Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 03, 1903, Page 2, Image 2

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    2 eadland.
Stolz bei Tag die marmornen Pa
läste
Ragen auf in königlichem Glanz.
Schwanenweiße, erdenfremöe Gäste
Geh n die Wolken um der Zinnen
Kranz.
Doch wenn Tag und Sonne sank zu
Grunde
Hinter Gold und Abendröthensaum.
Dann erst kommt die wundersamste
Stunde,
Dann erst träumst Du
Horch, ein Lied von fernen Mando-
Komint verloren durch die Lüfte her,
Und die Wasser sind vom Mond be-
Und von Blüthen sind die Zweig
schwer!
... Müde bist Du, bist berauscht ge-
Sehnsucht fühlst Du sonst
Denkst verloren an das Land im
An die Nebel, die Du Heimath nennst.
Die Uotlibremse.
Sie hatten heute das dreißigjährige
Jubiläum ihrer Ehe gefeiert und faßen
Er? der Rechtsanwalt Dr. Mitter
maier, hatte sich auf einen klein:n nie
deren Stuhl gesetzt, den er dicht an die
Ehaiselongue herangezogen hatte, auf
der sie, die beiden Arme unter dem
Hübschen Kopf, ebenso malerisch wie
bequem sich lagerte.
Augenblick, wo sich ein unwidersteh
liches Bedürfniß regt, sich gegenseitig
besonders vertraulich auszusprechen
und so eine Art von Generalbeichte ab
zulegen.
Er hatte zuerst diesem Drange nach
gegeben, und er suhlte sich auch sichtlich
erleichtert, als er nach einer halbstün
digen Erzählung das Bemerkenswer
theste in seinem Leben klar und deut
wirklich alles?"
Franz?"^
weißt!"
„Ja, aber Ella, Dir ist also gar
glatt dahingeflossen.... geh, wer Dir
Sie zuckie die Achseln. „Das will
habe?"
gekommen, wie der alte Galotti im
Trauerspiel. Weißt Du, so streng,
„Hätte ich gesagt?"
„Ja, Du! Und daß er eigentlich
„Na, Du mußt ein sauberes Gewis
sen gehabt haben!"
„Ruhig, mein Lieber! Also höre!
Ich reiste ab. Dachte mir: Wie Gott
heult.
Ich suche mir ein Coup<! erster
Klasse aus mit dem bestimmten Vor
kösserchen reichte, stieg in höchster Eile
ein. Im selben Augenblick fuhr der
Zug ab.
Das ärgerte mich natürlich, weil ich
jetzt nicht so ungezwungen der holden
Traumseligkeit fröhnen konnte, der ich
einen so schönen Theil meiner Unwis
senheit verdanke. Aber ich beschloß,
mich möglichst wenig stören zu lassen.
Wie ich so das Gesicht des An
kömmlings streifte, bildete ich mir ein,
ich müßte ihn irgendwo, irgendwann
schon einmal begegnet haben. Dieser
lange Kops mit dem feschen >?chnurr
bärtchen, mit den sorglich gescheitelten
schwarzen Haaren, die kleinen, kühlen
Augen, von denen eines mit dem Ein
glas bewehrt war das hab' ich schon
mal gesehen. Aber fragte sich nur
wo?
Er hat mich sehr artig begrüßt, und
ich dankte ihm so ka1t...."
„So wie mir, so ein bischen im Ar
menrecht!"
„Sehr richtig, Herr Doktor!" ...
und schaute zu meinem Fenster hin
aus.
„Gottlob," murmelte der Mann mit
seiner feinen, dünnen Aristokraten
stimme vor sich hin, „beinahe zu spät
gekommen."
Ich hätte gern ergänzend „äh" hin
zugefügt.
„Pardon, gnädiges Fräulein," fuhr
er etwas lauter fort, sich vorstellend:
„Graf Mirach, Graf Fritz Mirach."
