Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 09, 1902, Page 2, Image 2

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    2 Mutterstärke.
Dick« Strohlagen sind in dem inne
ren Schloßhof aufgeschichtet; jeden
Schritt sollen sie dämpsen. Ein ganz
feiner Aprilregen rieselt daraus her
nieder. Für Viertelstunden, für Mi
nuten hört er aus, dann jagt eine
Wolle rasch weiter, und die Sonne
lugt hervor. Sie übergießt all«s mit
Hellem Schein, die Renaissancemauern,
in deren Nischen steinerne Ritter Spee
re schultern, den viereckigen Thurm
und den spitzragenden, der einer still
losen Zeit angehört und dessen Betra
uung ein St. Georg mit dem Drachen
bildet. Das seuchte Stroh sieht dann
aus wie Gold.
Kein Geräusch, als das Tropfen
aus den wunderlichen Wasserspeiern.
Es ist. als hielten si« den Athem an.
die schwarzgekleideten Männer und
Frauen, die sich unter der Thorhalie
sammeln, wo der Burgfriede zu feheN
ist, das kunstlos bemalte Brett mit
dem B«il und der blutenden, abgehau
enen Hand: „wer diser purg frid:n
briggt, wird also gerycht." Sie haben
zu sprechen aufgehört, als sie sich in
Gruppen dem Thor nähern. Beamte
mit ihren Gattinen, Honoratioren aus
dem Städtchen, die zu Hos komme».
Sie sehen sich an. alle verständnißvoll:
bekümmerte Blicke und traurige Mie
nen begegnen sich. Weiter ab stehen auf
dem freien Platz Dienstmädchen, Kin
der, kleine Bürgersleute, des Regen
geriesels nicht achtend, viele mit bloßen
Köpfen. Wenn die Kinder fragen
wollen, werden sie mit halben Lauten
zur Ruhe gewiesen, noch eh die frischen
Stimmen erklingen können.
Geradeaus zum Thorbogen mündet
der breite Weg in den Park, wo ur
alte Bäume stehen. Sträucher begin
nen dort schon zu knospen, und das
Grün desßasens kommt hervor. Mäch
tiger, uralter Epheu umklammert da,
wo in der Ferne der Pfad steil zur
gothischen Fenstern, die auch bunt
leuchten, wenn der Sonnenstrahl sie
trifft. Es ist scharfer Erdgeruch n
der Luft, ein leiser Duft geht aus von
den schwellenden Baumrinden. Ein
paar Spatzen huschen slügelschlagen»,
den Regen abschüttelnd umher. Links
beginnt die Hauptstraße mit dem
Marktplatz. Da sind in allen Häu
fern die Fenster besetzt, stehen Leute
auf den TttVsenstufen. Neben der
Rolandsäule, die eine Berühmtheit des
Städtchens bildet, hockt „das Bübche",
ein blöder Gemeindearmer von siebzig
Jahren, und wickelt ein Bindfaden
knäuel auf und ab, immer das gleiche
und forscht nicht, warum sie sich an
sammeln. An dem Pranger, dem
Pfahl mit dem alten, verrosteten Hals
eisen, lehnt «in wunderhübsches,
blondes Mädchen mit einem Burschen
Hüttenwerks. Er hält ihre Hand.
Zuweilen zieht sie sie aus der seinen
und wischt über das regennasse Ge
sicht.
iiungen der Schalllöcher. Aber sie blei-
Geräuschlos, lodtenstill ist es in den
Gängen des Schlosses. Hie und d,
sohlen an den Schuhen gleitet er laut
los über die Teppiche. Wenn die
Sonne durch die bunten Fenster blickt,
giebt es ein zitterndes Farbenspiel an
den Wänden, dem Boden, über
Und in den Städten und Dörfern
des Fürstenthums ist «r der Held
mancher Erzählung, und ein Lokaldich-
Die Fürstin trägt ein knapp den
Boden berührendes weißes Wollkleid,
das am Hals, auf der Brust und an
Ihre Altstimme fragt halblaut:
Mann gleitet ihr ängstlicher, forschen
der Blick .
