Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 15, 1904, Page 3, Image 3

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    Fetisch»
Roma» von Margarethe Böhme.
(12. Fortsetzung.)
11.
schenblüthe ihren Ansang genommen.
An Martha Jmmenthal war das
letzte Jahr mit seinem Leid nicht spur
los vorübergegangen, der intensive
Glanz ihrer grauen Augen war in eine
weiche, müde ZSehmuth untergegan
gen. die einen feuchten Schleier über
die hellen Sterne legte. Aber von dem
Moment an, wo der brennende See
lenfchmerz in ihr sich in Thränen löste,
war auch die harte Bitterleit ihres
Empfindens gebrochen.
lich zu ihr und blieb oft ganze Abende
da. Nicht der leiseste Anklang eine:
Verstimmung schien in ihrem beider
seitigen Verkehr hervorzutreten, und
doch fühlte die alte Frau, daß etwas
zwischen ihnen stand, und daß dieses
in ihrem bitteren Ausbruch
an Gretchens Leiche seinen Ursprung
hatte.
In jeder Menschenseele, ohne Aus
nahme, wohnen zwei Mächte nebenein
ander: Licht und Finsterniß, Gutes
und Böses. Und mag eins der beiden
Elemente noch so sehr vorherrschen,
ganz verschwinden wird das andere
nie: das unterdrückte wird immer noch
«ine Gelegenheit suchen, hervorzubre
chen, sich g«li«nd zu mach«»
In dem Augenblick der tiefsten
Schwäche, des wahnsinnigen Schmer
zes hatte sich in dem treuen, guten
Herzen der alten Frau der schlum
mernde Dämon der Ursiinde, der bru
talen Selbstsucht erhoben. Kein Glück
der Nächsten auf den Trümmern mei
klammerte sie sich eigensinnig an ihre
Sophismen. Der Doktor mochte wie
der Heirathen, gewiß, sie wollte es ihm
nicht wehren, aber eine, die ihm gleich-
ihn glücklich an der Seite
einer anderen zu sehen; das Lächeln
des Glücks auf seinen Zügen wäre ihr
Ivie eine Kränkung ihres todten Lieb
lings erschienen hätte ihr das Herz
zerrissen . . . so g l a u b t e sie in der
ersten dumpfen Qual ihrer Trauer.
Nachher, als die Spannung in ihr sich
löste, dachte sie anders. Sie war eine
zu gerechte, durch und durch vornehme
Natur, um nicht das Unmotivirte, Un
gerechte, Egoistische in dieser Auffas
sung zu erkennen. Und die Schmer
zensstarre in ihr konnte das Weiche,
«Gute, Liebe, Menschenfreundliche ihres
Areigensten Wesens hypnotisiren und
für Augenblicke lahm legen, aber nicht
zu keiner inneren Klarheit.
Als es Frühling wurde, besuchte sie
Wieder täglich GretchenS Grab. Sehr
Sie hatte unter der Trauerweide, die
das Grab beschattete, eine Bank stellen
lassen, da saßen sie manche Stunde zu
nahe. Mit feinem Instinkt kühlte
Wunden...
Die Ncrzissen blühten auf Gret
chens Grab und woben ihren süßen,
betäubenden, herzbethörenden Duft
Über den Hügel. Bom Marmorkreuz
leuchtete die goldene Jiycyrift weithin:
Hier ruht in Gott Gretchen Theodore
Junker, geborene Schaumont
In der Welt habt ihr Angst, doch seid
getrost, ich habe die Welt überwun
den.
Bisweilen ging Martha Jmmenthal
in frühester Morgenstunde auf den
Friedhof, wenn der Thau noch im
Todten hinüber tlang. ES wären An
dachtsstunden besonderer weihevoller
Art. die die Greisin unter der Trauer
lpielte dann wohl mit den «ranzen
ündßändern, eine der breiten fchwarz
defranzten Schärpen hatte den Win.'er
Überdauert, fast ohne an Frische einzu
büßen, und das einfache Verslein dar
auf übte immer wieder einen nachhal
tigen Eindruck auf Marthas trauriges
Gemüth.
..Gute Nacht. Ihr meine Lieben! Wei
net nun um mich nicht mehr.
.Hier in diesem stillen Grabe drückt
mich kein Erdenlummer mehr.
Meine Lieben, seid zufrieden!
Jesu Trost sei euch beschieden."
Martha nickte, wenn sie den Spruch
las. Ja, die Todten sind gut, sie sind
im Friedin, sie haben den Frieden. Sie
hinuden. Sie »vollen keine Thränen,
leine Bitlerkeit, kein selbstsüchtiges
Zusammoikrampfen in tleinlichcn
Inhalt des Briefes versenkte, desto
zu lassen.
