Die Wildkatze. Roman von Ida PciSktr. (10. Fortsetzung.^ Ein Ausruf mitfühlender Empö rung kam über die Lippen ihrer Toch ter. „Das muß aufhören!" Und dann halb zuversichtlich, halb rathlos, „wir werden schon einen Ausweg sin ken, Mütterchen." Frau Else wiegte zweifelnd den Kopf. „Es ist so schwer," murmelte sie. Doch dann kam ihr die vorige Vesee ligung über ihres Kindes Nähe wieder und sie begann auch, da sie sich dadurch wieder mehr in der Gegenwart suhlte, den erweiterten Kreis ihrer Pflichlen zu überdenken. Sie suchte Decken zu einem zweiten Lager herbei, dabei frei lich innerlich jammernd über die Un möglichkeit, besseres bieten zu können, und schlug Nägel in die kahle Wand für ihrer Tochter Garderobe. Else, die Hut und Jäckchen längst beiseite gelegt, sah dem geschäftigen Thun der Mutter, behaglich in eine Ecke gedrückt, still zu. Sie war zu er schöpft, um das bange Fragen ihres Innern über das Wie der Zukunft länger resultatlos zu erwägen. Sie fühlte sich dazu auch zu sehr voller heimlichen, wohlthuenden Geborgen- Als die emsige Frau nun auch das kbendbrot herbeiholte —es bestand aus einem Rest mit Wasser verdünnter Milch und dunklem Brot kam es Else erst wieder zum Bewußtsein, daß sie den ganzen Tag noch nichts genos sen. Sie schloß ihre Handtasche auf und packte den Reiseproviant aus, den ihr die fürsorgliche Martha überreich lich mitgegeben. Da waren belegte Brötchen und sogar etliche gekochte Eier. Frau Else, die Ihr frugales Mahl beinah scheu und verlegen auf den klei nen, ungedeckten Tisch gestellt hatte, wurde roth vor Vergnügen. „Sieh. Kind, das ist ja ein richtiges Fest essen! .. Aber sage, da hast du wohl gefastet?" Die Befragte verbarg diese That sache geschickt unter lebhaftem Zureden. „Iß nur, Mütterchen. Das hier ist „Sie ist gut geblieben und geduldig tei all der Arbeit und der harten Be handlung flüsterte die arme Frau reuig. Else drängte tapfer die Thränen zu rück, die ihr bei dem Gedanken an die Schwester kamen. „Ja, und es tbut so wohl, zu wissen, daß der Heimath, die uns verstoßen, des Hauses treuester Schutzgeist blieb ... Aber nimm nur. Mütterchen mich hungert." „Zwei Teller habe ich wohl, aber nur ein Messer, Gabel und Lössel „Als wenn das nicht um so gemüth licher wäre," ermuthigte das Mädchen lächelnd. Zug von Ekel um ihren Mund und sie legte es hastig beiseite. „Ich bin verwöhnt," versuchte sie zu Else sagte sich erschreckt, wie surcht bar die Mutter gedarbt Haben mußte, ,mt der Geschärstheit tiesster Besorg sahren —" Frau Else überlegte. „Wenn ich nur Jemand wüßte, ihn zu schicken „Mutter —" sagte Else im Ton der Schloßsich öfw?lf"ag^d Welch ein Wechsel der Empsindun stockte ihr .. Jhr^scheuer^Blickstreifte das Antlitz nehme Züge und in ein paar dunkle, klugernste Augen, deren Musterung nicht im geringsten Unverschämtheit oder Beleidigung barg. Mit einer seltsamen Betroffenheit ringend, stieg Elfe Leuthold die Stu fen der Treppe hinab. Das Gesicht desjenigen, der ihren Spottnamen geflüstert, war ihr völlig sremd und dennoch zwang sie es zu grübelndem Nachdenken über ein viel leicht weit, weit zurückliegendes Zusa mmentressen, dai unklar in ihrer Erin nerung fortlebte. Es war freilich ver gebliches Beginnen. Aber sonderbar, sie sllhlte sich beunruhigt bei den erneu ten Bemühungen, sich die Züge des ihr Fremden möglichst deutlich zu »erge mehr an die llnwahrscheinlichkeit dachte, daß er sie bei ihrem Beinamen genannt, diesen überhaupt