sit Liede Tihata's. Insel. Von«. C. 1. Nachdenklich sah Vater Johanne? auf der rohgefiigten Bank vor seiner Hütte und schlug in hinein Brevier, dem einzigen Buch seiner Bibliothek, das er aus dem Schiffbruch gerettet hatte, und das schon aus Rand und Band zu gehen drohte, die Vesperge bete aas, während die windbewegten tropischen Bäume sich wie Silhouetten Glanz des scheidenden Tagesgestirnes Da fühlte er sich durch ein gewisses Etwas veranlaßt, die Augen zu erhe ben. Durch wild verschlungenes Laub werk hindurch tonnte er bis zu einer moosbewachsene» natürlichen Bank blicken, und dort sah ein> junger Mann feiner eigenen Rasse von hoher martialischer Gestalt, und, das Haupt 071 seine Brust gelehnt, eine dunlelhäu tige Schönheit, doch nicht Ganz so dun !el, wie die übrigen Töchter dieses, noch auf keiner Karte verzeichneten Ei landes, und auch von legeimäßigeren Zügen. - b d Pille die Worte zu Priester: „Nein, o nein, Tihata! Es war kein Unglück, welches mich an jenem, stür mischen Morgen vor einem Jahre an diesen Strand warf, denn hast D u mich nicht gefunden, hast Du mich nicht in Deiner Hütte gepflegt? War «s nicht ein schönes Jahr? O Geliebte, blühen!"^ Vater Johannes seufzte: „Mich hat der Sturmwind in ein Gefängniß ge weht, vielleicht °für immer! denn diese Insel scheint weit von allen Verkehrs pfaden abzuliegen. Doch ich habe im Weinberge des Herrn gearbeitet und hoffe, daß es.zum Gutet? der heidni schen Eingeborenen ist. Aber Tihata, .armes Kind!" Tiefer und liefer wurden die Aben dschatten: der Priester trat in die Hütte und ließ sich, noch immer Pas Brevier haltend, am offenen Fenster nieder. Draußen kam die.hohe Gestalt seines Schicksalsgenossen und Freundes vor über, halblaut ein Matrosenliedchen trällernd,und nahm auf derßankPlatz, doch fuhr der plötzlich auf, als durch das Dunkel die Stimme des Priesters an sein Ohr schallte: .Frederick, liebst Du Tihata wirtlich?" „Ei, Bater," antwortete der junge Mann etwas verlegen, „ehe ich meine Beichte beginnen soll, möchte ich noch etwas Zeit haben, mein Gewissen zu prüfen." .Nun, ich meine, ein Jahr ist Zeit genug", versetzte Vater Johannes, her austretend und sich neben d>n jungen Mann setzend. »Du weißt, daß ich durch Deines Vaters gütige Verwen dung die Stelle eines Kaplans aus dem Schulschiff erhielt. Von dieser Stunde an betrachtete ich mich als Deinen Bruder und als Deinen geisti gen Vater. Unstr'Schiff ging unter: ,ch bin dessen gkwiß, nach den Trllm merstücken, welche an den Strand ge trieben sind. Ich habe keine Idee, wo unter Gottes Sonne wir uns be finden; und wüßte ich es auch, so scheint es unmöglich zu sein, der Welt Aunde von uns Zu geben. Alle unsere Feuer aus den Hügeln und die an deren Zeichen haben nie eine Antwort -ihn Äaynard mit fröhlicher Stimme. .Sehr schön gesagt In der That, Gott hat uns hierher gesetzt, um dps Beste aus seiner Fügung zu machen. Ich will Deinem Ehrgeiz keine Schran ken setzen, aber mein Berus ist die Rettung von Seelen, ob sie sich in Amerika oder irgendwo auf dem Stil- Die letzten Worte sprach er mit .Das Passatschiff, das einst hier «inlegte, wird nicht wiederkommen", fuhr der Priester ruhig fort. .Hat denn einmal eines hier ange nicht bezweifeln", erwiderte der Prie fter lächelnd! .sie ist aber schon sechs zehn Jahre ali." Beide schwiegen einige Augenblicke Endlich