2 Stnrmgeläut. ! 1. Sommer brannte es überall im Land. Ganze Städte, Dörfer und Weiler wurden eingeäschert; die Wälder pnd lohte bald da, bald dort am Himmel ein lautloser Feuerschein auf, schwang sich in stummem, phantastischem Tanz, geheimnißvolle Schlangen über die Erde. Die Hunde ließen nicht mehr ihr munteres Bellen vernehmen, da» der Schrecken. Der Besitzer des Gute» schmiegt schlichen wir daher und spra chen nur flüsternd, die Nacht aber war so unheimlich still, und die Gehöfte ringsum erschienen als dunkle, be fremdliche Massen. Sie schienen uns unbekannt, als hätten wir sie nie vor-, baten mich, sie zu schützen. ... Und dabei stockte mir selbst vor Angst der Athem in der Kehle, und ich tonnte mich nicht von der Stelle rüh- Bisweilen verließ ich mitten in der Nacht mein heißes, zerwühltes Bett und stieg durch's Fenster in den Gar- und Brausen vernehmen, das wie ein leise und still, als wollte ich Jemand entschlüpfen, der auf den Zehen hinter der Zaun sich hinzog, hinter dem die Felder und Wälder sich dehnten und im Dunkel verborgen die Bauerndör j>en Stämmen erblickte ich durch die lichten Lücken im Geäst und die Spal ten des Zaunes etwas Schreckliches, Ungewöhnliches, das mein Herz mit qualvoller Unruhe erfüllte und mich erbeben ließ. Ich sah den Himmel, aber nicht den dunklen, ruhigen Him memals. weder am Tage noch' zur Nachtzeit zu sein Pflegt. Die mächti gen Linden standen ernst und schwei- Himmtls, das Unnatürliche und Schauerlich - Räthselhaste. Als ob sie aus dumpfem Brüte» er plötzlich alle zugleich zu flüstern, ver sfUmmten dann ebenso plötzlich und je jch, s fch uerlicher, noch un egreislicher. Es war Nacht, und ich lag in un ruhigem Halbschlummer in meinem wie ein runder Stein. Ein zweite« Ton folgte, ebenso jäh und dumpf, und ich empfand eine Schwere im Kopf und einen Schmerz, als wenn in dicken Tropfen geschmolzene» Blei hinein flösse. Die Tropfen bohrten und brannten sich mir tief in's Hirn; es wurden ihrer immer mehr, und bald prasselten sie als ein dichter Regen von jähen, ungestümen Tönen durch mei nen Schädel. „Bam! Bam! Bam!" rief cu» der Ferne irgend ein riesiger, starker, ungeduldiger Jemand. daß da» Nachbardorf Slobodischtschi brannte. Das Fenster war geschlos sn, und es war dunkel in meinem wichen, als sei der ganze Raum sammt seinen Möbeln, Bildern und Blumen durch da» schauerliche Rufen auf die auf mich durch die Lücken zwischen den Bäumen etwas Grellrothes, Unruhi ges, verzweifelt Hin- und Herwogendes Tauben durch die Luft, wie die Töm des sanften Abendgeläuts, sie verhall ten auch nicht in weicher Welle, wie da» gleichsam Hals über Kopf dahin, mit dem Ausdruck des Schreckens, als grimme Vertünder des Unglücks, die sen, auf dem Häuser, Thiere und Menschen zu Asche verglühten. Dort, hinter der unregelmäßigen Linie der Bam! Bam!" hallte es Mädchen in einem rosa Kleid. Ich stürzte zu Boden und fiel mit den Händen auf die trockenen Erdfchol ber wrren es. die da jammerien, und vas Vieh, das in panischem schrecken brüllte. Ein Sumpf hielt mich auf. Ein ken weithin dehnte. Ich ging in's Wasser, zuerst bi» an die Knie, dann die Brust, aber der Sunip^ schwarzen Rahmen des Schilfrohr» und Rietgrases strahlte das Wasser de» Sumpfes wie ein feurig lodernder Spiegel und das Strumgeläut rief, verzweifelt, in Todesqualen: _ Komm. flammenden Mensch«n entgegen, und in den entstellten Zügen seine» Gesicht» mit dem wirr aufgesträubten,gleichsam gestrichenen Haar vermochte ich mich selbst nicht zu erkennen. „Was ist denn da»? O Gott!" sich wie bittend ausstreckten. Die Sturmglocke aber rief. Sie flehte nicht mehr sie schrie wie ein Mensch, sie ächzte und keuchte. Die Töne klangen chaotisch durcheinander, sie überstürzten sich, jäh, ohne Nachhall, ersterbend, erstehend und wieder erster nem Bild sah ich ein zweites feurig gespenstisches Bild, hoch aufgerichtet, gerade und zu meinem