Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 18, 1902, Page 3, Image 3

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    IkeiMMb.
Rrmin von Akliil oIÄ Onmai.i».
Erstes Capitel.
Doktor Hermann Artner sucht«
nach «iner Gelegenheit, sich der Dame
des Hauses unauffällig zu empfehlen.
Vor einer Stund« hatte man sich
nach d«m überlangen Diner von der
Tafel erhoben. Ein Theil der Herren
war ins Rauchzimmer gegangen, und
Pen vereinigten Gäste den Klängen
des wundervollen Bechsteinflllgels be
sondere Aufmerksamkeit geschenkt
hätten. In dem anstoßenden Gemach«
plauderte man sogar recht ungenirt,
obwohl die Thüren weit offen stan
den. Hier hatte sich um Fräulein Else
Flemming, die Tochler ver verwittwe
ten Gastgeberin, ein Kreis gebildet, in
dem auch die Epaulettes einiger Lieu-
Auch Doktor Artner hatte sich für
«ine Weile diesem Kreise zugesellt.
Aber er war ein stiller, ernst blicken
mehr und mehr verstimmend auf seine
ohnedies nicht sehr rosige Laune. Er
»var kein Freund der le«r«n und prah
l«rtsch«n Geselligkeit, wie er sie in den
Patrizierfamilien der reichen Han
delsstadt nun schon sattsam kennen
oelernt hatte. Und für die Reize die
ser flachen, witzelnden Unterhaltung
fehlte ihm jedes Verständniß.
Am meisten aber verdroß ihn die
Dreistigkeit, mit der «in blutjung«!
Lieutenant, dem kaum die ersten
flachsblonden Schnurrbarlhärchen
sproßten, FräuleinElse den Hos mach
te, und die gelassen« Freundlichkeit,
mit der sie seine Huldigungen auf
nahm. Er sing an, seine Zuschauer
rolle ziemlich überflüssig zu finden
und stahl sich hinaus, um der Haus
frau die pflichtschuldige Abfchiedsver
veugung zu machen.
Die Künstlerin am Flügel halte
«ben geendet. Man klatschte und gab
in allerlei beifälligen Bemerkungen
seinem Entzücken Ausdruck, obwohl
Niemand richt wußte, ob e« Beetho
ven oder Chopin gewesen war, was
sie gespielt hatte. Frau Flemming,
eine noch immer sehr ansehnliche Da
me mit klugem, energischem Gesicht,
reichte ihr unter freundlichen Dan
ieSworten die Hand. Und einige
Augenblicke später benutzte Hermann
Artner die kleine Bewegung, die in die
Gesellschaft gekommen war, um Fch zu
„Sie wollen schon fort? Wie scha
de! Aber ich hoffe, wir sehen Sie
recht bald wieder. Mir ist, als hät
ten Sie sich neuerdings viel seltener
gemacht, lieber Herr Doktor!"
Er entschuldigte sich mit den An
einer fachwissenschastlichen Arbeit,
durch die er gerade jetzt sehr start in
Anspruch genommen sei. Noch ein
Paar höfliche, nichlssagendeWorle von
beiden Seiten, und er war entlassen.
niemand befand. Da klang es halb
laut hinter ihm: „Herr Doktor Art
ner!" und er sah sich, als er hastig
Rach/?"'^
Gestalt und der Fülle ihres lichtblon-
Doktois Gesicht.
glauben Si« ja gar nicht im Ernst.
Und weshalb gehen Sie schon so
früh?"
Aber sie blickte ihm fest ins Gesicht
aber ich glaube nicht an die Dringlich
keit Ihrer Arbeit. Sie gehen, weil
Sie mir böse sind gestehen Sie's
„O, Fräulein Elf« ..."
„Nein, keine Ausflüchte! Ich
merkte es r«cht gut an Ihrer Schweig
samkeit und an Ihrer finsteren Miene.
Aber ich daß Sie so fortge-
gemacht hat.