Eine Verbeugung.
«Wenn keinerlei Aufregung —'
„Dafür steh ich!"
«Keine Complikation —"
„So hoffen wir!" schließt der
Dritte.
Ein langer, schwerer Athemzug.
.Aber Durchlaucht selbst sollt«» —"
.Gerade jetzt —"
„Gerade jetzt", wiederholt sie, und
ihre Augen richten sich nach dem Fen
ster „bin ich stärker wie je.
Vertrauen Sie mir, meine Herren!
Lassen Sie mich wieder zu ihm —"
Und sich aufrichtend: „Denn ich will
es, muß es! Also lassen Sie mich!"
Die Fremden sehen den Heimischen
an. Er hat ein kaum merkliches Zu-
„Gerade jetzt! Zehn Minuten
eh —" Die schlanke Frau bricht wie
der ab, ein Tuch, das sie in der Hand
hielt, schiebt sie in den Gürtel. Ihre
Gefahr bringen. Ich könnte auch nicht
einmal ihre Theilnahme —" Da bricht
sie ab und neigt grüßend, entlassend
d«n Kopf „Er darf nichts argwöh
nen." Und plötzlich ist der kummer
volle Ausdruck aus ihren Mienen
fort, wie ein Lächeln legt «s sich um
ihren Mund.
Sie geht durch das Zimmer, ganz
aufgerichtet, dann durch noch einZ,
Als sie dem Bett nahe ist, kommt der
„Blanda!"
Sie lächelt nun wirklich und legt
den Finger auf den Mund. „Du, nicht
ich will dir erzählen und in
den Sessel sinkend, der jenseits des
Fußendes des Bettes steht, und der
chend, daß sie ihr« Plätze wieder ein
nehmen sollen, fährt sie in leichtem
Ton fort: „Ganz zufrieden, die ge
strengen Herrn! Aeußerst zufrieden,
mein Herr Gemahl. Ich habe einen
Kamps mit ihnen bestanden da drü
ben, weißt du, in dem Feldherrnzim
mer. Sie wollten mich schon diese
Nacht von der hübschen Chaiselongue
verbannen aus deiner Näh«. Hab«
D«r kranke, blasse Mann versucht
auch «in Lächeln. „Blanda gute!"
Nicht das gewöhnliche Schlafzim
mer, der wtißgoldig« Frühstücksalon
ist's, in dem das Ehepaar den Mor
genthee zu nehmen Pflegt, wo das
Krankenbett steht. Viel Raum, Luft,
Licht, Freundlichkeit, keine schweren
Vorhänge, Stuck in Weiß und Gold,
Fruchtstücke darstellend.
Guido Rems Aurora in Pastell ist
das einzige Bild, in der Wandsüllung
über dem Kamin angebracht. Allerlei
weißlackirtes Krankengeräth steht jetzt
dort, wo sich sonst der Zeitungstisch
„Und unser Liebling?"
Sie nickt. „Ja, ja —"
„Unser Hugdietrich?"
„Hat's gut, Otto gut!" Sie lä
chelt wieder.
.Aber er wird dich entbeh
ren —"
„Er entbehrt mich nicht!" spricht
sie zwischen den Zähnen hin. während
Bettes umfaßt.
nicht?"
„St!"
richt?"
„Ja, Otto! Aber, du sprichst zu
viel!"
Gesicht des Liegenden. Mit den abge
magerten langen Fingern wühlt cr
Ansteckungsgefahr mehr ist —"
Geduldig und sanft spricht sie zu
ihm herüber: »Man muß vorsichtig
sein!"
Eine Der Blick der blassen
mir dann von ihm erzählen.
.Ja!"
Mit nervöser Hast: .Gleich! Geh
"leich, bitte!"
' .Gleich!"
ter hinüber!"
Sie steht auf, ganz gehorsam. Dann
blickt sie nach der Uhr mit dem Lapis
lazuligestell und wie eine Erstar
rung überfällt es sie. Die Füße schei
nen sie nicht vom Fleck iragen zu wol
len.
