2 Die vertauschten Hüte. Von A, D, Wood. ,Mein kurzer Besuch in der russischen Hauptstadt war vorüber. Soweit ich «s beurtheilen konnte, war der Zug nur schwach besetzt. In meinem Adtheil defanden sich außer mir nur zwei Per sonen eine hübsche, gutgekleidete junge Dame mit weißen Zähnen und großen, dunklen Augen, welche mir ge genüber saß, und ein großer, hagerer Mann mit einem langen, energischen Gesicht. Dieser Herr stieg in Pskov aus, und da Niemand seinen Platz einnahm, so hatten die junge Dame und ich das Coup 6 für uns allein. Meine Reisemütze über die Augen ziehend, setzte ich mich in die Ecke, um «in Schläfchen zu machen. Ich wußte nicht, wie lange ich geschlafen hatte, als ein langer schriller Pfiff der Loko motive mich weckte und ich schläfrig die Augen ein wenig öffnete. Was ich sah, machte jedoch, daß ich sie im näch sten Augenblick ganz weit aufriß. Meine schöne Reisegefährtin, die mir ruhig: S'tz M si Ihr Name auf Ihrer Reisetasche ?" .Was hat sie gethan? Wissen Sie es?" „Wer weiß? Wahrscheinlich Nihili- Nußland gelebt hatte. Er hatte des zu Hause und überließ meinem As sistenzarzt den Besuch meiner Patien ten. Am zweiten Tage nach meiner sei. Ich dankte der guten Alten, dachte aufgefetzt hatte. Wir hatten dieselbe Hutgröße, und so war ein solcher Irr thum leicht erklärlich. stellt?" „Ich? nichts. Ein Halbverriickter „Wahrhaftig! Man scheint sich ge „Jn Regent's Park." „An Regent's Park?" „Ja. Es waren sehr wenig Men schen in der Nähe und der Ort schien mich an dem Ziehbrunnen in der Nähe des Westthores befand. „Ich wurde aus meiner Träumerei durch das Erscheinen zweier Männer aufgestört, welche sehr laut sprachen And wie wahnsinnig gestikuUrten.. Der «lne war in außerordentlich heftiger Erregung. Es war ein untersetzter, start gebauter Mann mit breiter Brust, langen Armen und etwas kurzen Bei nen. Seine dunkle Gesichtsfarbe, seine schwarzen Locken, sein ungepflegter schwarzer Bart kennzeichneten ihn als Südländer. Der andere Mann war größer sah «in Pole oder ein Wasser rollte. Der heftig Erregte schliefen, so öffnete ich selbst. Mein« „Ist Albert hier?" bracht« sie angst- sie in die Bibliothek führte, fragte ich. Albert's Rückkehr erwartend. Aber er Ich hatte erfahren, daß mein Bruder bald nach dem Frühstück in's Britische Museum gegangen und gesagt hatte, er würde zu Tisch zurück sein. Ich stellte demzufolge Nachforschungen im Mu blick/ und ihr Lächeln sah, glaubte ich, sie schon srüh«r gesehen zu haben. „Monsieur erinnert sich vielleicht, dor etwa fünfzehn Monaten mit «in«r Dame von Petersburg bis Wilna zu sammen gereist zu fein?" fügte sie hin zu, ohn« meine Antwort abzuwarten. Vor fünfzehn Monaten! Ich erin nerte mich der Reis« vollkommen. Ja, es war meine schöne Reisegefährtin, die man verhaftet hatte. ~Ja. ich erinnere mich jetzt," entgeg nete ich. „Monsieur erinnert sich zweifellos auch, daß ich in Wilna angehalten wie nennen Sie es doch? verhaf tet wurde?" fuhr sie fort. „Ja, ich erinnere mich auch dessen." „Und Monsieur erinnert sicy viel leicht, daß er einschlief, und daß ich seinen Hut in der Hand hielt, als er erwachte?" „Ja, ich erinnere mich. Was hat das mit Ihrem Besuch zu thun?" fragte ich ziemlich ungeduldig, denn ihre Geschwätzigkeit begann, mir lästig „Alles," «rwidcrte sie. „Jener Vor fall mit dem Hut ist die Ursache gewe sen, welche all' dieS Unglück über Monsieur gebracht hat." „Ich verstehe Sie nicht, Mademoi selle," sagte ich. „Doch, wenn Monsieur Geduld ha ben und meine Erklärung anhören will, so wird er Alles verstehen." Ich nickte zustimmend, da ich nicht recht wußte, was ich sagen sollte. „Monsieur denkt ohne Zweifel, daß ich eine Nihilistin bin. Es ist wahr, daß ich ein Mitglied der Verbindung war. Doch ich war es nicht aus freiem Antriebe. Mein Vater zwang mich dazu, als ich noch zu jung war, um zu verstehen, was es