Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 20, 1903, Page 6, Image 6

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    6 Die gleichmässige AuZbilduig
beider Hände.
>
Er ist linkshändig! Mit welch
spöttischer Geringschätzung wird das
gewöhnlich gesagt! Die rechte Hand ist
die Arbeitshand, und die linle ist nur
dazu da, ihr die nöthige Unterstützung
zu leisten.
Womit soll aber bewiesen werden,
daß die rechte Hand von der Natur be
sonders zur Arbeitshand bestimmt ist?
Beide Hände sind gleich gebaut, in glei
cher Weise zum Arbeiten geeignet, auch
gleich stark! denn daß die rechte Hand
stärker ist, als die linke, kommt eben
nur daher, daß wir sie ungleich mehr
üben, als jene. Es sieht an sich auch
durchaus nicht ungeschickt auS, wenn je
mand mit der linken Hand arbeitet;
«s erscheint uns nur absonderlich und
fällt uns auf, weil wir nicht daran ge-
Dies Thema ist vom pädagogischen
und praktischen Standpunkt schon viel
behandelt worden, und man hat darauf
hingewiesen, daß es unklug und be
denklich sei, die rechte Hand allein aus
zubilden, sie kräftig und geschickt zu
ollen Hantirungen zu machen, wäh
rend die linle in völliger Unselbstän
digkeit erhalten bleibt, in einer so gro
ßen Unselbständigkeit, daß sie nicht
einmal vermag, einen Löffel an die
Lippen zu führen, ohne seinen Jithalt
zu verschütten. Wir bringen es durch
die fortgesetzte Benutzung dahin, daß
die rechte Hand eine erstaunliche Kraft
gewinnt; sie vermag stundenlang zu
schneiden, zu schreiben, sich in irgend ei
ner andauernden Bewegung zu erhal
len, ohne zu ermüden. Aber die ein
seitige Anstrengung gewisser Muskeln
und Nerven übt einen ungllnstigenEin
sluß auf unseren Körper aus, und bei
«llzu großer Anstrengung, die zu Zei
ten nicht zu vermeiden ist, tritt zuletzt
doch eine Uebermüdung ein, die sich
leicht ins Krankhafte steigert. Schreib
krampf, Berufsneuralgie etc. sind nicht
«den seltene Erkrankungen, die aus der
«inseitigen Ausbildung der rechten
Hand hervorgehen. Wenn ein Mensch
darauf angewiesen ist. sich mit seiner
Hände Arbeit das tägliche Brot zu er
werben, so kann selbst eine zeitweilige
Unterbrechung ihrer Leistungsfähigkeit
verhängnißvoll für ihn werden. Be
deutet es nicht eine unverzeihliche Sor
glosigkeit und Unüberlegtheit, daß wi:
oft unser ganzes Leben auf etwas so
denen ein sonst rüstiger und gesunder
Mensch zur Unthätigkeit verdammt
und auf Unterstützungen angewiesen
ist, weil er daS Unglück gehabt hat, die
rechte Hand einzubüßen! natürlich ist
diese bei der Vielseitigleit ihrer Ver
wendung mehr als irgend ein anderes
Glied des Körpers schlimmen Zufällen
ausgesetzt. Da ist doch die nächstlie
gende Pflicht des Menschen, dafür zu
sorgen, daß er über einen Ersatz ver
die rechte Hand arbeitsunfähig wird,
zumal unS dieser Ersatz von der Natur
sclber mitgegeben ist. Wir brauchen ja
Hand beginnt.
Allerdings brintzt eS im Anfang für
die Eltern manche Beschwerden mi!
nicht den Gebrauch der linken Hand,
lehre das Kind nicht, ihre Leistungen
geringer zu werthen, als die der rech-
Oft erleichtert eS den Eltern das
mäßige Ausbildung beider Hände von
selber als eine Art Sport. Das wird
Trotzdem sollte man nicht unterlassen,
die linke Hand für den Fall der Noth
zu Haufe im Schreiben zu üben.
erst einmal daran gewöhnt, selbststän
dig etwas zu leisten, so wird ihre Fcr
tigleit auch mit geringer Miihe weiter
ausgebildet werden tonnen, wenn es
die Verhältnisse erfordern.