hätte wissen können. Jn der mütterlichen Behausung an gelangt. drängte sich bald die räthsel hafte Begegnung gänzlich in den Hin tergrund ihres Nachdenkens Verwaiste, Verlassene, die sich dem Wohlgesühl unvermutheten Geborgen- Sie schmiegte sich auf der Mutter Bett und erwartete so deren Heimkom- Es wurde nicht völlig dunkel um sie; das sanfte Licht der halben Mond scheibe erhellte die ärmliche Umgebung. In müder Behaglichkeit starrte Else in di«se unverhüllte Armuth hinein und es blieb wunderlich ruhig in ihr. Bald schlief sie fest und traumlvs. Frau Else kam spät nach Haus. Sie der Thür und hastete sich angstvoll. Licht zu entzünden, als sie alles so lautlos fand. Mit einem heißgeflü sterten „Gott sei Dant!" sank sie vor der Schlummernden nieder. Else fuhr in die Höhe und sah wirr Dann glitt ein Lächeln um ihren Mund. „Mutterchen," lallte sie, noch halb im Bann des Erschöpsungsschla fes, „nicht wahr, wir sind doch glück lich?" Und die Frau umfaßte beseligt nickend ihr müdes Kind. „GlückUch. bei zitierte ihr schwacher Körper von den Anstrengungen des Abends und durch ihre kranke Brust fuhr die Pein eines geheimen, tödtlichen Leidens. Else gönnte sich nur «inen Tag des Ausruhens und unthätigen Beisam menseins mit der Mutter. Dann be gann sie mit rastlosem Eifer die Suche nach einem passenden Beruf. Was die opsermuthige Kindesliebe doch sür ungeahnte Kräfte in dem Mädchen entwickelte! ... Sie, die bis her laum geahnt, daß ein Kamps um die nothdürstigste Existenz möglich, daß das Leben nicht nur gelebt, daß die Berechtigung dazu auch errungen werden muh von unzähligen, setzte sich nun den äußersten Demüthigungen aus um desselben Ringens willen. vergeblich geschehen! Wo eine Stelle siir ihre Kenntnisse und Fähigkeiten ossen stand sie hatte gehofft, sich leicht einige Nach hilfsstunden bei Kindern reicher Fami lien erstreben zu können fand xian sie zu jung oder zu auffällig, zu schön, man sich noch zuletzt an ihrer hilflosen schließlich sah sie ein, daß sie aus die zuerst in's Auge gefaßte Erwerbsquelle verzichten müsse. Nun lief sie in Ge schäfte sür Tapisserie und bat um Ar der Stadt, die, um ein reichlicheres Taschengeld zu erzielen, den Inhabern solcher Läden ihre Fertigkeit sür ein Spottgeld zur Verfügung stellten, und man bedauerte daß der Bedarf die angstvolle Sorge um der Mutter zerstörte Gesundheit. Es war, als hätte der zarten Frau bisher nur das der sie zugleich gestählt und aufgerie ben auch der Rest trügerischen Ge iangentbehrten Kindes auf wirkte Angst vor de/ Zukunst aus ihr lastete auf ihrem Bett und bangte sich halb bewußtlos, am Abend ihren Pflichten nicht nachkommen zu können machte sich die Verzagtheit des armen Mäd chen Lust. „Mutter, es geht nicht an ders, ich muß nach Haufe schreiben „Nach Hause!" fuhr die Erschreckte ben, daß du krank bist daß du Pflege brauchst daß sie uns Helsen müssen, wenn" ihr Gesicht drückte sich mit zusammenschlagenden Zähnen in das Kissen „wir nicht zu Grunde gehen sollen wir beide." Das letzte hörte die Leidende glück licherweise nicht, aber sie richtete sich doch mit einem plötzlichen Ruck empor, als habe si« «in Peitschenhieb getrof fen. „Nein! Nein!" wehrte sie leiden schaftlich. „Das sähe aus wie die Bitte einer Bereuenden, die um Ver zeihung fleht. Nein —es giebt kein Zurück mehr für mich." Das erschütterte Mädchen hob be schwichtigend die Hände. „Sie sollen dest!