Jetzt glaubte ich ihn freilich zu ken
nen. Und nun ging es mir auch gleich
wie ein Blitz durch das, Herz. Ich
bin doch sonst gar nicht so ängstlich,
aber die durchwachte Nacht, die Furcht
vor der nahen Prüfung mit einem
Wort, ich erschrak so, daß ich gewiß
mich entfärbt haben muß.
Das also war der berüchtigte Graf
Mirach, der große Eroberer sämmt
licher weiblichen Herzen, der überall
bekannte Don Juan und ich
allein mit ihm im Coup 6!
Natürlich jetzt lachst Du unver
schämter Mensch! Jetzt erzähl' ich
gar nichts mehr."
Nach einer kleinen Zwischenpause,
die entsprechend ausgefüllt wurde, ver
söhnt, begann sie wieder:
„Siehst Du, ich weih auch gar nicht,
vor was ich mich so ängstigte, das sind
eben so Gefühle Dummheiten mei
netwegen, aber die Gegenwart dieses
Mannes beunruhigte mich auf's aller
höchste. Mein erster Blick richtete sich
aus die Nothbremse. Wenn er nur
den geringsten Schritt über die Grenze
des Erlaubten machen würde, so war
ich fest entschlossen, die Bremse zu zie
hen.
Es ist ja furchtbar lächerlich aber
schließlich, ich dachte an gar nichts
anderes mehr als an die Bremse und
seinen Abenteuern nur immer so
mysteriöse Andeutungen gehört hatte,
im Lichte eines entsetzlichen Seeräu-
gierig zu fein.
Berg?"
„Jawohl," sagte ich.
„Pardon, und vor Aufre
verlobt ... Sie lind blond, er ist na
türlich schwarz, leidenschaftliches Blut,
Rassemensch, hab' ich recht, wie? Am
Ende Offizier, strammer Junge?
Aber Sie sind eine Münchnerin?"
Ich verzichtete aus so viele Fragen
zu antworten. Der Mann entwickelte
frigte er, ob ich mit Isar-Wasser ge
tauft sei. Da packte mich mit einem
Male der Uebermuth.
„Gott bewahre," erwiderte ich, „weit
entfernt, sehen Sie denn nicht, daß ich
eine Chinesin bin?"
Er starrte mich mit offenem Munde
an, sein Gesicht nahm einen mißtraui
schen Zug an, der aber vor meiner ern
sten Miene sosort verschwand.
„Eine Chinesin, aber wozu denn?"
„Das ist eine Frage, die ich schon ost
vergeblich an mein Schicksal richtete.
Meinen Geschmack nach wäre ich auch
viel lieber hier geboren."
„Aeh, das ist aber sehr fesselnd,"
murmelte er, „man sieht es Ihnen
nämlich gar nicht an. Ja, und da
lebe» Sie so mir nich«S dir nichts mit
Deutschland? Sonderbar! Und eS
gefällt Ihnen ganz gut? Natürlich
Und obwohl ich es entschieden in
Abrede stellte, blieb er dabei, wenn
man mich nur recht genau betrachte,
Seine Kunst?
Na, dachte ich mir, Graf Schlau
meier, so haben wir nicht gewettet.
Mir fiel nämlich sofort das Sprich
wort vom kleinen Finger ein. Ich
meine Zukunft vorhersagen und mir
heute schon Gewißheit verschaffen, wo,
wann und auf welche Weife ich mein
Glück erringen könne.
Ich bat ihn, ruhig sitzen zu bleiben,
ich sei gar nicht neugierig, und was
mein Glück anbetreffe, so wüßte ich zur
Zeit gar kein größeres und keines, das
Er begriff mich offenbar gar nicht.
„Die Nothbremse?" fragte er. „Wie
kommen Sie auf die Nothbremse? Ist
das ein Sport von Ihnen? Thun
MarN"
„Ihr Wunsch war mir Befehl," ant
wortete er mit einer tiefen Verbeugung.