Tie Feuersicherheit in Berliner
Waarenhäuser«.
Alle großen Berliner Waaren- und
Geschäftshäuser sind mit ausgedehn
ten Feuerlöscheinrichtungen versehen.
In der Regel bestehen diese aus einem
weitverzweigten Rohrsystem, das an di:
städtische Wasserleitung angeschlossen
ist und mit der Wirthschaftsleitung des
Hauses in keinerlei Zusammenhang
steht. Wasserstöcke, mit Schläuchen und
Stahlrohren ausgerüstet, sind in «llen
Stockwerken vertheilt. Durch Anlag:
großer, stabiler eiserner Leitern und
Austritte, in der Regel an den Hof
fronten der Gebäude, werden Angriffs
wege für die Feuerwehr geschaffen, sie
auch als Rettungswege für etwa vom
Feuer abgeschnittene Personen benutzt
werden können.
Jedes größere Waarenhaus hat eine
umfangreiche Feueralarmvorrichtunz,
Die Feuerlöfcheinrichtunz
wird durch Mitglieder
und in der Regel ist das Gebäude durch
einen oder mehrere Privatfeuermelder
an das öffentliche Feuermeldesystem
der Königlichen Feuerwehr angeschlos
sen. Ist ein derartiger Privatfeuermel
der nicht gefordert worden, so sind ent
sprechende Hinweise zum nächstgelege
nen öffentlichen Feuermelder an be
sonders geeigneten Stellen anzubrin
gen. Um die Treppen für den Fall ei
nes Feuers im Innern des Geschäfts
hauses möglichst lange passirbar zu er
halten, werden im obersten Theil der
Treppenhäuser Rauchabzüge eingerich
tet, die von gesicherter Stelle in der
Regel vom Hof aus geöffnet wer
den können.
Die Geschäftsinhaber der großen
Berliner Waarenhäuser haben sich in-
Dazu ist natürlich in erster Linie
erforderlich, daß das Personal selbst
ruhig und besonnen zu Werke geht und
das Herablassen der Rolljalousien,
das Oessnen der Rauchabzüge und
Eiserne Roll ja loulien zur
genaue Kenntniß der Ausgangsver
hältnisse.
Bei Ausbruch eines Feuers würde
und Hilfeleistung der Angestellten durch
die nächsten Ausgänge des Hauses ins
Freie begeben. Dabei haben hieran
den Ausgängen postirten Angebellten
Eiserne Steigleiter an der
Hosfr o n t.
fchenstrom entgegenwerfen, und daß
alle, die das Freie erreicht haben, sich
sofort in weitere Entfernung
folgenden Platz zu machen und nicht
etwa nun, da sie sich in Sicherheit
wissen, stehen bleiben und den Nach
folgenden die Ausgänge versperren.
Wenige Minuten nach erfolgtem
Alarm würde der erste Zug der Kö
niglichen Feuerwehr eintreffen, und
dessen Führer würde sich nebst den
Sappeuren u. s. w. unter Leitung ei
nes mit den örtlichen Verhältnissen ge
nau vertrauten Angestellten, der am
Melder die Ankunft der Feuerwehr er
wartet hatte, zur Brandstelle begeben.
Dort ist inzwischen das Feuer von den
Angestellten mit allen zu Gebote ste
henden Mitteln bekämpft worden.
Ter Bismarck-Tarkophag.