bedeutet«. Ich war sein Werkzeug, sein blindes, williges Werkzeug." „Doch ich bin nicht gekommen, um von mir zu sprechen, sondern von Mon sieurs Bruder," - fuhr sie nach kurzer Pause fort, ihreßewegung bezwingend. „Mein Bruder?" rief ich aus. „Sie wissen etwas von ihm? Großer Gott! Sie wollen doch nicht sagen, daß er Ihrer teuflischen Gesellschaft in die Hände gefallen ist?" „Ja und nein. Ja auf Ihre erste Frage, nein auf Ihre zweit«." „Monsieurs Bruder befind«! sich im St. Peter- und Pauls-Gefängniß in Ich starrte meine Besucherin in sprachlosem Staunen an. „Mein Bruder in einem russischen Gefängniß?" fragte ich athemlos. „Sicherlich. Mademoiselle. Sie —" „Ach, nein. Ich irr« mich nicht. Hören Sie, dann können Sie selbst ur theilen, ob ich mich irre oder nicht. Meine Verhaftung in Wilna, welcher Sie selbst beiwohnten, erfolgte, da ich im Verdacht stand, di« Trägerin wich tiger geheimer Botschaften an die Ge nossen in Berlin zu fein. In der That befanden sich die Papi«re in meinem Besitz, als ich Petersburg verließ, doch ich hatte eine Art Vorgefühl, daß ich beobachtet würde. Die Folgen fürch tend, steckte ich die Papiere zwischen das seidene Futter Ihres Hutes, wäh rend Sie schlummerten. Das erklärt es, daß Sie Ihren Hut in meiner Hand sahen." „Ja, ja. Bitte, fahren Sie fort." „Nun, wie Monsieur weiß, wurde ich verhaftet und visitirt, doch da man nichts bei mir fand, so wurde ich bald wieder freigelassen. Bei meiner An kunft in Berlin theilte ich den dortigen Genossen mit, was ich gethan hätte. Da ich Ihren Namen und Ihre Adresse wußte, so schien uns die Wiedererlan gung der Papiere eine leichte Sache, doch hierin irrten wir uns. Es wurde eine Nachricht an die Freunde in Lon don gesandt und ein Mitglied un serer Gesellschaft, als Geistlicher ver kleidet, stattete Ihnen einen Besuch ab. Während er im Vorzimmer wartete, untersuchte er die Innenseite eines Hutes, d«r, wie er annahm, Ihnen gehörte. Zu Verdruß fand er die Papiere nicht in demselben." „Bitte, fahren Sie fort," sagte ich, begierig, den Rest zu erfahren. „Zuerst fürchtete man, daß Sie die Papiere herausgenommen und der Polizei ausgeliefert hätten," fuhr sie fort. „Daher wurden Sie sorgfältig beobachtet und alle Vorsichtsmaßregeln getroffen. Doch es wurde ein zweiter Versuch gemacht, vorübergehend in den Besitz Ihres Hutes zu gelangen, denn da der vermeintliche Pfarrer bei Ihnen überrascht worden war, so glaubten wir, er hätt« die Papiere vielleicht übersehen. Diesmal wurde bemerkt, daß die Initialen A. M. T. im Innern des Hutes nicht identisch mit den Ihri gen seien. Das half uns, das Räthsel zu lösen. Wir kamen auf den Gedan ken, daß eine Verwechslung der Hüte stattgefunden haben müsse. Irgend Jemand zweifellos A. M. T. hatte Ihren Hut aus Versehen statt des seinigen aufgesetzt. Es war nun unsere Sache, herauszufinden, w«r A. M. T. sei. Wir erfuhren es bald es ist nicht nöthig zu sagen, auf welche Weise war Ihr Bruder. Der Regent's Park?" „Ja. Nun, etwa einen Monat dar auf hörten wir von dem Verschwinden Ihres Herrn Bruders. Jlenski. der Gefährte des Mannes, welcher Ihrem Herrn Bruder den Hut Koptt «Ja. Jlenski, welchem es kürzlich gelang, zu entfliehen, hat uns soeben die Nachricht überbracht, daß Ihr Bru der an demselben Tage, wie er selbst, „Entführt! In London! Unmög lich!" rief ich. „Mein Bruder hatte lein Verbrechen begangen nichts was sie —" „Ich habe gehört, daß Monsieur Tollemache in Moskau sich einer De batten-Gesellschaft anschloß, um sein Russisch zu vervollkommnen," wandte meine Besucherin ein. „Auch sprach er offen seine Sympathie für eine überwachte demokratische Bereinigung aus. Außerdem schien es. als ob er in l stände, das ist vollkommen genug." > „Großer Gott! Kann das wahr sein?" rief ich, mehr für mich selbst, Ich beschloß, den Rath des Mäd- Ministers sicher. Monat später «rhielt ich