Schaffner, die von Abtheil zu Abtheil
sperrt "
glauben Sie? Und Sie als MU-
g b. ch g
Aber was machen? Der Zug hält
Tete, die Geschichte nicht halb so
auf und zog zum zweitenmal die ver-
HLngnißvolle Bremse. Ich wünschte,
koste es, was es wolle, auszusteigen.
Der Graf schaute mich kopfschüttelnd
aii, meinte wohl, ich nuymehr
Er hatte recht, der Gute. Der Zug
Herz
„Jawohl," erwiderte Frau Ella,
„das war es auch. Der Eisenbahner
„Ist das aber auch wirklich alles,
Elli? Gar alles?"
„Wirklich, Franz, auf Ehre! Das
der echte Mirach gar nicht war, der
heißt ja Oskar frech wie Oskar
sondern ein weitläufiger Better Fritz.
fürchtet!"
gen.
Bier stille Wochen.
Als ihm der Arzt zum ersten Mal
„Ihrer Frau fehlt nichts, HerrDok-
Oberlehrer Dr. Härtung wagte ein
halblautes, schüchternes: „Wodurch?"
„Soll ich offen sein durch Ihr
gemeinschaftliches Leben, durch Ihr
Zusammensein, das keinen Reiz mehr
bietet, leinen Frieden bringt."
Der Oberlehrer strich sich den Bart.
„Es ist... es ist... nichts... vorge
fallen zwischen uns."
Der Arzt klopfte ihm die Schulter.
„Ich weiß! Ich weiß, lieber Doktor.
Aber... oft ist ein starkes Ungewitter
mit Donner und Blitz weit besser, als
eine ewig gleichmäßige Temperatur,
die alles ermattet, alles schwächt und
alles gleichgültig macht."
„Wir sind nur ruhiger geworden,
nur stiller... seit unser Kind uns
wieder... entrissen —"
„Ganz recht! Seit jener Zeit."
„Trauer ist in unserem Haus, nicht
Unfrieden. Wir beide können es nicht
vergessen."
„Ja, aber begreifen Sie denn nicht,
Herr Doktor, daß es wenigstens
zwischen Ihnen beiden vergessen
werden muß! Sie sind ein Mann,
Sie haben Ihren Beruf, Ihre Bücher,
Ihre Wissenschaft! Sie tonnen Ihre
Eine Frau aber kann es nicht. Die
sitzt und wirkt tagaus, tagein im glei
chen, kleinen Kreis, Hundertmal im
Laufe der Stunden kommt sie an all'
den Stellen vorbei, wo sie mit ihrem
Kind gespielt und gelacht, wo sie für
ihr Kind gesorgt und gezittert und
wo sie es schließlich mit viel Herzleid
hat wieder hergeben müssen."
„Gewiß. Ich dachie schon oft, ob
es nicht besser gewesen wäre, wir hät
ten eine neue Wohnung genommen."
Der Arzt lächelte ein wenig. Dann
schüttelte er den Kopf: „Die neue
Wohnung allein könnte diese Lücke im
Leben Ihrer Frau auch nicht ausfül
len! Das müßte etwas anderes fein.
Etwas was der Seele zu Gute
kommt. Denn weit enger und langer
noch, als das körperliche Band zwi
schen Mutter und Kind bestand, bleibt
das seelische bestehen.
„Und sie muß muß allein fort?"
„Ja! Blieben Sie beide zusam
men, so blieb auch der Tod Ihres
Kindes wie ein fester Gedanke, wie
«ine starke Mauer zwischen Ihnen.
Der Oberlehrer zuckte ein wenig zu
sammen. Es war, als fühlte er aus
diesen^ Worten eine Anklage gegen sich
Er war merkwürdig gedrückt.