Schrecken men „Wer bist du? Woher kommst du?" weiter auf mich zu achten. „Alles brennt." „Weißt du nicht, wie man hier hin rothes an. Oben in der dunklen Oeffnung, in der die Glocke hing, er schien plötzlich ein schüchternes, stilles ahniend, mit lauter Stimme: „Bam!.. Bam!... 8am!..." „Bist du verrückt?" schrie ich ihn an. er aber rief immer lauter und ver gnügter: „Bam!... Bam!... 8am!..." „So schweig doch!" bat ich ihn. Hilfe mehr erwartet, für den es kein Hoffen mehr giebt. Wir aber hasteten stumm hinein in's Dunkel, immer ge ten... Er war der Sohn einer billigen Fa milie. Seine Eltern hatten es zu Wohlstand gebracht, m» zwar durch grausames Sparen. Was si« an schafften, durste nicht» kosten, und wai sie für den äußersten Prei» auf der untersten Grenze erworben hatten, da» wurde mit peinlicherSorgfalt geschont, damit es den Werth der Fabrikneuheit nicht einbüße. Zu ihrem Lebensun terhalte gönnten sie sich nur das Noth nuß, etwa wie indische Fakire inner lich Götterglanz spüren, wenn da» liebe Vieh sie in äußerer Reinhaltung beschämt. Das Bewußtsein, nicht umsonst ge darbt zu hoben, machte sie glücklich. ster, als ihr Sohn Fleisch von ihrem Fleische und Sinn von ihrem Sinne war. Sie starben Beide nach kurzem Krankenlager, gewissermaßen au» Furcht vor der Doctor- und Apothe kerrechnung. Der Sohn er war Max genannt, weil ein einsilbiger Name beim Schrei ben weniger Zeit und weniger Tinte erfordert, al» ein mehrsilbiger be trauerte seine Erzeuger aufrichtig und ließ sie mit allein Pomp bestatten, wie es zur Befriedigung der Nachbarschaft nothwendig ist. Sogar eichene Särge durften die Nahestehenden, das heißt die auf der Straße Stehenden, be wundern. Verwandtschaft war ebenso wenig vorhanden wie Umgang. Der einzige Leidtragend« war Max, der in tiefem Kummer zu sich sprach: „Schad«, daß der Vater die Särge nicht sehen kann! J«der hält sie für Eichen, und sie sind doch nur billiges Föhrenholz, so täuschend sind sie nach gemacht. Er würde mich gelobt ha ben." Kein Wunder, daß Max sich verein samt fühlte, als «r allein leben mußte, da er Niemanden hatte, der ihn ver stand, wie die beiden alten Leute ihn und er sie. Die Lust am Billigen war nicht Jedermann» Sache, und wo er sich anzuschließen versuchte, ward er bald wieder ausgeschlossen, weil er nicht unterlassen tonnte, jegliches Ver gnügen sofort auf Heller und Pfennig abzuschätzen und die Frage auszuwer fen, ob man das Gehabte nicht hätte billiger haben können. Ihm erging es, wie es de» Menschen mit zugeknöpften Taschen ergeht. Niemand that ihm was zu Liebe, und da er da» Minder werthige ebenso hoch schätzte wie Voll werthiges, wenn es trotz geringen Preises den Anschein des Besseren heuchelte, bemühte sich auch Niemand um die Gunst seiner Meinung. Max war kein Jüngling mehr; die Jahre des Umlernens lagen hinter ihm. Er mußte verbraucht werden, wi« der Geist des elterlichen Hauses Von Gestalt war er nicht übel. Er trug sich sauber, schon allein aus Spa rsamkeitsrücksichten. Er war höflich, denn sein Vater hatte ihm gesagt, mit Höflichkeit käme man am weitesten, und sie koste nicht». Allein sein, war allerdings billig, aber er mochte nicht allein sein. theilung immer noch alljährlich Zinsen zum Kapital geschlagen werden konn ten, wi« Bier und doch keines ist? Aber viel billiger. Fast so billig wie Was ser. Müßte das schmecken!" holdes Wesen, das dem Gesuchten ärgst« Unideal entpuppt. Hier aber führte das Geschick, das die symbolisti schen Dramatiker neuester Richtung dreimal so viel Tinte, um ihren Na men zu schreiben, als der Gatte, der sie bald überzeugte, daß Ina nicht allein liaer sei als da» la nae .Albertine" und einen wundervollen Ersatz bilde. Das junge Weib fügte sich willig. Mädchen aber für unebenbürtig und sein Verlangen nach standesamtlicher Abfchließung dei sogenannten Her zenshandels für anmaßend erachteten, und solche Mißachtung