°daß —' Die Mutter unterbrach sie. „Würde uns das helfen, sie besser zu ertragen?" fragte sk bitter. „Weißt du, was er" Else fühlte die Wahrheit dieser Ver muthung und dennoch vermochte sie ihren Vorsatz nicht aufzugeben. Mar tha wenigstens sollte benachrichtigt ' ' i ' k schöpft von ihrer Erregung einschlum merte, schilderte der Mutter Leiden und Schicksal und bat dringend um Räch. l - A t gun/zurückgehalten werde. Martha hatte sich sicher, seine Hilse suchend, an ihn verrathen und er ihr, grollend dar über, daß man sich nicht an ihn ge wandt, jede tröstliche Vermittlung untersagt. Unterdeß wurde ihre Lage immer trostloser, da die Hinfälligkeit der Kranken beängstigend rapid zunahm. Das bange Mädchen redete sich vor, diese entspringe hauptsächlich nur der schlechten Ernährung aber ach. sie besaß ja nicht einmal di« Macht, diesem Mangel abzuhelfen! Zwar einen Ausweg gab es anschei nend noch. Der Direktor der Truppe, der Erbe des Sonderlingkrams Hans Kaspars, hatte am Tage zuvor die beiden Ver lassenen besucht, dazu ersichtlich weit mehr durch Neugierde als durch Theil nahme gedrängt. Letztere wäre auch als die Befürchtung, eine immerhin brauchbare Untergebene zu verlieren, ihm nahelegte. Er war über die An wesenheit des jungen Mädchens nicht erstaunt gewesen, da er durch sein übri ges Personal schon davon vernommen es gab unter ihnen doch einige mit leidige Seelen, die sich persönlich nach der Kranken erkundigt hatten doch hatte sein Wesen im ersten Moment eine gewisse angenehm überraschte Ver blüffung zur Schau getragen. Der jungen Pflegerin Anmuth und auffal lender, wenn auch etwas herber Lieb reiz hatten seinen Unwillen über das Malheur mit Frau Else gesesselt und ihm einen verlockenden Ausgleich auf gedrungen, dessen zu erwähnen er sich auch durchaus nicht gescheut batte: Di« Tochter solle ihm aus seiner Buhne Er satz zu leisten versuchen fvr der Mutter ausfallenden Dienst hinter den Coulis sen. Elfe hatte den Vorschlag mit ruhi ger Bestimmtheit abgelehnt. Die Kranke jedoch war durch ihn in eine Ausregung versetzt worden, die sich dem spekulanten Direktor gegenüber in hef tigster Abwehr Luft machte. Er hatte sich darauf nach einigen impertinenten Bemerkungen und scharsmahnenden Else fühlte bei der Vorstellung an sein Verlangen noch jetzt die Pein der Demüthigung in sich nachzittern. Nein, sie konnte diesen W«A nicht be treten, durch solches Opser das äußer ste Elend nicht von sich und der Mutter abzuwenden suchen. Lieber ihre Hände verschlangen sich schmerzhaft dabei und Thränen marterndster Hilf den, wo sie beide, obwohl verstoßen, das nächste Hcimathsr-cht besahen. Es war ein Brie? voll der rührend sten Appellation an das Baterherz, an das Herz des einst schwer gekränkten, aber doch nicht durch die Schmach ge meiner Sünde verletzten Gattin, de» sie an Leuthold schrieb. Er blieb abermals unbeantwortet. Der Trotzmuth der Verzweiflung gegen unverdientes Weh bäumte sich i» dem verlassenen Mädchen auf und stählte es. „Mütterchen, laß gut sein du darfst dich pflegen ..Elses zit ternde, schlanke Finger nahmen der Leidenden sanft die anstrengendeHand arbeit weg. Es war kaum eine Woche verflossen seit dem Besuch des Direk tors, und das Mädchen di« letzten Tage oft und lange aus gewesen. „Du hast eine Stellung gesunden?" Wie athemlos und beglückt die rasche Frage klang. „Ja «rschrick nicht ich" die dunklen Mädchenaugen mit dem lampsmüden, refignirten Ausdruck irr ten an dem lächelnden Antlitz der Mut ter vorbei und