Der Entwurf des BiSmarck-Sarko
phags für den Berliner Dom, welcher
Professor Begas durch längere Zeit be
schäftigte, hat nun seine endgültige
Form erhalten, in der er die Genehmi
gung des Kaisers fand. Unser Bild
ist eine getreue Wiedergabe des Mo
dells, nach welchem das Werk zur Aus
führung gelangen wird. Das neue
Bismark - Erinnerungsdenkmal er
scheint als eine eigenartige Verbindung
von Grabmal und Denkmal, welche da
durch erzielt ist, daß die Gestalt des
Verblichenen nicht wie gewöhnlich auf
dem Deckel des hegend,
des absichtlich niedriger gehaltenen
Sarkophags sitzend dargestellt ist. Der
„eiserne Kanzler" ist in deutscher Rit
terrüstung dargestellt, von einem wal
lenden Jdealgewand umhüllt. Von echt
BegaSschem Schwung hingegen ist die
untere Partie des Denkmals, insbeson
dere die Zeichnung der zwei allegori
thig geneigte Frauengestalt, die „Ge
schichte", welche Bismarcks Leben ver
zeichnet.
Das Belara»,? Blutbad im
«incmalographen.
AuS London wird berichtet: „Auf
die besondere Bitte mehrerer leitender
Aussteller haben wir eine Darstellung
des Belgrader Blutbades vorbereitet."
Diese Ankündigung findet
fällt der unglückliche König über ihre
Leiche." Eine Nachschrift fügt hinzu,
daß keine Kosten gespart worden sind,
um eine getreue Wiedergabe der tragi-
Die neue Börse in Amsterdam.
Am 27. Mai wurde die neue Börse
in Amsterdam durch die Königin Wil
helmina in Gegenwart des Prinzen
Heinrich der Niederlande und der Kö-
Architekt des Baues, k>. P. Berlage,
sau-Ordens ernannt. ,
Berlage, der Schöpfer so vieler in
teressanter Geschäftshäuser und Villen,
die sich alle durch Eigenart auszeichnen,
ist vollkommen von dem Geist der Mo
derne durchdrungen und hat ihr in der
setzt. Sie ist der erste öffentliche Bau
in den Niederlanden, der im modernen
Stil aufgeführt ist, und die erste Börse
vielleicht in ganz Europa, die der grie
chischen Tempelform den Abschied ge
geben hat. Zum ersten Male sehen war
eine Börse vor uns, die die Ehrlichkeil
hat, sich zu ihrem Zweck zu bekennen.
s l" Mm
Die neue Börse inAmster
d a m.
Das Prinzip der Zweckmäßigkeit war
worden. Darüber ist man allgemein
einig, daß das Innere der Börse mit
ihren vier Hauptsälen (Waaren-, Ge
treide-, Effekten- und Schifferbörse),
denen sich eine Reihe von Nebensälen
Beleuchtung vollkommen einwandfrei
dasteht. Weniger ist man bis jetzt im
Publikum und auch zum Theil in
Platz erobern. Und die neue Börse
wird ihren Vlatz behaupten und eine
Sehenswürdigkeit sowie ein Musterbau
W
Dergorßeßörsen-Saal.
bleiben für spätere Geschlechter. Im
merhin mag zuzugeben sein, daß be
sonders die Längsseite 47» Fuß
sehr einfach ausgefallen ist, aber wir
glauben, die Hauptursache dazu lag
wohl in der Beschränkung der zur Bei
fügung gestellten Summe: Mill.
Gulden für einen solchen Riesenbau!
Aber wie stolz und sicher in aller sei
ner Einfachheit erhebt sich der quadra
tische Thurm der Fassade, der die gro
ße farbige Uhr trägt, die in Form und
gleicht. Wie schließt
(IM °^Fuß'
breit und 33 Fuß hoch. Reihen
Dach wird durch mächtige,
halbkreisförmige Eifenpfeiler getragen.
Hinter den Galerien liegen Nischen und
Bureaus, die an Kaufleute vermiethet
Di e Katastr o p h e n. Mil
lionär: „Weshalb brachten Sie denn
Märchen vor?"
Gemüthlich. „Meine ab
schlägige Antwort scheint Sie ja gar
nicht zu betrüben, mein Herr?" „Auf
richtig gesagt, nein! Ich hab' nämlich
um e Kistel Cigarren gewettet, daß Sie
mich nicht nehmen!"
Rücksichtsvoll.