- Zudem war sie im Eßmannschen
ziemlich bereitwillig ihre Concession zu
der Reise ertheilten, schrieb si« der al
ten Dame, daß sie Anfang Juni kom-
Frau Jmmenthal wunderte sich sel
ber, daß die zusagende Antwort des
jungen Mädchens ihr eine so große
stimmte Sorge vom Herzen nahm. Sie
hatte dem Doktor nichts von Felicitas'
bevorstehender Ankunft gesagt; als
diese anlangte, war er gerade zu einer
mehrtägigen Aerzteconferenz nach
Frankfurt gereist. . .
Otto das Grab zu besuchn. An Gret
chenS Hügel sollten sie einander finden.
Frau Marthas Voraussetzung er
wies sich als richtig. Felicitas hatte
Der Tod löscht'alles aus, sühnt al-
leZ. Hier auf der Bank hatte er stun
denlang gesessen und es nicht begriffen,
daß die Verstorbene Mängel gehabt,
daß ihre Launen und Eigenheiten ihm
einst das Leben verbitterten. So wie
sie jetzt vor ihm stand, war sie ein sün
denloses Wesen von überirdischer Rein
heit und Lieblichkeit, ein Wesen, an das
kein irdisches Begehren jemals heran
reichte. Und die Atmosphäre des Frie
dens, die das Reich der Ruhe durch
schwebte, zauberte ihm eine liebliche
Aision vor Aligen: Sie, die Verklärte,
war es, die ihm die Geliebte zu
führte
Kein Lusthauch bewegte die Blätter
und Blumen ringsum. Aber die Blii
thenpracht redete eine beredte Sprach«
von dem Leben, das dem Moder der
Gräber entquillt.
Die beiden unter der Trauerweide
sprachen kein Wort von ihrer Liebe,
aber jedes von ihnen errieth des andern
Gedanken. Und ihre Hände fanden
sich wieder. Und Hand in Hand wan
derten sie im Dämmerschatten des
Sommerabends heim zu Martha Jm
menthal. Die streckte die Hände ans,
als sie das Paar erblickte, und als Fe
licitas mit nassen Augen vor ihr nie
derkniete, umfingen die Arme der Grei
sin den Hals des schönen, sanften Mäd
chens.
„Meine Kinder...," sagte sie, und
die beiden, leise und innig gesprochenen
Worte waren der schönste Segen, den
die alte Frau dem Herzensbunde geben
konnte.
» » »
Felicitas wollte die Hochzeit bis
zum nächsten Frühjahr aufgeschoben
haben, aber davon wollte Großmutter
Jmmenthal nichts wissen. „Wer weiß,
wie viele Erdentage mir unser Herrgott
noch zugezählt hat," sagte sie, „ich will
mich noch ein bischen an euch freuen
und noch Urenkel um mich spielen se
hen ... Felicitas ist nun doch einmal
meine Enkelin. Ich betrachte sie wie
ein Geschenk Gottes, der sie mir in mei
ner Noth und Verlassenheit als Ersatz
sür Gretchen schickte. Spätestens im
September ist Hochzeit, Punktum."
tor und seiner Gemahlin um Felici
tas' Hand angehalten, und Felicitas
hatte selber in einem längeren Brief die
Eltern zu ihrer Vereinigung mit dein
Mann, den sie liebte, hinzugefügt.
Die Antwort ließ beinahe acht Tage
schickte. Felicitas habe sich ihr Loos
men war. So wie sie'beide kannte,
hatte die Mutter sich entschieden ge
weigert, einzuwilligen. Dir Senator
Lieblosigkeit, die Selbstsucht des rei-
Seite des Geliebten zu ziehen.
Im Garten der „Hölle" hatte ?ich
gelchen durch die Gartenweges
Otto hatte seiner Schwester Felici
tas zugeführt, und die beiden Damen,
mischte, zu lauschen.
Hänschen sollte sein« Kunststückchen
zeigen... Er halte am Morgen drei
Minuten lang allein am Stuhl gestan
seine Mutter ihn hinsetzte. Er hatte
an.
