M bobe Scbule. lü?mon »on Elsbtlh Mtyer-FörKer. . ' (Z. Fortsetzung.) Vera antwortete nicht sogleich. Sie sie. den Blick fast flehend auf Jum hört?" „Aber alle Menschen! Ganze Welt! Gesammte Publikum!" schallend auf. „Aber, meine liebe Madam« la ba ronne! Was sollen er sonst gewesen sein? Wenn Mann schießt auf Freund von seine Frau, ist Freund und Frau gut« Gemeinschaft. Warum wollen Si« schämen sich davor? Schöne Wei her hat viele Amorosi, ob verheira then oder nicht. Aber man muß nicht sein so dumm, zu zeigen eigene Mann die gute Freund." sten Sache der Welt. Aber Vera, die sie wortlos angestarrt hatte, sprang auf und ergriff beschwörend ihre Hand: „Wenn ich Ihnen sage, daß es Lüge kern, die ganz« Welt!" Sie hielt d«n Arm der Tänzerin umspannt und rang nach Athem. Als lämpse sie mit Wellen, die sie zu ver schlingen drohten, als müsse sie einen Halt suchen, irgend einen, so hielt sie sich an der Schulter der kleinen, lä chelnden Kokotte fest. „Miß Mary, hören Sie sagen Sie es allen! Mein Gott, ich kann es ihnen doch nicht in die Ohren schreien allen den«n, die mich unausgesetzt beschimpfen es ist nicht wahr, ich schwöre es b«i Gott! Ich hab« mir nichts vorzuwerfen, nichts, die ser fremd« Mensch, dieser Däne, hat mich verfolgt, ist mir nachgereist, seit Monaten. ich habe nicht beach lam drängte er sich an mich heran mein Mann, der sinnlos war schoß ihn nieder." b fch " je, —in dem Blick dieses moralisch längst gesunkenen Mädchens warMiß traüen, fast G«ringfchätzung. „Sie denkt, ich lüge," es ihr durch d«n wie mir Niemand glauben wird in der weiten W«lt." „Si« glaub«» es also nicht?" stieß sie laut hervor. Jumping - Girl zuckte die Achseln. „Well, well Madame wenn Sie sagen!" Aber sie war plötzlich auf ih schuldig gehalten hattet war die ihr sympathisch gewesen, hatte si« sie gleichsam zu ihresgleichen gezählt. Jetzt, da di« junge Frau so heftig je den Verdacht abwies, wo man nicht man nicht, fühlte sich Miß Mary der Collegin gegenüber genirt. Vera war froh, daß sie ging. Wa rum hatte sie sich überhaupt so weit hinreißen lassen? War es nicht im Grund« gleichgiltig, was dieses Gas seninäd«! von ihr dachte? Nein, es war nicht gleichgiltig, denn es war die Meinung aller. Sie mußte lernen, diese Meinung ertragen. Aber vielleicht war es überhaupt nur das Odium dieser falschen Ge rüchte, was ihr den neuen glänzend«» schafft hatt«? D«nn mit ihr«r Reit kunst, sie fühlte es, war es das letzt« Jahr bergab gegangen. Die Spann kraft, die tollkühne Waghalsigkeit von einst hatten nachgelassen. Vielleicht engagirte man sie hauptsächlich dieser pikanten Skandalgeschichten Wege». Es war ja Mode geworden, daß die Menschen mit ihrem bllrg«rlichen Schiffbruch Kasse machten. Verschul det« Bühntngrößen suchten ihr« Zu flucht mit Vorliebe aussein „Brettl" Wurde sie, sie selbst b«r«its zu Erste d«s Contin«nts", „die Meiste den Kops hochinüthig und siegesgewiß «rhob«n, in jedem Zoll die B«ra Schwarz, wir di« Journal« sie schil derten, daS Publikum sie kannte. ihr jetzt bei den g«ringsten Anlässen wi« ein Schatten folgte, durfte nicht mehr Gewalt über sie gewinnen nimmermehr. als sie jetzt durch Luft sausen. „Es ist das erste Mal, ihr