hob der Priester wieder an „Ich glaubte, Du würdest es leichtei für uns machen." „Ich verstehe nicht, Vater." .Nun, hast Du sie nicht heute Abent gesehen? Fred, Du warst mein Zög ling, mein Bruder; aber Du bist nu> .Jswohl aber ein Mann", klanc es heftig zurück. „Habe ich nicht stets versucht, der Stolz Deines Geschlechtes zu wahrend Ich wußte von Deinen Bekanntschaft Himmels gibt es keinen Unterschiet der Rassen. Wenn ich Deinen Lei! und Deine Seele retten möchte, weil nicht mehr sehen soll?" fragte May nard mürrisch. .Nein, Fred; Du hast mir gelehrt, daß die Füße der Liebe weit über die Zehnmeilengrenzen dieser Ueinen Vater Johannes lehnte sich zurück und blickte durch die Lichtung nach der See hinaus. Er wußte, daß May nard jetzt den ehrlichen Kamps seines Lebens kämpfte, und ein fernes und ein nahes Bild vor seinen Augen sich bewegten. . . „Sie ist eines Häuptlings Groß tochter, eine Prinzessin", sagte der Priester leise. „Sie lernt rasch", sagte Fred, das Gesicht nach der See lehrend, deren rauschende Wogen das Echo einer schrecklichen Nacht in ihm erweckten. „Sie ist gut." „Und schön." „Und sie liebt Dich!" sagte Vater Johannes, während er in die "Hütte ging- Mit erregten Schritten, unter denen das Bambusröhricht zitterte, ging Fred draußen noch ein Weilchen aus und ab. Entschlossen klang endlich seine Stimme: „Ich werde Tihata 2. „Was für Narrenspoffen!" lachte gewählt, welche die moosige Erhöhung bei dem Bach beschattet, und diesen Baum soll sie Heirathen! Seit zwei Wochen wendet sie die zärtlichste Sorg falt an ihn, und Blumen, Kränze und Farnkräuter bringt sie an den Stamm „Fred, dafür ist nicht Tihata ver antwortlich, sondern der alte Mann", erwiderte Vater Johannes. „Er hängt an den alten Stammesbräuchen, trotz aus ihm gemacht habe. Dergleichen läßt sich nicht mit dem Evangelium ohne Weiteres auswischen. Mach' Dir leine Sorge darüber; ich werde den Auf dem freien Raum vor dem Kreis der Hütten waren alle Eingebo renen versammelt. Tihata spielte ihr Rolle als ein, für den Brautkranz ge borenes Kind, ohne daß Maynard sich einmischte. Es kam der Augenblick für die Vermählung der Braut mit dem auserlesenen Baum, als Totein und Seelenbindemitteln nach dem Glauben dieser Naturkinder. Ihr Großvater, jetzt zugleich Ober ganz nahe bei der Hütte seiner Vor fahren wuchs. Tihata schüttelte den Kopf. „Nicht dieser", sagte sie? Und sie schritt voraus nach dem Baum ihrer Wahl, die Riesenpal me über der Moosbank am Bach. Des Häuptlings Antlitz verfinsterte sich, Tihata, nachdem sie erst den geschmück mal ihre Wange gegen die Ainde ge legt, setzte über den alten Stam mestrauch hinweg und huschte auf die andere Seite des Stammes, zu dem Mann ihrer Wahl. Hundert heit des Mädchens! Doch Maynard verneigte sich, nahm Tihata in seine Arme und rief dem Priester zu, der hinter ihm stand: „Sage ihnen, dies ist ein Theil der Heirathsceremonie des Weißen Man nes." „Ich kenne diesen Brauch nicht", ant wortete der Häuptling, zu Vater Jo hannes gewandt; „aber er soll den «r- Und Maynard, der schiffbrüchige amerikanische Flottenfiihnerich, schlang die Arme um seinen erwählten Baum Als so dem Stammesrecht Genüge ge schehen, wallte Vater Johannes seines Amtes nach den Riten seiner Kirche. Ein Ohrgehänge des alten Häuptlings that als Trauring Dienst. 