„Sie haben mich also vermißt,
Fräulein Else? Und ich glaubte..."
„Ach, es war gewiß etwas sehrNZr
risches, was Sie geglaubt haben," lä
chelte sie. „Und cs ist eigentlich gar
nicht hübsch, daß Sie mich durch Ihr
unverdientes Schmollen gezwungen
haben, Ihnen solche Geständnisse zu
„Wie tief Sie mich beschämen! Ja,
ich will aufrichtig sein: es that mir
weh, daß diese jungen Leute sich her
ausnehmen durften, Ihnen abge
spielen. Nun aber ...
Hinter ihnen öffnete sich die Thür,
und ein kleiner, ältlicher Herr trat
aus den Gesellschaftsräumen in das
Vorzimmer ein. Hastig hatte Else
ihr« Hand zurückgezogen ;aber es war
ungewiß, ob dir n«u« Ankömmling
diese Bewegung nicht doch noch wahr
genommen hatte.
„Auf Wiedersehen also, Herr Dok
tor!" sagte sie rasch und mit gut ge
spieller Unbefangenheit. „Wir er
warten Sie morgen Nachmittag zum
Thee. Und dann werd«n wir weiter
darllb«r reden."
Mit einem leichten Neigen des Ko
pfes grüßt« si« den andern und kehrte
in den Salon zurück. Läch«lnd hatte
der klein« Herr ihr nachgeblickt. Dann
wandte er sich gegen Hermann Artner:
„Auch schon fahnenflüchtig. Herr
Doktor? Ich fürchte, da» werden die
jungen Damen Ihnen nicht so leicht
verzeihen wie mir altem Knaben.
Man sängt drinnen ja eben erst an,
sich etwa» zu erwärmen."
Hermann kannte den Mann nur
oberflächlich als den Rechtsanwalt
Doktor Dallwig und als einen häufi
gen Besucher des Flemming'schen
Hauses. Vorhin an der Tafel hatt«
er ihm gegenübergesessen und mit vie
lem Mißvergnügen sein« oft recht ge
wagten Scherze über sich ergehen las
sen müssen. Gern wäre er jetzt einem
weiteren Gespräch mit dem ihm wenig
sympathischen Menschen ausgewichen.
Aber derßechtsanwalt nahm ihn ohne
viele Umstände in Beschlag.
„Warten Sie doch einen Augen
blick," sagte er. nachdem er draußen
auf dem Gange mit Hilfe des niedli
chen Hausmädchens in seinen Pelz ge
schlüpft war und es zum Dan! scher
zend in die runde Wange gekniffen
halte. „Ich will nur noch eine frische
Cigarre anzünden, dann gehen wir zu
sammen."
Die ersten dusligen Rauchwölkchen
von sich blasend, stieg «r neben dem
schweigsamen jungen Arzt die Treppe
hinab. Sein feistes Gesicht mit dem
wohlgepflegten Spitzbart war start
geröthet, und seine kleinen Augen
schwammen in einem matten, wässeri
„Guter Tropfen dieser dreiund
siebziger Lasitte nicht wahr?" plau
derte er mit etwas schwerer Zunge.
„Stammt noch von dem verstorbenen
Flemming. Ja, er verstand sich auf
fein«n Keller ebensogut wie auf man
ches andre. Hätte nur länger leben
sollen. Haben Sie ihn noch gekannt?"
Hermann Artner verneinte. Er
hatte vor wenig Monaien das HauS
d«r Wittwe zum «rstenmal betreten,
halb Jahren todt.
nen. Wenn man bedenkt, daß er fast
mit nichts angefangen hat! Jam
merschade, daß er schon so früh den
Weg alles Fleisches gehen mußte!
Das heißt schade für die Hinter
bliebenen! Denn was ihn selbst be
trifft pah! Wohl dem, der es hin
ter sich hat. Meinen Si« das nicht
Wege trennen. Der meine führt mich
nach jener Richtung."
