Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 30, 1903, Page 2, Image 2

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    2 „Prinzeß Elise."
eben anging, vergaß man dabei sehr
einen winzigen Laden mit Mützen und
Hüten, mit Filzschuhen und Stroh
einlegesohlen aufzumachen. Die Filz
schuhe und Wollmützen fertigte er
selbst, »nd sein Frauchen half ihm da
bei. ebenso wenn es Hüte auszubügeln
und neue Hutfutter einzusetzen galt.
„Wir kommen schon durch. Na,
lassen wir uns im Panoptikum aus
stellen," meinte sie. Man hatte allen
Grund fleißig zu sein? denn das klei
ne, für die Geschäftseinrichtung ent
liehene Kapital mußte »erzinst werden,
das Geschäft selbst konnte bei seinem
geringen Umfang nicht viel Verdienst
abwerfen und dann hatte auch der
Storch sich eingestellt.
Nun gab es wieder große Neugier
im Städtchen.
Ein Püppchen, ein Nichts war es,
ein jämmerliches Körperchen, das über
hielt, nicht hinauSreichte. Die Haut
war faltig, gelbroth, wie verbrannt,
dazu kam ein ziemlich dicker Kopf mit
nebeneinander gelagerter Falten.
Von der Benutzung der kleinenAus
steuer hatte man ganz abgehen müssen,
„es verkrümelte sich ja darin"; in der
Eile wurden zwergenhafte Hemdchen
und Jäckchen hergestellt, anstatt in dem
vorbereiteten Kinderkorb fand es sein
Lager in einem großen Männerfilz
schuh.
Da lag es nun ganz ruhig und sah
sich die Welt aus ernsten Augen an;
es war ein kluges Kind, das „alles
nung der Eltern. Was sein Wachs
thum betraf, so leistete es allerdings
herzlich wenig; aber es fing doch an,
die Falten auszuwachsen und ein
menschenähnliches Gesichtchen zu be
kommen. .
Nach und nach stellten sich noch ver
schiedene andere junge Värwalds ein,
die alle nichts weniger als Riesen wa
ren, aber doch dem üblichen Menschen
maß ziemlich nahe kamen; sie alle wa
ren gesund, nur der zweite, Ernst,
war ein Sorgenkind, denn er litt an
epileptischen Krämpfen. Trotz ihrer
Kleinheit verfügten dießärwalds über
recht hungrige Mäuler und zerrissen
bei ihren Raufereien Hosen und Ja
llen genau so wie andere Kinder. Erst
mußte für sie das Schulgeld erarbei
tet werden, später sollten sie irgend
etwas Praktisches erlernen. Da war
es manchmal fast wie eine Erlösung,
daß die kleine Eliso so gut wie nichts
gebrauchte.
Sie war ein reizendes Geschöpf ge
worden, vollständig ebenmäßig ge
wuchsen, mit einem ausdrucksvollen,
aber immer ernsten Gesicht, eine richti
ge Dame im Kleinen und so vor
nehm! Die Geschwister, die auf
Grund ihrer bedeutenderen Körper
länge die Aelteste wie ein fchutzbcdürf
tiges Nesthäkchen behandelten, waren
stolz aus sie, so manirlich benahm sie
sich, so hübsch sah sie in ihren bunten,
oft ein bißchen phantastischen Kleidern
aus, wie «ine kleine Prinzessin.. Sie
nannten sie „Prinzeß Elise", und der
Name verblieb ihr, denn die ganze
Stadt kam. Er trug einen Halskra
gen von nie gesehener Form und trotz
der Sommerhitze rothe Lederha^ndschu-
Namen, von denen
lein Mensch gehört hatte. Den besten
Ehrenwein, den der Wirth für ganz
rückhielt und nun herbeischleppte, be
zeichnete er gnädig ols einen leidlich
trinkbaren Tropfen.
Die BärwaldS selbst waren zuerst
starr, als der Herr mit seinem Anlie
fehlte, daß der kleine Miitzenhändler
sehr energisch von seinem Hausrecht
Gebrauch gemacht hätte. Aber der
fremde Herr war nicht empfindlich, er
ließ sich nicht so leicht abschrecken und
setzte den Eltern mit vielen schönen
abkaufen, nein, nie!" schluchzte Frau
Bärwald.
ckenden Gefchäftsforgen ledig zu wer
den, etwas sehr Verlockendes hatte.
„Hier kann sich ja doch keiner so recht
selbst das Beste."
