2 Die Sommerkönigi«. Roda. Wenn Janko Jankowitfch ollein durch die Stadt geht, thut er's in der Weise der sorgenlosen Menschen. Er lischelt ein paar lustige Takte durch die Zähne, führt mit seinem Spazierstock Hiebe in die Lust oder nach den Kühen, Vorübergehen freundschaftlich die Schulter. Geht aber Janlo Janko ist er lauter Ernst und Würde. Das Ganz Golubintzi ist verschossen in Frau Jankowitsch. Tschika Pero, der Gemeindepandur, ist doch sicherlich ein alter Murrkopf. Aber wenn er sie sieht, lacht er. Na, wcnn die den seli- Freilich, Frau Mora, Jelkas Mut sowie Leute dabei waren, kannt« le litza weder Dackel noch Mato. Still .»nd sittsam brachte sie Thee und Ku chen, lächelte bindfadendllnn mit dem der Gesellschaft mit. Man fragte sie das ein Spaß! Im Nu schaufette der Rücken, Mato mußte Hopp machen, das Mädel im Röckchen, Dackel und tanzten und musizirten, als lanlowitsch dort. Er schon Praktikant beim Bezirksgericht in Ruma und auf Urlaub gekommen. Frau Mora las die „Wiener Land wirthschasilich« Zeitung" durch die große Hornbrille, die ihren harten Zü gen eine amtliche Strenge aufprägte. Janko Jankowitsch erzählte interes sante Erlebnisse aus seiner sechswö chentlichen Thätigkeit beim Bezirksge richt, Jelka stickte. Angeblich an einem Serviettenring, in Wahrheit sollte es werden. Ich grüßte Mama nickte, ohne recht aufzublicken, J«lka sehr herablas send, und Janko drückte mir väterlich „Thee oder Kassee?" fragte meine gesetzt hatte. »Bitte, Kaffee." schtmheiUg. du, Mama, ich bitte schön, wie hcißl doch dcr Doctor aui Essegg, der heut« kommen soll?" »Ja, Motlelberg! Ich wußte, daß er „Was soll das heißen?" Mama!" H H „So trwk doch aus, Vranko! Möchtest schütteln. Motlelberg. Er war ein kleines Kerl- Essen und Trinken. Mit Wohlbeha- Wenn er jetzt wieder graben würde, sollte ihn der Dackel abfassen, plante f tzt ns 112 den Ra n und geduldig schickte mich nach einer Schaufel. Ich holte die Schaufel vom wirfch. »Es ist Feierabend der Maulwurf will auch schlafen," stand auf und ging. Janlo und ich folgten „Zu spät brannte mir lelitza zorn sunlelnd zu, als ich gleich daraus Frau Moras Vorhalle betrat. „Nun muß ich wirklich und wahrhaftig mit dem Zottelbären im Garten herum s!elz«n." „Warum mußt du, Jela?" „Mamas B«sehl. Wozu bist du Herr Mottelberg machte eine «inla dende Armbeug«, Jela legte ihre Fin gerspitzen hinein, und si« gingen. Ich „Du bleibst!" herrschte Frau Mora. „Heut' ist Samstag." Jelka stickte im Vorgarten. Ich Plötzlich legte Jelka ihr Servietten» „Na, Kleiner! Was gilt's, daß ich vor dir Heirathe?" „Wie du du willst Hei rathen?" „Ich will? Fällt mir nicht im „Wc>ö du nicht sagst!" rief ich be wundernd. Ich war noch nie aus den Gedanke» versallen. daß lelitza heira» Sie sagte nichts weiter, machte aber eine lange Nase zu Mama und Mottel berg hin und rührte dabei so eifrig die Finger, als spiele sie Triller auf der Klarinette. „Was ist dir?" fragte ich betroffen. „Was ist dir, Jella?" fragte ich noch einmal. Statt zu antworten, beugte sie sich laut aufschluchzend aus eine Mama, jawohl, Mama selber wolle durchaus, daß Jella den Mottelberg zum Manne nehme. Gestern Abend telbergs Besuch so lurz nach dem der Tante, der gestrige Spaziergang auf Befehl Alles war abgelartet ge wesen. „Du mußt ihm aber doch sagen, Jella, daß du ihn nicht magst," rief ich bestürzt. „Ich kann nicht," jammerte sie. „Du weißt, wie Mama ist," Ja, ich weiß, wie Mama ist! Da war guter Rath theuer. Wir dachten an Mögliches und Unmögli ches. Aber gegen Frau