Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 07, 1904, Page 2, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    2 Urberlistrt.
„Nein, nein, mein B«st«r, den Ge
danken schlage Dir nur aus dem
Kopfe! Als Freund und Zechgenosse
bist Du mir zwar lieb und werth, wie
lein Zweiter, aber meine Tochter be
welch leichtes Tuch Du bist!"
„Aber, wenn ich ein solches bin —"
„Muß wohl ich, Dein Kumpan, von
derselben Sorte sein, meinst Du? Na
im Grunde genommen, hast Du ja
det Ihr ein Paar!"
„Ist dies Dein letztes Wort?!"
„Ja, lieber Friedrich."
nun schon nahezu seit einem Jahre, in
dessen Verlauf das edle Paar von Be
kannten die Beinamen Kastor und Po
l war der" Altersunterschied
zwischen beiden ziemlich bedeuten-
Josef Heindl war Wittwer, lebte
und minniglichen Lebensanschauung,
rrzog er jedoch seine Tochter Anna.
Das bereits achtzehnjährig« bildhüb
sche Mädchen war fast nach klösterlicher
Sitte erzogen worden, und auch jetzt,
im heiratsfähigen Alter, waren die
ihm von dem gestrengen Herrn Papa
gestatteten Freiheiten recht mäßiger
Natur. Und dabei liebte es der letztere,
zwischen seinen vier Wänden nur sal
bungsvolle Reden zu halten, die noto
rische Leichtlebigleit der jetzigen Gene
ration in jeder Weise zu verdammen,
iurz, sich als den ausgesprochendsten
Tugendbold zu geben, so daß sein
Töchterlein meinte, einen veritablen
Heiligen zum Vater zu haben. Dies«
Gewohnheit aber war d«m guten Man
ne von der Zeit haften geblieben, da
seine Frau noch lebte, und ihm mehr
als einmal die Gebote der Ehe in nach
drücklichster Weise zu Gemüthe geführt
hatte.
Nichtsdestoweniger hatte jedoch trotz
der väterlichen Strenge die Liebe in
Anna's Herzen ihren Einzug gehalten,
und zwar war es Niemand anderes,
«ls Pittner, dem es entgegenschlug.
Der junge Fabrikant, der so intim mit
ihrem Vater verkehrte und naturgemäß
häufig im Hause erschien, hatte 'es ihr
angethan und und dabei ebenfalls
Feuer gefangen. Heindl war dieser
Doppelumstand infolge feiner buch
stäblich zu Kurzsichtigkeit
«r sich zu derselben stellte, haben wir
bereits erfahren.
Ja, die ziemlich vorgeschrittene
Kurzsichtigkeit war das einzige unan
genehme Moment im Leben unseres
Privatiers. Er hatte bereits die her
vorragendsten Augenärzte consultirt
und trug vergebens die schärfsten Glä
ser, dem Uebel war aber einmal nicht
abzuhelfen, und so manche Personen
verwechslung etc. hatte Heindl bereits
wiederholt in die unliebsamsten Situa
tionen gebracht.
Umso empfindlicher traf ihn daher
der durch seine Weigerung herbeige
führte Verlust d«s Freundes, der ihm
bei seinen Promenaden stets ein ge
treuer und verläßlicher Lootfe war.
Aber was ließ sich dagegen thun?
Sollte er. der ältere, nun dem im
die Versöhnung anbieten und um
welchen Preis? Nein, das konnte, das
durfte er nicht, denn daß der letztere
„Schweig, du Entartete!" unter
brach er sie. „Oder willst du es viel
leicht leugnen, daß du, die du kaum der
gezettelt hast?"
„Wollt ihr?! So?" rief Heindl im
mer mehr erbost. „Da habt ihr aber
die Rechnung ohn« den Wirth gemacht,
aus keinen Fall!"
„Aber warum nicht. Papa?" frug
das Mädchen mit thränenerstickter
Stimme.
so, nun weißt du's!"
„O, es ist abscheulich von dir, Papa,
Friedrich so zu verdächtigen!" schluchz
te Anna.
„Was ich ihn verleumden?!"
fuhr Heindl auf. „Wie darfst du es
wagen, mir derartiges anzusinnen?
thete."
frug Pittner überrascht.
„Gewiß, Friedrich," erwiderte An
na. „gewiß vertraue ich dir und deiner
Lieb«, allein einer intensiven Versu
chung soll, wie ich mir sagen ließ, auch
der stärkste Mann nicht zu widerstehen
vermögen, und ihr fch«int der
Versuchung nur zu oft auf halbem
dich —"
ihm mit der kleinen Hand die Lippen
verschließend. „Ueber das Gewesene
wollen wir den Mantel der christlichen
Nächstenliebe breiten, aber bezüglich
der Zukunft möchte ich vollkommen
sicher gehen! Meinen „Gatten" will
ich für mich allein haben und in Beru-
de sind!"
