Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 08, 1906, Image 2

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    Wie ich «eine» Man« kenne«
lernte.
zu sehen, nicht wahrnehme»? Helgo
land, das seit einem Jahre deutsch ge
worden; Helgoland, dessen Bild, das
Aufenthaltes? Und was gibt's Schö
neres wohl als zu reifen und Neues
und Fremdes zu sehen? Warum? Und
als ich mir meinen Plan zurechtgelegt
nach Helgoland zu fahren, da gab
wein Onkel bei, fuhr ich doch sozusagen
unter Schutz.
Di« Nacht vom 11. bis 12. August
verbracht« ich s«hr unruhig und aufge
regt und schon um halb 4 Uhr stand
ich auf und um S Uhr verließ ich ganz
leise das Haus, ohn« «rst aus das alte
Ehepaar zu warten. das hätt« sich
vielleicht verspäten können!
kenlos und die Luft rein und wUrzig.
In der Nähe 'des Hafens war schon
r«g«s Leben. Um ö Uhr sollte die
Abfahrt des Dampfers stattfinden.
Ich schaute mich nach meinem alten
Ehepaar um, aber das erschien noch
immer nicht auf der Bildfläche, auch
nicht als das letzte Signal zur Ab
fahrt g«g«ben wurde. Als ich nun so
allein dastand unter den vielen frem
den Menschen, da wurde mir doch ein
wenig txtlommtn zu Muth«; ob mein
Ontel doch Recht hatte, als er mich
nicht allein reisen lassen wollte? Aber
nun nxir ich einmal aus dem Schiff, ein
Zurück gab's nicht mehr, und als ich
mich eben in die neu« Situation hin
einzuleben anfing, tauchte vor mir ein
altes Ehepaar auf, nicht die Bekann
ten, ein anderes freundlich, gemüthlich
oussehenoes Eh-paar; «s setzte sich auf
«ine Bant ganz in mein« Nähe, und
ida noch ein Platz neben ihnen frei war,
ging ich hinüber.
„Erstatten Sie," sragte.ich brschei
„Bitte sehr da taun sich Jeder
hinsetzen; wir smd nicht Herren dar-
Das war nun gerade keine sehr
freundlich einladende Antwort, aber
ich fuhr fort: „Ich reise nämlich al
lein!"
„So," unterbrach mich der alte Herr,
.n«, das schickt sich doch aber nicht ftir
«in anständiges junges Mädchen!"
Mir wurde ganz heiß bei der Ant
wort; wie recht hatte der Onkel.
„Das heißt, ich sollte mit Bekann
ten die Reise machen, und die scheinen
sich wohl verspät«! zu haben."
„Ja, das ändert die Sache. Aber
wozu erzählen Sie mir das alles?"
„Na, Alterchen," unterbrach ihn
seine Frau, „stelle Dich doch nicht so
an; das junge Mädchen will sich gewiß
und darin si«hst Du doch, daß es eben
nicht leichtfertig ist. Bleib-n Sie nur
sitzen, Kind," sagte sie dann zu mir
nommen. Bald'geriethen in's
Gespräch, ich sagte Namen und Her
kunft, erzählte offen und freimüthig,
wie und loarum ich reiste, und nun
stellt, sich's heraus, daß mein „Schutz
herr" ein alter Schulkamerad meines
Onkels war.
Inzwischen waren wir in Cuxhaven
angekommen, das Schiff legte noch
aus kurz« Zeit an. um neue Passagiere
aufzunehmen, und dann ging's schnell
weiter in's offene große M«er hinaus.
Noch jetzt nach Jahren «rinn«re ich mich
der Aufregung und der G«fiihl«, die
mich bewegten, als ich das Meer zum
«rsten Mal sah. Alles übte auf mich
liche Meeresfarbi übergeht. Wie
folgte ich mit meine» Blicken dem
Fluge der Möven! Wie bewunderte
ich die weißen Schaumwellen, die gin
gen und kamen! Ich kam nicht heraus
aus dem Bewundern und Staunen.