3. dahinter die Umrisse eines Kriegs schiffes deutlich sichtbar. „Endlich!" murmelte er: „Herr, Dein Wille geschehe!" Die Pinasse hielt. Drei Männer bestiegen ein Brandungsboot und «r- Ein freudiger Ausruf entrang sich den Lippen Beider, als ihre Blicke sich begegneten. beiden ausgestreckten Hände mit Wär me faßte, „wo ist sie?" Vater Johannes sah ihn mit einem langen, vorwurfsvollen Blick an. „Du solltest fragen: Was hat sie ge litten?" sagte er. „Sie sind eZ, Tihata ist seit sechs Jahre todt!" Fred zuckte zusammen und wandte sein Antlitz ab. „Und nur so lange war ich weg", sagte er leise. „Du vergaßest, daß sie Dich liebt«, mit der Selbstlosigkeit eines Weibes vom Orient und der Sündhaftigkeit ihres väterlichen Stammes. Du warst einen Monat ihr Gatte, ein Tag Trennung war genug für sie." Trostlos sank Fred aus die Bank. Nach einer Weile frug er: „Dai Fieber?" Der Priester schüttelte den Kops. „Hah wohl dieses haarige Unge heuer mit dem Pergamentgesicht? Hast pustet?!" „Nagor lebt. Du hast Niemanden anzuklagen, als Dich selbst . . . Ach, wie habe ich mich in der Menschenna tur verrechnet, sogar in Deiner! Ich hörte die jungen Officiere in jener Nacht, nachdem das Schiff angelegt hatte, auf Dich einreden; diese Bam buswände bewahren Geheimnisse schlecht. Am liebsten wäre ich hin übergegangen und hätte diese Wichte durchgedroschen; aber ich hatte Ver trauen zu Deiner Festigkeit, und es machte mich glücklich, als Du noch, wie Du ihnen Gutenacht sagtest, hin zufügtest, Du könntest nicht anders, als treu sein. Und doch hast Du Dich vor Morgen feig davongeschlichen!" „Ich folgte dem Ruf der Flagge." „Bah! Unser Vaterland hat nie mals verlangt, ein treues Weib zu verrathen. Du hattest Erlaubniß, sie an Bord zu nehmen. Als Capi t ä n würdest Du es wohl gerne ge than haben, doch ja, ich versteh«, die „Sie hat sich einen Monat vor mei ner Heimkunft verheirathet", sagte Fred bitter. „Aber mein Gott, erzäh le mir doch von ihr, von ihr!" „Nun. höre! Drei Stunden, nach dem der „Petrel" jenen Morgen in die See hinausgefahren war, ging ich zu fällig das Gestade hinab, und im Schatten eines Baumes sah ich Tihata sitzen, ihr Antlitz in ihrem Schooß vergraben. Sie war sprachlos vor Kummer; lein Seufzer entrann ihren Lippen. Ich stand vor einem schreck lichen Räthsel, und erst als ich ihr Haupt emporhob, las ich die Wahrheit, die mein Herz zusammenkrampsen machte. „Ich glaubte, zu träumen", sagte sie nachher, „als er im Morgen grauen sich über mich beugte und mich küßte, und ich den Kuß erwiderte. Aber als ich an's Gestade kam, sagten nur meine Leute die Wahrheit, und Nagor grinste schadenfroh. Und ich wußte, daß meiner Mutter Traum sich erfüllt halte!" Armes, arme? Kind! Fred, ich glaubte, ich hätte den Zorn überwin den gelernt, aber damals, als ich wie ein Vulkan in mir, und ich muß sie rauh angefaßt haben! Ich betete ein glühendes Gebet, daß Tihata am Leben bleiben und vergessen möchte, — uiid dieses eine Mal in meinem Leben stieß ich einen grimmigen Fluch aus: daß Du niemals vergessen könn test!" „Weiß Gott, der Fluch hat sich er füllt!" „Aber mein Gebet ist nicht erhört worden; sie hat Dich nicht vergessen können! Sie hat sich nicht von einer Klippe gestürzt, sie hat nicht von den gistigtn Kräutern der Insel gegessen, sie hat Nagor's Annäherung nicht er muthigt, ihr Glaube war zu groß! Sie dachte. Du seiest