Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 01, 1904, Page 2, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    2 Die Wunderflasche.
Am Ende der neüerbauten Straße
Schönebergs lag das freie Feld. Wie
sen mit falbem Grün, dazwischen Ge
„Huh," sagte die junge Frau, einen
Augenblick stehen bleibend und Athem
schöpfend, „hier möchte ich ja nicht
umsonst wohnen. Sind wir nicht bald
bei Deinem geliebten Onkel Walen
tin?"
Er lachte.
„Hast wohl Angst, daß Dich der
Wind wegweht? Dein Hut, alle
Achtung ist bald so weit. Schleier
dito! Und Dein Zopf, Putte, nein
das geht so wahrhaftig nicht! Dein
Zopf ist auch schon bald in Friedenau!
Wenn Dich der Onkel so sieht, kriegt
„So häßlich bin ich? Ehrlich
Hans, so häßlich?"
„Natürlich," meinte er strahlend,
indem er in der Dämmerung ganz
verstohlen und hastig sein junges Weib
«ms die wie vor Schreck geöffneten
Lippen küßte. „Natürlich bist Du so
Häßlich! Und doch meine schönste
Sie schmollte, steckte sich Hut,
Schleier und Zopf fest, und er half
„Ist aber das erste und letzte Mal,
daß Du mich in diese gottvergessene
Gegend hier kriegst. War gar nicht
nöthig, dieser Besuch bei Deinem On
kel Valentin! Nicht mal was geschenkt
Hat er uns zur Hochzeit! 810 ß so eine
lumpige Depesche wie jeder Fremde!
Und er soll doch so reich sein, sagt
Deine Schwester. Das alte Haus hier
in Schöneberg bewohnt er allein, und
Grund und Boden hier herum soll so
»verthvoll sein, Millionen sollen drin
sich
Achtung vor meinem Onlel Du!
Er ist ein Weiser ja er beachtet
sonst so was Kleines, Dummes, kaum
„Du, ich graule mich, Hans! Grete
sagt er er hätt' 'n Litteti, der
Onkel! Er könnte mit Katzen, Hun
l „Feine Wirthschaft!"
bleibst, Putte!"
Mund/
Als das Licht kam, hielt er selber
Der Alte nickte, nachdem er ein
Weilchen stumm das hübsche Gesichtchen
„Aber liebster, bester Onkel, das
Hr gleicht Talisman, Kinder!
Ihr den Wein trjnlt. Bis dahin aber
merkt eins, Kinder! Bleibt Euch treu
und macht keene Dummheiten! In
Sie, meine verehrte Frau Nichte, die
Wein zu Wasser und "
Er hielt inne, da Hans mit vor^e-
Der Alte that sehr beleidigt.
„Na hör mal Du! Anständig
is des aber nick von Dir!"
„Verzeih, Onkel! Ich habe nicht
über Dich gelacht! Wie werd' ich
denn? übernimm« Putte sieh
„Der wird bei uns nie zu Wasser
werden, was Mieze? Eher gäb's im
ganzen Deutschen Reich keinen Trop
fen Wein mehr! Gieb mir mal einen
Kuß dem Onkel wollen wir's schon
beweisen, wie gut sein Wundertrank
bei uns aufgehoben ist was,
Putte?"
Sie sah mit großen, furchtsamen
Augen von der Flasche auf ihren Hans
und von ihm auf den alten, gespen
sterhaft alten Mann.
»Ist ist doch bloß Spaß!"
stammelte sie.
„Aber denke nicht dran," lachte Hans
vergnügt. „Was, Onkel? Thatsache
Der Alte nickte. Er streckte die knö
„Und wenn schon, kleine Frau! Bei
Euch bleibt der Wein doch sicherlich
Wein."
Kampf zwischen dem jungen Paar.
Mieze wollte die Flasche nicht im
Büffet stehen haben und meinte, es
wäre alles Unsinn mit dem Wunder.
Der Onkel sei verrückt.
Hans protestirte.