Als ich mich einmal umsah, da be
merkt« ich plötzlich ein paar dunkle Au
gen auf mich gerichtet; rasch wandte ich
den Kopf, um später noch einmal ganz
verstohlen nach jener Richtung zu spä
hen, aus der mich die dunklen Augen
angestarrt hatten! Der Besitzer jener
Augen war ein junger Mann mit dich
tem, schwarzem, lockigem Haar und
«iner meiner Meinung nach auffallend
gebogenen Nase. Nachher war ich ab«r
so in das Naturschauspiel vertieft, daß
ich darüber ganz die Augen und die
gebogene Nase vergaß.
Noch eine Wendung des Schiffes,
und vor uns lag das rothe, weißge
sprentelte F«lsen«iland Helgoland:
das Zi«l meiner Sehnsucht.
Auf kleinen Booten wurden wir
mit träftigen, sicheren Ruderschlägen
nach der Insel befördert. Dann gin
gen wir Über die Landungs- umgetauft
in die Läfterbriick«, wo viele Helgolän
derinnen in ihrer eigenartigen Tracht
unserem Landen zuschauten. Damals
war Helgoland noch nicht das Luxus
bad, das es heutzutage ist.
Ehe wir Umschau hielten, machten
wir das alte Ehepaar und ich
noch Rast in einem Hot«l und tranken
Kaffee. Dann stiegen wir die vielen
Treppen hinan, die nach dem Ober
land sUhrten, besichtigten die tlein«
weltberühmt« Kirch«, weltberühmt,
weil ohne lang« Umstände, ab«r mit
vielen Geldkosten die Pforten zum
Paradies der Ehe schneller geöffnet
wurden als in irgend einer anderen
Schiffe an uns vorüber und grllßte
höflich; wir dankten. Bald erscholl
vom Schiff her der Sirenenpfiff, das
lein?" 2 HF
Ich stellte mich taub. Das war doch
wahrhaftig kein« Manier, ein Mädchen
Köln?"
„Nein, aus Potsdam!"
„Und ich teilte Sie wirtlich für
ten Sie, daß ich mich Ihnen vorstelle:
Kurt Beth«, aus Köln!"
„Ereilt mich sehr!"
„Grete Schmitt."
B«th« vor.
Du lieb«r Gott! Da half lein Lll
meint« er scherzend.
„Denlen Sie um Gotteswillen nicht
schlecht von mir," erwiderte ich in fast
daß ich ihm danlbar dafür die Hand
Nun schallten lustige Weisen zu uns
herüber. Die Schiffstapelle spielte
zum Tanz auf. „Wollen wir uns
müde von all' den neuen Eindrücken,
darum bat ich ihn, mich lieber aus
ruhen zu lassen.
Das alte Ehepaar halt« ich ganz
v«rg«sstn, und jetzt schämte ich mich
fast, «s aufzusuchen, nachdem ich mich
stundenlang nicht sehen ließ. Wir setz
ten uns daher in «in« stille, lauschig«,
«dunkle Ecke. Und nun erzählte mir
mein neuer Freund von sich, seinem
voller Herzensgüte war, von seiner von
ihm so sehr verehrten Mutter, von sei
ner Schwester, und aus Allem heraus
fühlte ich di« Güte dieses Mannes und
fein tiefes Gemüthsleben und wie
sagte doch immer meine Freundin
Gertrud: „Wenn ein Mann anfängt,
mir von s«in«r Heimath und feinen
Anschauungen zu sprechen, dann er
wart« ich immer bald darauf ein« Lie
beserklärung!" Und an die Worte
mußte ich unwillkürlich denlen und
sah mir »reinen Mann näher an. Die
gebogene Nase fand ich edel, die hohe
weiße Stirn schön und geistvoll und
die schwarzen Augen voller Güte, und
«in Wonnegefühl durchzittert« mich bei
d«m Gedanken, einmal von solch' ei
nem Manne geliebt zu w«rd«n.