„So gehe ich noch ein Stückchen mit
Ihnen. Die kühle Abendluft thut ei
nem wohl nach der Hitze da oben, und
die wir Leben nennen. Aber Sie sind
freilich zu jung, um eS so anzusehen.
Ihnen macht das Puppenspiel wahr-
Deichstraße."
„Brrr ein häßliches Viertel!
Aber man soll nicht undankbar sein.
Und es war, bei Gott, nicht die schlech
teste Zeit meines Lebens. Ein winzi
ges Bureau mit einem einzigen Schre
iber, der obendrein wenig genug zu
thun hatte zwei dürftig möblirte
Zimmerchen Mittagessen in einem
bescheidenen Restaurant kleine Ver
hältnisse und klein« Sorgen! Man
sollte eigentlich niemals darüber hin
es nicht. Wenn nur nicht etwas so
nichtswürdig Verführerisches in dem
Wörtchen Reichthum wär«! O, ich
weiß noch recht gut, wie miserabel mir
sch»fl vonLeulen kam. die anscheinend
kaum wußten, wai sie mit all ihrem
„Den Droschkenkutscher da drüben
an der Ecke. Nicht, daß ich in seiner
Haut stecken möchte! Dazu habe ich
daß er hier in der kalten Nachtluft
und mitten im Straßenlärm auf sei
nem Bocke schlafen kann, als läge er
in den weichsten Daunen. WaS für
ein« herrliche Gemüthsruhe muß man
besitzen, um das zu Stand« zu brin
' d I dh tt h '
Hermann Artner» Gegenwart von der
des Rechtsanwaltes gesprochen. Des
halb klangen ihm alle diese Phrasen
jetzt doppelt widerwärtig. Und kurz
entschlossen blieb er stehen.
„Verzeihen Si« ab«r ich werde
mich nun doch von Ihnen verabschie
den müssen."
„Ach, ich verstehe die Vergnü
gungen diese» Tage» sind für Sie
wahrscheinlich noch nicht zu Ende. Da
will ich allerding« nicht stören. Nur
einen freundschaftlichen Rath möchte
ich Ihnen noch geben, ehe wir uns
trenn«n. W«rd«n Si« mir's übelneh
men, wenn er ein bißchen offenherzig
ausfällt?"
„DaSie ausdrücklich bemerken, daß
es ein freundschaftlicher Rath f«in
soll "
„Lassen Sie sich nicht zu tief mit
den Flemmings ein, mein lieber Herr
wasßesseres dabei herauskommen, als
bitter« Enttäuschung. Glaubtn Si«
mir's; d«nn ich habe Fräulein Else
schon gekannt, lange bevor sie schul
pflichtig war. Und nun, gut« Nacht!
Ich kann d«r V«rfuchung nicht wider
steh«», au» purer Mißgunst diesen
beneideniwerthen Droschkenkutscher
aus seinen süßen Träumen zu rei
ßen."
Er lüftete leicht seinen glänzenden
Cylinderhut und schritt langsam über
den Fahrdamm, den Dust seiner
schwerenHavannacigarre in einem sei
nen Rauchwölkchen hinter sich lassend.
Zwei Minuten später sah ihn Her
mann Artner an sich vorüberfahren.
ganz in eine Ecke ser offenen Droschke
gekauert, und das Gesicht beinahe voll
ständig in dem hochgeschlagenen Kra
gen seine« Biberpelze« vergrabin.
Zw«it«S Capitel.
Straß« «rreicht hatt« und nach alterGe
wohnheit zu den Fenstern seinerJung
gesellenwohnung empor sah, gewahrt
er mit einig«rUeb«rraschung, daß zwei
von ihnen Hill erleuchtet waren. Das
Aufmerksamkeiten zu verwöhnen. Ra
scher als sonst eilte er die Stiege em
por. Und schon an dem verdrießlichen
Gesicht, mit dem ihm die alt« Frau
Ntubautr öffnete, sah er, daß irgend
etwas ihr Mißfallen erregt hatte.
