2 Das Chinesenkind. Schöne, breitausladende Häuser standen der mit einer Doppelreihe renfeste Patrizierhäuser, einige noch aus der lustigen Zeit des Rococo, die meisten mit den strengen griechischen Linien des Kaiserreiches. Alle in einer unglaublichen Raumverschwendung gipfelnd, und mit einer Einfahrt ver sehen, die den Blick auf die hinter d«m Hof liegende Fabrik gewährte. Denn Fabrikanten waren sie alle, die an der Ulmenstraße ivohnten, und sie fabri zirten auch alle dasselbe: feines, glat tes, schwarzes Tuch, meist für dasAus land bestimmt, und seine Verfertiger zu dem machend, was sie seit einem Jahrhundert waren, selbstbewußte, so lide, enorm reiche Menschen. Es gab in Ocltersdorf nur zwei Kasten, die Fabrikanten und ihre Arbeiter, die ent weder in dem hinter dem Herrfchafts spannten, plüsten, walkten und schür ten, oder an denWebstiihlen, sogenann ten Katcwnen, in ihren eigenen kleinen Häuschen wirkten. Das Verhältniß dieser beiden Kasten zueinander war das denkbar günstigste. „Wirkliche Armuth und Auswanderungsgeliiste sind Dinge, die man hier nur dem Na men nach kennt," Pflegte Thomas van der Leuwen, der Chef eines der größ ten Häuser, zuweilen zu sagen, und ling, einem dünnen, achtjährigen Bu hen, über den Lockenkopf strich, geschah es wohl mit dem herzlichen Wunsche, dieser angenehme Zustand möchte auch in dessen Zukunft so fortbestehen. Vorläufig genoß besagter Sprößling sein Leben in einer innigen Freund schaft, die ihn mit Franz Lemaire, den ältesten Sohn eines der Meister der Fabrik, verband. Lemaire's wohnten in der Spinnerei und hatten den in Gustav van der Leuwen's Au gen unermeßlichen Vorzug, unbestrit tene Besitzer von sechs lebendigen Kin dern zu sein, ein Vorzug, dessen Ge denken Meister Lemaire's Stirn oft umwölkte und sicher noch mehr um wölkt haben würde, wenn nicht die Kommerzienräthin van der Leuwen ihre allezeit milde Hand über die kleine Schaar gehalten hätte. JmHerrschafts hause roch es nach Laivendel und Ani denen Vorhängen, wo man doch fiig licherweise keine Maikäfer, interessante Würmer oder gar Schnietterlings- Freund, er fei jetzt im Begriff, sich ein Heidenend zuzulegen. Irgend ein Ver trauensmann hatte ihm die glorreiche Morgen ih.« liebe Noth mit ihm ge habt, sich ebenfalls hingelegt habe. „In eine? halben Stunde," schloß Lemaire seine kategorfche Rede, die den Jun gens, die vor Ungeduld mit Armen und Annen zapMen, ungefähr wie die Verkündigung rines Folterurtheils vorkam. schrie Gustav, a!Z er die breiten, gekHnten Treppen sei nes Hauses Hinilifsprang, bitt«, Mama, laß uns sofort essen, in einer halben Stunde muß ich in der Spin nerei sein, denk' nur, Mama," und nun folgte die glühende Schilderung seiner Neuigkeit. So aufgeregt war er. daß cr mitten während des Essens aufsprang und seiner Mutter Bitte, «inen Topf Hühnerbrühe mit hinüber im Buch steht: gelb« Färb«, Schlitzau ifch auf. „Am Ende hat der Post- Kindchen und prügelt« sich weidlich mit Gustav, als es an's Tageslicht kam, daß sie sich beide in Gedanken als zu künftige Ehegatten „seines Kindchens" betrachtet hatten. Dieses Duell fyin derte aber durchaus nicht, daß Gustav am Ende der Madam fortgenommen hätte." Aus dem Kästchen blitzte Frau van der Leuwen ein Schmuck von Tür für die Spinnerei, und zudem von ih rem Toilettentisch wegstibitzt. Prügel erntete Gustav nicht für diese That, wältigen Gymnasium und verbrachte auf Wunsch des Vaters die darauffol gende Zeit in praktischer Thätigkeit in Flanderns und der Lausitz. Dann sollte er auf Reisen gehen. Als Lena zig war er geworden, als der Vater starb. Was Gustav bei seiner Heim kehr antraf, waren ziemlich desolate Resultat, das er seiner Mutter, der Tag? fortwährend in den Ohren gele gen, ich sollt den ganzen Betrieb neu zeitlich umgestalten, mechanische Stühle -nontiren lassen, die ganz« Geschichte Die Rnsien in der Mandschurei. Unser Bild bringt ein interessantes Detail aus den gewaltigen