Allmählich hörten wir auf zu plau
dern. Ich würd« immer müder und
konnte mich nicht mehr wach halten,
und dann fiel mein Kopf nach hinten
über. Er muß ihn wohl sanft auf
feine Schulter gelegt haben, denn als
ich erwacht«, fand ich mich in dieser
Lag« und fein« Hand die mein« fest
haltend. Er hatt« m«in Erwach«»
nicht bemerkt und so konnte ich mich
mit geschlossenen Augen holden Träu
mereien hingeben, die bei Tageslicht
gewiß zerrinnen würd«». Dann ri«f
mich mein Freund aber beim Nam«n.
ich schlug die Augen auf.
„Wir landen bald. Sehen Sie nicht
dort die Kirchthürme von Hamburg?"
Alks strömte schon dem Ausgange
zu, er hielt mich am Arm. „Ich 'werde
— 'darf ich?" Und dab«i
an den seinen.
Und nun hatten wir das Schiff
verlassen. Ein Diener erwartete mei
nen Freund; mich holte Niemand ab.
„Natürlich bringe ich Sie heim,"
meinte er.
„Es ist sehr freundlich von Ihnen,
und ich nehme di« Begleitung gern«
an."
Als wir eben in die Straße einbo
gen, kam uns Dört« entgegen, dir mir
d«r Onkel geschickt hatte. Dörte und
der Diener kamen auch bald in's Ge
spräch, und wir gingen im Sturm
schritt voraus. Und da sagte mir
Kurt noch manch' liebes Wort und
drückte noch häufig herzlich und warm
unferrm Haus« an. Noch «Inen Hände
druck, noch «inen Dank, noch «in bana
les Abschiedswort, und wir schieden.
Ich schlüpfte schnell in mein Zimmer,
entkleidete mich und legte mich schlafen;
holde Träuim umgautelten mich im
'Schlafe.
Es war schon sehr spät und die
Sonne schien golden in mein Zimmer,
als ich erwachte. Dört« hatte leise an
die Thür gepocht. Ich schaute nach der
Uhr es war 12 Uhr Mittags: Es
senszeit. Schnell kleidete ich mich an
und ging hinunter in's Eßzimmer.
Dort wartete schon m«in Onkel auf
mich.
„Na, erzähl', Deern, wie war's?"
Und da fing ich an, haarklein zu er
zählen; auch daß ich allein reiste, daß
die Bekannten nicht 'da waren.
Ontel macht« große Augen und zog
die Stirn traus. „Du bist «in tolles
Mäd«l. Nur als einzige Entschuldi
gung lasse ich Dein« Jugend und Un
erfahrenheit gelten."
Die Supp« wurde aufg«trag«n
ick hatt« groß«n Appetit. Eben wollte
ich von Kurt Bethes Betanntfchaft er
zählen, da ging die Glocke. Ontel läßt
sich b«i d«r Mahlzeit ungern stören.
Da reicht« Dört« die Kart«. „Kurt
Beth«" las ich. Mir fiel vor Schreck
der Bissen Brod aus dem Munde.
Onlel sah mich scharf an: „Na, was
soll denn das bedeuten?"
Während Kurt den Bescheid erhielt,
„der H«rr möge einen Augenblick lyar
ten". erzählte ich meinem bestürzten
guten Ontel in fliegender Hast von
meiner gestrigen Reisebekanntschaft.
Nun ließ der Ont«l doch das Essen
stehen und ging in's Empfangszimmer.
Ich ab«r zitterte an allen Gliedern
und tonnte meine Aufregung laum be
herrsch«». Was sollte das heißen?
Toilette nun gtrad« nicht darnach;
ab«r was half's! Rasch strich ich mir
di« Haare aus dem G«sicht, rückt« mir
„Nun, Fräulein Gleichen, haben Sie
gut geschlafen?"
„Ausgezeichnet!"
„Nicht wahr, die Reise war doch
schön, die wir zusammen gemacht?"
„Wunderschön, namentlich die Rück
kehr^
Kopfe G tche
das?"