„Das kleine Fräulein mag selbst
entscheiden; sie wird ja wissen, was sie
zu thun hat," meinte der Unternehmer
sehr würdig. Aber es lag ein solcher
Druck in seinem Ton, ein solcher Ap
pell an die Kindesliebe der kleinen
Prinzeß, daß ihr damit die Antwort
vorgeschrieben wurde.
Sie sah hilflos auf die weinende
Mutter, deren Thränen übrigens schon
spärlicher flössen, auf den Vater, der
mit einem gierigen Blick ihr die Ent
scheidung vom Gesicht abzulesen ver
suchte. „Dann wird es so ja wohl
das Beste sein," sagte sie mit ihrer lei
sen, «in wenig belegten Vogelstimme
und senkte das Köpfchen. „Und wenn
dann der Ernst noch einmal ganz ge
ihr, und ein paar Thr-inchen, winzig
klein wie Glasperlen, liefen ihr über
die Bäckchen.
Der Verlauf der Verhandlung war
so, wie sich voraussehen ließ. Die
Gründe des Impresario erschienen im
mer überzeugender, der Einspruch der
Eltern wurde immer schwächer, und
da d»s Handelsobjekt, die Prinzeß
Elise, sich entschieden hatte, kam man
in nicht allzu langer Z,it zu einer Ei
nigung.
Herr Jrmisch, der Impresario, hat
te nicht zu viel versprochen. Die kleine
Elise wurde gehalten wie eine wirkliche
Prinzessin: war sie doch ein recht kost
spieliges Betriebskapital, das erhalten
werden mußte, damit der Unterneh-
Wohlbesinden. Ihre Zofe, Fräulein
Nelly. ein verblühtes, aber noch immer
hübsches Mädchen, das aus der Arti
stenlaufbahn hervorgegangen war,
her. '
Zu thun hatte Elise nicht eben viel,
nur ihre kleine Person zu zeigen, sich
zu verbeugen und „Patschhändchen zu
reichen", ganz wie es von Herrn Jr
misch vorausgesagt worden war. Bald
steckte sie dabei in dem schleppenden
Seidenkleid einer Weltdame und hatte
nur graziös den Fächer zu handhaben
und die Schleppe zu raffen; bald hatte
sie im kurzen Ballerinenröckchen einige
harmlose Pirouetten zu schlagen. Mit
dem „Liedchen singen" war es freilich
deres Mal mit dein „General Sam,
dem größten Mann der Welt," vorge
führt. Auch vor höchsten Herr«
» » »
Nachdem „Prinzeß Elise, die klein
ste Dame der Welt," fast zwei Jahre
lang der unbestrittencMittelpunkt von
Unternehmers zu fallen, wie Herr Jr-
Sofort stand fein Plan fest. Die
sen „Prinzen Laurin", wie er ihn ei»
heirathen. Welche Attraktion! Ein
sozusagen auch ein Mensch. Das ist
Ihr Recht, davon soll Sie keiner zu
rückhalten."
schen?"
früher die Eltern Elises. Es mußte
auftrete, und er benahm sich danach.
Als er täppisch auf Elise zugewa
ckelt kam, stieß die kleine Prinzeß, die
der Prinz Laurin paßte doch in der
Größe wie ausgesucht zu ihr, und mit
dem Arzt hatte er auch schon geredet,
das große Lokal bis aus den
Platz gefüllt. Die Taufende von elek
trischen Glühbirnen, die an dem nacht
raschende Neuigkeit", so hatte man auf
den Zetteln der Anschlagssäulen lesen
können.
Maltauf.
schrieb, als Parodie des Ueberbrettls,
den kleinsten Menschen der Welt, ha
ben sich entschlossen, die Rolle lu-
Wirklichkeit fortzusetzen. Sie stellen
Abscheu, die kleine Brust arbeitete. „Er
Mensch."
Nur die Nächstsitzenden hatten diese
in Verlegenheit kam, den Musikern ein
Zeichen; sie setzten zu einem gewalli
gen Tusch ein, den das Publitum als
die kleine Prinzessin schwanke. Prinz
Beifallsklatschen, mit dem die Zu
schauer die Verlobung feierten, folgte
schlossenen Wagen hob, um sie die
Treppe des Hotels hinaufzutragen,
bemerkte sie, daß das hübsche rosa
Biedermeiergewand von häßlichen,
fährlich ist?" fragte Herr Jrmisch sto
kleinste Anstoß"
Die kleine Prinzeß Elise lag in ih
rem rosaseidenen Himnielbett wie eine
durch einen Schirm abgedämpft. Von
draußen schallte das Geräusch der
Großstadt herauf, die Schreie der
Ausrufer, das Rollen der Droschken
und das eigenthümliche schnarrende
Sausen der elektrischen Straßenbahn,
das sich bei großer Kälte einstellt.