die freudige Nachricht, daß mein Bruder Albert seine Freiheit wieder erlangt und aus Ter theoretische Reisende. Es war ein seltsamer Mensch. Er sehnte sich mit seinem Herzen in die ses Leben führte. Er freilich nannte es eine Abwechse lung, w«nn er einmal um den Wall scherpiriod« von d«n Beamten d«r Stadt gehegt und gepflegt würd«. „Sehen Sil," liebte er dann zu sa s«m Spott tinmal fragte, „k«in Baum wächst gleich, keine Blum« blüht wie im Jahre vorher. S«lbst die Sonne wandeln und wechseln. Auch das Blatt, das heute h«llgrün an seinem Aestchen zittert, färbt sich allmählich saftiger und ändert schließlich die Far kräftiger Mensch! len." Ihr Leben beklagen es ist ohne Ar- Leben lang behalten hattet Dann schüttelte er den Kopf. „Was ihr Arbeit nennt, ist nur eine Wild soll die Beute sein . . . wie oft aber war es d«r Jäger!" er seitdem nach seinem Vorsatz. Glückszufälle hatten feinen Besitz ver mehrt, «in« gute Fugung hatte ihm die „Mir fehlt des Künstlers Aug«, um Er wußt«, daß ihn die Leute ver- Kampf« ums Leben bedurfte. Gott sei von'einer Gegend, dann genoß «r still zu Hause die Reis«, sozusagen d«m an dren vorweg. Fragte ihn aber je mand, welches Ziel er wohl rathen könne, dann durfte er mit ihm in das redsamkeit verkündete er ihren Ruhm und schlief dann ein als ein glückli cher, beneidenswerther M«nsch. Jug«nd und Alter haben diese Freundlichkeit recht oft mißbraucht. Sie haben überlegt, was sie ihn fragen können, nutzlos und zwecklos .. . und sich gefreut, wenn sie ihr eigentliches Ziel, sein Arbeitszimmer, erreichen konnten. Auch das hat er oft gemerkt und war doch stets gut gelaunt. So sehr lebte in ihm der Wunsch, von seiner Wissensfüll« den anderen mittheilen zu dürfen! Die Jugend zog er aller dings vor. Der glänzten trotz der schlimmen Absicht schließlich doch die Augen, der rötheten sich noch die Wangen, der schwoll das Herz, daß Sehnen und Verlangen sie bis zur Be geisterung trieb. Die älteren zu, dann waren sie des Scherzes müde; sie hatten kein F«uer, keine» Schwung. Nur einer fragt« ihn nie. Nur einer sprach niemals mit, obgleich er «s gut gekonnt hätte. Das war ein junger Lehrer. Seit Ost«rn war er «rst ange stellt, nachdem er zur Probe als Hilfs kraft schon einige Jahre in anderen Städten, an anderen Gymnasien ge wirkt hatt«. Der saß still und versonnen Abends mit an dem rund«n Stammtisch im anderen erzählten. D«n fragte Hans Vollrat selbst, wo hin er denn zu reisen gedenke. Der sah ihn wehmüthig an. „Ich?! Ich bl«ibe zu Haus!" „Kennen Sie denn di« Welt?" „Und hat sie Ihnen nicht gefallen? Lockt sie Sie nicht wi«d«r?" gesehen— k, d' Aber «in stilles Band hielt sie jetzt Pfleger treffen! Ihr Enthusiasmus stieg riesen groß! Nur als er «s dann still für sich bedachte, kam er wieder davon ab. So schön, wie es in seinem Empfinden lebte, konnte «s ja doch nicht sein! Aber der andere der sollte es se hen! Der war der rechte Mann dazu. Der hatte die Kraft, es zu genießen, und die Kunst, «s lebendig zu schil dern! Wenn der es seine Schüler ein packen und begeist«rn und lag das nicht mit in seinem großen Wunsch?! Es hielt nicht leicht, den Lehrer zu überwinden. Nur die wirkliche echte Freundschaft und die Möglichkeit, die Kosten zurückzuerstatten, brachten es dazu. Die Dolomiten waren so we nig erforscht! Soviel Interessantes ließ sich noch darüber schreiben ... Das Buch sollte Hans Vollrat zum Dank gewidmet sein. Und der Lehrer reiste fort. Biel in haltsreiche Briefe gingen hin und her. Kein Berg, kein Thal, keine Schlucht war da, die si« nicht erörtert hätten. Aber merkwürdig fast schien es, als wären die Briefe Hans Vollrats viel präziser und ausführlicher. Der Gymnasiallehrer schweifte bald von der Sach« ab. Er erzählte von Men schen, von Bekanntschaften und allem möglichen sonst. Die Dolomiten behandelte er recht stiefmütterlich! In Unruhe saß Hans Vollrat zu Haus. Er konnte sich die Wandlung nicht recht «rklären. Er grübelte und sann Schließlich kam er zu dem Resultat, daß «r recht haben mußte, daß di« Welt thatsächlich in der Phantasie viel hübscher sein mußte als in Wirklich keit. Aber die Aufklärung, d!