2 Sqlvefterabeud. Nein, liebe Mutter, ich wage es in ,einem Fall, Beppie zu auch verstanden; ich bleibe ruhig zu Hause." „Dann bist du ja hier ganz allein, mein Kind, denn die Leute gehen auch aus. Sollen wir zu dir herüberkom men, ich nehme dann einen Wagen?" sagte die alte Dame. .Nein, liebe Mutter, bitte nicht! Mach' dir nur meinetwegen keine Sor gen, es ist mir wirtlich nur angenehm, heute Abend mit meinen Gedanken al lein zu sein." Die alte Dame fragte nicht weiter. Sie wußte, daß es nicht viel helfen würde, und vielleicht hatte Suse ganz recht. Sie würden zu Hause ja doch nur einander gegenüber sitzen, sich an auskommen lassen. Wenn es zwölf Uhr schlug, würden sie alle an sie den kn, Ihr tonnten sie ja doch lein „fro hes, neues Jahr" wünschen. Mit tief bekümmertem Blick sah die Mutter auf die junge, bleiche Frau... so müde sah sie aus, ernster Kummer lag aus ihrem bleichen Gesichtchen. „Ich muh nun fort; sobald ich lann, tomme ich wieder zurück. Adieu Beppie, mein Liebling! Soll Großmutter wieder Mandel schnitte mitbringen, wenn sie wieder iommt? Oder lieber etwas anderes?" Dann'siel noch eine TWine auf das blasseKindergesichtchen, auf das Groß mutter einen Kuß drückte, aber das Äind bemerlte es nicht. „Lieber Chocolade und Zuckererbsen, ja, Großmutter? Und Tante Lies soll „Lebe wohl, liebe Mutter, lommst Als die Mutter fort war, griff Suse »nieder zu der Arbeit, mit der sie vorher beschäftigt war. Aber sie nähte nicht, ke sah nur immer mit starrem Blick auf Beppie. Dos Kind trabte mit sei nen Spielsachen und Puppen hin und Di Ki drsi d sch so h " «Muttchen. kommt Tante Do heuje^ nicht? Sie hat doch versprochen, mtr bei der Puppenwäsche zu helfen?" Durch das weinerliche Kinderstimm chen erschrickt, fuhr Suse auf... „Tante Do? Ja, die kommt be stimmt." Sie stand auf und fuhr mit einer schnellen Bewegung über ihre Augen. „Nun mutz Beppie sich fein artig hinlegen lassen, du weißt wohl, Onkel Doktor hat es so gesagt..." „Aber ich bin doch wieder besser?" „Ja, Liebchen, das mußt du aber trotzdem." 'Nachdem Beppie eine Weile ruhig gelegen, kam Tante Do, die zu bleiben hen würde, um dann bei der Puppen wäsche zu helfen. Willig ließ die Klei ne sich daraus von Tante Do hinlegen nem bequemen Stuhl am Ofen fa ßen. „Nein, wieder wie jeden Abend, wach wenn es dir nicht recht ist." Die junge Frau stand plötzlich auf. Beinah ungestüm nahm sie Do's Kopf zwischen ihre beiden Hände und drückte einen Kuß auf jede Wange. „Du bist ein liebes Wesen, du be greifst ohne nähere Erklärung. Ich freue mich sehr, wenn du kommst. Es war nur wohl etwas fatal, so allein zu bleiben gerade Beppie's wegen aber noch fataler, zur Mutter zu ge hen. Ich weiß, daß Henri und Tine dort sind und auch Jet erwartet wird. Nein, es würde für die anderen und für mich ja nur peinlich sein." Wieder blieben sie einander schwei „Hast du dich nicht gewundert, Do, daß es so gekommen ist? Du wußtest ja doch, daß wir ganz glücklich zusam men waren, nicht wahr?" Sie hatte sich wieder hingesetzt und fuhr in ihrer Unterhaltung fort: „Hast sprachen hast, dachte ich^.." du sprachst auch Zeit... Ich könnte es selbs? nicht ein- Ach ja! Doch! Es drehte sich zuerst mit dem Kindermädchen. slog auf mich zu. „Guten Tag, Mutt chen. liebes Muttchen," rief es mit strahlendem Gesichtchen... Es war für andere Menschen vielleicht lein hübsches Kind. Mich hat's immer sehr liev ge habt. .. auch später