mit Verbeugungen genä hert hatte. „Zum ersten Mal reite ich so zwischen vier WLnd«i>, auf einer Hoiztribüne." „Desto größer Ihr Verdienst, Baronin." sagte der Direc tor, dem das Debüt gleichfalls ein we nig in den Gliedern lag. „Wenn ich aber stürze und den Hals breche?" Sie blickte ihn an mit einer ernsten Miene, den galanten, kleine» Mann, den diese Bühne zum Millionär gemacht hatte, trotzdem er fürstliche Gagen zahlte. Er zuckte die Achseln und lächelte. „Nun wohl!" sagte er. „Versuchen Sie auch das. Es wäre ein unnachahmlicher Tric." Aber sie siihlte in seinem Lä cheln, seiner Stimme lag etivas wie Besorgniß. Ihre Angst kam wieder, dieses dumme, thöricht« Herzklopfen, das sie verwünschte. „Drücken Sie mir den Daumen," bat sie abergläubisch. Und als «r «s ernsthaft that, fügt« sie rasch hinzu: „Aber wo ist mein Mann, m«in Bat«r? Sind sie noch nicht da? Wenn ich sie in d«r Näh« weiß, habe ich Muth." Es war kein leeres Wort. Der Blick auf diese beiden, deren Augen so be gab ihr jedesmal ihr« Kaltblütigkeit zurück. „Du darfst nicht fallen!" sag te sie dann in sich hinein. „Diese bei kleine Bermögensantheil aus demMul tererbe Räderns verzehrt? und er lebte nun ganz von ihrer Hand, wie der alte Vater auch? während Tante Betty es vorgezogen hatte, die gehaßte Pariser Influenza als Ausrede zu einem ewi gen Schlummer «wer abenteuerlichen Altersversorgung vorzuziehen. Ja, Tante Betty war todt, di« freundliche Gabillon, Und ihr Sch«id«n hatte et was Wehmüthig - Frohes in Veras Herzen gelöst die letzte Erinnerung, den letzten Zusammenhang mit dem „damals" d«r «instigen bürgerlichen W«lt. Die Räderns hatten ihr Privotlo gis in der Friedrichstraße, in einem schmucklos«», grauen Haus«, »och aus Berlins „guter" alter Zeit her. Ein sehr sauber g«haltenes Haus mit ei gend ist die beste und frequentii?teste in der Stadt. Im Erdgeschoß befanden sich «in Blumen- und Cigarrenladen, für >oe!che di« Besitzer ein« immense Jahresmiethe zu zahlen hatten. Mit ihren vielen stummen Fenst«rauge» blickte die riesige Miethskaserne in das bunt« Getriebe des Weltstadtme«res, in ftines Parierresensters achtet«, hatte recht, mitunter und so gar häusig de» Kops zu schütteln. Es gab Stunden, in den«n in diesem Eng paß einander kreuz«nd«r Straßen der Teufel los zu sein schien? so besonders gegen Abend und dann wieder gegen Mitternacht. Persönlich unbeteiligt saß Papa Schwarz dann stumm beob achtend da, nicht mehr der Papa Schwarz d«r vergangenen Jahre. Fast wie der Schatten desselben —ein Ent thronter. Seit Tante Bettys Tode, die d«r letzte, schwache Rückhalt gewe sen war sür seine fragwürdigen Pas sionen. hatte er nothgedrungen zu Kreuze kriechen müssen dem feuda lich, was für ein Plebejer man neben ihm war. Papa Schwarz hatte längst begonnen, sich zu schämen; aber glühte unter dem Strohfeuer der Scham. Ja, mein Gott, das Leben hatte sich v«rteufelt krumm gestaltet, zum zweiten Mal hatte es ihn von sei nem Platze gerissen. Er war nicht mehr der Bat«r Vera», «in Stroh mann, ein Invalid«, ein Ausgedinger war er geworden. Seine Hände trommelten den Radetzkymarfch, sein Blick, der in das nächtliche Straßen getrieb« versunk«» war, wandte sich und