„Gl , daß Sie endlich da sind, Herr
ruhe, weil ich sie in da« Ordinations
zimmer hineingelassen habe. Aber sie
wollten ja durchaus auf Sie warten."
me spitzig. „Und sie werden vielleicht
Ursache dazu gehabt haben. Ich glau
be, es ist ein Liebespaar od«r so
was dergl«ich«n."
Der Doktor verzichtete auf weitere
stehen.
H
kennst? Und ich hatte gehofft, dich
„Mein Nesthäkchen!"
„Gönne auch ihr einen freundlichen
Willkomm, Hermann! Denn eist
deine Schwägerin Tuima Artner
ohne weitere« mitgekommen bin. Aber
Rolf bestand darauf, daß ich ihn be
gleite. Und da mußte ich wohl gehor
chen."
Sie sprach das Deutsche ganz flie
ßend, nur mit einer etwas sremarti
gen Fülle und Dehnung der Vokale.
Dem Doktor aber wurde die sonder
bare Situation, in hie er sich da so
unvermuthet versetzt sah, nur noch
wunderlicher durch die Erkenntniß,
daß sein« tnmkelhäutig« Schwägerin
sich ganz wie «ine wohlerzogene weiße
Dame zu bemhmen verstand.
„Ich freue mich diese« Vew«is«s sei
ner brüderlichen Liebe," sagt« er
ziemlich unsicher, „und ich heiße Sie
von Herzen willkommen. Aber es
war eigentlich nicht hübsch von dir,
Rolf, mir die Thatsache deiner Ver
heirathung bis zu dieser Stunde so
ganz zu verschweigen."
„Es ist wahr, ich hätte dich schon
vor einem halben Jahre damit über
raschen sollen," erwidert« der Geta
delt« fröhlich. „Aber erstens hätte ich
die Epistel damit beginnen müssen,
mich wegen eines mehrjährigen Still
schweigen! zu entschuldigen. Und
dergleichen gehört für mich nun ein
mal zu den unangenehmsten Dingen
von der Welt. Zweitens aber und
das Ist die Hauptsache hätte ich
mir gar keine Hoffnung machen dür
fen. dich mit der Kunde dieses Fami
lienereignisse« ausnehmend zu er
freuen. Denn die kleine Frau da ist
eine halbe Wilde, die Tochler eines
deutschen Arztes und «iner echten Sa
moanerin von ganz unversälschtem
Blute. Sag« mir ganz ehrlich, Her
mann, ob dich eine solch« Mittheilung
nicht mit blassem Entsetzen erfüllt ha
ben würde. Denn «ine junge Frau
von so gemischter Herkunft konnte ja
in unbewußter Erinnerung an die
freundlichen Siilen ihrer Vorfahren
eines Tages auf den Gedanken verfal
len, mich vor lauter Liebe nicht nur
bildlich, sondern buchstäblich aufzu
essen."
„Aber, Rolf!" mahnte Frau Tui
ma halblaut. Und e» sah allerliebst
aus. wie sie in ganz mädchenhafterVe
schämung das Köpfchen senkte. Zärt
lich seinen Arm um ihren Nacken
legend, zog der blonde Riese die leise
Widerstrebende an seine Brust
„Nun aber," plauderte er in seiner
treuherzig übermüthigen Weis« wei
t«r, „da du sie mit eignen Augen sehen
kannst, nun wirst du bald genug inne
werden, daß ich da drüben auf Upolu
einen Schatz gefunden habe, den ich
gegen kein« Herrlichkeit der Welt wie
der eintauschen möchte. Lerne sie ken
nen und wage es dann noch, mir
zu sagen, daß irgend eine andere
Schwägerin dir lieber gewesen wäre
als sie!"