Junge Schriftstellerin: „Wollen Sie
Bettler: „Lieber net! Meine Lebens-
Jhnen die erzähl', bringen Sie vier
zehn Tag' keine anständige Frisur z'-
samm'l"
Hausindustrie.
i „Wenn Sie schon vier Wochen in
Rom sind, Herr Commerzienrath, ha
ben Sie gewiß Fräulein Tochter alle
Museen gezeigt."
„Haben wir nicht nöthig, Herr Ge
heimrath, meine Tochter malt selbst."
Schrecklicher Anblick.
„. . .Also so viel arbeiten thut er,
Euer neuer Bureau-Chef?"
„Fürchterlich!... Mir wird's immer
ganz schlecht, wenn ich ihm zuschau'!"
Uebertroffen.
„Ihr Gatte beherrscht sieb?n Spra
chen das ist erstaunlich."
„O, ich beherrsche noch viel mehr."
„Wie wäre das möglich?"
sieben Sprachen!"
Das schwächere Geschlecht.
>„Jch werde dich lehren, du Lump,
bis zwölf Uhr im Wirthshaus herum
zulungern und dein armes schwacheZ
Toilette n e l e n d. Mrs.
Mrs. Black: „Und ich trug mein altes,
besucht): „Heute haben wir die?rste
Rechenstunde gehabt, Papa!" Vater:
„Na, Junge, kannst Du den« jetzt bald
„Die hübsche Commerzienräthin zu betrachten, ist wirklich ein Genuß."
Ja, sogar ein Kunstgenuß."
Zur Verschärfung der
Illusion. „Es wird
der Illusion echten Champagner offe
riren werden." Director: „Recht
schön, lieber Freund, aber Sie werden
im letzten Akte Gift nehmen. Wün-
ZarteAnpielung.
Eine schöne lhrem Zimmernachbarn,
und da schickt er dem gnädigen Fräul'n zum heutigen NamenSfestc dieses Kla
vierstuhl-Kissen!"
ift die Photographie eines Stuhles aus
dem zwölften Jahrhundert!" „Lü
gen Sie doch nicht damals war ja
die Photographie noch gar nicht erfun
den!"
Boshaft. Better (verheira
tet): mal, Tinchen, worüber
unterhaltet Ihr Euch eigentlich in
Eurem Kränzchen?" Cousine (alte
Jungfer): „Meist über Verheirathun
gen und andere Unglücksfälle!"
Grundsatz. „Nicht wahr, Herr
Müller, Sie würden nie ein Mädchen
bloß wegen ihres Geldes nehmen?"
„Gewiß nicht aber ich würd: auch
nicht dulden, daß eine sitzen bleibt, bloß
weil sie enorm reich ist."
Mißtrauisch. Fräulein:
„Warum bellt denn Ihr Dackel so ent
rüstet, wenn Sie mich küssen!"
Förster (junger Wittwer): „Ach, der
Lakonisch.
lsidor
—lm Concert. Herr: .Fräu
lein Engel singt nicht mehr so gut wie
vor drei Jahren," Dame: „Ach, es
muß schrecklich sein, wenn eine Sän
gerin merlt, daß sie ihre Stimme ver
loren hat." Herr: „Noch schlimmer
aber, wenn sie es... nicht merlt!"
DasgutePortrait. „Das
Portrait Ihrer Frau Gemahlin ist sehr
sprechend« Ähnlichkeit."
Unmöglich. A.: „Warum
zweifelst Du daran, daß Fräulein Eu
lalia als Aerztin rellssiren werde?"
B.: „Aber ich bitte Dich, wie soll denn
die mit nur zwei Sprechstunden täglich
Zweideutig.
„Nun, Herr Oberförster, wie taufen
Sie Ihr neu gebautes Landhäusl?"
„Ich nenn's „Zur schönen Aus
sicht!"
„Ich wüßt' einen noch passendere»
Namen: Lug—ins—land!"
Der Boden Berlins, der
! vor einem Jahrtausend so gut wie
> werthlos war, gilt heute etwa 4 Mil
> liarden Mark, und die Berliner haben
160 Millionen Marl Grundrente auf-