richtete sich in das Jnn«re des Zimmers. Dort auf d«m Sopha lag Rädern in Decken vergrabe»? während er sichtbar litt, sein Gesicht die gelbli i-sgunge» ihres glücklosen, ineinander verflochtenen Lebens? ab«r beid« fest entschlossen. g«gen die heranziehenden Feinde zu kämpfen bis auf den letzten Blutstropfen. „Was das Mädel heute für «ine Zeit braucht, um sich umzuziehen! Zum Donn«rwett«r, die ganze Freud« wird mich wi«d«r verloren gehen." Er nannte sie noch immer so im Innern: sein „Mädel", sein „Tochting". Wäh rend er, übertönt vom Straßenlärm der Großstadt, diesen Stoßseufzer vor Abends, die Wonne d«r Selbstständiz zu sich nehmen w«iß seit wie viel Jahren zum ersten Mal wieder— und der Welt «inmal zeigen, was eine Harte ist weiß Gott! Gingen sie tanz«» nun, so ging er eben spie len. Tanz und Spiel, das paßt zu sammen. Und er läch«lte über seinen dünnen, kleinen Witz und rieb sich die Hände. Ja, der Humor war ihm noch nicht ausgegangen, wenn es auch oft genug im Hause danach war. Ueber sein zerfurchtes, freundliches altes Bonvivantgesicht glitt ein wehmüthi ger Schimmer. Vagabonden kommen eb«n nicht zur Ruh. Die müssen pil gern durch dick und dünn, durch Freud und Leid ohne Rast und Ruh. Elegisch gestimmt wie er war und doch mit seiner IleinenFreude „für Ken mit nachdenklichem Gesicht. Wie sich das vor der Einfahrt zum Winter garten stockte und drängte, wi« sich die Droschken zu dicken Knäueln ineinan derschoben! Die konnte es nicht er warten, diese seltsame Menschheit, zum Ball« zu kommen. Aber er gönnte es 'h N Spielchen die andern ihr Schäfchen scheeren. Die Jungen tanzen, die Alt«n sitzen und freuen sich über die Karten. Nur Rä dern tanzt nicht, verflucht, d«r ist ein müder Herr geworden, «in sehr ausgetrockneter Grandseigneur! Papa Schwarz«ns Auge flog mit scheuem Blick hinüber zu seinem Schwieger sohn. Die schwarze Galatracht eines Gondoliere lag für ihn auf dem Sessel bereit. Sie konnte an das Kleid ei nes Todtengräbers erinnern. Bera führt Colombinchen auf den Ball." Es war «in seltsamer Gedanke, der Papa Schwarz durch den Kopf fuhr, die Erinnerung an «in gesehenes Bild. Er schüttelte ihn ab. „Verflucht, ver flucht, ich bin een Miesepeter gewor den. Alles sehe ich schwarz. Das ist die Unterdrücktheit. Sie lassen mir nicht Luft und Licht. Sie haben mir alles genommen. Mein Glas Absynth, mein Spielchen, meine Lebenslust." nend, sich reckend stand er da d«i Wunsch in allen Glied«rn, so liege» zu bleiben und sich auszuruhen bis in all« Ewigkeit, und doch verpflichtet, seine Frau heute Abend zum Balle zu führen. Vera machte sich persönlich nicht viel aus dem Balle. Ihr Leben war so reich an an Lichtge nxnn si« zu den von derselben veran stalteten Festen vollzählig erschienen. Ihre Anwesenheit gab diesen beliebten, öffentlichen Maskenbällen gleichsam erst den pikanten Hintergrund.