I« van» der Reanbah» In «wem Vorort Berlins hatte sich «ine Sport - Filiale eines grüneren Wettdureaus der Residenzstadt in ei nem primitiven Bierausschank etab hurschte dort gewöhnlich in den Vor mittagsstunden ein reges Leben. Die Gäste, welch« meist dicht gedrängt an den wenigen Tischen saßen und «isrig Sport - Zeitungen oder die französi sche Starterliste studirten, ihre Mei nungen austauschten, gehörten größ- JUr solch« Gäste, welche hohe Wetten Zimmer hinter dem Büffet. Der Wirth, welcher in hochaufgelrempelten Hemdsärmeln in einer Ecke hinter dem Büffet saß, schrieb eifrig die ihm diktirten Wettzettel, während seine Gattin die durstigen Kehlen befrie digte. Da er die Mehrzahl seiner Gäste mit dem kameradschaftlichen .Du" anredete, fehlte es auch nicht an theils humoristischen, theils groben P chv l Wirth seinen alten Platz einnahm. Himmelfahrtstag! Blendender Son nenschein und Deutsches Traber-Der by! Welch echten Verehrer des schö aller Art. Plätze erobert und sah dem Treiben gemüthlich zu. „Weißt Du, Lieschen," wandte «: sich zu seiner Frau, „heute gewinne ich nen geträumt, und das bedeutet im mer Glück. Aber, Scherz beiseite, ich habe Columbia schon lange vorher mit «ine schöne Summe in AussichN" Elise sieht ihn zweifelnd von der Seite an und «rwid«rt mit einem lei fortwLhrenden Verluste, Du schon f«it Monaten hast. Wie soll das werden, wenn's so fort geht, denn die Summen kannst Du nie mehr wie dergewinnen. Ich wäre heute am liebsten zu Hause geblieben, denn ich Etwas ärgerlich antwortet Fritz: .Aber Lieschen, was fällt Dir Senn «in? Du mußt doch nicht schon vor her Unglück wittern. Warte es doch ob, Du wirst sehen, daß alles gut geht, und nun sei auch vergnügt. Lächelnd schlägt Elise ein und wen det dann ihr Interesse der Bahn zu, auf welcher schon an den Tafeln die startenden Pferde erschienen sind. Nachdem Fritz sich in feinem Pro gramm die nöthigen Notizen gemacht und die einzelnen Traber prüfend ge mustert hat. wendet er sich an Elise mit den Worten: .Bleib ruhig hier fitzen, bis ich wiederkomme", und ver schwindet unten im Gewühl, sich einen Weg zum Totalisator bahnend. Hier ich mit ihm oberflächlich bekannt ge worden, wie man überhaupt auf der Rennbahn häufig B«lanntschaften an knüpft, Meinungen austauscht u. s. w. und dann im gewöhnlichen LebenZ verlehr achtlos aneinander vorüber geht —fragte ich ihn, was er wetten wolle. Er zeigte mir mit geheimniß voller Miene eine Nummer seines Programms und verschwand. Daß ihm natürlich gleich das erste Rennen, wie hundert ander«, eine arge Sattäu- feiter als Erster das Ziel Passirte, der Favorit hatte gesiegt. Mit ihm auch Fritz Werner, welchen ich freude strahlend an d«r Kasse traf, als er sich Als drittes Rennen war das Tra der Zwischenpaus« drängte und stieß man sich an ten Büffelten und in den Kaffee - Restaurants. Daß der Him mel sich unterdessen verdächtig mit kum aus den erstickend heißen Räumen in die frische Luft. Das erste Glocken zeichen zum Derby war erklungen, die spinste giebt es ja bei Gele genheiten unzählige. Der größte Theil des Publikums das Geschäft schlicht war, di« Bahn, ohne das End« abzuwarttn. Auch Witter gekommen, so hätt« Columbia auch gesiegt. Nach «inigen bitteren Klagen über sein beständiges Pech Mit wüstem Kopf und steifen Gli«- die Summen, die er zugesetzt, auf Tausende, denn nach jedem Verlust wettete er höher, um Ersatz zu schas sen. Da sich aber das Glück nicht zwingen läßt, gelangen seine Speku lationen selten. Stöhnend ließ er den Kopf in die Kissen fallen, wäh rend ein heftiger Frost seine Glieder schüttelt. Zum Ueberfluß hat er sich «ine tüchtige Erkältung zugezogen und ist gezwungen, das Bett zu hüten. .Siehst Du, Lieschen," sagt er zu seiner Frau, welche ihm heißen Kaff«« und frisches Gebäck bringt, „mit d«m neuen Kleid, welches ich Dir gestern „Denke nicht mehr daran, Fritz," sucht Elise abzulenken. „Trinke jetzt den Kaffee, der wird Dich erwärmen, und Dich entschuldigen." .Wie gut Du bist, Lieschen, ich danke Dir." Mit Wohlbehagen genießt