Sagt dir heimlich, still und sei», Wilde Rose, du bist mein! Mein Bruder und ich. Sei mir gegrüßt, du wildes, strah lendes Ritterthum! Mit anderen Worten, auch ich trug einstens des Kaisirs Rock, wenn auch nur ein Jahr. Das Jahr ist jetzt schon hübsch lange her! Ich bin ja schon bald im Landsturm. Die damaligen Kadetten sind schon Hauptleute; di« Oberst« leben heut« in Graz von ihr«r wohlverdienten Pension. Nur Ob«rl«utnant Thaddäus Kopserneck »ant, und w«iter wird er es wahr scheinlich in diesem irdischen Leben nicht mehr bringen. Oberleutnant Kopserneck war schon damals ein alt«r Mann, als ich in N als Freiwilliger di«nte. Sein gewaltiger Schnurrbart spielt« in's Graue, seine Augen ab«r blitzten voll Jugendmuth und sein« Stimm« t>onn«rt«; trotzdem «r Infanterist war. flucht« «r wi« «in Husar. Wenn seine hagere Gestalt auf der Bild fläch« «rschien, zitterte alles vom Wachtmeister abwärts. Seine Stim me ließ sich oft schon vom Kasernen hof vernehmen, heulend und sausend wie ein« Kanon«nkugel. Die Strafen flogen so um ihn h«rum, wie die Fliegln um «in Stück Zucker. La ch«n sah man ihn seit Menschengeden ken nicht. Das letzte Mal lachte er. sionirt wurde, deshalb wurde er in «in anderes Regiment versetzt. Ich hatt« unt«r Ob«rleutnant Ko pserneck genug zu leiden. Was an Er bitterung in seiner Seele wohnte, das olles ließ er uns Freiwillig« fühlen. Offenbar beneidet« er uns darum, daß wir das Leben nur ein Jahr führten, dessen monoton« Einförmig keit ihn schon s«it einem Dezennium drückte. Er verheimlichte auch seinen Haß gegen uns gar nicht und ließ uns verschwenderisch alle jene Unan n«hmlichlet«n zutheil werden, an de nen das Soldat«nkb«n so unendlich reich ist. Natürlich schwärmte insdlge dessen keiner von uns für das Mili tär und wir waren denn auch im Laufe des Jahres in den militärischen Wissenschaften nicht bewanderter und an Tugenden wahrlich nicht reich«r Im Gegentheil: wo wir von den uns zugetheilten Aufgaben etwas ab knappen konnten, thaten wir «s mit unverhehltem Genuß; wir täuschten den Kriegsminister, wir täuschten den nicht zukommend« Art. Unser größtes und gefährlichstes Vergnüg«» war, wenn wir dann und erkannt am Bahnhofe zu erscheinen. Der Ball sollt« am Samstag Abend athmete tief auf. Keine Gefahr! In Preßburg stieg ich mit unendli tung." Na, das ist schön fluchte ich in mich hinein fünf Stunden Ver um 2 Uhr Nachts in an! Da vor mich hin. Aus ist's mit dem Ball, aus mit Fräulein Vera! Am gescheidtesten wäre es, gleich nach N. pfiff. Rasch, ohne jede Vorsicht, teressiren werde. In kurzer Zeit war dieses Rathen überflüssig. Der Oberleutnant, der Aber wo? Wo? Macht nichts! Wird redete ich ihn an: H L „H«rr Oberleutnant, kennen wahr scheinlich meinen Bruder, der in N.. „Natürlich!" schlug sich der Edle an die Stirne, „natürlich! Alex von Erdy." Erdy " Nebenbei sei's gesagt, Ihr Bruder ist ""'Wirklich?"'"' „Na, so gefährlich ist's nicht! Fah ren vielleicht auch nach N " „Ja", gestand ich mit etwa! saurer Miene, „ich will «ben meinen Bruder te sich immer mehr mit mir, und als wir in N ausstiegen, duzten wir einander schon. „Da ist noch gut abgelaufen", Stadt", sagte d«r Ob«rl«utnant, als wir den Bahnhof verließen. Ich schwieg ehrfurchtsvoll, doch be gann ich mich etwas ungemüthlich zu Ob«rl«utnant wieder vernehmeu. „Um dies« Zeit ist alles dort, gewiß finden wir ihn auch da...." „Vielleicht doch .nicht", wagte ich sanft zu widersprechen. „Komm', wenn ich sag'..." Ich ergab mich und kalter Schweiß perlte mir von der Stjrne. Wir gin- Offizieren und Freiwilligen war. Ich verkroch mich bis in's Aeußerste in meinen Winterrock und blieb vorsich tig bei der Thüre stehen, während des Oberleutnants Adlerauge in dem spähte. „Hier ist er nicht", erklärt« er dann. „Vielleicht im anderen Kaffee haus ...." In N sind vi«r Kaff««Häuser. Alle vier« durchforschten wir und suchten muh natürlich erfolglos N ..... besitzt sechs solcher Restau wir zusammen in die Wohnung Dei nes Bruders." Davor fürchtete ich mich am mei sten. Was geschieht, wenn der Herr Oberleutnant in's Zimmer tritt und sie zu Mittag