Gatte zu sein!"
derte Pittner, ihr die Rechte reichend.
„Ich verspreche dir also hiermit fei
erlichst, in Zukunft jedweder Versu
„Also doch!" seufzte Pittner.
die schlanke Gestalt des Mädchens und
gend, „nxnn uns Jemand sähe!"
„Bekäme er höchstens Appetit, es
uns glcichzuthun," lachte der junge
chen. „Will doch sehen, ob der Mensch
„Ja, aller Welt zum Trotze, will ich
sternd.
Ein kleines Liebesgeplänlel wär,
ihm heute recht erwünscht gewesen,
es, dem Reichen steht ja überhaupt die
Welt offen! Und bei diesem herzerhe
benden Gedanken blickte er noch einmal
selbstbewußt .egesgm.^um
Wirklichkeit? Vor ihm schritt eine
ihr haften geblieben, und nun sie aber
mals über sie hinwegstreiften, wendete
sie den leider dichtverschleierten Kopf
direkt nach ihm, und unter dem weißen
hlben!
sich ärgern daß er in so vorge
rücktem Alter noch solchen Glückes
theilhaftig würd«! Und wieder flog
tigkeit!
„Pittner -- du?!" stotterte Heindl
„Aber, Heindl alter Freund!"
lachte Pittner.
„Der Teufel ist Ihr alter Freund!"
«reifend.
„Loslassen!" leuchte Heindl, dessen
Grab!"
Gute« Blut.
« „
Langsam schlug die Uhr im Spei
sesaal die siebente Stund«. In dem
selben Augenblick öffnete sich die
Thür; der alt« Rousselot trat ein und
"„Zu Tisch!"
„Aber Großpapa," ließ sich ein«
kleine, schüchterne Stimm« vernehmen,
Jacqueline senkte d«n Kopf, ohn«
des alten Rousselot: er be
che Waffenthaten verdient hatte.
Oft blieb der alte Rousselot vor
t/ ' G d d ß sich
Nachsicht versuchte.
„Großpapa, Jacques wird doch
nichts passirt sein!"
Sie stand auf und ging zum Fen
wie ein losgelassener Strudel die
Trottoirs peitschte.
„Das Wetter ist so schlecht! "
> pünktlich war, sich derartig verspätete,
mußte etwas Besonderes passirt sein.
Vielleicht war er von einer dringen
tergestellt?
wie man im Volke
sagte. Der alt« Rousstlot hätt« am
liebsten aus Jacquts «inen Soldaten
Der alte Rousselot stieß Philoso»
hängen Leiben wurde.
trat.
mußt« mich «rst umzieh«»."
D«r Vater Rousselot versetzte in
der Stelle:
Mit leichenblassem Gesicht hatte sich
„Er soll eintreten," stammelte der
Alte etwas beruhigt.
»Herr Jacques Rousselot?" fragte
bührt."
Adern seines Enkels floß, dieses edle
Verdienst.
Niedertracht. Sie ha!
s.« hat so e.nVollmondg«.
Londoner Frauculaune«.
ans der englischen Hauptstadt tzeschrie»
b«n: Immer schwierig«! wird es den
smarten englischen Frauen, sich ande
ren gegenüber an originellen Ideen
hervorzuthun, aber Ausnahmefälle ge
schehen doch. Eine junge Gattin hat
liebevollen in diesem Falle sicherlich
schwächeren Hälfte die Erlaubniß
zur Führung eines eigenen Haushalts
zu erlangen. Sie führt ein besonderes
Haus und hält sich eigene Dienerschaft,
eigene Wagen und das wenige
entfernt! Das modern« Ehepaar lebt
auf dem denkbar besten Fuße und ladet
sich abwechselnd zum Diner und Sou
per ein. Einige Vertreterinnen dersel
ben englischen Gesellschaftsklasse finden
dieses Eheleben geradezu ideal, und
Allen Ernstes hat sich die Gattin eines
Weibliche Titelschmerzen.
Wegs von dem brennenden Wunsche be
seelt erscheint, den „unästhetischen"
Fräulein- oder, wie man hierzulande
ten ist die strikte Vorschrift, daß der
Oeffentlickikeit Verzicht zu leisten, läßt
Das Nothwendigste.
Lehrer:„Und nun entlasse ich euch aus
der Schult; bleibt auf dem Pfade der
Tugend und noch eins: vergesset
hast, daß morgen mein Geburtstag
—Ja wahrhaftig, du hast recht.
Siehst du, wie nett von mir, daß ich
Bibelsest. Mein Gott, w»
wäret ihr Männer, wenn wir Frauen
nicht wären! rief sie und sah ihn mit
leidig an. Er aber seufzte tief auf und
sagt«: Im Paradies.