„Da ich dich so glücklich sehe, ist
deine Wahl sicherlich die rechte gewe
sen. Aber diese Uerraschung, die dir
so großartig gelungen ist, bringt mich
nun um das Vergnügen, deiner Gat
scheidenstt Gastfreundschaft vermag
ich armer Junggeselle euch in diesem
Augenblick zu erweisen."
ist es gewesen, auf
möchtest du lang« Gischichlen von mir
hören, nicht wahr? So eine Art Ge
neralbeichle über mein« Erlebnisse aus
den letzten fünfzehn Jahren, wäh
rend deren wir verteufelt wenig von
schieben wir auf später, mein guter
Hermann!' Für jetzt muß dir's genug
sein, daß mich weder die Kannibalen
noch die Moskitos verzehrt baüen,
und daß ich glücklich in den Schooß
der allein selig machenden Civilisition
zurückgekehrt bin, um hier, will's
Gott, in Frieden und Fröhlichkeit
meine Tage zu beschließen."
„Du willst inDeutschland bleiben?"
fragte der Dottor in neuer Ueberra
fchung. „Und doch schriebst du mir
vor einigen Jahren "
„Daß ich mich niemals entschließen
würde, mein samoanisches Paradies
zu verlassen. Jawohl! Und schwer
genug ist mir'S geworden, das weiß
der Himmel. Aber es gibt eben Ver
lockungen, die auch die festesten Vor
sätze ins Wanken bringen. Und dann
durfte ich ja auch wie unser Urvater
das Beste aus dem Garten Eden mit
mir nehmen: meine kleine, goldbraune
ersetzt."
Geschickt hatte sich Frau Tuima ei
ner ihr abermals zugedachten Liebko
sung entzogen. Und mit ihrer wohl
tönenden Stimme, in der immer ein
rührender Klang fast demiithiger Be
scheidenheit war, sagte sie:
„Wolllest du nicht dem Herrn Dok
tor vorschlagen, uns in unser Hotel zu
begleiten? Ich bin wirklich sehr mü
de nach all den Anstrengungen dieses
Tages."
„Und du hast ein guies Recht dazu.
Wir sind nämlich erst um drei Uhr
Nachmittags im Hafen gelandet, ha
ben dann wohl oder übel im Haufe
meines Socius diniren müssen, wie
wenn wir uns während der ganzen
Seefahrt nicht ein einziges Mal hät-
Deines Socius, sagst du? Wer ist
schästsantheil, wie du dir wohl den
ken kannst, denn selbst einem Sonn
tagskind wie mir fallen die Millio
nen nicht gleich Schneeflocken vom
als richtiger Theilhaber mit d«m
Jahreseinkommen eines kleinstaalli
chen Premierministers und mit noch
schöneren Aussichten für die Zukunft.
Und das einzige Zug«ständniß, das
ich dafür machen mußte, war die Ver
pflichtung, mich fortan hier, am Sitz
der Firma, niederzulassen."
„DaS ist eine Veränderung, zu der
ich nicht nur dich, sondern auch mich
selbst beglückwünsch«. Natürlich wirst
du dir so bald als möglich «in«n eige
nen Haushalt einrichten?"
„Ist schon geschehen. Der junge
Herr Rodenberg, mein Socius, hat
«in« r«izende klein« Billa am Schwa
nenwiek für uns g«mi«thet und sie
tin bis auf den letzten Kochlöffel fix
und fertig ausgestattet. Gleich nach
dem Diner mußten wir hinausfahren,
lich viel lieber erst zu dir gekommen
wäre. Und ei steht nichts im Weg«,
zu thun. Offen g«standen/ li«ber
Rolf, es wäre doch vielleicht hübscher
gewesen, wenn du mich früher von
richtet hättest^
bärtigen Antlitz ruhten. Während
der ganzen Fahrt nach dem ziemlich
weit entfernten behielt der jun
ein übermüthiger Knabe. Vesti
bül des Gasthauses verabschiedete sich
dann DoktorHermann Artner von sei
ner Schwägerin, und jetzt tostet« es
ihn keine Mühe mehr, ein liebenswür
dig herzliches Wort zu finden.