noch... Ich kann mich manchmal selbst noch gar nicht hineinfinden, daß es so gekommen ist. Ganz, ganz unmerklich wurde der Bruch größer... Später kamen wohl auch noch andere Dinge dazu... aber es drehte sich doch hauptsächlich immer um den Knaben. Ich glaube wohl, und auch andere haben Schuld... all' tcn, wovon ich selbst nichts wußte... nicht..." Als Do des Abends wieder kam, „Tante Do, Muttchen sagt, daß du „Wenn das Kind zu Bett ist, be „Nun Muttchen rasch gute Nacht sa gegen zehn Uhr fiel die Kleine in einen das Weiß.. . besonders des Abends." „Ja," klang es leise zurück. Do Zimmer, als das Pfeifen des Windes. Man hörte ihn so deutlich in dem Schornstein. Jetzt klang es wie Kla gelieder eines stillen Schmerzes, dann se's Mich si-len/sie las i^erse.von blickte sie vorsichtig in s Bettchen. Bep sich,.. ungestört." Der Kops war ihr auf's Buch gefal len, das offen auf dem Tisch lag; die Draußen schlug es halb zwölf. Wie- sie schlief? Nein, als die Uhr schlug, Tisch, ihre zitternde Hand suchte eine Stütze am Tisch. „Ich weiß, wer es ist, D 0... ich habe es gehofft... schon dich..." tt Kind vielleicht?!" bes Muttchen... liebes Muttchen," und trat zu Beppie, sah sie im Geist: Suse Gesicht, Augen und Mund mit Küssen bedeckte. Dann hörte sie seine Stim „Nun, da ich sehe, daß du den Kna ben so empfängst, fürchte ich nicht mehr, vergebens zu kommen, Suse... der Muth... Ich wi'ßte Dann wurde es wieder still im Zim mer. Antwortete Suse nicht, oder that sie es so leise, daß Do es nicht hören konnte? Plötzlich war sie entschlossen. Es war ja eigentlich auch nicht für ihre Ohren bestimmt. Ganz vorsichtig öffnete sie die Thür, die auf den Gang hinaus führte. Dann nahm sie ihren Hut vom Riegel und lief die Treppe herunter. Mit einem kurzen Ruck war die Hausthür geschlossen. „Glückli- Häuser.,. sie werden zu Hause doch wohl noch auf sein," dachte sie hastig vorbei stapfend, während große Schneeflocken ihr in's Gesicht bliesen. Dann klangen langsam und hell zwölf Schläge durch die Nachtstille. Auch oben im Zimmer wurden sie gehört und bei jedem Schlag blickten die beiden sich schweigend an. Sie Kindes geschlungen, das seil» Wange dicht an die ihre legte. Dann ergriff ihr Mann ihre Hand. „Höre mich, Suse, das alte Jahr ist vorüber und das neue hat angefangen. Wollen auch wir nun das alte verges sen und zusammen ein neues Leben beginnen. ,so wie früher... ein fchö- blies keine Klagelieder mehr. Es klang wie der froh« Jubellaut ei nes schönen, grotzen Glückes. Sie ve rlt e „Nr Dem Glück entgegen! Sie klappte das Buch zu und ver theilte die corrigirten Hefte zum letz tenmal vor den Ferien. Dann noch einige Worte der Ermahnung, gute Wünsche, und die Kinder waren ent lassen. Sie reichte den herandrängenden kleinen Mädchen die Hände, aber sie sprach kein Wort mehr. Ihre vor Aufregung zitternde Stimme hätte ihre Freude verrathen können, die viel größer war als die der laut da vonstürmenden jubelnden Kinder. „Die großen Ferien" waren sie für die Bielgeplagte nicht dasselbe Zau berwort wie für die lärmende Kinder schaar? Nicht vom frühen Morgen bis zum späten Abend die Ausübung des sich immer gleichbleibenden Frohn dienstes! Sie hatte sich das Leben anders ge dacht! Wohin hatten ihre Hoffnun gen, chre Phantasie sie nicht getragen? Was wollte sie nicht alles erreichen, er ringen, erkämpfen? Sie fühlte Muth, Kraft. Fähigkeiten in sich, und wie viel war davon in diesen