Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 25, 1904, Page 2, Image 2

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    2 Ter Gehilfe.
Er hieb Klaus Papendicck, und der
Mann mit dem norddeutschen Namen
am Neckar. Den Namen hatte er nach
seinem Großvater erhalten, der Gärt
ner auf einem holsteinischen Gute ge
wesen war; aber seine Jugend hatte er
doch nicht in der gesegneten, meerum
schlungenen Provinz, sondern in der
alten Hansestadt an der Elbe verlebt,
in der sein Vater die reichliche zweite
Hälfte seines Lebens als Hausdiener
einer Buchhandlungsfirma zugebracht
hatte.
Bei dem Tode des Baters war
Klaus Hinrich vierundzwanzig Jahre
alt, und der Buchhändler, der die Pa
pendieck'sche Zuverlässigleit schätzen ge
lernt hatte, setzte ihn mit etwas dick
aufgetragenem Wohlwollen in Stel
lung und Gehalt des Verstorbenen ein.
Zwar: das Geschäft seines Ham-
Theödor Spängele, doch nicht ganz an
die rechte Adresse gekommen sei. Und
das kam, weil die Lager- und Kontor
inehr als Modeerscheinungen waren
zierliche Spruchbüchlein oder Antho
logie» oder goldglitzernde Tagebücher
für die empfindsame junge Damen
welt. Aber bald zeigte es sich, daß der
erste Eindruck doch ein trügerischer ge
ren stand Klaus Hinrich Papendieck
fast so fest,und breit mit beiden Füßen
im Geschäft, wie der Herr Theodor
Herr Spängele war ein genauer
Herr, der gern auch am Personal zu
sparen suchte und es darum freudig
Winnen. N Z g
„Herr Spängele," sagte er eines Ta
ges, „die Firma Hitz in Straßburg
ist die gut?"
Aber seit Adam Hitz junior an der
Spitze steht, ist das Konto von Jahr zu
Jahr mehr belastet worden." Er las
Hitz junior, und als"nach der nächsten
Ostermesse das Straßburger Geschäft
zusammenbrach, war der Verlust ein
vorsintfluthlichen Ausstattung Zimmer
auf. Er blätterte darin, las sich fest
und „Herr Spängele, das mlls
„Jfcht's vergriffe?"
„Na also. Warte wir ab."
„Mit dem Plunder legen war leine
inöchtei/wir illustriren lassen,"
Littb Papendieck.
Na, na, brenne Sie
dÄ°Mille^""^'""°^°
Helfer —.
G'schäst nichts mehr zu sage
Herr Papendieck muß eh alles besser
wisse ... Ja ja, na ja ich sag halt
zu - aber 's loscht Ihne Kopf und
Krage, Wenn's nicht grad geht ..."
Arbeit und nahm es geduldig hin,
wenn der Chef bei jedem neuen Griff,
den er in das Geldspind machen mußte,
sein Knurren wiederholte und mitunter
den Gehilfen die Abhängigkeit bissig
fühlen ließ. Bis dann die ersten Lie
ferungen hinausgingen und die Bestell
für die Expedition des Hauses Spän
gele eine Hochsluth von Arbeit herauf
beschworen, daß gleich eine kleine j
Schaar von neuen Hilfskräften einge-
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Der Kricgsschaupla«; im fernen Lstcn.
Hundert grundsätzlich nicht hinausge
gangen war. Aber Klaus Hinrich rieth
ihm da,u, und Klaus. Hinrich war
plett vorlag und Herrn Spängcle's
Ausgaben bereits drei- und vierfach
wieder eingeflossen waren, kam für
Klaus Hinrich der „große" Tag. daß
er von feinmiChef offiziell zum „Buch
halter" ernannt und mit der glatten
Verdoppelung seines Gehaltes erfreut
wurde. Das hob den Geehrten, ohne
indeß sein anspruchsloses, schlichtes
Wesen zu beeinflussen. Er fühlte sich
dem Chef doppelt dankbar verpflichtet,
schaffte aber mit den Angestellten des
Hauses in unveränderter Kollegialität
Erst mich ein paar Monaten schien
Klaus Hinrich sich selbst auf die grö
ßere Opulenz feiner Verhältnisse zu
besinnen und anzufangen, von seinen
reichlicheren Mitteln Gebrauch zu ma
chen. Das Personal merkte auf, con
statirte die ersten Abweichungen vom
gewohnten Laufe, spürte mit Argus
sinnen nach weiteren Wandlungen und
DeK Abends hatte er sich stets zu
„mit zwei Fenstern."
Etwas verwundert blickte selbst Herr
Theodor Spängele auf, als Klaus
„Ja. mir ist oft recht festlich zu
Muth," lautete die ernsthafte Antwort.