.So verller doch keine Zeit.Blan
da!" bittet der Liegende, wie ein unge
könne oder woll« sie sich nicht rühren.
Wie eine Steingestalt steht sie da am
Fußende.
.Ich möcht« auch in die schöne Son
ne hinaus!" sagte der Kranke.
Mit abgewandtem Gesicht geht sie
nun endlich. Im Nebenzimmer ist auch
eine Uhr, nach der sie hinsieht. .Noch,
drei Minuten dann! Man ist pünkt
lich hier!"
Mit dem Tuch wischt sie den kalten
Schweiß von der Stirn. Ihr Athem
kommt stoßweise. Ab» sie kann vom
Platz, sie hat schon das Feldinarschall
„O du! Was sind eure Kriegsnöthe
erstickt ihr.
die der schönsten der Welt, der des Ka
pitals mit ihren drei Linien, nachge
ahmt ist. Die volle Höhe des Schlosses
weißt der Raum aus, und der Treppe
nrechts und links niedergehen, bietet
Platz für Abspielung ganzer Festlich
keiten. Hier hat sie als einziehende
durchzog die Halle, und Frauenchöi'e
sangen Jugend, Schönheit, Freude
spiegelte das alte, große Venetianer
cin verschwenderischer Vorfahr das
Schloß gebaut hatte. Der Spiegel
wirft alles da unten zurück, wenn die
Doppelthür geöffnet ist, wie sie heute
befohlen hat: den Schloßhof, den
Durchblick durch die Thorhalle, den
Parlweg, die Häuser links, das Mau
soleum auf der Höht.
Mittelpunkt festlicher Freude. Tief in
über den Schloßhof, vom Prinzenflii-
Strohschicht.
„Jetzt! Jetzt!" stöhnt sie leise.
Es blitzt hell auf in der Sonne, das
Kreuz, das der Schloßkantor voran
klar.
Und sie sieht weiteres, deutlich, ganz
deutlich: Fahnen, alte Schilde, Kränze
Des einzigen, das sie besessen hat, das
Landes, das Glück ihres Gatten, der
Stolz ihres Herzens! Ihr liebes, lie
bes Kind, ihr Hugdietrich. Hingerafft
chen. Es ist ihre Pflicht.
Wirthshausschild Prinzen
Sie dürfen weintn!
Ihr Auge muß trocken bleiben! O
Qual! Qual!
Nun steigt der Zug den Weg hinan
die Purpurdecke mit den goldenen
sterbaus stehen offen.
Nun ist das Roth fort, ist nur noch
schwarzes Menschengewühl! Sie läßt
los, tastet mit den Händen in der
Lust, saßt dann nach dem Spitzenge-
Wirr, das über sie fällt, und zerreißt
es. Wie die weißen Fetzen am Boden
liegen, starrt sie darauf nieder, wischt,
über die Lippen, ein blutiger Tropfen
bleibt an den Fingerspitzen zurück. Ha
stig tilgt sie ihn mit dem Tuch, schließt,
sich erhebend, die Augen eine Sekunde
und meidet, als sie sie wieder öffnet, die
glänzende Spiegelscheibe.
Nichts, als das leise Knistern deZ
Regens auf dem Stroh im Schloßhof.
Niemand hat sie hier gesehen allein
hat sie's durchgekämpft.
Aufrecht, nur ausrecht!
Ihre Schleppe schleudert das Spi
tzengekräusel rechts und links über deu
Ausrecht, nur aufrecht!
Und so geht sie den Weg zurück
durch Corridore und Räume und tritt
sich auf ihren Platz. Da macht er eine
Bewegung. „Du bist da? Ich fühle
es! Sahst unsern Jungen?" Und :he
sie antworten kann, ehe die gräßliche
Starrheit sie verläßt: „Ist er gedul
dig? Hat er Freunde bei sich? Du hast
doch dafür gesorgt, daß er nicht allein
hält und er in ihr Gesicht blicken will:
„Es geht ihm gut? Sag's doch!" beugt
sie sich herab und thut, was streng ver
daun flüstert sie: „Gut! Er grüßt
er schickt das das!" Und legt den
Kopf auf die Kissen, ihren wilden
Schmerzensschrei zu ersticken. Die Fin
der. bald!"