hingeworfen? Was Lag« verbesserte sich dadurch nicht. Im Gegentheil! Der Oberleutnant, der gewaltig schwankte, hielt sich an mir an. „Unmöglich?" frug er langsam, .das sagst Du mir. dem Herrn Ober .O daseist überflüssig " „Ruhig. Morgen um 10 Uhr ist ihm." .Wenn Du Dich rührst, schieße ich Dich nieder —fuhr mich der Ober leutnant an. Vernichtet sank ich in's Bett zurück. Nach einer Viertelstunde kam der gebracht habe. Wo kann er sein? Gleichviel! Er mit dem Schlüssel in der Hand wie der in's Bett und schlief ein. Damals faßte ich zuerst Verdacht, daß der Oberleutnant meinem Mitk längst errathen hatte, daß mein Bru- Ob dies aber wirklich der Fall ist? Gleichviel! Ich konnte nicht länger Ich war wieder Soldat. Abends aus seiner Bude. Im Kaffee- „Wo ist Ihr Bruder?" fragte er m tz^n .Schweigen Sie! Dies einemal will ichs noch verzeihen, um Ihres Bru ders willen, den ich sehr lieb gewon nen und der ein eben solcher Gentle man ist, wie Si« «in Taugenichts. Aber Venn sich das wiederholt, werde ich nicht mehr der Freundschaft ge denken, die mich an Ihren Bruder knüpft... Interessant übrigens, daß Si« nicht nur im Charakter, sondern auch äußerlich so verschieden sind. Ihr Bruder ist der Hübscher«! Abtreten!" Bis heute weiß ich's nicht, ob der Oberleutnant mir oder ich ihm auf gesessen! Der Triumph »er Nase. »Nichts Reell'r«s in d«r Wilt als d«r Gtruch. «r zaub«rt uns im Augenblick d«r Wirklichkeit," sagt Juan und Faust". Er hat recht, wenn Wirklichkeit so viel als Wahrheit be deutet. Die Nase läßt sich nichts vor täuschen, ihr Urtheil ist sicher, keinem Betrug, keinem Gaukelspiel unterwor fen, sie kann mehr oder weniger em pfindlich sein es gibt „hartriechige" wie harthörig« Menschen ja, sie kann die Empfindlichkeit eines Sin nesorgans vollständig verlieren, wie es dem großen Lorenzo von Medici nach g«sagt wird, ab«r sie läßt sich niemals beeinflussen, weder durch das Herz, noch durch den Verstand, noch durch den Willen. In der Nase liegt der Schlüssel für viele Sympathien und Antipathien, die uns unbegreiflich dünken, und gegen die wir manchmal vergebens anzukämpfen suchen. Men schen und Völker stehen in .gutem ruch" voreinander oder können sich „nicht riechen", wie die uralte Redens art sehr richtig lautet. Durch di« Nas« führt eine geheime Pforte in das Reich der Erinnerung. Ungerufen, aber stark, oft überwältigend, tritt ein Bild aus der Vergangenheit vor unser inneres Auge, wenn ein Zufall die gleiche Geruchsharmonie hervorgerufen Die Macht des Geruchs ist noch we nig erforscht, wir unterschätzen seine Wichtigkeit für ein gesundes, behagli möchte. Je feines der Geruch ent- Mit der höheren Kultur steigt diese den Dienst, und er flieht zurück in die wohldurchduftet« Welt der Bäder und Gärten. mag über den ver- Einzelnen möglichst zu verbrciten. Aber dieses Ideal ist in absehbarer von üblen Gerüchen nicht trennen. Aber auch sonst wird unsere Nase seit dem Jahrhundert der Erfindungen auf immer schlimmer« Proben ge stellt. Durch d«n Fabrikschornstein wird die Luft der Großstadt verpestet, Gas und Tabaksqualm durchdringen brik ganz r«cht Hatte, die nach b«kann t«m Muster mit den Worten begann: „Stinke selbst!" Wenn es sich in der gebildeten Welt auch von selbst v«rst«ht, daß Niemand die Nase des Anderen beleidigt, so hat doch Jeder seinen kaum merkbaren spe zifischen Geruch, auf dem Sympathien und Antipathien beruhen, dem sogar wie eine allerdings recht prosaisch« Theorie behauptet die „Liebe auf den ersten Blick" ihren Ursprung ver dankt. Wir scheuen noch vor diesem Gedanken zurück, denn di« Kunst d«s Riechens ist nicht so entwickelt wie die Kunst des Sehens und Hörens, denen Malerei und Skulptur, Dichtung und Musik ihr« Wund«rgab«n wtihen. Nur in Japan b«steht dt« feinste Blü- Freund seltener Genüsse, den Werth Nase gebieterisch aufdrängt. Es hat immer Menschen gegeben, deren Geruchsinn besonders sein ausge bildet war, sonst hätte man den Göt tern, die doch das Sinnbild menschli cher Vollkommenheit darstellten, keine Räucheropfer dargebracht. D«r Gott des Alten Testaments liebte den Rauch gebratenen