„Fefchtlich? Habe Sie's große Loos
hoffe es." I
„Na, viel Glück! Da fahre Sie wohl
auch bald auf Gummirädern?" l
I „Ich gehe lieber Herr Spän^
Woche —"
„Ich habe mich anders besonnen,
" Md Kl sH' 'chs k' l
«ine Zeit lang auf und wurde dann
zur Gewohnheit. Nur der Chef ver
mißte ihn öfter in den späten Nachmit
tagsstunden, und nicht selten blieben
wichtigere Briefe bis zum nächsten
j Morgen liegen, um dann noch einmal
berathen zu werden.
Klaus Hinrich mußte seine freieZeit
übrigens gut anwenden, denn er
wurde mit jeder Woche frischer und
aufgeräumter. Die Arbeit ging ihm
von der Hand, daß es eine Freude war,
unternahm, alles war von einem Glück
begünstigt, das fast fabelhaft erschien.
Klaus Hinrich sprach von geschäft
lichen Angelegenheiten und that, als
hätte er die Frage nicht gehört.
An einem Abend zu Ausgang Sep
tember wurde Herrn Spängeles Ber-
Angestellten bestätigt.
„Jede Abend nach fünf Uhr trifft er
am Bopser eine Dame, hat mir meine
Frau gesagt. Und jedes mal gehe sie
nach Degerloch zu und komme um
siebene zurück," verrieth der Zwischen
träger.
„So! Und wer ischt das?" fragte
Spängele intcreffirt.
Ja, das wußte der Mann nicht.
Und das wußte auch Klaus Hinrich
gesagt.
Gehilfen her. Wie dicht die Trauben
der lehnen sah. Die beiden mußten in
den Ausblick auf die Borstadt Heslach
völlig vertieft sein, denn sie bemerkten
„W —a —a —a—s? Du bischt's?"
Ueberraschtcn an. „Ah, deshalb der
met eigene Tochter Hoffire könnt? Ich
> will Ihne ich will Ihne! Morge
ftüh rechne wir ab! Morge früh!
Klaus Hinrich wollte sprechen, aber
der aufgebrachte Bater ließ ihn nicht
zu Worte kommen.
„Schpare Sie sich Ihre Senf!"
schrie er erbost. „Und morge früh
Packe Sie sich und Ihre Sach!"
Damit zog er das willenlose Mäd
chen mit sich fort, schlang ihren Arm
fest in den feinen, polterte auf sie ein
und schleppte die halb Ohnmächtige den
zum Glück spärlich belebten Weg zu
rück. Die wenigen Passanten blieben
aber doch stehen und sahen dem aufge
regten, ungleichen Paare kopfschüt
telnd nach.
Das Mädchen schluchzte, während
Theodor Spängele ihr zornig vorhielt,
wie er mit ihr hinausgewollt habe.
Ein Sohn eines Großverlegers sei die
passende Partie für sie, aber nicht die
ser untergeordnete Gehilfe, der es nur
Und der ihm alles, was er an ihm ge
than, so danke so! Der ihm zum
Lohn sein Kind bethöre, den der Grö
ßenwahn gepackt habe, der aber „fliege
In der Stadt trocknete das Mädchen
unter seine Fuße mache, er laufe
Und dabei blieb er, schickte die Bit-
Zwei Stunden später als gewöhnlich
langte er im Geschäft an.
Klaus Hinrich stand an seinem Pult,
mit einer ruhigen, feierlich ernsten
Miene. Er wies auf eine Schicht
sorglich geordneter Manuscripte.
erledigen. Tie hier habe ich gelesen.
Ich könnte sie nicht empfehlen. Nur
das eine hier möchten Sie prüfen."
Schlüsselbund.
„Ich wollte Sie Ihnen selbst aus
händigen .... Mein Gehalt bis heute
zahlen Sie mir wohl aus."
Welt. Ich will sehen, daß ich vor
haben und das gemacht
hat... Ich habe die Quittung
ausgestellt bitte der Zahlung des
Gehalts steht wohl nichts entgegen?"
Theodor Spängele stampfte mit dem
„Nein!" schrie er. „Dableibe! sag
ich. Das empfehle Sie?" Er schlug
auf das abgesonderte Manuskript.
Sic —' "
Klaus Hinrich schlug den Blick offen
und warm zu dem Polternden auf.
„Sie geben Ihre Einwil
ligung?" fragte er stockend und kaum
vernehmbar.
„Komme Sie zu Tisch zu uns da
schpreche wir weiter," schloß Theodor
Spängele, stülpte seinen Strohhut
auf den rothblllhenden Kopf und schoß
aus dem Bureau, als verließe nun er
„Bom Gehilfen zum Ehes? Dem sein
Glück wachst ja über die Bäum!" hieß
es unter den Angestellten und den son
stigen Bekannten des plötzlich wieder
um um eine Stufe höher Gekletterten.
Mitches wurde er nun zwar nicht
gleich? aber die Prokura des Hauses
Theodor Spängele wurde ihm am
Tage der Verlobung übertragen, und
so stand dicht unter dem Namen des
Ehess auch derjenige des Gehilfen, der
für Eingeweihte und besonders auch
für den Dr. von Steinte schon recht
viel länger als die eigentliche Seese des
neu aufblühenden Geschäftes gegolten
hatte.