gegen Deinen Willen weggeschleppt worden, und ich habe sie bei diesem Glauben gelassen." Der Capitän drückte ihm warm die ges und Harren auf Deine Rückkehr", fuhr der Priester fort, „und mittlerweile gab sie sich all« Mühe, ihre Kraft, ihren Muth und ihre Schönh'lt zu bewahren. Und nun" er zögerte „soll ich Dir das Ende sagen?" „Ich verdiene es, diesen Kelch aus zutrinken", stöhnte der Capitän. „Du weißt, daß sie nach Stammes brauch den großen Palmbaum an der Moosbank geheirathet hatte. Mit rührender Kindlichkeit ging sie Tag Bach herauf für die Farnkräuter an den Wurzeln. Lange Stunden saß sie dort, lauschte dem geschwätzigen Wasser und brachte sich zu dem Glau ben, daß Du der Baum seiest, und die Stimme der Wasser die Deine. Ich schalt sie darüber; ich fürchtete für ih- Trennung machte die liefe Weiblichkeit dieses Naturkindes nur um so mehr erglühen. Zu dieser Stunde jedes Tages wandelte sie nach ihren Trauer- und Gedenkplatz, außer wenn der Grimm der Elemente " „Der Baum der Blitz!" schrie Maynard auf. Vater Johannes fragte freundlich: „Möchtest Du sie gern seh«n, wo sie ist?" Der Capitän erhob sich wie ein ar mer Sünder, der zu Richtstatt schrei ten soll. Sie schritten um eine Gruppe eine Aussicht auf die Stätte bot, wo der große Palmbaum der Lieb« stand. Unter seinem Schatten saß Tiha- Gesicht in tiefem Nachdenken auf die Wasser gerichtet. „Bater", sagte Fred bebend, .ihr Geist! Siehst Du ihn?" .Ich weiß keinen Grund, weshalb Du ein Monopol auf diesen Geist ha ben solltest," erwiderte Bater Johan vielmehr sie!" Freudenthränen sluthete in Fred's Augen. .Du hast gesagt, sie sei todt", sagte er. .Jawohl, auch Lazarus war todt. Sie ist todt ohne Dich! " .Vater", flüsterte Maynard mit hei serer Stimme, während sein Herz vor Jubel fast zerspringen wollte, .Du weißt ja den Weg zurück." Und damit schob er den Priester sanft in das Buschwerk hinein und eilte wie auf Flügeln Tihata zu! Vater Johannes kehrte auf dem kürzesten Weg nach seiner Hütte zu rück. Nur ein einziges Mal blieb er stehen und warf einen verstohlenen Blick hinter sich durch das Blattwerk citirte er für sich selbst das Bibelwort: „Wenn Dich Dein rechtes Auge ärgert, so reiße es aus. . ." Einige Augenblicke später faß er wieder auf dem beschaulichen Bänkchen vor seiner Hütte. Das Brevier, das er in der Hand hielt, entfiel seinen zitternden Fingern; und die Hälfte des morschen Einbandes glitt in das Gras. „Ich hoffe", murmelte er, „Fred hat mir ein neues Buch mitge- DaS rothe Buch. Ein warmer Regen fiel von einem bewölkten Herbsthimmel herab und zeichnete allmählich in die kiesigen Pfade des großen, städtischen Parks anmuthige Wasserpsützen. Gleichzei tig hatte der Nebel die Liebenswürdig keit, mit seiner in dieser Jahreszeit bekannten Verve aus alles hernieder zu sinken, was konkret hieß, und die Landschaft in einen dichten Schleier zu hüllen. Für diesen Umstand, der unter ge wöhnlichen Verhältnissen nicht gerade zu den angenehmsten gehört, waren dem Himmel zwei jugendliche Gestal ten dankbar, welche an melancholisch flackernden Laternen vorüber auf ei nem der Ausgangswege des Parks nur zögernd vorwärts strebten. Denn weder der Doktor Georg Pe ters noch Fräulein Wanda Efchweger hegten in ihrem Innern die löbliche Absicht, die kurze Entfernung, die sie noch von den häuslichen Penaten trennte, durch eine