« er bekam, war ganz anders. Der junge Doktor hatte sich verlobt, und nun schien ihm die Welt viel schöner und begehrcns werther noch als vorher in den langen Jahren, wo er si« ohne Liebe durch streift. Hans Vollrat faßte sich an die Stirn. Konnte denn das möglich seini Er ging zum erstenmal in feinem Leben d«n gleichen Weg wieder ent lang wie am Tage vorher. Ein Zei chen, daß er nicht im Gleichgewicht war. Dann aber war er sich einig, daß er ni«, nie in seinem Leben, so alt er auch werden sollte, auf Reisen gehen würde. Denn wenn das trotz aller Natur schönheiten, trotz ihres Verstehens und Vewunderns die einzige Folge sein sollte, eine Verlobung . . . dann hatte er schon recht. Dann war der Genuß der Welt doch am schönsten von Hause aus! Henrik J!>scn kein Norweger. Diese Entdeckung hat eine deutsch ländische Zeitung gemacht, die darüber folgendermaßen schreibt: Ibsen hat zwar durch sein und seiner Vorfahren seßhaftes Leben das schöne Norwegen als Heimath erworben und nach heute geltendem Brauch ist er, politisch und literarisch genommen, durchaus ein vollgültiger Bürger Norwegens, ein unzweifelhaft echtes Mitglied des nor wegischen Volkes, aber weder stammt namentlich deutsches Blut. Das hängt so zusammen: Peter Ibsen, sein Urur großvater, dänischer Schiffer, wandert Ibsen, dessen Enkel, Schiffer, ver- Henrik Ibsen, dessen Sohn, Posthu deutscher Herkunft- Henrik Ibsen, der Dichter, geboren am 28. März 1828, mahlt mit Susanna Daae, Tochter des Stiftsprobstes Thorefen in Bergen. Man sieht, die Leute haben gar nicht so unrecht geurtheilt, welche meinten, in Ibsens dichterischem Wesen sei so scher Art")" t .norddeut- Sitten. In der Bretagne besteht du mich erzürnst!" Darauf küßt er seine junge Gattin zärtlich und sagt: „Und so thu ich dir, wenn du mich gut behandelst." Ein junger Bauer aus der Bretagne hatte sich eine Tochter des Schwabenlandes als Gattin antrauen lassen. Sie bekommt ihre pflicht gemäße Ohrfeige. Auf den Kuß aber wartete das resolute Schwabenlind nicht, sondern quittirte den Empfang der Ohrfeige, indem sie ihrem Manne mit wuchtiger Hand eine gleiche Zärt „Dees kann mer aber scho gar net g'fall«, woifcht!?" Sie soll nie eine Das recht« Wort. „Sag sechste Dame aus unserem Kreis, in die er verliebt war." „Entsetzlich! Der Mensch ist ja der reine Rundbrenner." Madame Labori. Als Vertheidiger der berühmten Therese Humbert ist Maitre Labori wieder einmal in den Vordergrund deS Interesses gerückt. Dieses Interesse erstreckt sich selbst auf feine Gattin. eine Londoner Zeitschrift: Als Mil ses. Miß Maggie wählte den Künst dieselben Gefühle für sie hatte. Dies tenes Gesicht. Als Mme. de Pach- Paris in der Oesfentlichkeit. Nach sie ganz in Anspruch nehmenden Lei denschaften ihr Gatte, ihre Musik und Schönheitsmittel im Mittelalter. öffentlich! der „Petit Parisien." Sie beweglich in einem kühlen Zimmer auf halten, das durch Riechfläfchchen mit Rosen- und Lilienwasscr, Ambcr und Kampfer frisch zu erhalten war. Da bei hatte sie Essig und Gesalzenes, vor allem aber jede Zornerregung zu ver- Entfettungskuren die Mari eines Destillats aus Wein, Ingwer,, wird, daß man geraspeltes Hirschhorn in etwas Wasser so lange kocht, bis sich auf diesem eine Art Fettschicht bildet, gen ist. Zur Pflege der Zähne schreibt das tern und -Beeren vor. der löffelweise einzunehmen ist. Das Werk Marinel los, der sogar ein Mittel dafür weiß, und Frankreich weit verbreitet. Die Folg«. Dame: „Aengsti» gen Sie sich nicht auch b«i dem furcht» Übungen." H Aus der Schule. Lehrer Schüler): „Es heißt, er legte da? zu verstehen kaufte sich