„Auf Wiedersehen, Herr Doktor,"
erwid«rte sie, und er fühlte mit inni
gem Vergnügen den warmen Druck
ihrer kleinen weichen Hand. „Wenn
wir erst in unserem Hause sind, wer.
den Sie ei hoffentlich ein wenig» auch
als das Ihrige ansehen."
„Natürlich," ergänzte Rolf, „so ein
armer, bedauernswerther Junggeselle
muß ja froh sein, irgendwo ein trau
tes Nestchen zum Unterschlüpfen be
hi«r unten, Liebster! Sobald ich mei
nen Schatz in Sich«rh«it gebracht ha
be, bin ich wieder da."
Eine klein« halbe Stunde war doch
vergangen, bevor er zurickkam, heiler
und strahlend in der Füll« s«ines jun
gen Glückes.
„Wohlan denn, jetzt bin ich frei und
zu allen tollen Streichen aufgelegt.
Laß uns irgend einen behaglichen
cs ist seit meiner Verheirathung das
erste Mal, daß ich Tuima allein lasse.
Und ich wette, sie schläft trotz der hei
terarifche Kränzchen gibt, hat sein
Töchterchen doch eine selbst für eurö
mochte sie n.chl anders haben als s.e
„Es freut mich, Rolf, daß du so
etwa den Eindruck gewonnen, sie sei
zu wildeS Gewächs?"
„Also doch eine Gefahr? Nur her
lieber Rolf! Denn dies« Gefahr bist
.
„Ich? Das ist löstlich. Meinst du
hier manches bald in einem andern
Licht« darstellt, als du es drüben auf
eurem glücklichen, wiltentlegenen Ei
land gesehen. Ich zweifle gewiß nicht
an der Tief« und Beständigkeit deiner
Liebe; aber "
Rolf war plötzlich ernst geworden,
und schwer legte sein« Hand sich auf
des Bruders Arm.
„Du thust sehr wohl daran, si«
nicht zu bezweifln. Aber dann ist es,
wie ich meine, auch überflüssig, von
dieser v«rmeintlichen Gefahr für Tui
mas Glück noch weiter zu reden. Was
auch immer mir hier in ein«m andern
Lichte erscheinen mag, sie wird für
mich doch stets dieselbe bleiben, die sie
mir am Tage meiner Hochzeit gewe
sen ist. Und das ist genug, um dich
zu beruhigen, nicht wahr?"
Der Doktor süllte aufs neu« die
Gläser und erhob seinen goldig schim
mernden Römer:
„Auf ihr Glück und deines, Rolf!"
„Und aus eine künftige fröhliche
Gemeinschaft zu dreien!" ergänzte der
Blondbärtige, indem er mit ihm an
stieß. „Da ich auf dich nicht eifersüch
tig zu sein brauche, kann ich dir'« ja
verrathen, daß du Tuima sehr gut ge
fallen hast. Und du darfst sichir sein,
daß das ihr« ehrliche Meinung ist;
d«nn es kommt ni« ein unwahres oder
unaufrichtiges Wort über ihre Lip
pen."
„Ich werde redlich bemüht sein,
mir ihr« Freundschaft zu verdienen."
„Sie wird dir's nicht allzu schwer
machen, wie ich denke. Aber sage mir
doch, Liebster, wie steht's denn eigent
lich mit dir. mit deinem Herzen, mein«
ich? Wenn man so glücklich ist wie ich,
möchte man g«rn all« Welt in demsel
ben angenehmen Zustande sehen. Und
ich wünsche sehnlichst, recht bald auf
deiner Hochzeit zu
wenig in Geduld fassen müssen," er
widerte d«r Dottor lächelnd. „Meine
Praxis ist bei w«it«m nicht glänzend
genug, um die Begründung eines ei
genen Hausstandes zu gestatten."
„Ach, nur mcht zu ängstlich! Ist
denn die Rechte schon gesunden?"
Dokter Artner blieb die Antwort
schuldig und beschäftigte sich angele
gentlich mit seiner Cigarre. Treuher
zig klopfte ihm Rolf auf die Schul
ter:
„Nichts für ungut, mein Junge»
wenn ich manchmal vielleicht ein bis
chen täppisch bin mit meinen Fragen.