Moras Willen anzukämpfen, würden sich alle Mittel Der Dackel hatte Jelias Spur ge funden. Ihm nach sprang der scheckige Mato. O, Zottelbär wird nicht von seine? Werbung ablassen und Mainas Die „Was denn?" „Pah!" machte sie. „Er lacht dich nem derben Knüttel —" „Du bist ein Esel!" entschied sie un muthig. Dann schwiegen wir Beide und san nen nach. In leisem Weinen zitterte Zellas Busen. Plötzlich schrie ich auf: „Jella, ich Hab's! Du machst die Sommerlönigin!" Frau Mora saß mit ihrem bärtigen Schützling aus der Veranda. Herr Motlelberg hatte sich des Sonntags irxgen ganz besonders fein gemacht. Das Haar war glatt gescheitelt, sogar der Bart gelämmt. Wovon sie redeten, hörten wir nicht, aber den Mienen der Beiden nach mußte es was recht Wich tiges sein. Herr Mottelberg kritzelte fortwährend in seinem Notizbuch«, just so, als zähle er Ziffern zusammen. Da öffnete sich das Thor, und her ein fuhr ein Zug, wie ihn die Weltge schichte noch nicht gesehen hat: ein Kutschierphaeton, über und über mit Blumen und Guirlanden geschmückt, mit drei Jochen weißer Ochsen be spannt, die im Takt des Trittes ihre langen Hörner wiegten. Ich auf dem Bock, in altkroatischer, goldstrotzender Magnatengala, schwang die lange Peitsche. Im Fond des Wagens ober stand, in Mamas seidenen Brautstaat geklei det, Jelena das Haar mit Nehren belränzt, den ährenbekränzten Dackel auf dem Rücken. In der Rechten hielt sie ein Büschel Klee, das in einer Her renmanschette stak, um einen Strauß vorzustellen. Mato, der scheckig« Zie genbock, hatte sich stolz im Schmuck des gesticklen Halsbandes aufgerichtet und naschte an dem Strauße der Sommer königin. Jubelnde Pußtenkinder schlössen als Pagen den Aig. Ach, es war herrlich, noch viel herrlicher als damals im vorigen Jahre, da wir das Schauspiel der Sommerlönigin in Mamas Abwesenheit zum ersten Mal versucht hatten. Herr Mottelberg hatte sich eben eine Cigarre angezündet gehabt. Sie fiel ihm aus dem Munde. In einer halben Stunde packte er seine Koffer und fuhr auf und davon. Und Frau Mora? Die war bleich geworden vor Schreck, sagt« aber lein Wort. Ich mußte ihr nur von nun an noch sorgfältiger ausweichen als bis her. Das Jahr darauf heirathete Jelka dennoch den Janko Jankowitsch. Wenn er jetzt mit Jelka am Arme durch Golubintzi promenirt, stolz im Bewußtsein, von aller Welt beneidet zu werden, denkt er gar nicht daran, daß ich es eigentlich war, der ihm diese süße, kleine, liebe, reizend« Frau rettete! Echan und u»r. Benedig. Alterthllmlich« Gobelin! Spiegel in kunstvollem Mosailrahmen giebt das Bild eines jungen Mädchens wieder, das an einem der mächtigen Eifer liest. „Mademoiselle, ich langweil« mich! Wann gehen wir spazieren?" sagt sie in herrischem Ton«. „W«nn Sie so sprechen, gar nicht! In zwanzig Minuten halten wir dl« französisch« Stund«, dann «in« Stun d« Naturgeschichte. G«g«n Ab«nd sah nn wir mit d«r Gondel ans." „Mit der Gondel?! Wi« öd«! Ich möcht« gehen, in die Läden gucken!" Mademoiselle ignorirt das Murrcn. Sie hat Eile, in zwanzig Minuten mit dem spannenden Romane fertig zu Viktoria zupft grimmig an der schmucken Puppe im seidenen Kleide herum, zerlnüllt die Spitzengarnitur, zerzaust die goldfarbenen Locken und hat ihr im Nu mit zornigem Griff ei nen Arm ausgedreht. Befriedigt wirft si« sie in «ine Ecke, geht hierauf an das Fenster, kauert sich in «in«n Mu schellehnstuhl und starrt hinaus. Dunk«! u. geheimnißvoll liegen un ten die Flulhen des Canals. Mär chenhaft schön spiegeln sich in dem schwarzen Wasser die Paläste