„Wenn Sie es für nothwendig halten,
Sie als Arzt...nun, dann soll's
so sein! So soll sie reisen! Wenn
auch —" Er schluckte den Zusatz her
unter, als schämte er sich, in diesem
Moment auch an sein Wohlbehagen zu
Der Arzt hielt ihn fest. „Mein
Gott, nun schneiden Sie ein Gesicht,
als wäre Ihnen das Getreide verha
gelt. Diese vier stillen Wochen werden
auch Ihnen gut thun, selbst wenn Sie
in der Stadt und allein bleiben müs
sen. Wir Männer brauchen unsere
Sammlung auch, selbst wenn wir in
der glücklichsten Ehe leben. Es giebt
vieles zu denken und zu thun, was
die Ehe nicht zuläßt. Und diese kleine
Aenderung, dieses Herausfallen aus
der täglichen Ordnung sie befesti
gen das Eheband oft mehr, als das
ewige, zärtlichste Beisammensein!"
Dr. Härtung zuckte die Achseln.
.Mag sein. Vielleicht ist der Gedanke
schwerer, als die Thatsache selbst. Mir
Schädel, trotz Ihrer Lobeshymne auf
die „vier stillen Wochen".
Daß seine Reise nicht zu Stande
kommen konnte, wurde zuerst ihm zur
Gewißheit. Die Reise seiner Frau
mußte entschieden den größeren Theil
der ausgesetzten Summe verschlingen!
Und brach er schon diesmal mit sei
nem Prinzip... die Zeit war so weit
vorgeschritten, daß seine Ferien doch
fast zu Ende waren, wenn auch nur
für Tage nein, das brachte er
nicht frtig. Er hatte ein Grauen
vor der Fahrt, vor der neuen Umge-
Stadt. Im Grunde hatte der Arzt
Und das hatte sie gereizt und unge
nicht zu überdecken war. Ihr Verkehr
war kühl, ihr Gespräch erregt, ihr
Der Arzt hatte recht: Er hatte dann
Sie hatte nur Thränen!
Und diesen stillen Krieg nun aus
der Welt zu haben, sich in derZeit auf
muntern und besinnen, sich überlegen
zu können, wie ihr Leben zu führen
fei wahrhaftig, vier stille Wochen
waren auch für ihn Goldes werth!
Sein Ton war mild und freundlich,
als er mit der Frau zu Hause sprach.
Wie ein Schimmer seiner alten Liebe
klang es für sie heraus, als er ihr
zart und behutsam die Nothwendig
keit ihrer Reise auseinandersetzte. Er
scherzte sogar darüber, daß seine Plä
ne nun alle zu Wasser geworden
wie in jener Zeit, wo er statt eines er
sehnten Buches seinem Kind ein neues
Kleidchen geschenkt!
Zum ersten Male da gaben sie sich
wieder einen zärtlicheren Kuß.
Daß ihn die Aussicht auf die „vier
stillen Wochen" so umgestimmt, das
freilich... sagte er nicht.
Sie hatte ihn aber so erfaßt, daß
er ordentlich froh und heiter dem Tage
ihrer Abreise entgegensah. Nur in
den letzten Tagen, als die Kisten und
Koffer zu deutlich ihn an das Allein
sein erinnerten, zuckte es ein wenig in
seinem Herzen. Immer wieder mußte
er seine Frau betrachten, wie sie still
geschäftig ihre Sachen zusammenpackte.
Keine Freude lag auf ihrem Antlitz,
nur wenn ihre Augen seinem forschen
den Blick begegneten, zog ein leises
Lächeln über ihre Züge. Dann kam
sie wohl und fuhr ihm mit der Hand
ganz leise, ganz unscheinbar über das
dichte, braune Haar...
Dann fühlte er ihre Zärtlichkeit
und hielt ganz still. Die Linie des
Grams in ihrem bleichen Gesicht wur
de ihm da deutlich, und ihn faßte ein
Mitleid, das er im eigenen Kummer
" .." sagte er leise wie
in den Tagen ihres Glückes. „Frau
chen..." Weiter nichts -
Ihr standen die Augen voll Thrä
nen. Jn's andere Zimmer huschte sie
schnell... Er blieb allein. Als er
in den Spiegel blickte, kam er sich wie
In seinem Zimmer ging er auf
„Was war das nur? Woher kam
die Veränderung?"