lebhaftere Inan spruchnahme ihrer Piedestale abzukür zen. Eine angesichts des Regenwetters allerdings befremdliche Thatsache die indeß dadurch erklärt ipird, daß die beiden unter demEinsluß jenes Affekts standen, den ein gewisser vorwitziger Götterknabe in den Herzen junger Menschenkinder zu erwecken pflegt. Ja, der Doktor Georg und das Fräu an welchen die junge Dame aus der Gesangsstunde kam. Dies frohe Er eigniß siel regelmäßig in die sechste Nachmittagsstunde. Dann gingen sie zusammen unter dem Schutze der früh rer^und unbefangener dahin als sonst. Die kühle, dichte Nebeldecke umhüllte sie und schloß sie ab von Späheraugen .Geliebte Wanda," flüsterte der Doktor nach einer Gesprächspause, .hast Du in Bezug auf unsere Angele genheit vielleicht schon irgend einen Plan?" i,jbl d . s noch immer keinen. Tagsüber spreche ich mit Papa keine fünf Worte. Weißt Du denn nichts?" Der theure Georg wuß.e auch nichts. Er stampfte mit seinem Stock das aus geweichte Erdreich und wollte dadurch ohne Zweifel feine Unzufriedenheit mit der augenblicklichen Situation dar- figurircn können. Der Professor Efchweger, dem Fräulein Wandadas Dasein ver dankte, gehörte zu den Leuchten der Hatte der Doktor sie kennen gelernt und s«n aber fors fii: Schwiegersohncandidaten her metisch verschlossen blieb. Wenn Georg Peters auch dieselbe Wissenschaft traktirte, in welcher der Professor als unbestrittene Autorität galt, wenn er auch aus einiger gegenüber zerliefen seine Vorzüge wie Der Mann, der des Gelehrten Töch terlein heimzuführen bestimmt war, wissenschaftlichen Befähigung die un gleich schwerere Wissenschast kannte, die Mauer zu durchbrechen, welche die sein einsames Haus gezogen hatte. Ja, man mochte die Geschichte dre- man wollte, st« schien gan^z Trisettion des Winkels. Das sagten Zwei Seufzer im Regen, das Ge räusch eines Kusses im Nebel, dann eilte Wanda aus ein aristokratisches Haus zu, vor dessen Thür zwei große tor den Hut tiefer in die Stirn drückte und ebenfalls heimwärts wanderte. seinen Psählen angelangt, gen Lage Meditationen zu spin nen. Er sagte sich, daß der alte Esch weger, von Angesicht zu Angesicht be trachtet, eigentlich garnicht so übel sei. Wenn er auf dem Katheder saß und über die partiellen Disserentialglei- Auge und seine Mienen glänzten von Milde und Freundlichkeit. Georg Peters nämlich versäumte kein Colleg sein-s großen Meisters. Er saß immer ausser vordersten Ban^ oft mit der holden Tochter Capulets und kaufte das Buch. Als er bald daraus im Colleg saß Züge in ungleich jüngere und lieb lichere, in Verfolg dieser etwas ab schweifenden Gedankenrichtung dachte heftete, welches unter der Bank lag. Zwei Minuten später blätterte Dok tor Georg, dann hatte ihn der Genius strömt auch nicht ein Sterbenswört chen mehr vernahm. Während dieser Zeit hatte sich auf dem Lehrstuhl etwas Seltsames ereig net. Professor Eschweger, daran ge kleideter Mann saß, welcher scheinbar jedes seiner Worte verschlang, benutzte das aufmerksam lauschende Gesicht dieses unverwüstlichen Zuhörers gleich sam als einen festen, unverrückbaren Punkt, von welchem aus er seine ge ten^sich diese starren Augen von ihm ab, glitten unter die Bank und blieben dort hasten. Ueber diese unheimliche Entdeckung war der alte Herr so bestürzt, daß e: stockte, von neuem anhob, sich in sehr Georg Peters, um sich