Ich sah ihn an. Noch begriff ich
nicht den Sinn seiner Rede. Meinte
er etwa unter der langen Reffe ein«
Das Moidle von Bierschach.
d«m dunkelblauen Himmel ab.
Ein leiser Windhauch geht durch die
hohen dunklen Tannen und Fichten,
die vorbeifuhrt-, sah man eine männ
wischt, daß im Jahre 186<Z am 26.
April hier der Bauerssohn Toni Verg
zuging.
des Hot«ls sich di« Wirths-
Walde kxgegnet, und fragte sie nach
„Ah, das ist das Moidle von Bier
schach."
„Und wer war jener, für dessen See
, Dös war ihr Schatz, er ist dorten
und 's Moidle ist seit der Z«it a weng
närrisch word'n."
Ich bat sie, mir die Geschichte zu er
zählen.
„G«rn, wann's Jhna interessirt,
aber lustig ist's halt net". meinte das
lustiges Gesicht in ernste Falten zu le-
Jch versicherte, daß ich sehr gern
hören würde, und so erzählte sie mir
die Geschichte des Moidle von Vier
schach.
In jungen Jahren war sie ein gar
blitzsauberes Dirndl gewesen, und gar
mancher Bursch im Dorf hatte sich in
das hübsche Mädchen verliebt. Aber
das Moidle war zu jedem nett, doch
Heirathen wollte sie nie. sie wo'lte
bei ihrem Vater bleiben, dem sie die
Wirthschaft führte, denn die Mutter
b«n.
und sehnte sich nicht fort aus ihrer klei
nen Häuslichkeit. Sepp Greiner war
Holzschnitzer, ein stiller Mann, den
man fast nie im Dorf« sah. All« Mo
der Vater das Moidle mit nach Jnns
gends, i Heirath net", war immer ihre
Antwort.
Da, ein«s Abends im Winter, als
sie mit ihrem Vater und der alten
Magd beim Nachtmahl um den run
den Tisch in der Stube saßen, klopfte
es am Thor. Alle horchten erstaunt
aus, denn draußen fiel der Schnee in
Das Moidle stand schnell auf und
öffnete die THUr. D«r Schein der
Küchenlampe fiel auf ein« hohe Män
bedeckt, wie in einen weißen Mantel
gehüllt, dastand. Der Fremde bat
um Einlaß, da er sich verirrt, und
gangen war, aber durch das heftige
Schneegestöber den Weg verfehlt hatte.
«inst gesehen hatte.
Toni hatte seine Militärzeit in
Wien verbracht, «r war ein hübscher
Bursche von schlanker, sehniger Gestalt.
Auch Vater Greiner hatte in Wi«n ge
wild würde, als der Toni darauf be
stand, das Moidl« heimzuführen.
Doch der Toni hielt fest zu dem
um so auf stehen zu kön-
Durch sein nettes Wesen, sein« Uner
schrockenheit und Sicherheit im Bestei
gen der schwierigsten Berge war er bald
einer der gesuchtesten Führer. Und da
auch das Moidl« vom Vater ein wenig
zum Pfarrer gingen, um sich aufbie
ten zulassen. Ende die
Hand in Hand am Ofen und sprachen
von der Zulunft, oder der Toni sprach
von seinen Touren, die «r im Som
m«r gemacht und daß «r für dieses
Jahre schon viel« Bestellungen hätte,
und das Moidle nähte an der Aus-
So waren nur noch drei Tage bis
zur Hochzeit. Es war «in außerge
wöhnlich schöner Tag, wie man ihn in
dieser Gegend noch nie gehabt hatte.
Aber die Bewohner freuten sich gar
nicht darüber, denn di« Wärme löst
Eis und Schnee von den Bergen, und
gewaltig« Lawinen waren in der gan
zen Umgegend niedergegangen.
Auch das Moidle schaute besorgt
zum Haunold hinüber; erst gestern
hatte es dort tüchtig was gegeben, und
«ine weiße, gewaltige Schneemass«
welches sich auf seine Opfer stürzen
möchte, dort oben an der einen Fels
kant«.