Auf den Fenstersimsen lag der hartge
frorene Schnee, von einer glasigen
Neben dem Bett faßFräulein Nelly;
viel zu Pflegen gab es nicht mehr, und
schliefet
Sie litt nicht schwer, dieses Lebens
ein kurzer Hustenanfall; wenn dann
Fräulein Nelly das Tuch fortzog, das
sie der Patientin vor den Mund ge
halten hatte, zeigte es kleine Blutflecke.
Die Zofe versteckte es rasch und gab
sich Mühe, den Anfall zum Guten aus
zulegen: „So ist's recht, Prinzessin,
husten Sie nur ordentlich los, das gibt
Luft, hinterher ist's Ihnen dann noch
einmal so gut."
ein herzbrechendes Lächeln. Sie wuß
te es besser.
„Ist es sehr kalt draußen?"
kleines wie sür mich"
„Ach, was Sie sich gleich für Ge
danken machen, so etwas sollten Sie
nicht thun," verwies die Zofe; aber sie
wandte dabei das Gesicht weg und
wischte verstohlen ein paar Thränen
„Nelly, das ist doch grauenhaft, so
in die Erde hinein und zu frieren. Ob
mehr fühlt? Mein weißes Kleid mit
Sie mir nicht den den Laurin her
einlassen! Und der andere soll mich
nicht etwa ausstellen!"
Fräulein Nelly blieben die Worte
im Halse stecken, sie fand leine Ant
wort.
„Ob Vater kommen wird?"
„Aber gewiß doch, er hat ja gleich
dcpeschirt. Vor morgen um elf Uhr
det auf dem Sopha zuzubringen.
Mit einer ganz matten Kopfbewe
gung rief sie den Mann zu sich. „Ich
hören Sie? Und nicht etwa ausstellen:
te Fräulein Nelly hell auf.
mit erstickter Stimme.
Da beruhigte sich der Krampf, sie
athmete sanfter, immer schwächer und
schwächer, dann schluckte sie ein paar
mal. ein Lächeln flog über ihr Gesicht.
.Ich bin doch auch ein Mensch, sozu
sagen."
Ter ne^e.
Der Steuerrath Brummer war
heute noch grämlicher als gewöhnlich.
Schon wie er dasLokal betrat, schnauz,
te er den Kellner an, weil ihn dieser
mit einem verbindlichen, in der Hei
math des Ganymeds durchaus ge
bräuchlichen: „Empfehle mich!" em
pfangen hatte.
.Ich komme ja, ich gehe doch nicht,
Sie alberner Mensch! Oder wünschen
Sie vielleicht, daß ich mich gleich wie
der entferne?" schnaubte Brummer den
tief errathenden und vor Verlegenheit:
„aber bitte, bitte Herr Reuerstat!"
stammelnden Dienstbeflissenen an.
„Steuerrath bin ich und nicht Reuer
warf dem Unglücklichen einen Blick zu,
daß derselbe wie ein Taschenmesser zu
sammenknickte; dann schritt er auf den
Stammtisch zu, an welchem er sich ohne
Gruß niederließ, die Schnupftabakdose
aus der Tasche zog, dreimal heftig auf
die Tischplatte schlug und vor sich hin
brummte: h 112 l "ch
ten!" - d ? HKS'
denn? wer hat Sie denn schon wieder
gelränlt, mein guter Steuerrath?"
fragte gutmüthig der Katastercontrol
leur Melius.
„Nichts! Niemand!" gab der Steue
rplatte zu klopfen.
»So, so!" sagte Melius und wendete
sich wieder zu den anderen Herren, die
len; aber sie wußten auch, daß er es
um so später that, je früher man ihn
darum befragte. Er hatte die Gewohn
heit, still und verlassen dazusitzen, bis
er plötzlich losbrach und seinem ge-
Heute saß er ziemlich lange, de:
Stammtisch füllte sich nach und nach.
Jeder Ankommende wurde mit einem
Wink nach Brummer hin begrüßt, dem
die Bewegung des Kopsschüttelns, mit
auf den Mund gelegten Finger folgte.
Jeder verstand sofort, daß er Brum
mer nicht fragen solle. Brummer al-
Stammtischweisheit. Plötzlich fuhr
er auf, schlug wieder mit der Schnupf
einem wilden Blick über die ganze
Runde:
„Als ob sie's drauf anlegen!"