— Man mußte sich schon selbst üb«rwinden. Und fiele es noch so schwer, nachdem man soeben den Abend als Amazone Fetzchen und Schmuck, mit den«n sie ih ren lustigen Anzug vervöllständigen Iriollte. Eine leicht« Rothe lag auf ih rem Gesicht wie ein Widerschein dessen, daß diese Abgestorbenheit für Ballfreuden, die si« sich ihrem Mann« »Gefalle ich dir, du?" seinen Kopf zu sich herniederzog. Si« suhlte, daß er h«it«rer war, als er während der ganz«n letzten Zeit ge- War das die deutsch« Lust, die machte sür diesen Schimmer wieder kehrenden Glückes? „Ihn wärmt das Glück deines heutigen Abends," sagte eine zweite Stimme in ihr. „Geld, ist"so geworden, daß sie aufsteigen od«r sinken muß mit dein«» Triumph««. Im Moment entfiel ihm da«. Ab«r schon morgen wird er wieder grübeln unbewußt von Neuem hassen und quälen, als die Gebend«, als die, von der er im Grunde abhängig ist." Sie schüttelte die Stimme ab. Tie wollte sich freuen heut«. Wollte nicht denken im ewigen Kreislauf dieser Logik. „Und du. Vaterchen? WaS wirst du anfangen heute Abend?" hin. „Ich, mein 01l Mächen? Ich, als wie ich ich werde bei Bauer 'n im Gedränge ariderrr Masken in dem strahlend erhellten Vestibül. Papa Schnxirz war frei! Zum ersten Mal wieder seit vielen Jahren betrat Vera «inen Ballsaal. Ein Chaos sich drehender, wiegender schen Hafenortes war mit großeinAuf wand an Mitteln, viel Phantasie und malerischem Effekt zur Anschauung gebracht. Aber B«ra, die von Ita liens sonniger Wirklichkeitsfchönheil so viel und so oft getrunken hatte, sah das armselig Erkünstelte dieser Welt, die gemalte Bläu« und die gepappten Häuser, „Mir kann doch nichts mehr impo niren auf diesem Stern," sagt« si« la chend zu ihr«m Mann. „Es müßte denn eine Portion Lachs mit Remou ladensauc« sein. Sieh nur, der kleine Cherubino hier speist welchen. Komm, ich bin schrecklich hungrig. Laß uns soupiren." Mitternacht bereits da, das Fest im besten Gange. Rings war «in solches Gesumm und Gewirr, Geläch ter, Gejohle und Kreischen, daß einem Hören und Sehen vergeh«n konnte. Die Masken, meist im eleganten Do mino, hatten in der Hitze des Gefechtes bereits di« fchw«r«n, seidenen Hüllen gelüstet, man sah aus der Füll« duf tig«! Spitzen entblößte Busen, runde Arme, gepuderte Nacken hervorblitzen. Diese Mädchen und Frauen, die der Lebewelt angehörten, hatten aus ihr«» verdrehen zu können. Di« Herren, bla sirt und lüstern zu gleicher Zeit, meist Leute der Finanz oder der Industrie, standen waren, vom Comptoirsessel sich erhoben hatten. Nur di« Minderzahl, die Uneingeweihter«» unter ihnen, hatten die Angelegenheit feierlicher ge nommen und waren in Lackstiefeln, den Chappeamlaque in der behandschuhten Rechten tragend, erschienen. Ihnen, als sozusagen vertrauenerweckenden Neu crete TheU der Gesellschaft, dem es sich Theil — jene Welt, die sich thatsächlich ter den Pagen-, Ballet- und gefälligen Griechenkostümen kurz, war so stil- und skrupellos, wie die sogenannte Le schem Geschmack in diesem Riesensaale zeigte, in d«n Schatten stellte. Eine große Kavalkade Herren umschloß de» hübsche» Gassenjungen, dessen zwei deutige Dreistigkeiten fortwährend Lachsalven hervorriefen. Jumping- Girl trug ihren königlichen Diamant ren Hals umschnürenden Collier in Gesten und Mienen betrug. Ein ent zückend«! Straßenjunge, der die breitet. Auch Rosa, die einstige Prima Bal lerina vom „Nouveau Cirque" war da, und Vera «rinnerte sich des Abschieds festes in Paris, der Fahrt in der Mai lcoach, mit dem stummen, so zurück haltenden