„Laßt doch das Kind in Ruh," sagte
der Doltor aufmerksam, und das
E w' d sich tw s kl'ltet haben "
„Oder er kriegt wieder Zähnchen,"
sagte der Großvater. „Weißt du nicht,
bei dein ersten Backenzähnchen hatte er
" ß d s f
Gegen vier Uhr früh wurde er ge
weckt und in die „Hölle" gerufen. Der
Kleine hatte sich während der Nacht
zu erfassen? s l
schüttelte sie den Kops. „Was sagst
du? Hänschen könnte sterben? Ach
nein. Das ist nicht wahr. Das ist
sicher nicht wahr. Gott legt uns nicht
es getragen, ohne zu unterliegen." Sie
schüttelte den Kopf und griff mit der
Hand an die Stirn, die vom vielen
aufregenden Sorge schmerzte, und
setzte sich wieder an das Beltchen des
Kleinen.
an.
„Mein Hänschen! Mein süßer En
gel, du wirst bester," jauchzte Liesbeth,
aus vor sich hin und vc«'iel in eine tiefe
Apathie. Nach wie vor fuhr sie den
kleinen weißen Wagen mit den fpitzen
chens Zukunft. Er sollte Geistlicher
Gesichter ernst und die strahlendsten
Otto Junker litt tief unter dem
neuen Schicksalsschlag. Der Vater
sichtlich zu Grunds dabcu Die
genesen. In diesem Sinn hoffte er
auch von Liefe! das beste.
Im Laufe des Spätsommer- schrieb
tenfchein hatte sie beigefügt. Ueber
die Ursache seines Todes schrieb sie
nichts, auch aus der amtlichen Urkunde
Erst nach Jahren erfuhr die Familie
durch Zufall, daß der Graf an den
Folgen eines Messerattentats seitens
eines temperamentvollen Spaniers, der
sich auch um Claires Gunst beworben
Die Todesnachricht rüttelte Liesbeth
nicht aus ihrem Traumleben auf. Sie
Menschen.
feinen wellen, gelbbiassen Wangen
brannten zwei dunkle Flecke; in seiner
>?eele stand ein großer, reifer Ent
schluß.
Sich aussprechen. Alles was die
Brust bedrückte, abschütteln in eine an-
Er hatte gehofft, Martha Jmmer.»
Geständniß seiner Schuld.
Martha Jmmenthal schob dem Ein
tretenden einen bequemen Sessel an
Athems will Ihnen rasch ein
Wein holen... Nicht? Warum
fest in's Schloß. Im Wesen ihres al-
Sehnsucht nach Besitz und'zwangloscm
Lebensgenuß sei... Wissen Sie noch?"
„Ja, ich entsinne mich! Und zwei
Tage später siel Ihnen die Erbschaft
zu und erfüllte mit einem Schlage
Ihre Sehnsucht."
Junker stützte das Gesicht in beide
Hände. Nach einer Weile fuhr er ver
stört auf. „Ich habe oft an Sie ge
dacht, Martha, und mir Ihre Worte
ist wahr, der Fetischdienst, dem die
Menschheit huldigt, ist der Fluch des
Lebens. Und der Teufel geht aus Er
(Fortsetzung folgt.)
Der kleine »lsüsscr.
Ein hübsches Abenteuer passirli un
längst einem auf einem unterelsässi-
großen Ansehens und allgemnner
Beliebtheit bei der Bevölkerung er
freut, benützte einen der letzten sinni
gen Morgen zu einer Frühpromenade
und hatte sich schon zu weit vc.i der
letzten Behausung entfernt, als er Lust
bekam, sich eine Cigarre anzuzünden,
und bemerkte, daß er kein Feuer bei sich
hatte. Es braucht keinem Raucher ge
schildert zu werden, welch peinlicher
Zustand das ist. Weit und breit kein
Mensch. Endlich erscheint in der Fer
ne der „Lindelangersmichele", der auf
dem Wege von der väterlichen Wald
wirthschaft, den Büchersack unterm
Arm, pfeifend der Dorfschule zustrebt.
An dem alten Herrn will er ohne jeg
liche Notiznahme vorübergehen, als
dieser ihn freundlich anhält: „Kleiner,
kannst Du mir vielleicht zufällig Feuer
geben?" „Ja, deß sollsch Dü han!"
lautet die gemüthliche Antwort, und
gleichzeitig kramt das Michele ein
Congwmerat von Bindfaden. Knöpfen,
Schweseihelzle!"
—Aufricht i g e R e u e. Nich-
Für die Küche.