kleinlichen traurigen Sorgen ums tägliche Brot übrig geblieben! Ja, wenn sie hätte das Oberlehrerinnenexamen machen oder gar studiren lönnen! Aber dazu hatte es nicht gelangt, und schweren Herzens mußte sie alle hochfliegenden Pläne aufgeben. Heute war es überwunden, wenig stens fühlte sie das Zucken des müde gewordenen Herzens nicht mehr so sehr, sie hatte sich mit dem Leben ab gefunden und nahm es hin wie es war. Aber wie athmete sie befreit auf, wenn die großen Ferien kamen; gleich den Schulkindern sehnte sie sich da nach. und ihre Freude und Aufregung waren nicht geringer. Und hate sie bis jetzt auch weiter nichts davon ge habt, als daß sie frei war, den ganzen Tag thun und lassen konnte, was sie wollte, spazierengehcn, wenn sie Lust Schon das süße Nichthun, Säbeln schlecht angewendetes Verbum, ein un richtiger Satzbau störten. Dieses Sich selbleben war es, was sie am meisten entbehrte, wozu ihr die Schule nie Zeit ließ. Denn wie sollte sie es können, bei abgespannten Nerven und müder Stimmung! Diesmal freute sie sich doppelt auf die Ferien. Sie hatte gespart, ge scharrt, um sich einmal auch etwas zu gönnen. Si wollte das Meer sehen, sich mit eigenen Augen von dessen Schönheit überzeugen, dessen stärkende Kraft für abgearbeitete, gehetzte Men schen mitgenießen. Mit klopfendem Herzen und fliegen den Pulsen stand sie zum erstenmal am Ufer und starrte leuchtenden Au das, wie nahm es ihr Hcrz und Sin ne gefangen! Sie hätte den mur melnden Wellen, die eilfertig sich überstürzend näher kamen, entgegen laufen mögen. Ihre Glieder reckten sich, ihre Brust weitete sich sie ver gaß ihr einsames Daheim, den auf rissen werden?" hörte sie plötzlich eine Männerstimme sagen. Zu gleicher Zeit fühlte sie sich an der Hand gefaßt die Stelle, wo sie gestanden. Erschreckt sie gerettet. Er ließ ihre Hand nicht los, als fürchtete er. sie suche, sie wolle den Tod. Fast hätte sie bei dem Gedan- Als sie oben am Ufersteg anlangten, ließ er ihre Hand los, grüßte stumm und wollte sich entfernen. sie liebte. ließ ihn gehen. Dann, sich erinnernd, welchen Dank sie ihn schulde, eilte sie ihm nach. keit. Worten er wollte sie nur sonderbar! An ihrer Thüre Gefühl des Nöthigseins lag ihr daß sie sich's eingestand, eingestehen wollte. Mit einer Angst, für die sie keine rang. trennen. Wenn Sie nichts Liebes >n der Welt haben, wenn Ihr Herz frei ist, so biete ich Ihnen eine Heimath die Todte mit ins Grab genom men. Schlagen Sie ein. Auf gute Kameradschaft!" Zaudern und sie schlug ein. Si« bat ihn, sie allein zu lassen. Das Herz war ihr zu voll. Die Abendfchatten senkten sich schon hinaus. Das Glück war gekommen, jene Welle, die ihr Leben bedrohte, hatte es gebrachst. Sie hatte ein glän freigab. Diese befatz fein Herz und ihr bot et sich zum guten Kameraden an. dankte, und rief laut in die Lüfte: „Die Lebende hat recht." Und sie war die Lebende! Lebensregel. Bankier: „Man mutz den Geldschrank immer vor den Augen der Welt verschlossen halten, insbesondere, wenn nichts da rin istt" . . Tie Frauen am Hofe Napoleons 111. Ein bekannter französischer Schrift steller erzählt von den Frauen, die 1866 am Hofe Napoleons 111. eine Rolle spielten. Er schildert einen der glänzenden Maskenbälle, die damals von der Hofgesellschaft veranstaltet wurden, und erzählt dabei folgendes: „Unter den gelungensten Kostümen, die auf diesen Bällen zu sehen waren, muß das Anna Boleyns erwähnt wer den, das nach