Ihr selbst konnte es nichts schaden,
ihr Häuschen lag zu weit entfernt,
aber sie war ganz allein im Hause,
denn der Vater war gestern nachJnns
bruck gefahren und kam erst spät
Abends beim; die Magd war Einkäu
fe besorgen ins Dorf gegangen, und
Toni tonnte heute nicht kommen, da
er zu einem Herrn nach Jnnichen ge
rufen war, der mit ihm eine Tour für
den Sommer verabreden wollte.
Eine dumpfe Schwüle lag in dem
kleinen Zimmer und beengte das Mäd
chen. Si- ging zum Fenster, um die
frische Luft einzulassen, aber in dem
selben Augenblick, als sie gerade öffnen
räufch. Es war, als ob di« Erde zit
terte und das kleine Haus in seinen
Grundfesten bebte. Erschrocken blickte
das Mädchen zum Haunold hinüber;
die Schneemasse dort oben hatte sich
gelöst und sauste mit wilder Geschwin
digkeit zu Thale, alles, was sich ihr in
den Weg stellte, mit sich fortreißend.
Eine wahnsinnige Angst packte dai
sonst so beherzte Mädchen; wie ein
Alp lag es auf ihrer Brust. Sie sank
aus die Knie und betet«: „Heilige Mut
ter Gott«s. schütz' den Vater und den
Erst mit dem l-tzt-n Zug gegen 11
Uhr tam der Vater heim. Blaß und
u. verweinten Augen flog ihm's Moidle
entgegen. Aber der Druck wich auch
beim Anblick des Vaters nicht von ihr,
und di« ganze Nacht wälzte sie sich un
ruhig in ihrem Bett und konnte nicht
schlafen.
Am andern Morgen, schon in aller
Früh«, pochte es an der Thür«. Es
war ein Freund vom Toni. Dem sonst
so lustigen, lecken Burschen standen die
Thränen im Auge, als er d«m Mäd
chen die Hand zum Gruße hinstreckte,
und nur stotternd brachte er hervor:
„Griiaß Gott, Moidl- i wollt
Dir's nur sag'n es is halt der
Toni "
Ab«r weiter kam er nicht, mit ei
nem herzzereißende» Schrei: „I hoabi
gewußt, die Lawin!" brach das Mäd
chen zusammen.
Und so war «s wirtlich. Di« La
wine hatte den Toni, der von Jnni
chen zurücklehrt«, unter sich begraben.
Heute früh, als man den Schnee be
seitigen wollte, um die Straße passir
bar zu machen, hatte man ihn gefun
dn- ,
Zwei Tage darauf trug man Toni
statt seines Hochzeitstages
war es sein Begräbnihtag geworden.
Das Moidle ab«r lag in heftigem Fie
ber, sie wußte von nichts, nur von Zeil
zu Zeit schrie si« „di« Lawin!" und
dann wollte si- fliehen, und d«r Va
ter und eine fromme Schwester aus
dem Dorf hatten Mühe, sie im Bett zu
halt«».
Als sie nach drei Monaten wieder
aufstand, da war aus dem frischen,
lustigen Dirndl «in gebrochenes Weib
geworden. Nie hörte man sie wkder
lachen und singen. Still und gedrückt
ging sie im Hause umher, um nur in
der Zeit, wenn die Lawinen gingen,
dann lam eine gewisse Unruhe Über sie.
Dann lies si- treppauf, treppab,
auch des Nachts hörte man sie in
Kammer umherlaufen.
Im Dorf sah man sie fast nie. vor
den Menschen hatte sie -ine Scheu,
und wenn mal -in Fremder sich in das
Häuschen verirrte, vertroch sie sich in
irgend einen Winlel. Der Bat«r ist
schon lang- gestorben, sie wohnt dort
oben mit einer arm-n Verwandten, die
sie zu sich genommen, einer ältlich-n
Wittwe, die' auch die Eintäufc im
Dorf btsorgt.