und ja genden Welken am tiefblauen Him mel. Bisweilen verzerrt «ine dah«r gleitend« Gondtl das Spiegelbild, das alle zehn Minuten vorüberdampfende Vaporettchen zerstört es für kurze Wel le ganz. Viktoria kennt dieses Spiel derWel lcn, dieses Z«rfli«ßen und Wiederzu sammenschmiegen bis in die kleinste Nuance. Sie hat es schon dutzendmal gesehen. Die stampfenden Schiffchen, die Gondolire mit ihrem düsteren Ge sang, di« Herrschaftsgondeln mit den schwarzen Tuchschleppcrn, die Kinder, die in alten Booten waghalsig umher schaukeln, das alles hat sie in der ersten Zeit riesig interessirt. Jetzt ist es ihr längst gleichgültig geworden. Mit Sehnsucht denkt sie an di« Hö nisch zurück, an di« Großstadt mit ih rem Treiben und Wogen, ihrer Ab wechslung zu jeder Stunde, an die zahlreichen Freundinnen, das Tum meln im Ivetten Garten und aus gro ßen, grÄnen Plätzen. Wenn es hier gut geht, darf si« die Tauben auf dem Lido im Sande spielen. Und weil das Wetter jetzt so trübe ist, muß sie auch aus letzteres Vergnügen verzichten, das, so allein genossen, überhaupt nur ein Kalbes Vergnügen ist. Sie begreift nicht, was Papa so lang« in dieser tod ten Stadt festhält, wo es kein« Kut hinuni«r. Er versinkt, und wachsend« Ringe zeigen sich auf der Oberfläche. Ein Lächeln der Befriedigung er scheint in Viktoria's Gesicht. Es thut „Mon Dieu, Mademoiselle," entgeg war ein Scheusal! Ich bin froh, daß ich sie los bin!" Aus der Kuppel der Santa Maria della Salut« flimmern die letzten Son nenstrahlen. In den schmalen Gassen der Lagunenstadt beginnt es zu dun keln. Eine Horde braunhäutiger, bar füßiger Kinder jauchzt und johlt in der Calle bei Fabbri wie «in« Schaar dr«h«n sich im R«igen, lach«n und schreien, erzeugen die Musil glückseli ger. übermüthigender Jugend. langsamen, trägen Schritten «in Gon dolire. „Holla. Poppa!" ruft er mit Heller Stimme, als er denKnimel fröh habe!" »Magnifico! E possible! Wo hast Gott, wie sie hinkam! Willst du sie, „Bitte, bitte!" stehend. Und sie stellt sich aus die Zehenspitzen das Gäßchen entlang. Ath«mlos stol ner Oellampe «ine mag««, blasscFrau mit ausgeglühten Äugtn Spitzen knüppelt. „Madre, mammina, guck' her, was mir der tutore geschenkt hat! Eine Puppe, eine liebe, wunderschön« Puppe mit Svitzen und einem seidenen Kleid, mit Füßen und Strümvfen und Lack schuben wie eine große Dame! Nicht? Inkognito. scenirte klein« Comödie beginn«» wird. Es wird köstlich werden! Denn soeben erhielt er von seinem alten Freunde aus Hamburg einen Brief, worin die ser ihm ankündigt, daß sein Sohn Willy demnächst inkognito in der Verg mann'schen Villa eintreffen werd«, um Käth« kennen zu lernen, da es ein Herzenswunsch beider Familien war, aus ihren Kindern dereinst ein Paar zu machen. Allerdings waren seit die ser freundschaftlichen Abmachung sech zehn Jahre verflossen, und Herr Berg mann hatte keine Vorstellung davon, eigener, von sich selbst eingenommener Mensch zu sein; doch angesichts der glänzenden Partie tonnte man schon etwas mit in den Kauf nehmen. Nun hieß es. alle Hebel der Regiekunst spie len zu lassen; denn der alt« Striese hatt« d«n Plan seines Sohnes deshalb verrathen, damit man hier alles ge dem Heulen des Sturmwindes, blen dende Blitz« zerrissen die düsteren Wol ken, aus denen herab sich strömender schwer gegen den Sturm ankämpfend, schritt «ine Männ«rg«stalt d«r Verg inann'schen Villa zu. „Ob «r wohl zu uns will?" sagt« Frau Bergmann, welche dem gruseli gen Naturschauspiele durch's Fenster zusah. Doch da wurde auch schon die Glocke