Fleisches, starke Wohlgerüche dufteten in den Opfer schalen zu Ehren der indischen Götter, ten Homers gebrannt. Ein mystischer Zustand, den narkotische Gerüche her vorriefen, >fiel in verschiedenen ural ther hat dies Gleichniß in seinen als Professor Gustav Jäger seine Theorie über die „Entdeckung der Seele" bekannt gab. Nach Ansicht die ses Gelehrten sind es die verschiedenen spezifischen Duststoffe in der Aus- Affekte, Triebe und Instinkte aus- ""nehmbar m Erscheinung Aenlich wie mit Tönen und Farben geht es mit den Düften. Es gibt von Zwiebeln und heißem Oel, von Käse und frisch gewaschener Wäsche unleidlich dünkt, der wird den Völ kern de« europäischen Südens nie mals mit gerechtem Verständniß ge genübertreten. Er kann sich des Ge fühls nicht erwehren, daß eine Civili sation, deren Resultate ihm so feind lich zur Nase steigen, der seinigen be deutend nachstehen muß. Und wer den Geruch von eingeschlossener Luft und nassen Kleidern, von fettem Es sen und Alkohol nicht vertragen kann, der wird nie das Leben und« den Da seinskampf eine» nordischen Nolles liebevoll erfassen und den Mann mit festen, geschmierten Stiefeln immer für einen Barbaren halten. Je feiner sich das Nervensystem entwickelt, desto stär e» ist Itiir Zufalls daß sich di« Em- Jachrhundert mit dir Empfindlichkeit Völker «ntwick«lt hat. Di« Geruchs theorie Professor Jägers läßt sich in Aber nichts nur Menschen, Völker, Rathsherren entg«gn«t: „Da unt«n soll ich mich hinsetzen. Ich kann ste hen. Das Stühlchen riecht so nach armen Sündern wie überhaupt di« ganz« Stube." Dies Wort saßt den Eindruck zusammen, der sich von Ge um und wandeln als stiller Vorwurf g«g«n die Abgeschlossenheit der moder nen Pädagogik durch Wiese und Wald. Die Nas« ist unsere beste Mahnerin auf dem Fortschrittswege der Hygiene und Kultur. Sie ist vielleicht das Organ, in dem der Sinn für soziale Grenzen am stärksten ausgebildet ist. Der Haß der Stände gegen einander deinen Welt. Welt zu schaffen. Martial niesen." Vor solcher Irreführung scheut die modern gebildete Nase gewaltig zurück. Entsagend findet sie sich in die Prü fungen, die ihr von der Industrie auf erlegt werden, aber dem Nebenmen schen gegenüber steht sie auf dem Standpunkt d«S bekannten Verfas sers von .Mein System", daß er mög lichst geruchlos sein solle, um einen an genehmen Verkehr zu ermöglichen. Wir um unserer Individualität in dieser Beziehung die Zügel allzu frei schießen z-u lassen. Popularität. Es war einmal ein Mann, der wollte populär sein. Und er begann freundlich mit allen Leuten zu spre chen, interessirte sich für die geringsten Kleinigkeiten und lachte laut und deutlich über die dümmsten Witze. Er behauptete niemals eine eigene Meinung, fand alles sehr klug und gescheidt, was die Anderen sagten und Aus der Gesellschaft. .... Ich hört« eben, daß sich der wieker scheiden lassen will!" .Ja er war auch nur in momelltaoer Geldverlegenheit!" Skalpjiiger in Frankreiq. wundert, woher es kommen mag. daß die ländliche Bevölkerung des südli chen Frankreichs an die Stelle ihrer oriain«ll«n und kleidsamen Bauern tracht längst modern« Kleidung gesetzt hat. während man im Norden und im Hirzen des Land«s noch allg«m«in, vor all«m b«i den Frauen und Mäd chen der Bretagne, d«r Auv«rgne und des Limousin, dem h«imathlich«n Bauernkostüm zu begegnen Pflegt. Die ländliche Schöne des Südens trägt fast überall schon ihren echt Pariser Modehut statt des buntsei denen Kopftuches, das ihr früher «in so frisches, kokettes Ansehen gegeben hatt«. Die Bretonin und Auvergnatin dagegen hält noch heute mit wahrhaft erstaunlicher Zähigkeit an ihrer einge ist bekanntlich das Vaterland der Pe- Mitte des Rückens herabfloß, hierzu doch den Humor nicht ganz aus schließt. Die preußische Gardeland wehr, aus älteren Leuten destehend, rung bei, unterhielt sich köstlich und ließ sich einen Unteroffizier vorstellen, der in einer Person Dichter, Haupt- Sie denn?" fragte Mottle gütig. .Zu Befehl, Exzellenz. Schulze." .Wo sind Sit denn her?" mit Berliner Accent: .So sechs Stunden von Potsdam? Wie heeßt denn det Nest?" Antwort des Schalls.