Das Moidle verläßt das nur
Abends in der Dämmerung, da geht
si« auf -insam-n Waldwegen der Stel
le zu, wo der Toni damals verunglück
te. Ihr Vater hatte bald daraus eine
Gedenktafel anbringen lassen, und da
kniet sie und betet für den Verstorbe
nen. Hier ist sie in der ganzen Ge
gend betannt, und wenn die Leute sie
s«hen. gehen si- einem „Grüß
will.
So erzählte mir die lustige Hedwig.
Ich aber blickt« hinüber zu dem Hau
nold. der jetzt von d«m milden Licht
des Mondes beschienen so ruhig da
lag und so ungefährlich aussah, daß
mir die Erzählung wie ein Märchen
erschien.
Zeitbild. Fremder (wäh
rend des Ess-ns): „Gibt.s d-nn heut-!
kein Fleisch?" Wirt: „O doch >
aber erst zum Schluß . . als Dessert!"
Fortuna in der Küche.
Frau Fortuna wird viel gescholten:
«an wirft ihr vor, sie sei launisch bis
in die Fingerspitzen. Aber gerade dies«
weibliche Eigenschaft sollte man als ei
nen Vorzug rühmen, denn ihr ist es zu
verdanken, daß sie ihre Gaben system
los bald hier —, bald dorthin spendet
blasirten Millionär. Als General
Nuthall in Newport, England, starb,
hinterließ er sein gesammtes Vermögen
seinen häuslichen Angestellten. Den
Löwenantheil belam di« Haushälterin,
nämlich in baar PM.DOt), außerdem
den dritten Theil des Ertrages von sei
nem Landgute, was nochmals PM.IXX)
ausmacht, zwei Häuser in Clarence
und das gesammte Mobiliar. Das
Hausmädchen erhielt ein Legat von
P5OOO, di« Köchin P4SOO, und kleine
re Summen waren den anderen Be
diensteten ausgesetzt, di« über ein Jahr
im Haus thätig waren.
das Glück auf noch m«rlwllrdig«re
Weise ins Haus geschneit. Es war ihr
schon wiederholt ausgefallen, daß ihr
bei ihren Besorgungen eine fein geklei
dete Dame nachging, die sie sogar
schließlich anredet« und ihr eine mär
chenhafte Geschichte erzählt«. Danach
war die Dame di« leibliche Mutter des
Mädchens. Sie war zur Zeit, als das
Kind geboren würd«, nicht verheira
thet, und der Vater ein armer Stu
dent, der zum Unterhalt der Mutter
und Kind mit dem besten Willen nichts
beisteuern konnte. Die junge Mutter
wußte nicht aus noch «in und setzt« ihr
Baby vor der Thür eines Findelhauses
auZ. Später heirathete sie und wurde
eine wohlhab«ndr Frau, wagte ab«r
nicht, ihrem Manne von der Existenz
ihres Kindes zu erzählen. Erst nach
dessen Tode fetzte sie alle Hebel in Be
es schließlich in der Person d«s Dienst-
und verschrieb ihr KZV.tIO) Mark zur
Mädchen hat di« große Summ« Gel
macht. Trotz der Bitten ihr» Mutter,
ließ sie sich nicht darauf ein, in deren
Art wird von David Lawson. einem
r«ichen Sonderling aus Jorlshire, er
zählt. Unglückliche Liebe hatte den jun
gen Mann, der von seinem Vater ein
ansehnliches Vermögen ererbt, veran
laßt, sich vor d«n M«nschen in eine ein
sam« Hütt« Sumpfge-
Jahre lang führte er ein wahres Ein
siedlerleben und sah keine Mensch«n
seele außer der'alten Frau, die ihm
die Wirthschaft besorgte. Da er fast
gar nichts gebrauchte, vermehrte sich
sein Vermögen von Jahr zu Jahr. Ein
paar Jahre vor seinem Tode fühlte sich
Das japanische Musterweid.