„Es ist ein Hochzeitsgeschenk, Mieze.
untreu Hans!"
Sie hielt ihn krampfhaft fest.
„Auch gut," neckte er. „Zertöppern
brrr!"
stehn, Hans. Besser ist besser!"
lachte. Er hielt sein Gesicht an ihres
Putte/" fernen Hochzeit,
Das regte ihn auf. Man mußte doch
das kurze Wiedersehen mit dem
Freunde bei einem Glase feiern, das
war doch nicht mehr als anständig!
Von der Küche lief er in's Wohn
zimmer, riß die Büffettthüren auf und
suchte weiter. Und nun strahlte er
über das ganze Gesicht. Da stand ja
Onkel Balentin's Jauberflasche! War
sicher ein guter Tropfen, den der alte
Kauz in seinem Gistschrank so sorg
sam aufbewahrt hatte. Der Witz
bold! Seine kleine, süße, dumme
Mie>e also anzuführen! Das sah der
Verschrobenheit des alten Onkels aus
Schöneberg so recht ähnlich.
Gläser, lehrte Hans zu dem Freunde
Junge," wehrte der ab, «für die kurjL
Also tranlen sie.
mit seinem Uebermuth an.
„Also so abergläubisch ist Deine
kleine Frau? Das sollte man neben
Der iunge Ehemann machte ein ver
blüfftes Gesicht. Daran hatte er noch
gar nicht gedacht.
Wasser rein, Mensch! Wasser bis
obenan, und dann wieder feste zuge
korkt und an den alten Platz gestellt.
Sollst sehen, das giebt einen Haupt
spaß!"
Zuerst sah Hans etwas bedenklich
drein. Dann machte er beinahe einen
Jdee!^
„Machen wir! Meine Putte soll
In aller Eile wurde die geleerte
Rothweinflasche noch mit Wasser ge
füllt, verkorkt und an ihren altenPlatz
in's Büffett gestellt, um dann Arm in
meinsam zum Bahnhof zu wandern.
Es war stockfinster in der Woh
nung, als Hans zurückkehrte. Weder
Sie war schon da. Im Dunkeln
flog irgend etwas Weiches, Warmes
an seine Brust, und der Frauenkopf
mehr weichen.
Er streichelte ihr Haar, Antlitz und
Hände.
„Wie heiß Du bist. Putte! Und
ihr.
„Was hast Du denn? Bist wohl
laufen, Putte? Oder hat Dich die
schlingenden Armen frei.
„O o sonst keiner! Die El
tern, die kleine Schwester und und
dc: Bruder."
was zu Abend essen, Putte. Was
haste'n alles?"
ißier! Im Keller steht's. Soll
Er schüttelte den Kopf.
Appetit, Putte. Weißte was?"
bleiben.
„Wir thun uns heute Onkel Valen
tin. Im nächsten Augenblick hätte es
zugegriffen hätte.
„Aber aber was thust Du,
Hans?"
„Beinahe hätte, hätte der Wein
auf unserm guten Teppich gelegen."
Er antwortete nicht. Er starrt»
bald die Flasche, oald das glühende,
erschreckte Frauenantlitz au, und ihm
In der Zauberflasche, die er vor
wenig Stunden selber noch mitWasser
gefüllt, war wieder Wein. Rother
dunkelrother Wein wie vorher. Das
zurufen: „Siehst Du, daß ich mehr
kann als Du! Siehst Du, Du Jun
ger, Kluger, daß Du kein Spiel mit
kurzen Ruck auf den Tisch gesetzt und
blickte sich verstört um. .
„Ach! a n s!"
den, Mieze?"
Sie nickte.
„Ich ich hab' aber wirklich
lei leine Schuld, Hans! Wann
lich leine Schuld, Hans! Gleich, als
Kopf zu werden. Aber ganz allmah^
Er schnitt ein furchtbares Gesicht,
da?'^
gen.
„Putte, Putte, was bist Du dumm
dumm dumm!"