Truppen ansammlungen Rußlands in Ostasien zur Darstellung: eine Kosakenstation in der Mandschurei. Bei dem Hause des Obersten stehen die Posten; ringsum sind. die bis an den Rhein gingen, und eine feine Geselligkeit wollte er ihr schaffen, und sich selbst mit Macht in sein ge als er das Bedenkliche in ihren Mienen sah! „ich bin wohl etwas Fatalist, Mama, ich in den letzten vier nehmen können und seine Mutter galt würdigste weibliche Wesen. Als er sich beugte, um ihre Hand zu küssen, schmerzlich berühren würden. Gustav stand am Fenster des Gobe linzinimers und schaute gedankenvoll aus den Hof hinaus, als die Kommer inzwischen an den Gedanken deNTren nung," schloß sie ihre Rede. JmGrunde war es die unausqesprocheneHoffnung, Hof? Wahrhaftig, das Chinesenkind!" ein schlankgewachsenes Geschöpfchen llb«r die Pfützen, die der Regen gebil det, lachte ein paarmal fröhlich auf und der blieb ihm auch, als er wenige Stunden später Lena aufdeinHofe an- iraf und sie in dem ihm geläufigen Dialekt anredete. Das „Du" wollte ihm angesichts dieser blühenden acht zehn Jahre doch nicht mehr über die Unterhaltung drehte sich um Franz und die übrigen Geschwister und schloß mit einem scherzhaften Erinnern an ihren glücklichen Kinderglauben, be züglich Lena's Herkunft ausSbanghai. Alsdann zog sich Jeder in seine Behau sung zurück. Es war ganz außerordentlich er staunlich, wieviel Zeit der junge Fa brikbesitzer von diesem Tage an am brachte! Die Putten und Amoretten, die seit einem Jahrhundert ihre wohl genährten Glieder zwischen Rosen- und wieder frisches, junges Leben um sich zu sehen. „Jedes Mädchen, das Du für werth hat?" kalkweiß geworden. „Ja, Gustav. Und weißt Du, was Bater that in solchen Fällen, wo sich „Setz Dich, Lena." Unwillkürlich kam ihm das Du; er erschien sich plötz- lich so alt in der väterlichen Rolle, die er dieser knospenden Jugend gegenüber spielen sollte. „Mir wird geklagt, Lena, Du habest Stelldicheins am Lister Bruch mit Ni kola Grosse, Du weißt doch, daß sich Nun, Lena?" Weinende Frauen zu sehen, das hatte Gustav nie fertig gebracht. Nu» noch gar dies Mädchen. Er hatte ein Gefühl, als müsse er fieberkrank wer den. „Warum ist Grosse fort?" „Weil hier jetzt so wenig Arbeit ist, und lvenn er nun in Luckenwalde fest Ocltersdorf, Lena? Warum seid Ihr packte das Mädchen allen Muth, Rückschritt im Gewerbe, das über kurz oder lang wohl ganz brach liegen wer de, die Unzufriedenheit der Arbeiter den Nachrichten von draußen und der mangelnden Beschäftigung gegenüber, zum Schluß noch die Bemerkung: „Auch hier war alles anders, ehe der Herr selig die zwei Jahre krank war, der hatte ein Herz für seine Leute; aber die Herren auf dem Kontor kümmern sich nicht um uns, und der junge Herr ist ja wohl nie zu Hause." Sie verstand selbst vielleicht nicht di« Hälfte von dem, was sie da an wuchti- Und wenn Grosse sich über's Jahr Wie mit Blut übechossen stand das Mädchen da. Hinreißend schön in sei ner athemversagenden Ueberraschung. Er hätte sie an sich reißen und den leuchtend rothen Mund einmal, nur ein einziges Mal küssen mögen. Aber er zwang auch diesen letzten Sturm nieder. „Nun kannst Du gehen, Lena." Sie konnte nichts thun, als ihm schweigend, unt»r Thränen lächelnd, die Hand geben. Ader er verstand sie. schwer Gezeichneter erschien er kurz da chen. Wenn es Dir recht ist, schicke ich halten!'' Im Zweifel. Seppl: Nas' hat?" .... . . Das beste Kinderzimmer. Bei dem Interesse, das augenblick lich für Japan vorherrscht, durfte nachstehende Mittheilung angebracht sein. Ellen Key erzählt in lhrem Bu che: „Das Jahrhundert des Kindes , daß die leeren japanischen Zimmer ideal seien, um Kinder darin zu «rZi«- hen, während unsere modernen, über füllten Zimmer schon der Kinder we gen verwerflich sind. Gerade während der Jahre, wo die eigentlich« Erzie hung der Kind«r durch Anrühren. Schmecken, Beißen, Befühlen usw. vor sich geht, hören sie jeden Augenblick den Ruf: „Stehen lassen!" Man weiß, daß die japanischen Zimmer nur mit Matten ausgelegt sind, daß weder Stühle noch Tische darin stehen. Auf dem Boden knieend, nehmen die Japa ner ihre Mahlzeiten ein. Die Wände aber sind mit schönen Bildern verse hen, hie, ähnlich wie unsere Landkar ten in der Schule, abgenommen und zusammengerollt werden können. Denn von Zeit zu Zeit werden die Bilder in den Zimmern gewechselt. Ganz besonders werthvolle werden angebracht, sobald Besuch erwartet Für das Temperament des Kindes sowie für feine Kraftentwickelung ist daher ein großes, farbenfrohes, mit hübschen Bildern geschmücktes Kinder zimmer, mit einfachen Geräthen und voller Bewegungsfreiheit das Wichtig ste von allem. Diese Bemerkung sollte ein Weglveiser sein, in welchem Sinne Mütter und Künstler die Kinderzim mer auszustatten haben. Die meisten leiden an Ueberladung; die Berliner der guten Kreise kranken an der uner läßlichen Einrichtung in Weiß und Blau, an der Ueberfülle von weiß und blau gestickten, spitzenumrandeten De cken. Ein Kind kann nicht den ganzen Tag artig sein und nicht immer daran denken, daß es mit seinen kleinen Pat schen die Decken nicht berühren darf. Einen wesentlichen Fortschritt bedeu tet das Kinderzimmer, das bis vor das wohl ein wenig zu grell wirkte. Ein hübsches Roth wäre wohl am be sten geeignet. Aber sonst entsprach die derstube. Allerliebst waren di« Bilder Mutter kann diese Bilder selbst Al»grici»ischc Musik. Jsadora Duncan tanzt altgriechisch« Tänze oder giebt wenigstens vor, sie zu tanzen, sie tanzt zu den Liedern grie chischer Knabenchöre. Wenn sie damit das Interesse sür althellenische Kunst in weiterenKreisen neu erwecken wollte, so hat sie es gethan; man hört sehr vielfach jetzt die Frage: Wie war die altgriechische Musik? Sie unterschied sich sehr wesentlich von der unseren, sie betonte ausschließlich die Melodie und den Rhythmus, während wir auch gro ßen Werth aus Harmonie und Klang farbe legen. Die Vokalmusik war unisono. Unter den Musikinstrumen ten der Griechen herrschten zweiHaupt- und Zithern, uiw vie Blasinstrumente, die unseren Oboen, Flöten und Klari netten ähnlich waren und für Krieg und Tempelninsik aus Blech, für an dere Gelegenheiten aus Holz gefertigt Die Lyra war das „Volksinstru ment"; man spielte sie mit den Fin- Dadurch wurde die Musik in ihrer Wirkung etwas eintö nig. Die sieben oder Saiten der ander harmonisch verbunden. Eine Me lodie tonnten die Griechen eigentlich nur auf ihren Blasinstrumenten her vorbringen, und für sie gab es denn auch wirtlich so etwas wie Instrumen talmusik, Solos und Duos, die etwas „in Tönen" sagen sollten. So kompo nirle Saradas von Argos ein Solo, das den Kampf des Apoll mit der Schlange darstellen sollte. Höchst ei genartig war die Auffassung, die der der Instrumente hatte, d. h. von dem sittlichen oder besser versittlichenden Werth den cr ihnen quasi 2ie anderen .in der Seele keine tugendhaf ten Anlagen hervorrufen". Bon der Lyra hatte man gerade vie gegenthei l>ge Auffassung. Gemüthlich. Chef (zum Kassirer): „Wie kann man nur so ver — Ün verfr o r e n. Richter: „Wenn Ihr Gewissen auch so schwarz ist wi« Ihr Bart, dann gratulire ich." Angeklagter: „Aber, Herr Richter, Räch«. Graf (wüthend): „Ich hab« «ine Wuth auf die Menschheit. «!och heute gehe ich unter di« Automo bilisten!" Znr Geschichte der Känseleber- Pastete. Der Mitarbeiter einer Fachzeit schrift plaudert in einen: Artikel über die Industrie der Gänseleber-Pastete und theilt u. a. darüber folgendes mit: Seit dem Tage, an dem Jean Bap tiste Clause die erste Gänseleber-Pa stete componirte, hat wohl noch tein Gericht wieder so allgemeine und dauernde Beliebtheit in den Kreisen der Feinschmecker sich erworben, wie diese Delikatesse. Jean Baptiste Clause, gebürtig aus der Normandi«. war Küchenmeister beim Marschall de Contades, dem Gouverneur des Elsaß und ansässig in Straßburg. Bor Clause's Zeiten wurden, wie ein uns