dem im „Salon Carr6" des Louvre hängenden Gemälde Hol beins copirt war. Der Maler Eugt-ne Giraud hatte es selbst nachgebildet und für die Prinzessin Mathilde angefer tigt. deren reine Züge in diesen Ge wändern und diesem Kopfputz aus Gold und Purpur noch schöner erschie nen. Auch die Fürstin Metternich als Dame aus der Zeit Ludwigs XVI.. ganz in Strohgelb, und die Gräsin Pourtalös als Almeh stachen hervor. Außerdem ragten noch unter den Damen der kosmopolitischen Gesell schaft, die damals eingeladen wurden, Madame Schwaikoska, die spätere Ge mahlin des Marquis de Noailles, des Gesandten in Rom, als ägyptische Priesterin mit einem sensationellen Käferkopfputz, Madame de Castiglione als Akazienblüthe und Madame Rymski-Korfakow als Kaiserin Ka tharina und als Statue der Salambo hervor. Woher kam die letztgenannte Dame? Man hatte ihren Gemahl nie in Paris gesehen) er gehörte einer ho hen Familie an und war Officier in einem Cavallerie-Regiment der kaiser lich russischen Garde; sein Großvater gleichen Namens war der russische Ge neral, der sich mit Masscwa in der Schlacht bei Zürich gemessen hatte. Sein Vater hatte sein ehemals bedeu tendes Vermögen merklich schwinden sehen, während das seines Intendan ten um alles, was er selbst verlor, zu nahm, so daß, als der junge Rymski- Korsakow in's heirathsfähige Alter kam, sein Vater zur Wiederherstellung seines Wohlstandes nichts Klügeres thun zu können glaubte, als ihn mit der Tochter seines Intendanten zu ver heirathen. Das war die Madame Rymski-Korsakow, die 20 Jahre lang den Chroniken der vornehmen Gesell schaft Stoff lieferte und die alle Fest stigen Lippen und der stumpfen Nase hatte nichts Klassisches und erinnerte eher an den Kalmückentypus. Man hätte glauben können, daß diese Dame die Gabe besitze, allgegenwärtig zu sein. Fand ein Ball am Hofe in Pe tersburg statt, so traf man sie dort, und acht Tage darauf war sie in Paris oder in Berlin. Man bemerkte sie zum ersten Male in Stuttgart im Jahre 1857 bei der Zusammenkunft Napoleons 111. und Alexanders 11. Bei einem der intim sten Empfangsabende, bei dem nur die Familie des Königs von Württemberg und die zum Gefolge der beiden Kaiser gehörenden Persönlichkeiten Zutritt hatten, erschien sie, ohne daß jemand wußte, wer sie war und wie sie hatte hereingelangen können; sie trat indes mit solcher Sicherheit und Ungezwun genheit auf, daß sie Respekt einflößte und man ihr keinerlei Bemerkungen machte. Sie hatte, wie gewöhnlich, ein Kostüm gewählt, das dazu angethan war, nicht unbemerkt zu bleiben: ein Kleid aus weißem Atlas mit einem breiten, feuerrothen, kreuzweise über die Brust gelegten Band, das dem des Großkreuzes der Ehrenlegion glich. Sie war natürlich bei der Krönung König Wilhelms I. in Königsberg, und auf dem Ballt, den der Marschall Mac Mahon, der außerordentliche^Ge fchreckte. Das Fest war auf seinem Höhe punkt, der König, der die Gemahlin des Marschalls Mac Mahon am Arme abscheute^ Frau Rymski-Korsakow liebte die Gräsin Castiglione nicht, in der sie eine Balle desselben Jahres 18K6, als sie sie Erfolge in Paris: als sie im folgenden Jahre auf einem Gesandtschafts-Ball erschien, ohne eine Einladung erhalten Aus der »sewoynocit. Herr: „Na, Jean, Sie machen ja so ein mißmuthiges Gesicht; was sehlt Ih nen?" Diener: „Ach nichts, gnä'Herr, aber seit Sie die Erbschaft gemacht und alle Schulden bezahlt haben, tomme ich mir hier so überflüssig vor!"