Sie läßt sich willenlos nach dem
Sessel hinführen, und Fürst Otto lä
chelt zufrieden und schläft wieder ein.
Das Stroh bleibt liegen, die Sonne
hat es getrocknet.
Im Bett aufrechtsitzend, fragt der
Fürstin heute wieder nicht? Ich meine,
es ist schon der dritte Tag?"
„Durchlaucht, die Frau Fürstin be
darf der Ruhe ernstlich. Die an
strengende Pflege!"
laucht/
„Gut! Der kleine Kerl! Den
hat sie genug entbehren müssen! Gut!
gut!"
Der flüsternd Gerufene steht still.
Wunder! Wir fühlen es alle!"
Gesicht. „Unser Prinz! Unser« Für-
Keine Antwort. Nur das Ticken
der Uhr, Der Arzt zieht langsam an
Das wird der schwerste
"u°'ss ht vl! S t
Rittern und der andere auf das Mu
ster des Teppichs.
~Un' wenn sein Jähzorn, was 'n
Diener an. Dann legt er ihm die
Hand auf die Schulter. „DaS hat sie
selbst noch bedacht, Lorenzen, mit letz
ter Kraft hat sie's auf «inen Zettel für
ihn geschrieben, so 'ne Art Testa
ment. Ich habe ihn. .Wieder verhei
rathen! Kinder! Hugdietrich und
ich —" zu Ende ist sie nicht damit ge-
Lorenzen horcht, nickt, sagt dann:
.Wieder Heirathen müssen wir müs
sen wir ja!"
Und dann knickt er zusammen und
schluchzt und erschrickt selbst über den
lauten Ton in den stillen Gängen des
alten Fürstenschlosses.
Mutterseelenallein.
Das Wort mutterseelenallein ist
dem deutschen Gemüth entsprossen.
Darum haben es die strengen Sprach
richter auch für sprachlich unhaltbar
und dem Sinne nach für unlogisch er
llärt. Vor einiger Zeit entstand in
einer Tageszeitung «in Streit über
ten Sinn od«r d«n Unsinn dieses Wo
rtes; es fanden sich nur grammatikali
sche Ankläger, aber kein gemüthvoller
Vertheidiger diese trauten Wortes.
Die.Mutterseele", sagt« man, sei schon
darum nicht .allein", weil es gerade
das Wesen der Mutter sei, nicht „al
lein" zu sein, sondern im Gegensatz
zur alien Jungfer in einer kinderrei
chen Häusli.Kkeit zu walten. Ein Neu-
Philologe glaubte sogar erkannt zu
haben, daß dies liebllingendc Wort,
auf das der deutsche Sprachschatz mit
Recht stolz sein möchte, gar nicht ein
mal von der deutschen Zunge gebildet
worden sei. Das Wort .muttersee
lenallein" sei vielmehr nur eine miß
rerständliche Hinwendung des franzö
sischen: „moi je suis tout seul" in's
Teutsche, das vielleicht aus dem El
sässer Teutsch getommen sei.
Am besten könnte man diesen
Tprachslcptiker widerlegen, ivenn man
ihm aus der altdeutschen Literatur die
erste, ganz selbständige Anwendung
dieses Wortes nachweisen könnte.
Viele, dit mehr belesen sind als ich,
werden es vielleicht vermögen. Mir
selbst ist ossengestanden das Wort in
der Schristliteratur nie ausgestoßen.
Es scheint wirklich nur ein Volkswort
von Frankreich wie ein mißverstande
ner Satz im Telephon zu uns herüber
geflogen zu sein; es klingt zu deutsch,
um nicht auch «inen tiefen deutschen
Sinn zu haben.