blickten starr in's Leere —" „Kind nein!" schrie die unglück liche Frau auf. Elfe bog sich gequält zu ihr nieder und zog die Außersichgerathene an sich. „Mutti, Mutti, schone dich und mich," flehte sie inständig. „Nimm es als unvermeidlich an und sei eingedenk, werde." „Aber du wirst daran zu Grunde gehen —" Else schüttelte bitter lächelnd den Kopf. Sie dachte an all das Leid, das Ihre Jugend schon durchkostet hatte. „Ich werde stark sein und froh im Bewußtsein, dir eine Stütze zu wer den," versuchte sie zu beschwichtigen. „Alles um mich! Um mich! ... Du könntest leben geborgen und in Sorglosigkeit und nun? O Gott, es darf nicht sein!" Sie stand aus und schwankte gemartert durch den armseligen Raum. „Vielleicht, daß ich's ertrage —" murmelte sie dann, „daß es so schlimm in Wirklichkeit nicht würde laß uns heimflüch ten," endete sie laut und voll Hast. Das blasse Gesicht des jungen Mäd chens leuchtete schneeig vor der Blässe heftigster, innerer Qual. „Der Weg ist uns versperrt. Zwei mal habe ich um Hilfe gebeten wir Hände zitterten. Nach und nach wurde sie unter der Ergebung ihres Kindes und dem unerbittlich zwingenden Muß des er barmungslosen Verhängnisses ruhiger. terlich weinend, das Mädchen ohne Widerstand seinen schweren Gang an treten. Draußen schwand der jungen Dul derin Gesaßtheit. Sie lehnte sich mit versagenden Kräften an die Treppen- Wand, von tiefer, öder Dämmerung umsponnen, ihr Inneres lichtlos, nach tend wie diese. Ihre Hände falteten sich, als wolle sie von Jemand Barm selnden Leides. Als sie das ihr ungewohnte Treiben und Schassen des Künstlervöltchens hinter den Coulissen umgab, wurde sie Zudringliche Neugier bekrittelte sie musternden Blickes. geschwätzige Scheinliebenswürdigkeit suchte sie Vei ten, ansprechenden Volks liedern sich dessen Gunst zu erobern suchen, mehr noch durch ihre jugend tiefausgeschnittenen Mullrobe, einen künstlichen Blüthenzweig in dem Blondgelock, trat Elfe Leutbold vor die Zuschauer. Die entblößten Schultern zu empfangen fürchtet. Einige überraschte „Ah" und „Oh" lebhafter Anerkennung gingen durch lich wie beginnendem Sange. Die Musikanten begannen die Begleitung auf's neue. Das Mädchen nahm sich mit Riesenkraft zusammen, setzte noch einmal ein, heiser zwar, doch schon ge lingender und dann rettete sich das von Schwermuth, der zu dem Inhalt des Gesanges nicht paßte man ver sagte der Anfängerin reichlichen Applaus nicht. Als sie jedoch das zweite Mal an dem Abend auftrat und ein gleich ein schallte, gab sich in dem schon spärliche ren Beifall ein Zeichen von Enttäu schung kund. Davon merkte Else Leuthold freilich nichts. —an ihre jetzt so jammervoll bedrängte Existenz. Und dann schüttelte sie den Kopf. War es denn so schlimm gewe sen, was sie heut Abend hatte leisten, ertragen müssen —? - „Nein," sagte sie plötzlich halblaut und fest, „nein." Aber dabei die heiße Angst bei dem Gedanken, sich wieder und wiederum den Blicken der Zu „Nein." entgegnete sie auch oben der bang raschen Frage der Mutter, ob man sie verletzt, ob man unmögliches von ihr verlangt bahe, oder zu be fürchten sei, ob dies geschehen könne. So wohlthuend bestimmt dieses er muthigende „Nein" auch klang, Frau Else las doch in den förmlich gehärte ten Zügen ihres Kindes, was es unter seinem Opfer gelitten und noch leiden würde. Sie klagte jedoch nicht und schien befriedigt oder abschweifend in starres Vorsichhintriiumen zu versin ken. Else ließ sich neben der