Er sann.
Er fand sie nicht! Ja... als er sich
bemühte, die Herbheit, mit der er in
den Wochen vorher seiner Frau ge
dacht, in der er mit ihr verkehrt hatte,
sich wieder hervorzuzaubern, blieb er
in dem Versuche stecken, und fand sich
plötzlich auf dem Gebiet, wo der
Mann jedes böse Wort, jeden kleinen
Vorwurf bitter bereut.
was mit ihr sprechen wollte.
Die „vier stillen Wochen" erfüllten
ihn jetzt schon mit Grauen.
Er sagte daS auch seiner Frau.
Sie erwiderte kein Wort. Sie
senkte nur den Kopf, wie sie das im
„Jch darf auch nicht daran denken!"
sagte sie nach einem Weilchen. „Am
liebsten" sie richtete den Kopf
her!"
„Nein, Kind, nein... das darfst du
auf leinen Fall! Ich komme zur
Noth schon hier allein aus. Du aver
mußt vor allem gesund werden.
Und wie es gekommen... er wußte
es später selbst nicht mehr. Auf ein
mal hatte er ihren Kopf an seiner
Brust, auf einmal schlangen sich zwei
kllßien sich und saßen, wie in der
Zeit, da sie sich gerade verlobt.
So traf sie der Arzt und er mußte
Er schüttelte den Kopf. „In der
Rückfälle "
„Herr Doktor!"
„Nützt alles nicht! Acht Tage müs
sen Sie noch allein die Kur durchma
,.Doktor "
Aber der Jubelruf galt ihm gar
nicht. Doktor Härtung hatte schon
wieder seine Frau im Arme.
Was ist aus seinen „vier stillen
Wochen" geworden? Die eine mit viel
Sehnsucht nach Briefen, und dreie, in
denen jede Sekunde eine glückliche
Ewigkeit war.
Herzog Leopold von Braunschweig.
der über Schlesien hereingebrochen ist,
erweckt die Erinnerung an die schreck
liche Wasserkatastrophe vom 27. April
1785, bei welcher Herzog Leopold von
Braunschweig sein junges Leben ein
büßte. Die furchtbar angeschwollene
Oder durchbrach an jenem Tage chie
Dämme bei Frankfurt, überfluthete
die Dammvorstadt und bedrohte sie mit
schnellem Untergang. Der noch jugend
liche Herzog Leopold von Braun
schweig (geboren 1732 am 11. October
in Wolfcnbüttel, der in FrankfuriCH'f
gefahr schwebenden Bewohnern der
Dammvorstadt Hilfe und Rettung
bringen, aber bei diesem menfchen
eigniß wurde der Körper selbst gefun
den, mit Sand überdeckt, 200 Schritte
von der Stelle, wo der Menschenfreund
für den Benefizianien wird der Herr
Orts - Gendarm in den Zwischenakten
einige Vorträge auf der Zieh-Harmo
stchen?!
Posten auf der Sonne wäre wohl ganz
nach Ihrem Geschmack!."
Eine demokratische Aristokratin.
Wie aus London mitgetheilt wird,
Ist die als radikalste Frauenrechtlerin
Weise mit den Rechten des zarten Ge
schlechs in Verbindung zu bringen
sind. Vor allem aber ist sie eine enra
girte Demokratin und möchte, wenn es
nach ihr ginge, sämmtliche Adelstitel
aus der Welt schaffen. Ihren eigenen
alten Titel hätte sie längst abgelegt,
doch gestattet ihr Gatte ihr die Aus
führung dieser excentrischen Idee auf
1661 ein Carlisle die Earlswürde er
hielt, in der englischen Geschichte in
rühmlichster Weise ausgezeichnet hat.
Die Grasen von Carlisle bekleideten
stets hohe Ehrenämter. Der Groß
vater des jetzigen Earl war z. B. Vice
könig von Irland, dessen Großvater
Schatzmeister des königlichen HauseS.