her die Welt vergessend, das rothe Buch begeistert emporhob und mit lauter Stimme „Das ist herrlich, das ist göttlich." Professor aber warf einen vernichten den Blick auf den Ruhestörer, erhob sich kerzengerade von seinem Sitz und schritt mit mathematischer Gemessen heit zur Thür hinaus. Als der arme Doktor, aus allen Himmeln gestüzt, in seiner Wohnung anlangte, hätte er sich ohrfeigen mögen. Zornig schleuderte er Romeo und Ju lia an die Erde und war unbefangen genug, sich einmal um's andere einen Esel zu nennen. Hätte er noch irgend eine Hoffnung gehabt, den Professor Dann fiel ihm ein, daß heute keine Gesangsstunde sei, und er beschloß,dem Fräulein sein Herz auszuschütten und von diesem traurigen Fiasko Mitthei lung zu machen. Er fetzte sich an feinen Schreibtisch und schrieb einen acht Seiten langen Brief, der von Selbstanklagen und Verzweiflung überfloß. —Am näch sten Morgen hielt er bereits die Ant- Die junge Dame schickte ihm einige ermuthigende Zeilen, wodurch sie wie derum bewies, daß die Frau in solchen kritischen Augenblicken die Stärkere ist, und ferner ein kleines Packet, in welchem eine Broschüre lag. Als Fritz den Brief gelesen hatte, frohlockte er. Ja, Wanda hatte Recht. So mußte es gehen. Sie gab ihm den Ariadne faden in die Hand, um sich aus diesem Labyrinth herauszuwickeln. Ueber glücklich hob er Romeo und Julia von der Erde auf, that mit diesem Pracht werk etwas durchaus Merkwürdiges, ergriff die Broschüre und eilte zum Buchbinder. Am nächsten Tage früh um neun Uhr saß Georg wieder im Eolleg, Der Professor begann feinen Bor trag, und wieder sah er vor sich den festen Punkt, welchen für ihn das un beweglich lauschende Gesicht des jun gen, eleganten Mannes in der vorder sten Reihe bildete. sinken dessen Augen in die Tiefe, wo sie sich, durchaus in Anspruch ge nommen von einer offenbar nicht zur Sache gehörigen Lektüre, festklam mern. Der alte Efchweger, der soeben bei einer schwierigen Berechnungsinelhode angelangt war, ist fassungslos. Er stockt auch heute, noch zwei zusammen hanglose Sätze, dann schweigt er ganz lich jetzt hat er wirklich den Faden verloren. Und mit einem Male ertönt in die lautlose Stille ringsum die Stir me des lesenden jungen Mannes. Wie vorgestern das rothe Buch emporhe bend, rüst er aus: „Das ist herrlich, das ist wunder bar, das ist göttlich!" Dann, als er das Lachen um sich hört scheii.t-er. wie aus tiefem Traum zu erwachen. Er sich verlegen und schreitet, offenbar Um lich zu ent schuldigen, langsam auf das Katheder zu. Doch der Professor, hochroth im Gesicht und keineswegs gewillt, derar tige Ausschreitungen in seinem Eolleg zu dulden, ist dem Missethäter entge gen gegangen. Jetzt steht er vor ihm. Mein Herr ich bitte um Erkla rrung dieser sehr sonderbaren wie derholten Störung. Jawohl, ich bitte darum! Hm ... und was ich fragen wollte, hm welch- Lektüre hat Sie denn so begeistert?" Der Angeredete überreicht mit' nie' dergeschlagenen Augen und der zer zerknirschten Miene eines armen Sun ders das rothe Buch. Der Professor öffnet und liest: Beiträge zur Tb-orie der krummen Flächen" von M. Efchweger den Titel seiner neuesten wissenschaftlichen Abhandlung, die er erst vor wenigen Tagen als Broschüre edirt hat. Nach zwei Tagen was konnte selbstverständlicher sein erhielt Georg Peters »einer der begabtesten Jünger der