Sofort entstand allgemeines Still
auf Brummer, aber keiner sprach ein
Wort. Es war auch nicht nöthig, denn
dieser fuhr schon allein fort:
ner seligen Schwester, der drüben in
Jena studirt. Denken Sie, der Bursche
kommt da eines Tages auf die Idee,
auch Jurist zu werden, schon aus An
stand. Na, das sah der Junge denn
auch ein, und versprach mir, Jurist Wer
der Nähe hätte.
scher Mensch, das muß ich sagen,
ich mich so in seiner Bude umsehe,
fällt mir auf einmal die Cigarrenta
sche ins Auge, die ich dem Jungen ge
mach' sie auf. Aber was ist denn das?
Ich denk', ich seh' nicht recht, da steckt
ja noch der Hundertmarkschein d'rin.
Aber Otto, sag' ich, mein Nesse heißt
nämlich Otto, du hast wohl noch gar
nicht in die Ciaarrentafche gesehen?
Na, sage ich, du hättest sie doch in Ge
ich auch, gab er zur Antwort, aber als
ich sie das erste Mal zu öffnen versuch
te, gelang es mir nicht, sie aufzuma
chen, das Schloß ist so complicirt, daß
man es thatsächlich nicht aufbekommt.
Da hatte er nun recht; das Schloß
war thatsächlich ein wenig complizirt,
vielleicht, wenn mir's der Verkäufer
nicht gezeigt, hätte ich's auch nicht auf
gebracht. Aber lachen mußt ich^doch,
Aber denken Sie, der Bengel hat sich
gefreut? Beinahe wüthend ist er ge
worden! Fortwährend schimpfte er
und schrie, es sei unverantwortlich, so
die kein vernünftiger Mensch zu öffnen
im Stande sei. Im Uebrigen sei ihm
der Vorfall ganz lieb, denn jetzt sei er
halten und mir zu beweisen, daß er ein
guter Jurist wäre. Ich wußte erst
wissen Sie, meine Herren, was der
Schlingel gethan hat? Auf den
Msfuß hat er mich verklagt.
Tie Launen der Frau.
Frauen häufig: Frauen vertragen
Schädlichkeiten aller Art besser als die
lich und reizbar, bei weitem reizbarer
als der Mann. Dieser Widerspruch
ist wohl aber nur ein scheinbarer, diese
beiden entgegengesetzten Eigenschaften
der Frau beruhen wohl auf ihrem we-
«»en» im «ebtrg.
Von Th. Broh.
Nach der Sonne grüßend sehen
Noch die stolzen Berge hin.
Und die gold'nen Wölklein stehen
Drüber wie ein Baldachin.
Unter blumigen Gebüschen
Rauscht der Bach das Thal entlang,
Und vom Klosterthurm' dazwischen
Tvnt der Abendglocke Klang.
Tages Lärm und Sorge schweigen.
Wie durch's Thal das Läuten geht;
Die ts hören, Alle neigen
Ihre Häupter im Gebet.
„Weiches Si auf japanische Atr."
In der Monatsschrift „Die Kran
kenpflege" wird die dem^Japane^
das Gerinnen des Eiweißes einerseits,
des Dotters anderseits näher bestimmt
zu haben. Die Methode selbst aber ist,
wenigstens in Vorder - Asien, schon
Vermuthlich hat der Apostel Paulus
würden, beantwortet sie der Orientale
praktisch im Sinne des Apostels; er
verschluckt nämlich nur den Dotter
von vornherein darauf aufmerksam zu
volle Würdigung des Wohlgeschmacks
von „Eiern auf japanische Art" zu
verachte ich dich! Bist du ein a!teS
Weib, so verzeih' ich dir! Bist du ein
junger Mann, so verfluche ich dich!
Bist du eine Jungfrau, so danke ich
dir!"
Ungeduldig. Portier (der
Morgens um sechs Uhr die Treppe vor
dem Standesamt reinigt, zum Braut
beinahe zehn Jahre verlobt!"
Verlchnappt. Ä. (tn der
Kneipe, aufstehend): „Ich muß gehen,
der Arzt hat mir nur ein Glas Bier
erlaubt." B.: „Nun, deshalb können
Sie mir doch noch etwas Gesellschaft
leisten; einen Hausschlüssel haben Sie
der Onkel kommt! (Es klopft.
—.Studiosus in die Bücher vertieft):
„Herein!" Hausfrau: „Herr Süffel,
Ihr Herr Onkel schickt von der Kneip«
her und läßt fragen, warum Sie heut«
nicht kommen!"