überliefertes Recept besagt, die soge nannten Gänseleber-Pasteten warm servirt, und die alten Recepte haben ungefähr folgenden Wortlaut: „Kleine Pastetchen werden mit sehr feinem Gänselebersiillsel ausgestrichen und mit Scheiben von mit Trüffeln gespickter Gänseleber belegt. In die Pastetchen gebe man auch einige ganze Trüffeln, bedecke gut mit Lebern, be streiche noch mit dem Rest des Füllsels und backe im Ose» ab. Kurz vor dem Serviren gibt man etwas heiße Essenz hinein." Auch die Farce der Pasteten ist uns durch ein anderes Recept überliefert daß zu ihr hauptsächlich Kalbfleisch und Gänselebern verwendet wurden, nicht, wie bei den jetzigen Pasteten, das Schweinefleisch. Also nach diesen Recepten hat man im 18. Jahrhundert die Gänseleber- Pasteten hergestellt und auch Clause verarbeitete und fervirte die Gänse lebern auf diese Weise. Wie uns nun fentirte Clause die uns in ihrer Muti gen Form bekannte Gänseleber-Pastete um's Jahr 1770 zum ersten Mal bei einem Bankette, das von Herrn de Contades gegeben wurde. Die neue Pastete fand ungetheilten Beifall und in kürzester Zeit war diese Neuigkeit in Straßburg und Umgebung bekannt geworden. Clause hütete das Recept zur Pastete als sein Geheimniß und hierdurch mag es wohl gekommen sein, daß man von verschiedenen Seiten Clause als den Erfinder der Pasteten preist. Im Jahr« 1788 verließ der Mar schall de Contades seinen Posten und ging nach Frankreich zurück. Clause verblieb in Straßburg, wo ihn Bande der Liebe gefesselt, und heirathete eine Väckermeisterswittwe mit Namen Ma thieu, wohnhaft in der Meisengasse, in d«r Nähe des heutigen Hotels de Paris und des Broglie-Platzes. Hier nun sabricirte Clause die Pasteten zum er sten Male für den Vertauf und er hat sich, wenn auch nicht als der eigentliche Erfinder, doch' als Verbesserer und Verbreiter der Pasteten einen Namen bis zum heutigen Tage gemacht. Mit den Jahren hat sich in Straß burg— auch Nancy, Toulouse und Paris kommen hierbei in Betracht —, die Gänseleberpasteten - Fabrikation großartig entwickelt. Es gibt in Straßburg Geschäfte, die vom 1. Ok tober bis 1. April durchschnittlich Taz für Tag 250-300, auch 400 Pfund Gänselebcrn verarbeiten, natürlich Sonn- und Festtage ausgenommen. Schreiber dieser Zeilen war selbst in einem französischen Hause (gegründet im Jahre 1829) thätig, und weiß, daß bis 1500 Terrinen und Büchsen an manchen Tagen fertiggestellt und, wie daselbst auch üblich, sogleich verpackt und versendet wurden. Im Monat December wurden bis 120 Teigpasteten an jedem Tage sabricirt. Häuser, die ihre Gründungszeit um's Jahr 1829 und noch früher schreiben können, gibt es mehrere, und ich will nur einige bekannte alte Na men anführen: Maifon Dorrien, Mai fon Jules Henry. Maifon Albert Henry, Schott Nachfolger und noch andere. Auch haben einige Straßbur ger Häuser Filialfabriken in Frank reich. und wenn auch da der Betrieb nicht so stark ist, so werden doch an zwei Centner Leber jeden Tag ver arbeitet. Das Elsaß ist durchaus nicht der «inzig« Producent dieser vielen Lebern. Wohl die meisten Gänselebern stam men aus Ungarn; das Elsaß bringt wohl nur den kleinsten Theil des rie senhaften Quantums hervor. Sind die Elsässer Lebern in Bezug auf Güte allen anderen vorzuziehen, so stehen doch die aus Ungarn bezogenen Lebern den ersteren kaum nach. Das Gewicht einer einzelnen Leber kommt im Durchschnitt auf zwei Pfund, doch gibt es Ausnahmen, wo die Lebern 3 bis Pfund wiegen. Prima Lebern müssen leicht röthlich, unter keinen Umständen grieslich oder von schmu tzig-grauer Farbe sein. Sie dürfen nicht gewässert und müssen möglichst frisch conservirt werden. Ist di« Pa stete fertiggestellt und wird sie ange schnitten oder ausgestochen, so muß die Chef-Patisi« betretenden Hauses — Rath. „Der Bankier Meyer Ben... was soll ich da thun?" beilegen Sie sich, welches von den bei den Worten auf Sie am wenigsten zu trifft und verklagen Sie Meyer dar auf."