Mit den vornehmsten Herzogsgeschlech
tern des Landes ist die Familie durch
Heirathen verschwägert. Wie wenig
der gegenwärtigen Lady Carlisle an
dieser illustren Verwandschast gelegen
ist, bewies sie eklatant gelegenlich des
Debüts ihrer Töchter in der Gesell
schaft. Sie sagte es jedem, der es nur
hören wollte, daß sie ihren Mädchen
nur erlauben würde, Männer ohne
Adelstitel zu ehelichen. Die Folge da
von war denn auch die Verbindung
der einen Tochter mit einem namhaften
Professor der griechischen Sprache an
der Glasgower Universität, George
Gilbert Murray. Für gewöhnlich
Pflegen in England Universitätsproses
soren nicht als ebenbürtige Partner
für Grafentöchter betrachtet zu werden.
Den erbitterten Widerstand der hoch
aristokratischen Verwandten gegen
diese Verbindung wußte die resolute
Mutter der Braut zu brechen, indem
sie ihn einfach ignorirte. Lady Car
lisle ist so fest von der Brauchbarkeit
und dem größeren Pflichteifer ihrer
Geschlechtsgenossinnen überzeugt, daß
sie aus Prinzip in ihrem Haushalt nur
weibliche Dienstboten anstellt. Eine
imposante Frauenerscheinung hat bei
ihr das wichtige Amt des „Butlers"
(Kellermeister) inne, ungewöhnlich
große junge Mädchen sungiren. als
„Lakaien" und sehen in ihren ge-
Stallknechte, und die Gräsin selbst
fährt stets mit einem weiblichen Rosse
lenker aus. Der eine echte
lichen Landsitze, Naworth Castle bei
Carlisle und Schloß Howard bei
Dork, die er vollkommen seiner Gattin
überläßt.
Die Kestscuche.
Die in Deutschland herrschende
Sitte, resp. Unsitte, bei jeder Gelegen
heit Feste zu feiern, Iritisirt ein dorti
ges Blatt in folgender Weife:
„Wir leben im Zeitalter der Jubi
läen, und es ist billig und recht, wenn
feiert, daß vor 25 Batail
hin in Garnison kam. Ein kluger Ge
schäftsmann gab den Anstoß zur Feier
und als Kaufmann, scheint es, hat er
sich nicht verrechnet, denn um Feste zu
feiern, strömt alles in die Stadt, selbst
die über ihre Noth so bitter klagenden
Bauern der Umgebung Straubings.
Aehnlich wurde in einem Marktflecken
Niederbayerns kürzlich das fünfunb
zwanzigjährige Jubiläum eines Man
nes als Postbote begangen. Das Pro
iung, mehrere Vorgesetzte und viele
College« des Gefeierten theilnahmen.
Nach dem Gottesdienste Zug zum
Wirthshaus, vor welchem das obligate
Hoch auf den Prinzregenten ausge
bracht wurde. Dann Festessen, wobei
man tapfer toastete und dem Feiertags
den Abend hinein dauerte. Der Markt
flecken hatte zur Feier des TageS
prächtig geflaggt. Wir sind nicht da-
Postbote 25 Jahre treu gedient hat,
ehrt, aber zuviel ist zuviel."
Schlechtes Gewissen.
Fläschchen Niersteiner ausstechen?"
(Weinreifender): „Aber was Dir nicht
einfällt, der Wirth bezieht ja feine»
Wein von meiner Firmal"
Seine Angelegenheit.
Junge Frau (auf der Heimfahrt von
der Trauung zu dem Gatten, der sich
am Abend vorher einen tüchtigen Haa
rbeutel getrunken): „Aber, Eduard,
am Hochzeitstag hastDu einen Kater!-
Junger Mann: „Der geht Dich doch
nichts an, Lina das ist ein Stief
kater, weil ich ihn schon in die Ehe
mitbrachte!"