Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 26, 1903, Page 2, Image 2

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    2 Ein neues Gehst?
Ein« Stille herrschte in
Grottdorf. Die weitläufigen Fabri
ken des Ortes waren geschlossen, die
Maschinen standen still, kein Schorn
stein rauchte, die Arbeiter feierten. Fast
und nun wurde nicht gearbeitet, die
Geldmittel gingen zu Ende, Schmal
hans war Küchenmeister geworden,
Seit drei Wochen schon war es so
still. Damals hatte der Führer der
Arbeiter des Ortes, Karl Berger, vor
versammeltem Volke eine donnernde
Scene setzen müsse, wenn der Fabrikbe
sitzer Reinhold Wegeling die berechtig
ten Forderungen der Arbeiter etwa
auch dann, als Karl Berger in jäher
Leidenschaft den Arm zum Schlage ge
gen ihn erhob.
wuchtig hatt? Berger'L Faust chr Haupt
getroffen.
Einen Moment Herrschte lautlose
Seineßriese klangen jedoch wenig fröh
lich. Die hauptstädtischen Arbeiter, so
schrieb er seiner Frau und seinem Ad^
ihr holen. Morgen früh sei er da, das
war der Inhalt seiner letzten Mitthei
lung.
Frau Anna :Ht in einem Sessel
und freut sich auf das Wiedersehen.
ES ist Abend. Sie hört in ihrem
hustet, sieht sie ans
du bist's, Marie. Schon ser
.lawohl, gnädige Frau/
.Wie sieht eS denn im Dorfe aus?"
hat Gottes Hand eine gerechte
Strafe verhängt."
Frau Anno sieht fragend auf.
.Wieso? Ich verstehe dich nicht."
schlechten Kerl, der all' das Unheil an
gestiftet hat, ist vom Typhus befallen
worden. Und nun fürchten sich die an
deren Weiber, zu ihr zu gehen, weil der
Doctor gesagt hat, die Krankheit sei
jetzt der Karl Berger bei der todttran
ten Frau mit den zwei kleinen Wür
mern, seinen Kindern, und rauft sich
die Haare, weil er so ungeschickt sei zur
Krankenpflege und nicht« davon ver
schimpft er wieder lästerlich, weil sie so
furchtsam wären, und dann herzt und
tüßt er wie ein Wilder seine Kinder
und schreit laut, wenn ihnen nur um
Gottes willen die Mutter nicht stürbe!
Man könnt« Mitleid haben mit dem
Manne, so rasend geberdet er sich.
Aber wissen Sie, gnädig« Frau, er ist
doch «in schlechter Kerl."
.Andere Leute," fällt Frau Anna
Marie ist entrüstet. '
.Na ja." ruft sie. .ich weiß schon, ich
keif, schon! Sie sind viel zu gut für
diele Welt. Hat Sie derM-raer nicht
geschlagen, daß Ihnen da» Blut über
das Gesicht gelaufen ist?"
Frau Anna aber hat sich erhoben. .
.Marie," fragt sie, .wo ist denn der»
Bcrger jetzt?" '
Ha, jetzt ist er.
da nicht ein« Pflegerin sür sein krankes I
Weib findet. Er hat eine Schwester
dort wohnen."
.Und wer ist bei seiner Frau und
den Kindern?"
.Wer? Run Niemand! Die An
deren fürchten sich ja. Und manche
sind dem Berger auch nicht grün."
Frau Anna hatte schon ein Tuch
um den Kopf geschlagen.
„Marie," sagte sie ruhig, „packe ge
schwind einen großen Korb mit Le-
und Bier dazu, und dann komm mit."
Marie stieß einen entsetzten Schrei
aus.
Tuch unter dem Kinn zusammen.
„Wohin? Nun, zu Bergers natür
lich!"
Frau, um keinen
Frau Anna bleibt ganz ruhig.
.Out! Ich lann leinen Menschen
zwingen, einen anderen, der mit einer
ansteckenden Krankheit behaftet ist, zu
besuchen. Gib mir den Korb; ich gehe
Entrüstung.
rief sie, .daS geht nun und
nimmermehr! DaS darf ich als alte
Dienerin Ihres Hauses nicht leiden.
Sie wollen dahin, wo der Typhus ist?
und ein Mädchen, etwa vier und sechs
Jahre alt. Der Knabe zählt bunte
Steinkugeln in einen Kasten an ein
Mädchen schläft, den Kopf an ein
Stuhlbein gelehnt. Aus dem Schlaf-
Angstvoll folgt Marie und stellt ihre»
Korb auf den Tisch. Frau Anna legt
Kopftuch und Jacket ab, dann geht eS
an's Wert.
steht ein Waschbecken mit einigen Tü-
Zweck Frau Anna sofort klar ist. Kalte
Umschläge legt sie der Fiebernden auf
uiid.kecke Gesichter blicken »u ihr empor.