Kirsch reis. (Eine äußerst er
frischende Speise.) Man locht best«»
Reis in Salzwasser weich. Außerdem
gegeben werden, da der Reis dess«n
Stelle vertritt. Mischt man Schlag
sahne darunter, füllt es in eine Form
man «in« sehr schmackhaft« und fchön-
Reis mit Bananen. Man
brüht l/z Pfd. Reis in heißem Wasser
bene Schale Citrone, 2 gut geschla
gene Eigelb und 4 Eßlöfel voll Zuckr
hinzu. Nun läßt man die Masse noch
10 Minuten kochen, bestreicht dann
den Boden und die Seiten einer Por
zellanschllssel mit etwas Butter, füllt
eine zolldicke Lage von dem Reis hin-
sie dann mit Zucker bestreut.
Man füllt nun die Schüssel abwech
selnd mit Reis und Bananen, die letzte
Lage muß aus Reis bestehen. Dann
schlägt man von 2 Enveiß imt 2 Eß
etwas gelb werden.
Aepfel im Schlafrock.
Schöne, große, mehr hohe als breit«
Aepfel, am liebsten die sogenannten
Mönchäpfel, höhlt man in der Mitte
aus und schält sie ganz fein. In die
Mitte füllt man Obstmarinelade, wel
che man mit gehackten Mandeln versetzt
nen NudtU, Blätter- oder Mürbteig,
bestreicht diesen Teig mit Eigelb, setzt
die Aepfel auf ein gebuttertes Blech
und backt sie in der Ofenröhre gar.
in die Mitte, schält die Aepfel nicht,
Bleche, bis sie gar sind. Beide Arten
Gefüllte Gurken. Recht
der Länge nach aufgeschnitten und
von den Kernen befreit. Darauf legt
man sie in eine Schüssel, bestreut sie
mit etwas Salz und läßt sie I—2
Stunden durchziehen. Auf 4 mittel
große Gurten nimmt man 1 Pfd. ge
hacktes Schweinefleisch, 1 in Wasser
geweichtes Milchbrot, das gut zer
quirlt wird, etwas Salz und Pfeffer,
mischt die Masse gut durch einander
und füllt die halben Gurken damit.
Dann fügt man die Hälften auf ein
ander, bindet sie zusammen und brät
sie in steigender Butter gelblich braun,
ungefähr zehn Minuten, träufelt Ci
tronensaft darüber lind fügt nach
Geschmack Zucker zu. Sollten die
Gurken nicht genügend Saft geben, so
gießt man Wasser dazu, und läßt sie
in dieser Sauce, gut verdeckt, noch 20
—2B Minuten dämpfen, worauf man
die Sauce mit etwas Mehl sämig
Kartoffel-Pudding.
Pfund zu Sahne gerührte Butter
wird mit sechs bis sieben Eidottern,
die man nach und nach dazu fügt,
i/t Pfund fein gestoßenem Zucker,, auf
dem man die Schale einer Citrone
abgerieben hat, Pfund geriebenen,
gekochten Kartoffeln und 3 Unzen mit
zwei Eiweißen, fein gestockenen, süßen
Mandeln sehr gut vermischt. Zuletzt
zieht man den steifgeschlagenen Schnee
der übrigen vier bis fünf Eiweiße
schnell darunter, füllt die Masse in die
mit Butter ausgestrichene Puddings
sorm und locht den Pudding eine
Stunde im Wasserbade.
r Rahm. Eine gute von Haut
und Fett gelöste Keule wird geklopft
und 24 Stunden in sauere Milch ge
legt. Dann trocknet man sie ab, reibt
sie mit Salz und Pfeffer ein, legt sie
in einen ovalen Kreisekessel auf Speck
scheiben, giebt etwas Wurzelwerk,
Zwiebeln, Gewürz, Citronenschale und
einige getrocknete Pilze dazu, gießt so
viel Bouillon dazu, daß es gut darü
ber geht und dämpft sie unter öfterem
Begießen gut weich. Dann nimmt man
den Deckes ab, setzt die K eule und
Die Sauce wird durchgeseiht, der
Braten mit etwas heißem Wasser schön
los gelocht und mit der Keule aufgege
ben.
Rührei mit Spargel in
Muscheln (Coquilles.) Man
schneide die zarten Theile von zwei
Dutzend mittegroßen Spargeln in
kleine Stückchen, loche sie mit Butter
und Salz und wenig Wasser und lasse
sie erkalten und abtropfen. Verklopfe
dann zwölf Eier, mische die Spargel
darunter und bereite ein weichet
Rührei, fülle es in die erwärmten
Muscheln, beleae es mit seinen Strei
fen von geräuchertem Lachs und ser
zire .über eine gestellt.
Aus der Schub«. Lehrer:
„Wer ist denn de: Sultan?"
'nen Mann, aber bisse! 'nen dauer
haften, den letzten hatte ich nur sechs
Monate!" 3