Stillen auf das Sofa nieder und schmiegte sich eng an sie. „Liebe, liebe Mutter," flüsterte sie mit zuckenden Lippen, „ich wollte, wir zwei wären allein auf der Welt. „Ja, weil die anderen nur zu unse rer Qual da sind," ergänzt» die Lei dende in bitterem Verstehen. „Wie glücklich wären wir zusammen, böte uns die Erde so viel Raum dar auf zu leben, uns zu nähren, fern, fern von dem Treiben d«r anderen. Wir wollten nichts vermissen als Gott und uns, wenn wir uns einmal nicht sähen nicht wahr, Mütterchen?" Der matte Blick der Zuhörenden leuchtete auf. Wie sie die sich verra thende, tiefsinnige Liebe des Mädchens zu ihr, beseligte. Sie kam sich so reich vor, so groß, so erhoben! Sie hatt« ja tauin mehr als Mitleid und pflicht geinähe Zuneigung erwartet. O vermöchte sie doch ihrem Kinde diese unverdiente Wohlthat zu lohnen! Ein schmerzlicher Seufzer hob ihre Brust. Was hatte sie zu bieten? Elend, Gram und herbe Sorgen! .. Abermals kam mitleidig daS ge heimnißvolle Vorempfinden bald nahender Erlösung über sie einer Erlösung sür sie, wie sür ihr verstoße nes Kind. Wenn sie nicht mehr war, dann konnte Else wieder in's Vater haus flüchten, das man ihr verschloß, solange sie zu der einst pflichtvergesse nen Mutter hielt. Aber noch lebte sie. und sie wollte dieses gewiß nur noch karg bemessene Dasein schrankenlos genießen in der Liebe ihrer Tochter. Von da an hing ihr Blick nur noch an dem Mädchen, lebte sie nur noch durch seine Nähe, und war sie allein, so sehnte sie sich unaussprechlich nach ihm bis zur tödtlichen Erschöpfung. Und wie oft war sie allein! Der Direktor nahm seine jüngste Untergebene nicht nur für die Abende in Anspruch. Auch am Tag« suckle er sie, unter dem Borwande nöthiger, kleiner Hilseleistungen. an den Umganz mit seinem Personal zu gewöhnen. Er zeigte sich unzufrieden mit ihr, da sie wederSchmeicheleien nochDemuthigun gen aus ihrer Refervirtheit hervorzu locken vermochten und sie feinem Kuns ttempel zweifelhaften Rufes nicht das zu werden versprach, was er gehofft. Furcht, sie ganz zu verlieren, zurück gehalten. er wäre ihrem geheimen, aber deutlichen Widerstände gegen all« seine Versuche sie herabzuwürdigen, längst mit Gewalt entgegengetreten. Im stillen rechnete er auch auf die langsame, aber ihm sicher scheinende Einwirkung zweier heimlicher Verbün deter. Es waren ihm dies die An schauung lachenden, ungestraft durch das Leben tänzelnden, ja umworbenen Lasters und die entnervende Noth. Er bezahlte, gestützt auf seine scheinbar rechtmäßigen Ansprüche, die Leistun gen der Tochter kaum etwas besser, als er die d«r Mutter gelohnt. Else schleppte sich mit mehr und mehr schwindenden Muth durch so elende Tage. . d St den, die sie von der kranken Mutter trennten und umgab dies- mit hinge bendster Sorgfalt, je mehr sich der in ihr wohnende Reichthum an Liebe und Zärtlichkeit gegen die übrige Mensch heit verbarg. Fremd blieb sie dem Kreise ihrer Collegen und Kolleginnen, fremd sah kleinste Lächeln versöhnende Un nahbarkeit längst verscherzt hatte. Kein Beifall wurde ihren Liedern mehr »uü welcher der Ruf gekommen. Ein vereinzelter Herr saß darin. Er wandte ihr voll das Gesicht zu es war dasselbe, von dessen Lippen sie da mals in der Bahnhofshalle ihren Spottnamen zu hören gemeint hatte. Die leicht Zusammenschreckende ver blieb noch unter der Einwirkung dieser Ueberraschung, als der Vorhang schon eine geraume Weile hinter ihr gefallen achtungheischende Persönlichkeit