Dann setzen sich alle an den Tisch. Ma
rie entnimmt dem Korb« Brod und
Butter, Eier, Schinken und Wurst
am Tisch sitzen sieht. Alles jedoch geht
macht PftZ" und deutet schweigend nach
d«m Nebenzimmer. Sie selbst geht hin
und wieder dort hinein, schaut voll tie
fen Mitleids auf die Kranke und legt
still stehen. Aber .Pst! Pst!" Laut
den Jungen aus, Marie das Mädchen.
Aber wo ist das Bett der Kinder?
Alan und findet. Im Krankel
weiß !!e ja längst: Frau Anna ist im-
Beiden daS Bett. Die Kinder werde?
hineingelegt. Frau Anna selbst zieht
ihnen die Decke bis an den Hals, saltet
„Lieber G.'tt, halt bei uns Wacht
Amen!"
Zärtlichkeit sein weißes Äermchen um
Frau Anna'S schlanken Salz legt, da
famm«n bei dem Gedanken, der ihr
plötzlich durch den Kopf schießt: Wenn
der Tod diesen Kindern die Mutter
bunten Bildern und bunten Steinen
und bunten Kugeln seine seltsamenGe
schichten erzählt.
Frau Anna aber setzt sich jetzt neben
bleiben, gnädige Frau?" fragt jetzt
.Nun, doch selbstverständlich so
lange, bis andere zuverlässige Hilfe da
'st.-J v'll'cht st
bleiben. Basta!"
In leisem Flüsterton war'S gespro
chen, aber dieses „Basta!" hatte trotz
dem sehr energisch geklungen. Marie
wesenden.
„Mein Gott," sagt er, „gnädigste
Frau, Sie hier?"
Frau, dann gibt es überhaupt kein sol
ches," spricht er leise. Darauf tritt er
zu dem Bett der Kranken. Er fühlt
Puls und Herzschlag und schreibt ein
Apotheke.
Der Arzt schüttelt den Kopf. Er
bewußtlosen Patientin und den ruhig
schlafenden Kindern. Still, ganz still
ist'S ringsum, nur die alte Uhr tickt an
Es ist ein Uhr Nachts.
Da fährt Frau Anna zusammen.
Jetzt ist sie wirklich erschrocken.
Schwere Tritte schallen von draußen!
nen Zügen des ausdrucksvollen
KopfeS.
Jetzt wirft er den Hut auf den Tisck
und überschaut die Scene. Er traut
Berwirrt greift er sich an die
Stirn.
Da tritt Frau Anna auf ihn zu.
lächelnd ob des erstaunten Mannes, ne
ben dem B«tt der Kinder steht, da
überkommt den großen, starten Mann
eine gewaltige Bewegung. Mit einem
unartikulirten Laut sinkt er am Bett
seines Weibes nieder, wühlt den Kops
w die Kissen und schreit auf: „Bleib
mir leben! Bleib mir l:ben!"
Bang« Sekunden verstreichen. End
lich fragt Frau Anna:
„Wollen Sie nicht-etwas essen oder
hungrig und durstig sein."
Jetzt lcmmt Leben in den Mann.
Er er'hebt sich.
„So fragen Si« mich?" entringt ei
sich seinem Munde.
„Nun ja. Ist da etwas Sonderba
res dabei?" entgegnet sie schlicht.
„Mich fragen Sie so? Mich, der ich
Si« —"
.Lassen wir doch daS, lieber Berger!
Das ist ja vorüber! Sie waren in jäher
gar nicht mir gegolten."
„Aber er traf Sie —"
Sie sehen mir nichts gesch^
fchehen?" fragt sie ganz «rstaunt.
„Der Mensch läuft mitten in der Nacht
wie ein Rasentxr das ganze Dorf ab,
h"> »si b s t
„Wer weiß? Bielleicht hat er heute
Arbeitsplatz.
„Wie geht es Ihrer Frau, Berger?"
fragte Wegeling.
hoffe Gutes. Und Ihnen dank' ich'S,
gnädige Frau, nur Ihnen!"
„Wofür mir danken, lieber Verger?
Steht denn nicht für uns Alle geschrie
ben: „Du sollst deinen Nächsten lieben
wie dich selbst?" Oder ist das auch
tanntes, neues Gebot?"
Miezes Traum.
.Gute Nacht, Tantchen!"