Ich verlange gar nicht, daß du mir
gleich in der ersten Stunde dein gan
zes Herz ausschüttest. Aber wenn dich
mal was bedrücken sollte, das ein an
derer dir tragen Helsen kann, dann
wirst du von nun an zu«rst an mich
„Gewiß, Rolf, gewiß!"
Und brüderlich drückten sie sich d!«
Hände.
Dann sah der junge Ehemann aus
seine Uhr.
„Wie doch die Zeit vergeht! Gelt,
du bist nicht böse, wenn ich auf
„Zch begleite dich bis in« Hotel. Ei
liegt ja ohnehin auf meinem Wege."
„Das ist hübsch. Mir ist nämlich,
als ob ich dich noch irgend was hätte
fragen wollen. Ach ja, jetzt fällt mir'»
ein. Ist dir hier jemals der Name
Lornsen begegnet? Im Adreßbuch
habe ich ihn nicht finden können. Aber
ein Arzt kommt überall herum und
lernt so viel« Mtnschen kennen."
Hermann suchte in seinem Gedächt
niß; aber nach kurz«m Nachd«nken
schüttelt« er den Kops.
„Ich erinnere mich nicht. Aber
wenn du mir vielleicht einige nähere
Angaben über die gesucht« Persönlich
keit machen könntest ...
Rolf, der inzwischen den Kellner
bezahlt hatte, nahm seines Bruders
Arm.
(Fortsetzung folgt.)
Einleitung. HeirathSver
mittler: „Betrachten Sie den Schrank
Mittelalter. Der Krug auf demselben
ist zweitausend Jahre alt, dieses Mei-
und (auf ein Bild zeigend) hier die
Dame, die ich Ihnen empfehlen wolli«,
erst vi«rzig Jahre oll!"
Für die Küche.
Holländische Kartoff« ln.
Die Kartoffeln werden in der Schal«
weich gekocht, dann abgezogen und in
Scheiben geschnitten. Indessen hat
man in kochender Butter «inen oder
zwei Löffel Mehl gar werden laffea,
feingehackte Zwiebel und Petersilie da
zu gegeben und schüttet nun di« Kai»
toffelfcheiben dazu, würzt sie mitPfef
fer und Salz, fügt zwei Obertasse»
saure Sahne dazu, läßt alle« gut zu»
sammen durchziehen und richtet es hrih
an.
Makronen zu backen. Mai»
reibt ein halbes Pfund enhülst« süß«
Mandeln, unter denen sich ein pac>r
bitter« befinden, nachdem sie ordentlich
trocken sind, mengt man sie mit einem
halben Pfund feingesiebtem Zuck-r
und mischt noch drei zu nicht steifen»
Schnee geschlagen« Eiweiße darunter.
Aus dieser Masse formt man 40Stück
Wachs bestrichenes Backblech. Im ge
gebacken.
Rothkohl auf eine neu«
Art. Der Rothkohl wird mit Essig
gebrüht, nachdem er wie gewöhnlich ge
hobelt ist, man wäscht ihn mit kaltem
Wasser ab, setzt Schmalz hinzu, giebt
etwas Brühe an und dämpft ihn i»
dieser Flüssigkeit durch. Dann wird
ein Apfel, Zucker nach Geschmack, ei»
Viertel Pfund Johannesbeergelee auf
einen Kopf Roihkohl, etwa«
Paprika und Salz daran gegeben, unt»
da« Gemüse zußöstwürstchen oder klei
nen Schweineschnitzeln, auch zu Gänsi»
Kartoffel-Auflauf. Zeh»
lichst heiß abgezogen und durch de»
Kartoffelquelscher gedrückt oder durch
ein Sieb gerührt, dann in einer Schüs
sel mit 2 Unzen Butter zerrieben, nach
und nach drei bis vier Eigelb, einsieb»
tel Quart saure Sahne, 2 Unzen g«-
rieben» Käse (Schweizer oder Parme
san) nebst 6 Unzen Mehl und etwa»
Salz, zuletzt der Schnee der Eiweiß»
darunter gerührt, die Masse in ein«
mit Butter bestrichene Auflaufform ge
füllt und fünfzig bis sechzig Minute»
gebacken.
