratbet
Hot?'
„Gewiß, bei der Scheidung haben sie sich näher kennen gelernt, und
dann hat er sich in sie verliebt!
Der Mann ohn« Ge
dächtni ß. „D«nken Sie, in Cali-
Kathederweisheit. Pro«
—E inP «s si m i st. „Der Herr
schlechtes Gedächtniß."
Vielsagend. „Demnächst
werd' ich mich mit dem Referendar
endlich mit Deiner Mama gespro
chen?" »Nein, aber die Mama mit
ihm."