.Schlaf gut, Ballprinzeß!" „Ange
nehme Ruh', Onkel!" Noch ein lei
tinn und der Riegel ward sachte vorge-
Mieze war allein! Ihr Busen hob
sich stürmisch. Mit fröhlichem Lächeln
Backfische!
neben den Modistinnen hatt« Meister
Schuster viel Müh', bis das kleine b!ü
thenweißen Ballschühchen dem Füßchen
Doch bei Mieze halte
er sich scbon seit Beginn des Abends
-inaestellt und aeaen elf triumphirte er
feurig braunen Augen ein Beilchen
bcuquet. Ah, wie das duftete und wie
er plaudern tonnte und sie bewunderte!
zum eifrigen Spähen doch da dreh
ten sich auch schon zwei klopfende Her
zen im wiegenden Walzer.
umstrickte alle mit ihrem Banne ....
„es kann ja nicht sein".
Ihr azurblaues Reformkleid mit
den cremefarbigen Schleifen und Bän-
Mieze lange nachdenklich vor dem ho
hen> Toilettespiegel. Die dunkle, volle
Moosrose in dem wallenden Haar
ches ein blaues Band in der Mit!e zu
sammenhielt. Ja. Tante hatte recht —
sie war eine echt fürstliche Ballprinzeß.
Schönheit und Anmuth verliehen ihr
holte ein Quartbändchen hervor. Sie
las. Doch, was las sie? Schelm
Amor weiß es. huschte er doch fort
während den Goldschnitt entlang!
Bald ließ sie das Buch müde sinken.
Sie fiel zurück. Traulich beleuchtete
zügen der träumenden Ballfee.
Sie träumte! Sehr lebhaft, so daß
sie gar oft lachte, was dann wie ein
len in unzähligen Krystallen, so daß
der Parkettboden spiegelt. Da plötz
lich tritt Jemand auf sie zu, ein bild
wohl er Jetzt faßt er sie
dahin...
Dann wieder ist das ganze Bild zer»
stört und nur der korpulente Tubablä-
Tafel. Perlend karfunkelt der Aß-
Dcr lange dünne Kellner mit den
spitzen Kotelettes und den philosophi
schen Stirnfalten, mit der flatternden
ich Sie um die nächste Quadrille bit
ten?" eine Moosrofe, wie
glaffe!" d 't d
geschnitzten Elsenbeingrifs und der
blauen Schleife ... Fort ist der liebli
che Akkord der Instrumente. Breit
guckt das braunrothe Gesicht des stäm-
Stärker! „Mieze, Mir —ze!" Die
schlug sie die Hände in leerer Luft zu
rasch auf. auf. Onkel sitzt
mit der Rose in einem Glas« Wasser
half, die Ballrobe in den Schrank zu
Bald darauf schritt das schöneMäd
kirschrothen Lippen ein«n Kuß und lä
chelnd fragte die Tante, indem sie einen
Vanillezwieback in den Grund ihrer
iveitbauchig«» Tasse versenkte: „Na,
hast aber doch gut geschlafen, Lang
schläferin?" „Ach, ausgezeichnet,
und prachtvoll geträumt hab' ich," er
gänzte die kleine verliebte Mieze.
ES klopfte schüchtern. „Herein,"
tremolirte der Onkel. Guste hatte
kaum gemeldet, da trat er auch schon
«in Arthur. Er wollte nur fragen,
wie dem gnädigen Fräulein das „Lenz
fest" bekommen sei. Mieze's Antlitz
überflog eine sanfte Rothe.
Der kleine Kavalier mit dem Köcher
lachte wieder hinter der goldbeschnör
kelten Kanne hervor, dann hüpfte er
behende zur Thür hinaus, um beim
Buchdrucker Verlobungskarten
zu bestellen.
Frühling war's mitten im Winter.
Und draußen im Sonnengold schüttel
te Frau Holle die Flocken hernieder.
Aas Tanzeu.