gezogen, und wenig« Minuten danach stand «in trotz der triefenden Gewandung eleganter, hübscher junger Mann vor der Familie Bergmann. In höflichen Worten entschuldigte er sein Eindringen und bat um Unterkunft, bis das Wetter vorüber sei. Er stellt« sich als Hans Wagn«r, Architekt, vor und gab an, sich aus d«r Suche nach ihn ahnungsvoll willkommen, und da das abscheuliche Wetter nicht nachließ, so boten sie ihm Gastfreundschaft für die kommende Nacht. Hans Wagner Anerbieten an, und als er dann im Laufe der heiter verfließenden Unter haltung erwähnt«, er komme aus Ham g«ri«th. Aha, dachte H«rr Bergmann, der das wohl bemerlt hatte, jetzt hat er sich verrathen! Es war gar kein Zweifel Willy Striese inkognito. Es war am andern Tage natürlich kein« Rede mehr davon, daß Wagner die Billa v«rli«ß, um sich irgendwo «in bergen, und sie thaten di«s mit so liebe voller Herzlichkeit, daß Hans Wagn«r sich bald heimisch unter diesen ihm doch so völlig fremden Menschen fühlte. Und erst Käthe, di«s«s entzückend« Mädch«n! Bon Tag zu Tag liebte «r sie m«hr, und «r las in ihr«n Aug«n, daß si« s«in« Liebe erwidert«. Aber wie konnte er, der heute Unbemittelt«, «s wagen, um dieses vermögendeMädchen zu werben, wenngleich ihm seineKennt nisse, sein Fleiß und seine Intelligenz die glücklichsten Aussichten für die Zu kunft verhießen? Und doch war es ihm, als ob der Eltern Augen voll Wohlgefallen auf des guten alten Herrn nicht gar so räthselhaft wäre. Namentlich wenn di« Rede auf Hamburg kam, quittirt« ganM L«bensglück ab. Allen Muth me, „es scheint, als ob ein höherer Will« es so gefügt habt, wi« «S gr- kommen ist. So wunderbar, wte mich das Schicksal in Sturm und Re gen in Ihr gastliches Haus führt«, so günstig „So, so," d«nlt er sich, „er will uns auf die Probe stellen, ob wir dem be scheidenen Wagner interesselos unser Kind geben. Aber das gefällt mir, es steckt doch «in Stück Romantil in um Euch b«id« ohn« Sorgen leben zu lassen. Sie haben mein Wort." Gerührt und Überselig umarmlen in d«m Wort« Hans liegt «in« lächelnde Frag« „lass«n wir die Maske fal len. Denn ich will Dir nur g«st«hen, Hans war sprachlos über diese un erwartete Wendung. „Meine Multer", stammelte er, „ich. Ihr Sohn — „Ja, mein lieber Wilhelm! Und ich verze»he Dir die klein« Komödie, die Hans gr«ist sich an di« Stirne. Wil helm? Komödie? Kein Zweifel, der alt« Mann ist plötzlich närrisch gewor vielen Sonderbarkeiten. Arme Fami lie! Wie soll er sie aus diesen Schlag Sie treten hinaus, und das Proto typ eines Gigerls steht vor ihnen. ES ist eine geradezu lächerliche Erschet- Monocle impertinent nach Käthe h!» und näselt: „Wohl Fräulein Käthe?" Das jung« Mädchen errathet über hält sie so fest. äh sehe wohl, muß Inkognito lüften!" Und mit dem Bewußtsein ei nes Julius Cäsar, der kommt, sieht und siegt, überreicht er Wagn«r seine Kart«. „Wilhelm Striese," liest dar durchzuckt seine Brust. War das je ner Wilhelm, für d«n Papa Bergmann vor wenigen Minuten ihn selbst gehak ten halte? Was waren das für Räth sel? Mit einer durch Wagn«r's Verblüf fung gehobenen Zuversicht tänzelt« der Menschen!" dos Gesicht. „Ja, was ist denn das?" stotterte dieser. „Meine Braut!" jubelt« Wagner. Dem alt«n Herrn, d«r schweigend Er war entrüstet über das Benehmen Wilhelms und bitter enttäuscht von seiner Erscheinung. Und als er dage gen di« stattlich« Gestalt Wagn«rs ver glich und Käthes strahlender Blick ihm begegnete, dn war der langjährig nicht Succur» Liebeszeichen. ... .Sie glauben gar nicht, wie lieb und gern Sie Ihr Bräutigam hat, gnädiges Fräulein! Den ganzen Tag spricht er von Ihrer Mitgift!" Boshaft. „Der Sänger Ist das der Tank dafür? Ist das der Dank dafür?! Wieviel« Herzen mögen dies schmerz, lich füh!