er nun sein Frühstück und schlürft das heiße Getränk, dann wickelt er sich f«st«r in s«in« Decke und ist bald eingtschlasen. Doch das Unglück schreitet schnell! Bei Fritz Werner trat es in Ge- liche Erklärung, daß überhaupt nur 2VOO Mark dort niedergelegt, und daß die Summe von 2, auf welche Zeiten verlebt hatt«». Was würd« aus mehr?" Mit sarkastischer Miene giebt er greiftn? Bot sich Ihnen denn nir gends eine Stellung?" .Sie dürfen sicher fein, daß ich D«rgangenheit geforscht wurde, so war ich, trotz tadelloser Arbeit und guter Führung, sicher nach vier Wo chen mit höflichem Bedauern an die Luft gesetzt. Tip und Programm gefällig? Sie können sich gar nicht denken, Herr, was ich alles getrieben. Für alle möglichen Branchen war ich Reisender. > — Tip und Programm! Ich bin und bleibe nun schon mal .O, meine Frau," gab er mit ei nem gewissen Stolz zur Antwort. .Die Tag und Nacht, um die artig. Doch Sie entschuldigen mich wohl jetzt. Ich muß sehen, daß ich hier noch etwas Geschäft« thu«. Mit dem letzten Zuge fahre ich dann nach Karlshorst." „Wie, Ue wollen zum Rennen?" rief ich erstaunt. „Was wollen Sie? Der Pserd«- witder in die Höh« komme, mag'S wtiter gehen, wie es will. Uebrigens gehe ich jetzt nur auf den 50 Pfennig- Platz. Da ist's auch schön, nament lich wenn einem die Sonne so recht auf den Buckel brennt. Tip und Programm! Sport!" hörte ich seine Stimme noch schallen, während >ch langsam zum Perron emporstieg und über di« Gewalt der Rennsportleiden schaft nachdachte. Die Photographie. sp>«a«l. Eines Morgens, als Helene ihre Tant« b«suchte und unangemeldet in's festigt vor ihr stanlx »Es betrifft Guido." als sie sich den s«chs Fuß hohen Men- Mutt«r zu sein schien. .Guido?" sie ist ES ist «ntsetzlich, «s bringt doch deutlicher", bat sie. .so kann ich Dich nicht verstehen. Kenne ich sie?" .Nein, woher auch? Ich muß so vi«l an das Ende denken, daß ich den Anfang vergesse. Si« ist eine Itali enerin, sehr hübsch, und Guido ist ganz vernarrt in si«. In d«r Kaiser straße hat ihre Muttrr einen Obstla den, und das jung« Mädchen bedient fast d«n ganzen Tag die Kundschaft. Guido st«ckt btinahe immer bei ihr wohin sie will. Ich stehe Todesangst zu mir kommt und mir erklärt, «r .Kennst Du sie, Tante? Sie ist doch gewiß ein gebildetes Mädchen?" „Gerade g«b!ld«t genug, um ihr« Schönheit gefährlich zu mach«n. Sie wurde in einem Kloster erzogen, und das Wenige, was sie spricht, spricht si« richtig, ihre süß« Schüchternst ist ihr« stärkste Wasf« ich sollte das eigentlich nicht sagen, denn das klein« Ding ist wirklich nicht berechnend. Ihr« Schönheit und ihr« Sch«u, beid« zusammen haben dem Jungen den Kopf verdreht, ohn« ditfc zerplatzte sein« L«id«nschaft wie eine S,>/«n blase. Wenn er die Sach« nur nicht so furchtbar ernst nähme." .Soll er vielleicht das Mädchen als dann raffte sie jedoch ihren Muth zu sammen und setzte sich zur W«hr. „Selbst das wäre nicht so schlimm, .Nicht ganz genau. Heute früh fand ich dieses Bild in seinem Zim haben? denn ich hörte ihn zurückkoin- Mit diesen Worten reichte die alte .Da ist j, Rita"? rief si«. „Kennst Du sie?" fragte Frau von Alsten verwundert. „Aber natürlich. Cousine Maries noch immer wie v«rzaub«rt auf das süß« Antlitz mit den dunklen patheti schen Augen starrte, in denen die gan schien. .Da haben tvir's, seufzte die Ma trone, der der weiche Ausdruck in den .Willst Du Guido bestellen, daß ich erzählt hast, bewahr« Stillschweigen. Willst Du, Tantchen?" Zwei Tage später stellte sich Guido j te Anita öffn«te selbst die Thür und daß Hellas G«wissensbisse, ihr«n Vit nickte Helene freundlich zu.