Die Freude am Tanze liegt wohl
tief in der menschlichen Natur, denn
zu allen Zeiten, ja in den ält«st«n Zei
ten, tanzten die Menschen, sowie sich
eine Gelegenheit dazu bot. Ob unsere
Stammmutter Eva im Paradiese
auch schon getanzt hat, kann ich frei
lich nicht Sehaupten hätte sie aber
«ine Geige oder auch nur einen Leier
kasten spielen hören, so wären ihre
nackten Fiißchen wohl nach dem Takte
der Melodie gehüpft. Musik gehört
eben zum Tanze, und ein Straußischer
Walzer verfehlt bei Alten und Jungen
nicht seine feurige Wirkung, wenn
die Ersten sich auch damit begnügen,
mit dem Kopfe den Takt wiegend zu
begleiten oder mit den Füßen leise
klopfend ihn anzudeuten. Aber Tvn
zen ist ein« Kunst, und Derjenige, der
einen Galopp von einer Mazurka und
ein«n Walzer vom Rheinländer unter
scheiden kann, auch beim Contre und
der Quadrille nicht grobe Verstöße
macht, soll sich nur nicht denken, er
könne schön tanzen. Dann brauchte
eigentlich Niemand tanzen zu lernen,
man so „tanzen können"
nem Vogel das Fliegen. Beim Tan
zen kommt es auf Grazie, auf leichte
Bewegungen an, auf anmuthige Hal
tung, die sich bis in'S hohe Alter be
wahren lassen. Angeborene, natür
liche Grazie ist sehr selten, darum
schickt man schon die Kinder in guten
Tanzunterricht, damit sie dort das
linkische Benehmen, die steife Haltung
abstreifen. Der Tanz wirkt, verbun
den mit Unterricht in der Form, im
Anstand«, in der Körperhaltung, bil
dend und veredelnd. Das Kind lernt
hübsch, gefällig und anständig gehen,
stehen, sitzen, sich bewegen. Der ge
meinsam« Unterricht, verbunden mit
Vergnügen, spornt das Kind an. es
den anderen gleichzuthun, und die
harmlose Fröhlichkeit, die in dem kind
lichen Kreise herrscht, wirkt belebend
auf das unverdorbene Gemüth. Kin
der sirid in dem Alter von ungefähr
zwölf Jahren oft täppisch wie kleine
Bären. Sie wissen mit ihren Glied
maßen nie recht etwas anzufangen und
ziehen sich bald hier, bald dort Tadel
zu. Bald schlenkern sie mit den Ar
men, gehen mit «inwärts gerichteten
Fußspitzen, schiebendem, schleppendem
Hacken- oder wackeln mit
dem Kopfe, und was es sonst noch für
häßliche giebt. Beim
Tanzenlernen geben sie sich Müh«,
diese Fehler abzulegen, sonst lachen
die anderen Kinder sie aus, und das
ist doch sehr unangenehm! In einem
luftigen, staubfreien Raumeist das
maßvolle Tanzen auch eine gesunde
«m Tanzen erhitzte Kind
Acrztliche Rtbeubeschäftigung.
Daß eS manchem Mnger des Aes
kulap nicht gut geht, ist eine alte Ge
schichte, die zuweilen eine neue Illu
stration erfährt. Bor einiger Zeit
machte es in der österreichischen Haupt
stadt peinliches Aussehen, als man
hörte, ein Arzt erwerbe sich seinen Ne
benverdienst durch Musiciren in den
Nachtkaffeehäusern. Ein anderer hoch
betagter Arzt erbat sich, weil er auS
seiner Praxis nicht mehr seinen Le
bensunterhalt bestreiten konnte, die
Licenz zu einer k. k. Tabak - Trafik.
Bor einigen Tagen nun fragte ein Arzt
beim Borstande der mährischen Aerz
tenkammer an, ob er die Agentur für
die mährische LandeSversicherungS
anstalt übernehmen dürfe, etwa wie
Die Kammer verbot ihm daS indessen
mit der Begründung, derlei Nebenbe
schäftigungen seien mit der Standes
wllrde ganz und gar unvereinbar.
Lieber in Ehren weiter hungern!
schen Nliitter.
JmDistrikt des Baikal
sees in Rußland sind groß« Lager
von Glimmer und Asbest entdeckt wor-
Reform der Frauentrachten.
Die Ziele der Reform der Mutigen
Die Betheiligung an dieser Frage ist
eine überraschend große und läßt da
mit erkennen, wie sehr das Bedürfniß
nach einer Aenderung der jetzigen be
nur mit gesundem Körper vermag sie
es. fest ihren Platz zu behaupten. Er
löst von einengendem Zwang, in voller
ch/ d U 112 d
Ein Gelehrter »der Tamenhüte.
gelbe Garnitur von der Haut getrennt
ist. Bemerkenswerth ist dabei, daß
Frau Chevreul, die Gattin dieses Da
menhutcoloristen. sich durch die fort
--- -
-Passende Redensart.
„Ich muß Dich dringend bitten, liebe
Frau, mit dem argen Schminken auf
zuhören; die Sache wird mir schließ
lich denn doch zu bunt!"
Eingebildet. Fremde (nach
der Tochter des Hauses fragend):
„Kann ich das gnädige Fräulein spre-
Zofe: „Bitte sehr, ich bin ganz
Bestätigung. Sie:„Dumm
kopf. Du machst doch alles verkehrt."
str: „Recht hast. Weiberl: Zuerst hab'
ich Dich geh-irathet, dann erst kennen
gelernt."