«n, hinter wieviel Stirnen mag Munde hervorgehen. Also dies ist der Dank! Ich habe mich gemüht in Dei nem Jnteress«, ich habe Opfer um Opfer gebracht, ich habe gedarbt und gen und dies ist der Dank! Ein bitteres Gefühl wallt im Herzen auf. O, daß es leinen Undank im Le- Lasse die rechte Hand nicht wissen» was die linle thut." Es ist sehr natürlich, sehr^„mensch- Worten erhoffen, sondern auch in Tha, ten. Wir fordern nich!S, das dürfen wir mit gutem Gewissen sagen, aber Mittel und Wegen sucht, sein« Aner uns nicht selten enttäuscht von ihm ab. Wer sich d«m großen Ziel dcr allge meinen Wohlthätigkeit verpflichtet, der Auch sonst ist die Wohlthätigkeit Und doch ist die Gebeliebe im All tagsleben oft llein und leider auch kleinlich. Sie bleibt nicht allerleuch tende Sonne, die da scheint über Ge rechte und Ungerechte, sondern sie wir!» zur Kerze, deren Licht man weckt, wenn es geboten scheint. großes Verdienst an, selbst wenn wir sie als klein darstellen. Nehmen wir andererseits «ine Gefälligkeit an, so erscheint sie uns klein, selbst wenn wir sie laut als etwas Großes preisen. Nicht nach unseren Worten, sondern nach unserem Gefühl taxiren wir; der andere aber taxirt nicht danach, son dern nach unseren Worten. Und sd bleibt von vornherein das Mißver hältniß doppelten Maßes, das im Menschenleben «ine so große Rolle spielt. / Während sich der Eine durch einen Gegendienst bereits aller Dankver pflichtung ledig fühlt, denkt der An dere bereits über den ausgeprägten „Undank" nach. Das ist auch der Grund, aus dem so viele Menschen eine Scheu davor haben, Gefälligkeiten und Dienste an zunehmen, selbst wenn sie ihnen noch so liebenswürdig angeboten werden. „Ich habe damit schon zu traurige Ersah rungen gemacht", entschuldigen sie sich, wenn man sie auf ihre bis zur Schroff heit gehende Abweisung ausnierlsam macht. Und nicht immer kann man ih nen Unrecht geben. Es ist wirklich ein unangenehmes Gefühl. Menschen zur Dankbarkeit verpflichtet zu sein, die man nicht liebt, ja, die man vielleicht nicht einmal achten kann. Aber es giebt auch ein Gegentheil: die schresfe Ableugnung und Abwei gegen den, der ihm selbstlos Gutes that. Solcher Undank kann ein Menschen herz verbittern, denn der Dienst, das Gute, geschah vielleicht auS Liebe, und die Liebe ist's nun, die sich grämt, die trauern und weinen muß. „mehr giebt, als sie hat", ist selten 'N unseren Tagen. Mehr drängt sich di« kleine, wägende Alltagsliebe hervor. „Ich borgte dir gestern vier Groschen, folglich mußt du mir heute acht geben; vier zur Bezahlung und vi«r, um mir damit denselben Dienst zu leisten, den ich dir leistete," das ist ihre kluge Rech nung. auf der sie besteht. Ist sie zum Lachen? ist sie >um Minen? Sie ver kündet nur die Meinung der meisten Menschen. Und wird sie in leichter Unterhaltung dargelegt, so schallt >'s tagsleben. D«r Löwe schüttelte, halb imSchla fe, das mächtig« Haupt. Da wisper ten di« Mäuse einander zu: „Was „Gar nichts, ihr Schafsköpf«!" rief der Maulwurf. „Muß denn AlleH, was ein Großer thut, gleich für «in bedeutendes Ereigniß gehalten wer den?!" rer Freundin, der Frau Helinberg,Er zählt, eigentlich wahr?" »Leiter nein!" Der schlau «Otto. „Otto, sag' mal, was möchtest Du denn ein cier?" »Nein, ein Laternenanzün der in einer großen Stadt!" „Aber, Kind, in den großen Städten giebt es