^ Es war fast unmöglich, zu glau ben, daß dieses gewöhnliche, grob« nicht zu verleugntnd«, unangtnehin« Achiilichleit vorhanden. Helene schob einen Haufen Kleider und Spielsa chen, die auf «in«m Stuhl lagen, bei Seite und li«ß Guido so niedersetzen, > daß er die abschreckende G«g«nwart, das Borbild deff«n, was di« Zukunft einst aus Anita machen würde, deut-! lich vor Aug«n hatt«. Diese selbst hielt sich schüchtern im Hintergrund«, während die junge Dame ihr« Vor. aufgtfallen; ihre aristokratisch«, d« Schönheit hob sie wie in l«ucht«n. dt, Aur«ol« von ihrer unordentliche, nachlZssd«, MiMvung ab. Wie «ine weiß« Lilie in «irrem verwilderten Garten kam sie ihm vor. Frau Belati hielt daS Kind auf während daS Kl«ine phvtographirt würd«, hielt sie nicht für nöthig. Als daS aufgenomlnen war, reichte Italienerin einen solch entzück-nden Anblick, daß Fräulein von Alsten nicht umhin konnt«, ihre Wange leicht mit einem Kusse zu berühren. Aller dings konnt« sie sich dab«i eines be unruhigenden, judasähnlichen Ge ?uh>«s nicht erw«hr«n. Wiederum grinst« d«r Junge, als si« den Latxn durchschritten, doch He lene bemerkte, daß Guido dieses Mal i:rg«rlich die Stirne kraus zog über di« beleidigende Familiarität. .Anita ist ein süßes Geschöpf, und sind di« Kleinen nicht niedlich?" fragte das jung« Mädchen mit der unschuldigsten Mien« von dir Welt auf dem H«imw«ge. .Welch' ein Jam m«r, daß sie alle nach der Muttrr „Anita sieht ihrer Mutter nicht ähnlich", bemerkte Guido in zuver sichtlichem Tone, doch seine Cousine gewahrte wohl, wie er gegen die vor her empfangenen Eindrücke kämpft«. „O n«in jetzt noch nicht", ent gegnete si« lächelnd, „doch warte, bis ich es Dir beweisen." Sobald sie Hut und Mantel abge legt hatt«, holte sie ihre Velatisamm lung herbei. „Hier", sagt« das junge Mädchen und z«igt« dem Vetter eine alte, v«r blaßt« Photographie, .hab« ich nicht recht?" „Ist das das ist doch nicht —" „Anitas Mama mit achtzehn Jah ren. Ich erbat mir das Bild, um eins nachmach«n zu lassen. Da si«h!" Si« legte Anitas Konterfei dicht daneben. Wie zwei rothe Rosen von tiinselbrn Busch glich«n si« sich. Di«- selb« dunkle Schönheit, di«s«lb«n schmachtenden Augen, die gleich« süß« Lange und ernst blickte Guido auf di« Bilder nieder. Als sie ihm die an der«n zeigrn wollte, winkte er abw«h r«nd mit d«r Hand und erhob sich Acht Monate später h«irathtt« Guido seine Cousine. Mit d«r Zeit hatte er sie sehr lieb«» gelernt, und sie Kein glücklich««» Paar als si« hat j« die Kirch« verlass«n. Unter der M«ng«, di« sich draußen am Eingang staute, g«wahrte di« Braut plötzlich ein schönes, «rnst«s Gesicht, d«ss«n gro ken. „Weiht Du, Guido, daß Deine Mutter tinmal glaubte, Du s«ist ernstlich in Anita Vtlati verliebt ge w«s«n?" ihr selbst gestattete ihr das. Berühmte Wäscherinnen. Gelegentlich einer Wäscherei-Aus stellung in Berlin rief ein dortige? Blatt die Erinnerung an die Be rühmtheiten unter d«n Waschfrauen wach, die entweder selbst gewerbsmä ßige Wäscherinnen waren, od«r die sich trotz ihrer hohen Position, durch die Macht der Verhältnisse gezwun gen, mit der Wäsch«r«i zeitweise selbst sie bekümmern mußten. Unter den g«- werbSmäßigen Wäscherinnen ist wohl die berühmteste die Madame Sans- Göne, die auch den breitesten Schich ten der B«rlin«r Bevölkerung durch die schier unzähligen Aufführungen von Sardvus gleichnamigem Drama näherg«rllckt ist. Sie war dtutschir Abstammung und hieß von Ha'ise aus Katharine Hübscher. Die schöne Katharine hatte in der Rue Royal zu Paris eine kleine Waschanstalt und zählte unter anderen auch den damals gehörte aber nicht gerad« zu den ein träglichsten Kunden, er mußte der Katharin« sogar di« Rechnung schul ich aus meinem armseligen Sold mich selbst, die Mutter und verschiedene Brüder und Schwestern zu erhalten lig auf Credit. Nachdem sie sich dcS Tages üb«r bei der Arbeit ehrlich ab gerackert hatte, gönnte sie sich des dieser Zeit hatte ihr Gatt« das Glück, Spitznamen Madame Sons-Gi'n«. Als ihr Gatte Danzig erobert hatte, wurde er von Napoleon I. sogar zum rühmt gewordene Italiener Crispi ge heirathet hatte. Als Crispi nach der für die Piemontesen verlorenen England, ihm seine Frau Covcnt Garden. Nachts wusch si« schlief. Im Jahre 1859 kehrte Crispi Antheil an Garibaldis Feldzug. Ro geworden, der«n Nam«n man nicht lennt. Es ist „die alte Waschfrau" bekannten rühr«nden Gedicht von der rüstigsten der Wäscherinnen im 7K. Jahre verherrlicht hat. Nach der Kirchw« i h. Mi-