Die Kenntniß der norwegischen
Sprache hat mich angeregt, nachzuse
hen, ob nicht in ihr die Wurzel dieses
germanisch gefühlten Wortes zu Tage
liege. Di« Franzosen haben gewiß kein
entsprechendes Wort für „muttersee
lenallein" gebildet; die Holländer und
die Skandinavier müßten es schon eher
gethan haben, wenn wirklich einDrang
des Gemüthes zur Bildung dieses
Wortes vorgelegen hat. Nun hat man
es in der norwegischen Sprache nicht
buchstäblich, aber man hat auch hier
das gemüthvolle Bedürfniß, in der
Bitterkeit der Einsamkeit der Mutter
zu gedenken. „Ich bin mutters-alene"
ist ersichtlich eine aus dem Deutschen
übernommene Sprachwendung, wört
lich: muttersalltin, während man rein
norwegisch beim Gefühl großer Ein
samkeit sagt: „der dar ingen ModerS
Sjael", „da war keine Mutterseele."
Also das Wort .mutterseelenallein"
findet sich im Nordischen nicht, wohl
aber das Gemüths- und Sprachbe
dürfniß für denselben Begriff. Da
mit kann die Annahme, daß es im
Grunde vielleicht nur ein mißverstan
denes Französisch sei, zurückgewiesen
sein. Auch «rsch«int das Wort zuletzt
gar nicht mehr so „unlogisch" und
mich sorgende Seele.
Doch ich glaube, das tiefgefühlte
Wort hat noch eine zartere Gemüths
wurzel. Wer das stille Weben eines
Mutterherzens poetisch mitempfinden
kann, der spürt in allem Mütterlichen
neben dem tiefsten Glück auch eine
ein Lächeln unter Thränen, sie beugt
sich vertieft über das kleinste aller We
sen und hat doch einen dankbar zee
ja, sie selbst versteht ihr Herz nicht
räthselvollen Dunkel der Schöpfung
ausgesetzt. Dies stille Wesen und We
ben eines Mutterherzens scheint mir
das Bolksgemiith in das schöne Wort
.mutterseelenallein" mit hineingelegt
scheint es; denn der Begriff Mutter
Wort Mutter? In den .Liedern aus
und wurde von einem Kritikus die
ser mißlichen Neubildung willen ge
tadelt. Aber wie man von jemand
der Begriff der Mutter ist der tiefere,
das Bewußt - Thätige zum Unbewußt-
Ruhenden. So ist auch das Wort
„mutterseelenallein" tiefer und vielsei
der ein neuer Beweis dafür, daß et
voll der sinnreichsten Empfindungen
ist. Denn wie eine junge Mutter
fälischen Malers, das ein alles Müt-
derte, schrieb ich das kleine Gedicht:
Mutterseelenallein.
Die es durch den Tod verlor!
Dort die Kirche, hier di« Gassen,
Und dazwischen steht ihr Haus,
Was der Friedhof ihr gelassen,
Viel kann eine Mutter geben,
Aber alles nimmt die Welt.
Das ein Bild des Friedens scheint,
Auf der Alucht.
sind die Irrlichter, tückische Elsen,
Der Mann, der da eilig durch die
Nacht schreitet, achtet nicht auf Spuk
und nicht auf Vollmondzauber. Der
Mond beleuchtet ein bleiches, trotziges
Gesicht und trotzige Worte spricht sein
Mund, während seinStock grimmig die
Erde stampft. Er ist frei, frei, und sie
sollen ihn nicht wieder fangen, lieber
sterben hier auf der Haide. Dort hin
ter dem Wald ist die Grenze, die Frei-
Da, was ist das? Ein seltsames
Glucksen, Murmeln unter seinem Tritt.
Er stockt, da sinkt sein Fuß ein. Er
Lippen, doch nur tiefer sinkt er «in, bei
jeder Bewegung tiefer, schon reicht die
zähe, feuchte Masse ihm bis an's Knie
und langsam und doch so unheimlich
schnell steigt sie und um ihn tanzen
höhnisch die Irrlichter, Erlkönigs
Töchter. Ein wahnsinniger Gedanke
durchzuckt sein Hirn, Grausen packt ihn,
kalter Schweiß perlt auf der bleichen
Stirn, es ist das Moor, das Moor. Er
schreit nach Hilfe, scheu anfänglich und
zögernd, erschreckend vor der eigenen
Stimme, dann immer lauter, unbe
kümmert, ob er die Häscher anlockt.