„So fest hast Du an dieses
Die Wunderflasche 4
„Na aber feste, Putte!"
Hautpflege.
Haut ein« unbeschreibliche Feinheit er
halten. Ä)ie Dichter des Landes ver
gleichen sie in ihren bilderreichen Lie
von dreißig Jahren hat das runzlige
Gesicht eine, Achtzigjährigen. Mit ih
rer Schönheit aber verliert sie auch
einer Art Lasttier
Los!
Die Frauen der Abendländer, welche
ihr« Bedeutung im Leben, Gott sei
Dank, doch nur ausnahmsweise den
die Mauern, Fenster und dick« Vor
häng« vor den Einflüssen der Witte
rung schützen.
Licht, frisch« Lust und Wasstr sind
täuschen —j« dicker und derber die
Haut, desto länger bleibt sie glatt und
Es liegt ja ganz klar aus d«r
w«nn jemand abmagert. So lange die
Haut unterpolstert ist, liegt sie prall
und glatt, schwindet das Polster, so
sich Falt«n otxr gar förmliche
es dazu ab«r recht langer Zeit, und
inzwischen ist der Betreffende auch
wohl wieder voller und kräftiger ge
worden. Mit alledem soll jedoch nicht
gesagt sein, daß das Verhalten der
Frauen aus dem Vott, welche ihr Ge
wkiches Wasser zum Waschen verwen
den soll, ist allbekannt, leider steht es
Kleie irgend einem Kleicpräparat
Selbstverständlich ist Hautbc
den Stärke auf, so fragt man natür
lich den Arzt. Besonders ist dies anzu
rathen, w«nn fehlender oder übermäßi
fetter Haut löst man zweckmäßig «in«
Prise Natrium in Wasser auf. Nur
sollte das nicht täglich, sondern höch
erwähnt. Es ist die frisch« Molke. In
en klaren, frischen Teint erhalten.
Manchen erweist sich dicke Milch noch
zuträglicher, als Molke; man muß
eben ausprobiren, was da jedem besser
versagen. Das Ueble bei den Som
mersprossen ist eben, daß sie, so ver
hältnißmäßig leicht sie auch zu vertrei
ben sind, doch immer wiederkehren, so
bald man sich der Sonne aussetzt. Erst
in späteren Jahren bleiben sie weg.
Denn ältere Leute mit Sommerspros
le.i sieht nlan nicht. Nun giebt es je
doch noch ein Mittel gegen diesen
Feind eines reinen Teints, das neuer
dings vielfach empfohlen wird, es be
geht in dem Tragen eines rothen
Schleiers. Wer sein Gesicht durch die
sen vor dem Sonnenlicht schützt, soll
gänzlich von Sommersprossen ver
schont bleiben. Diese Zauberwirkung
hängt mit den ultravioletien Strahlen
des Sonnenspektrums zusammen, ihre
nähere Erklärung würde jedoch an die
ser Stelle zu weit führen. Bemerkt
möge noch werden, daß man die rothen
Schleier nie aus Tüll oder gemuster
tem Stoff, sondern aus glatter, ziem
lich dichter Seidengaze fertigen soll.
Dessenungeachtet braucht da- Gewebe
keineswegs dick zu sein, nur dürfen die
einzelnen Fäden, die so dünn wie ir
gend möglich sein können, keine Lücken
Ter Tieb.
von Pelcr Larsten.
Es war kurz nach 8 Uhr Abends.
Die Annahme - Schalter des großen
Der Postgehülfe Müller, der jüngst«
Male als Gehilfe den richtigen Schal
befolge.
ihn abzuführen. Mit dem virtuosen
hastesten Geschick, welches die Routin«
dem älteren Beamten an die Hand gibt,
wie an jedem Tage, so auch heute, der
gefürchtete Bo!e des Commissionsge
schästes von Staublager zehn Minuten
abzuwimmeln und ihn dem jungen
Eollegen zuzuschanzen. Letzterer hatt«
es sogar als eine besondere Ehre an
gesehen. Kein Wunder, daß Herr
Stahl sich ob seines guten Einfalles
zwischen Zeit gefunden, seine eigen«
Abrechnung aufzustellen, und brauchte
nur noch aus die Abrechnung seines
Aufstellung zusammenrechnete, über die
Schulter zuzuschauen.