ihres Selbst hatte sie männerkalt gemacht und vor- vorenthält, ohne den nun einmal kein Künstler kunstfroh wird. Max pries Ina nicht mit Ersatzmittel für die Bedürfnisse des der Wissenschaft, als rebcnfreier Ge ber Stühle? Kein Gedanke an Leder: Papier, Papier, Papier! Und das seidene Festkleid der Gattin? Etsch— rials erst recht zum Vorschein. Ina bat d«n Gatten: „Schaffe we niger an, dafür lieber etwas Gutes!" „Du verstehst die Großartigkeit der Zeit nicht," lautete die Antwort. „Wa» när." „Künstliche Austern!" wiederholte Ina und wechselt« die Farbe. „Bei übel!" „Trinke ein Gläschen rebenfreien G«sundhe!tsmost!" „Brrr!" Bier da." „Danke!" .Du siehst blaß aus. Theuerste! Ich fand da einen Ersatz für Eisen- Pillen angezeigt; willst Du den nicht was Ordentliches, da würd« mir schon »esser. Ich weiß nur nicht, was." „Du meinst Zerstreuung? Gut, ge „Jst hier die Oper?" fragte Ina Ina schwieg. Ihr Groll auf Alle», Nothbehelf ausbrach, der ihr statt des versprochenen Originals geboten „Siehst Du," sagte Max, „Du bist zu Thränen gerührt, und wir sparen weltmännischer Höflichkeit wandte er sich an diesen, stellte sich in aller Form vor und fragte, ob er zur nächsten „Faust" - Ausführung sein Abonne mentöbillet zur Verfügung stellen Dürfe, da er verreisen müsse, u, s. w. Und Max, das Schaaf, nahm da» Angebot der Billigkit wegen dan kend an. „Warum hast Du mir das Alle» vorenthalten?" entgegnete sie. „Bedenke, wie theuer das Vergnü gen ist! Genau genommen, das Geld wirklich nicht werth!" Unwillkürlich wich sie von ihm. Sie was erlebt, und er er wog ihre Se ligkeit mit Markstücken ab. Allerdings, Telephonübertragung kam billiger. Liebte er sie wirklich? Er sagte zwar, blieben die Beweise? Sollte sie ihm noch erzählen, daß der freundliche Billetspender früher, als erwartet, von seiner Reise zurück voll sie sich unterhalten? Sollt« sie.... den Mann geheirathet, nicht ganz zu treffend sei. Frau Ina sah immer mehr ein, daß auf Ninimenwiederlehr zu verlassen. Zu Deiner Beruhigung sei Dir gesagt, daß ich Dich ferner nie belästigen wer- Albertine." eilt war, bat ihn, an einem Feiertage, wo das Geschäft früher als sonst ge schlossen wurde, mit dem Zuge zu gleichen Tage eine Hunde - Ausstellung stattfand. Das Glück war ihm gün stig. Er fand den Eigenthümer de» ehrwürdigen Dame, die in einem Hotel abgestiegen war. Ihre Ueberra schung, als sie beim Oeffnen ihre» Korbes das schreiende Baby erblickte, war nicht weniger groß und nicht we n:n, daß Sie Herrn Müller gesagt ha ben, ich wär' 38 Jahre alt." Jüngere Freundin: „Na. Sie wollen doch nicht etwa, daß ich ihm Ihr wirtliches Alter »ätie verrathen sollen?" Die Senneria. Unter einer Sennerin stellt sich der Laie, besonders wenn er zum ersten Mal aus Norddeutschland in's Hoch» lebenssrisches, liebebedürftiges, bild derartigen Neuling und Sonntags bergsteiger als der höchste Genuß, für den ihm stundenlange Kletterpartien Wer aber das „Glück" hat, statt der Wirklichkeit die erträumte Poesie, so nichtet. Schon bei seiner Ankunft auf einer echten Alm, wenn er knietief in dem erstarrte Besucher ein« meist in reife ren Jahren befindliche, robusteWeibs perfon vor sich, mit groben Zügen und laubt er sich die Frage, ob er Milch „A Milli kannst hob'n," betxukt sie bis 'S Viech g'suadert is." Gar Man deprimirende Erfahrung machen, daß ein Rindvkh mehr gilt al» er. Gegen besonders Neugierige, die ihr schüttet sie dem ungebetenen Gast einen halben ..Weidling" Milch in's Genick, bald stößt sie ihm versehentlich scheucht. schränkt sich in Wirklichkeit auf beson- A sichtS ll d' k Abstieg zu dem Urtheil hinreißen, da» „janzkhJe kurze sei Mumpitz". hz H H Wirthschaft sehen." das sind Säue, die gehören zum schö «en Geschlecht." Zur'iick'g« geben. Jungei Laffe: .Ist es wahr, daß mit dem Al. ter beim Menschen die Dummheit zu. nimmt?" Alter Herr: „Bei de» Meisten ist da» gar. nicht möglich!^