Gedämpfte Hammelbrust
mit Kümmel. Das Fleisch wird
in Wasser mit Salz und Wurzelw-rt
weichgekocht und in Stücke zerlegt.
Dann bereitet man aus 3 Unzen But»
ter mit zwei bis drei Löffeln Mehl ein«
helle Mehleinbrenne, verkocht dies;
dreißig bis vierzig Minuten mit der
durchgegossenen Hammelfleisch-Brühe,
zwei Glas Rothwein, Lorbeerblatt,
drei bis vier Citronenscheiben und ei
nem bis zwei Löffeln gestoßenenKiim»
mel, läßt in dieser Sauce dieFleifch»
stücke einige Male aufkochen und gibt
das Gericht mit durchgerührten Kar
toffeln.
Kalbsleberschnitten mit
Kr ä u rn. Kalbsleber
steigender Butter über dem Feuer ge
schwenkt, bis kein Blut mehr heraus
quillt, dann heraus genommen und
feine Kräuter, wie Schalotten, etwa»
Petersilie. Tymian, Kerbel
übriger Bratensauce/diesen Kräuter»
und einer Obertasse Brühe, schmeckt
di« Sauc« ab, würzt sie mit einem hal
ben Theelöffel Maggi -Würz« und
mit etwas Citronensaft und gießt si»
Pudding von R«i s. Mai»
, kocht ein halbes Pfund Carolinareis
in Milch weich und dick. Ist der Reiz
Buttes zu Sahne, rührt L 8 Ei
tzen« Muskatblülhen hinzu und hackt
ein Viertel Pfund Rindsmark oder
frischen Rindsnierentalg klein. Hat
gehackt« Mandeln, gehackte Citronen»
schalen u. gestoßenenZlmmt, sowie zu
letzt das zu festem Schnee geschlagene
Eiweiß hinzu. Man kocht die Masse
in einer dick ausgebutterten Form und
reicht sie gestürzt mit einer Sauce au>
Milch, gestoßenen Mandeln, Zimmt u.
Zucker, die man mit 4 Eidottern ab--
zieht. Obstsauce schmeckt ebenfalls
gut dazu.
Saur«r Weißbraten. Ei»
G«nickstück oder ein Rippenstück vom
Schweine wird geklopft und mit ko
chendem Essig übergössen. Das Rip
penstück muß vorher von Schwarte und
Fett befreit werden. Mit dem Essig
bleibt da« Fleisch 1 2 Stunden lang
stehen. Dann bratet man das Fleisch
in einem Stich Butter und giebt bei«
Braten reichlich dicke, saure Sahn« und
den Essig nach und nach an das Fleisch,
sowie auch zerstoßene Wachholderbee»
ren. Dann bürstet man die sehr
schmackhafte Sauce mit etwas in Was
ser zerquirltem Kartoffelmehl von der
Pfanne los und reicht den Braten mit
beliebigen Beilagen. Er scbmeckt d«rf>
iÄglich und ganz anders, als geloShn
licher Schweinebraten. Die sehr pi
kant« Sauc« muß dunkelbraun sein,
sollte die Hausfrau das nicht erreichen.,
so giebt sie einen halben Theelöffel voll
Liebig's Fleisch - E/trqct dera».
Die Liebenswürdigem
am Telephon. A. (der früh
Morgens per Telephon angeklingelt
wird): Sprechen Sie doch etwa» deut
licher, ick> kann Sie absolut nicht ver
stehen. B,: Sie haben wohl Ihre Oh
ren noch nicht ausgeknöpft? A.: O doch
alier Sic scheinen Ihr Gebiß noch
nicht im Mund« zu haben. 3