Wissenschaft", wie iyn Pros-ssor Efchweger jetzt laut und öffentlich nannte, eine Einladung zum The«, welchen Fräulein Wanda be reitete. Ihr listiger Rath, in den rothen Umschlag von Romeo und Ju lia die Broschüre heften zu lassen, hatte sich ausgezeichnet bewahrt. Acht Wochen später wurden die er sten Jnfertionsgebühren in der Zei tung bezahlt, und ein Jahr darauf die zweiten. Georg und Wanda waren vereinigt ihr Glück aber dankten sie dem verwandelten Shakespeare. Boshaft. Gebirgler (sieht, wie ein Bergfex auf dem GasthauStisch einen Strauß gepflückter Disteln ord net und ruft): .Mahlzeit!" Zartfühlend. .Sie sind in Trauer, Herr Müller?" .Ja. die Mutter meiner Frau ist kürzlich ge storben!" „Mein Beileid!... Aber warum sagen S' denn nicht gleich .Schwiegermutter"?" „Ja, schau'n S'. sie war halt eine gute Seel'!" lndividuelle Erklä rung. Ehepaar: „Hat man von je ' nesi Hügel eine schöne Rundsicht?" Bauer: „Dös glaub' i' (zur Frau gewendet): auf dem Bergerl S' gewendet:) zehn Wirtbshäuser!" Das Sprichwort al« Erzieher. Wie der deutsch« Sprichwörterschatz für so viele Gebitt« d«s Lebens gol din« Lehr«» und praktische Wink« in sich birgt, so ist dies auch für das Ge bitt der Erziehung der Fall. Vor Allem betrachtet das Sprich wort Kinder für ein Glück, denn: sind «in Glück, denn: „Je mehr Kin der, je mehr Glück," und dies beweist das Sprichwort so: „Viel Kinder, vi«l Vaterunser; vi«l Vat«runs«r, vi«l Se gen/' „Wie der Acker, so die Rüben; Wie d«r Vater, so die Vüben." jede: „Mein Kind ist das schönste." memt"j.de Frau, ,hr Kmd sei «in Sprichwort solch« verzärtelnde Liebe nach, denn: „Nichts lieber als Kindes kind." „Der kostbarste Schmuck des Hauses sind wohlerzogen« Kinder," sagt der Volksmund. Doch Kinder wohl zu erziehen, ist nicht leicht, denn: „Kinv macht der Mutkr immer Mühe", zumal wenn das Kind noch klein ist „Ist die Mutter noch so arm, so giebt sie ihrem Kinde warm," und je si.e trägt, desto lieber wird ihr das Kind. W«rd«n die Kinder älter, so werden die Sorgen größer, denn: wichtigst Amt der Eitern ist, bestätigt das Svrichwort: „Geburt ist viel, aber Bildung ist mehr." Von allen Mit teln, deren sich die Eltern zur Erzie hung und Bildung ihrer Kinder bedie nen, steht di« Gewöhnung in erster Li nie. Daß man sehr früh mit der Ge wöhnung anfangen muß, sagen die Sprichwörter: „Jung gewohnt, alt ge than"; „Den Baum muß man biegen, „Jung gebogen, alt erzogen." Der Norddeutsche betrachtet die späteren Angewohnheiten als einKleid, das man muß. Er sagt: „Was jung sie spann, hat alt sie an." „Gewohnheit ist di zweite Natur," sagt «in anderes als «r «in Stück von s«inem eigenen Tuche stahl." Hat die Gewohnh«it solche Macht, so leuchtet ein, daß es der Eltern Pflicht ist, die Kinder srüh kreises des Kindes fiir di« Znxck« d«r „Was das Kind auf der Gasse spricht, Hat des Erziehers Angesicht." „Junge Leute sollen bei den Alten Die Ohren «ufthun und die Mäul« halten." ter von den Erwachsenen „EI hat dem Schulmeister einmal gutli Morgen geboten", oder: „Laß Dir „man kann nicht immrr in Amdn schuh«n gtbrn", „aus Kindern werkn Leute", die sich selbst weiter «rzi-ht» muss«». Hypermodern. „Ihre Schwester soll ja in glücklicher Ehe ie> Auch ein Trost. Komponist (als man bei d«r Pr«mi«re seiner Oper pfeift): „Na, nun wird doch wenig stens Niemand zweifeln, daß die Lp» von mir ist!"