„Na," dann, „alle Hochach
nicht?"
I?Mr'sMen"m "
Ihr babt Euch versehe»."
„Was ist denn hier los? So spät
noch an der Arbeit?" ließ sich eine dritte
„Denken Sie bloß. Herr Hartg«b«r.
fehlen rund IM Mark!"
„I?t> Mark? Das wäre ja eine öv
Zbaler - Rolle."
haben?"
entsetzt, dab er gar nicht merkte, wie
Herr Stahl von der althergebrachten
Anrede mit „Ihr" plötzlich zu dem
förmlichen „Sie" überging. Ueber ihn
hinweg trafen sich die Blicke der beiden
älteren Herren, und wer in den Blicken
zu lesen verstand, konnt« erkennen, was
sie dachten.
Und warum sollten sie auch nicht so
etwas denken? Müller war arm, blut
arm, zum ersten Mal kam«n ihm große
Gelder in die Hand. Gott, solche Roll«
verschwindet ja leicht.
Stahl meinte, jetzt sei doch weiter
nichts zu machen, Müller solle daher
morgen früh d«m Borsteher Anzeige
Damit nahm er Müllers Gelder und
Bücher an sich und schloß sie in einen
leerstehenden Schrank, dessen Schlüssel
er Müller übergab. Letzterer hatte in
zwischen begriffen, was seine Eollegen
von ihm dachten. Gesagt hatt« ja Nie
mand etwas, aber ihre Mienen und ihr
Schweigen bewies ihm Alles. Wie ein
armer Sünder saß er zwischen ihnen
und wagt« kaum auszusehen. Plötzlich
durchzuckte ihn ein Gedanke. Ohne ein
Wort weiter zu verlieren, stürzte er
Moabit ein, wo der Vorsteher seines
Postamtes wohnte. Zum Glück traf er
ihn zu Hause. Seine Fassung brach
jetzt zusammen, thränenüberslrömt er
zählte er, was ihm geschehe. Ruhig
hörte ihn der Vorsteher an. „Räthsel
haft," meint« er dann, „genau wir vor
K Uhr Abends sein, noch war Alles
ein. Entsetzt eilten von allen Seiten di«
Beamten herbei und rissen Müller von
seinem Opfer los. Jeder hielt Müller
für irrsinnig. Während vier Mann
müht waren, beschäftigten sich der Vor
steher und der Sekretär des Amtszim
mers um den besinnungslos daliegen
den Hartgeber. Plötzlich brüllte Mül
ler: „In der linken Hand hat er den
Schein," riß sich los und stürzt« auf's
Neue auf Hartgeber zu. Thatsächlich
fand man in der linken Hand Hartge-
Ziörperhälfte dem jungen Manne zuge
hinten in die Kasse gefaßt. Der Plan
gestellt gehabt hätte, welcher gerade die
Geldkassette deckte. In diesem Spiegel
hatte e r die Manipulationen Hartge-
Letzterer war bei dem Fall mit dem
Hinterkopf so schwer auf die Tischkante
ausgeschlagen, daß er nur auf kurze
Das genügte aber, denn er belannte sich
der sämmtlichen Diebstähle für schul
dia. Müller ist längst in Amt und
Würden, aber das eine Jahr, wo er sich
als Verbrecher gebrandmarkt fühlte,
Ter ehrliche Ktscher.
guten Fischfang gäbe.
„Nirgends besser," war die Ant
„Was habt Ihr für Fische hier in
der Gegend?"
„Oh, so ziemlich alle Sorten."
meint« der Pirginie^
Wasser um emen gan.-n
Mißverständniß. „Auf
dieser Burg haben einstmals meine
Vorfahren gesessen." „So? Was
batten die denn verbrochen?"