Niemand antwortet, als das spottend«
Echo, hier und da fliegen Nachtvögel
auf, widerlich krächzend, und der Tod
tenruf der Eule gellt an sein Ohr. Er
ist zum zweiten Male gefangen und
nun muß er sterben. Und er malt es
sich aus, wie der feste, ekelhafte
Schlamm steigt bis zu den Schultern,
Und schon reicht die gurgelnde, bro
delnde Masse bis an seine Brust. Und
Leibhaftig« fein Wesen. Er lauscht,
Eben tritt der Mond wieder hervor
tes Gesicht, krampfhaft ausgestreckte
Arme. Er will den Gewehrriemen lö
lich mühevolle Arbeit, aber sie gelingt,
Erschöpf! sinkt der Gerettete nieder,
leben!
dazu, Herr Professor?" Gymnasial-
Professor:
Kein Gentleman. .Haben
welche Ihr politischer Rivale über Ihr«
Züahrheitsliebe und Ehrenhaftigkeit
machte?" .Ja." .Und lassen Sie das
so auf sich sitzen?" „Warum nicht?
Mein Stolz verbietet mir, mit Jeman
isi. Und ein Mann, der «inen ander«»
«in«n Lügner nennt, ist kein Gentle
man."
Mir liegt ein Lied voll Leide
Ueber die träumende Haide
Trug ichs erst leise hin.
Weit in schlafende Wälder
Schleppt' ich sein schluchzendes Herz.
Im Wind und Winterfelder
Schmetterte manchmal sein Schmerz.
soll sein Klagen gehen
Hinaus mit klingendem Schrei:
Nie hab' ich die Jugend gesehen!
Nun ist sie ewig vorbei!
Die Dame mit den Rosen.
„Sehr aufmerksam von Fritz, daß er
Dir dos schöne Bouguet sandte," sagte
der elegante Herr in dem Schaukel
stuhl, der auf dem Balkon der Villa
sein« Eigarette raucht und von Zeit zu
Zeit «inen Schluck Th«e aus der kost
baren chinesischen Tasse trinkt.
Nicht weit von ihm sitzt die schöne
Dame mit dem herrlich«» Strauß Ro
sen auf dem Schoß«.
„Ja, sehr aufmerksam," erwiedert sie
kalt und gleichmiithig, und ihre blen
mcrrobe fallen, in die ihr schlanker
Körper gehüllt ist. Wer sie in dieses
Kleid geschmiegt, so auf Chaise
den wie etwas Nixenhaftes. Wie hieß
kalten Stadt des Nordens voll Schnee
vergilbten Acten liegt? „Gefährliche
Sirene". Ja, so war's. Gefährliche
Sirene!
„Es scheint," sagt« der «legant« Herr,
Rose" »weite
ihn aber in einer
„In welch«r Weise?"
„Nicht? Wirklich nicht?"
„Er ist mir gleichgiltig. Das ist
olles."
Blätter der Rosen.
fuhr der Herr fort. „Und er hat sich
„Ach ja. Aber Du weißt... ich
Und si« griff mit völler Hand in die
wirbelt«. bh'
.Thu' was Du willst," sagte dann
der Herr leise und verliebt. .Es klei
det Dich alles schön."
Dann verlitß er den Balkon und
sie eine Ziffer sah: Sieben.
.Sieben," flüsterte sie.
Das bedeutet um .sieben Uhr" ...
kl George: .Willst Du, daß die Leute
nach Deinem Tod« Gutes von Dir
reden. s«i st«ts heiter und freundlich
willst, daß sie bei Lebzeiten Gutes von
tung^Skui? durchgemacht und habe in
zwei Monaten 30 Pfund abgenom
men!" H«rr: „Was Sie sag«»! Und
was hoben Sie mit dem Fett ze-