Den besten Gehilfen aber hatte fpä
„Wer das ifcht?" suchte er zu
schwäbeln. „Das ischt meine Frau."
Theodor Spängele aber war stolz
tete: „Ha ja, den hab ich mir herange
zoge, für mein Geschäft und für meine
Tochter..."
G e m ü t h s m e n 112 ch. Sie
(zum Gatten, der spät Nachts nach
Hause kommt): „Na, Du Erzlump,
Hotelier: „Acht Mark." Fremder (sich
Immer Fachmann. Mut
ter: „Werden Sie auch meine Tochter
ausreichend ernähren können?" Freier
(Geslügelhändler): „Ernähren? Sto
— Boshaft. Dichter: „Sehen
Sie, dieses kleine Notizbüchlein habe
ch schon fünfzehn Jahre." Dame: „Da
schreiben Sie gewiß immer Ihre Ideen
hinein?"
Pati:uce-Zpielk.
Nun ja! Kurt hat lange und be
geistert von seiner Balleroberung er
lernt, lochen lann sie, sie tanzt wie drei
Engel, und hübsch ist sie! Das ist gar
nicht zu sagen. Einfach die „Hüb
scheste"! Als er das sagte: „Einfach
die Hübscheste", hatte ihn Tante Klara
an der Nase hat und einen über den
Kneifer weg mit ihren weitsichtigen
Äugen recht gründlich besieht. Nur
mit der Eroberung war das so eine
Elschen stand und mit dem Segen ih
rer sehr wohlhabenden Eltern, darüber
hatte Kurt leinen rechten Bescheid zu
geben gewußt. Dann hatte unser jun
ger Herr Regierungsbaufllhrer im
nächsten Jahre soll er schon Regie
rungsbaumeister werden recht tüch
„Also die Hübscheste! Na! Wol
len mal sehen." Damit erhob sich
Tante Klara, holte aus ihrem Schreib
tisch ein Spiel Whistkarten, glättet?
Vier, und so ging d!>« fort. Der Bube
zählt 11, die Dame 12, der König 13.
Ueberstieg die Summe der so unterein
wenn etwa unter der Vier als oberste
Karte des Päckchens schon >der Bube
lag, so zog 6ante die Zahl 13 ab und
legte eine Zwei auf Bis
„Nä siehste mal! Mit der Berlo
war, die Lücken mit den folgenden sie
ben Karten aus. Die dritte Reihe be
gann unter der dritten Karte, da wur
lelfreude fertig. So steht ein Bild
hauer, wenn das Standbild enthüllt
wird, das er modellirt hat, so verbeugt
miere seines Slückes jubelnd gerufen
wird, wie jetzt Tante Klara dasaß und
die vier Reihen verdeckter Karten um
als 13. Karte untereinander vier Kö
nige lagen. Ja! „Die Hübscheste!"
Der Junge hatte das wichtige Orakel
wort gesprochen. „Die Hübscheste", s»
hieß auch die Patience, die Tante
gen. '
Das gute, harmlose, tröstliche Pa
tiencespiel! Weihnacht, Neujahr
sind besonders die Zeiten der allgemei-
Sylvesternacht die Familie sich um die
Punschbowle gesetzt hat, so wird mei
stens mit Bleigießen an den Schleiern
kalten Wasserbade »nnimmt, die in
teressantesten Dinge zu lesen. Junge
Mädchen betleiden wohl auch den rech
ten Fuß mit einem leichten Pantoffel
chen, setzen sich mit dem Rücken gegen
die Thür und schleudern den Pantoffel
über den Kopf. Weist die Fußspitze
die Thür, so giebt'S für sie noch in die
sem Jahre Hochzeit, andernfalls müs
sen sie noch einJahr lang sitzen bleiben.
Geheimnissen der Kartenausschlägerin
nen zu thun haben. Aber sie sind an
die Sylvesternacht gebunden, sie sind
gesellige Orakel.
Die Patience ist eine liebe Gesell
schafterin für einsam» Stunden, eine
Gesellschafterin nieist für Damen, die
allein die Geduld und die Spielfreude
die Hausgeschäfte und Tagesarbeiten
erledigt sind, Auge und Geist zu müde
sind, um noch zu lesen, dann werden
in der Schummerstunde die Patience
karlen hervorgeholt. Zu fragen giebt
ei etwas, es giebt immer Hoff-
Wunfch gerathen wird, oder ob klein
Elschen eine gute Censur nach Hause
bringt. Auf dem einsamen Gutshofe,
im eleganten städtischen Salon und in
der Mansarde der bescheidenen Nähe
rin, überall wird Patience gelegt,
überall schafft dieses Spiel für ein
Stündchen Zerstreuung, erfreut, wenn
ts geräth, und betrübt nicht sonderlich,
venn ein Schalkteuselchen das Aufge
hen der Karten vereitelt.