des Unbekannten packte sie. Aber ihre leise Beunruhigung war keine peinliche. Ihre sensitive Natur fühlte, daß der seiner Umgebung hier so fern stand, wie seine impulsive Beifallsäußerung einer beabsichtigten Demonstration gen, oder gar einer beleidigenden Ver traulichkeit für sie. Er sah auch nicht darnach aus, als könne ihn anderes als eine Zufallslaune an diesen Zerstreu ungsort geführt haben. Bei ihrem nochmaligen Auftreten an diesem Abend hatten die Augen der ernstfragcnden Hinschauens. Und das scharf und edel geschnittene Antlitz des Herrn in der Loge begegnete dem keusch forschenden Blick mit der stillen Zähig keit eines unausgesetzten und doch zu rückgehaltenen Interesses. Else hätte nie geglaubt, daß sie die fragliche An- oder Abwesenheit irgend eines an diesem Orte je be- an eine vorgedachte Enttäu schung still ergebener Blick fiel unter einem leisen, warmen Ausleuchten aus di« Erscheinung des Herrn von gestern. Er saß auf seinem vorabendlichen Platz und sah ihr entgegen, und in etwas wie bewußte Zusammengeh g hafter Pflichterfüllung. Ihr Gesang wurde beseelter, ihre Geberde anmu thiger, befreiter und der Ausdruck ih res stets ernsten Gesichtes gewann durch einen Zug sanfter Hoffnungs fr«udigk«it. Desgleichen wie sich nun ihr scheu verschlossenes Wesen gegen über ihrer Zuhöre'schast zu erwärmen schien diese Veränderung ging zwar freilich nur von dem einen unter ihr aus begann sich das Publikum auch wieder mehr für sie zu interessiren: leider nur nahm diese Antheilnahme thung. Oh, man war durch Kälte, Nichtachtung und Herbheit viel zu gründlich abistoßen worden, um nun bei einem Anschein des Gegentheils zu mcht mit Freuden äußeren Gründen abzuschätzende Wohlthat auf sich wirken. Es war auch gut, daß gerade jetzt und Gedankenwelt Anspruch erhob. Sobald sie, ihre verhaßten Pflichten hinter sich, dem mütterlichen Heime zu eilte, packten sie folternde Sorgen ge nug; und streifte sie das Gedenken an nenkleid ob etwas von dem wohl thuenden Einfluß seiner Persönlichkeit verblieb ihr für den Rest des Tages. Sie war, obwohl der Zustand der hoffnungslosem Verlassenscin erfüllt. Das machte, sie wußte sich Stunden hindurch wenigstens von etwas wie , zu machen pflegte plötzlich die ihr stetig folgende Gestalt eines Herrn be merkte die ihres bekannten Unbe- Für die Küche. Morchel s a u c e. Morcheln eig nen sich zu Kalbfleisch als Sauce vor züglich. Sind st« gewaschen und gerei nigt, so dämpft man sie in guter But ter weich, gibt dazu in Butter gelb ge machtes Mehl, Bratenbrühe oder Bouillon, Muskatbliithe, Citronen schale und sehr wenig Citronensäure oder einige Tropfen Gewiirzessig, bringt die Sauce zum Kochen und rührt sie mit feingehackter Petersili« und 1 bis 2 frischen Eidottern ab. Rehrücken im Ofen gebra ten. Der Rehriicktn muß gut abgele gen sein, wird dann sehr reichlich ge spickt, gesalzen und gepfeffert und mit der gespickten Seite nach unten in ein« Pfanne gesetzt, deren Boden mit Speck scheiben und zerschnittenem Wurzel- Werk ausgelegt ist. Die oben iiegende Innenseite des Rückens wird mit fri scher Butter bestrichen. Man deckt ein weißes Butterpapier darüber und schiebt die Bratpfanne in den Ofen. Nach einer Weil« wird der Rücken um gedreht, mit guter Sahne begossen, mit feingeriebener Citronenschale bestreut und gar gebraten. Die Sauce wird durch ein Sieb gerührt, abgeschmeckt, wenn nöthig mit etwas klar gequirl tem Kraftmehl seimig gekocht, mit I