Mädchen auf dem Vorder- sitz. Wohin war Rosa im Laufe die ser sechs oder sieben Jahre verschlagen worden? An welchem Tingeltangel ärmlichen kleinen Confectioneusen, die zu den Bällen der Lebenxlt Freibillets zu erhalten wiss«n, denen es aber zu einem anständigen Maskenkostüm nicht reicht, war sie im sogenannten „Gtsell schastsanzug" erschienen: im schwarz seidenen sitzend, von der Rock, den sie tagsüber durch den Schmutz und die des Friedrich straße schleppte, und der überladenen Bluse aus Crepe de chine und paille tirtem Tasfet, leicht ergraut und fleckig wie der Rock, und mit der Mignon- Kette aus großen, imiiirten Wachsper len, der Chatelaine und Lorgnon schnur, an der «ine Anzahl Berl'oqueS baumelten, aufdringlich wi« der Schmuck eines Zigeunerweibes! Und andere erblickte Vera, die rothblonde Louise, „Lulu" genannt, und die kleine die sie kannte, mit denen sie zusammen ein Stück Cirkusleben zurückgelegt hatte. Wie hatten die Jahre an ihnen gerüttelt! Di« geschminkte» Gesichter lonnten die Zeit, d«n langen hartnä ckig«» Ansturm d«s Elends nicht Lü gen strafen. In den künstlich vergrö ßert«» Augen flackerte die Unruhe der Müdigkeit, während die gemalten Lip pen ihr stereotypes Lachen zeigten? die Mundwinkel waren herabgezogen, er schlafft vom Ueberdruß und der Nie dergedrücktheit ungesehener Stunden. Einzelne waren in Toiletten von blen dender Pracht, ab«r Bera wußte, daß die Hand des Executors, des unbe zahlten Friseur», des drohendenHaus wirths oder irgend eines kupplerischen Weibes nach diesem Meisterwerk aus gestreckt war. Andere wieder hatten sich nicht die Mühe genommen, ihren Verfall zu verbergen? sie waren trau rige Masken, in den dürftigen Cosiii men, die vor ihnen schon ungezählte Dienstmädchen zu ihren Vorstadtbäl len aus den billigen Maskengardero ben erfeilscht hatten? in den Thiirni schen standen sie thatenlos umher, di« Papplarve in der Hand, die Augen su chend ins Gewühl gerichtet, einzig mit dem Gedanken an die Unkosten dieses Abends beschäftigt und den et waigen Retter, der diese zehn bis fünf zehn Mark begl«ich«n würde. Und das Elend dieser vielen Schwe stern, di« gleich ihr vom Schicksal in den Schaumarkt des Lebens hinausge wirbelt wartn, schnürte V«ra das Herz zusammen. Ja, die da standen und hungerten und lauerten, sie waren fast immer die besseren gewesen in dem Kreise des Cirkusmädchen, der sich mit jedem Jahr verjüngte, die Aelteren Jugend griff. Sie alle fast waren verkauft« Töchter hung«rnd«r Fami lie», Ernährerinnen einer ganzen Sippe —Gezwungene und Nieentschä digte. Und Bera wünschte mit ihnen zu sprechen, sich unter sie mischen zu können, um ihnen zu sagen, daß sie eine von ihnen sei. Eine unendliche Bitterkeit erfüllt« ihr Herz, wenn sie überlegte, daß sich im Grunde auch ihr Schicksal schließlich nicht anders gestal tet hatte. Diese aber halten wenig stens die Freiheit. Etwas. viel leicht das Höchste, war ihnen geblie ben. Ihr aber? Durfte sie es wage», von diesem Tische aufzustehen? Durfte sie hingehen zu ihren Colleginnen, ih nen die Hände schütteln? War sie nicht gebunden, angekettet, ein gekeilt von Vorurtheilen, tausend fach? „Höre, Gorow. Laß mich einen Augenblick dort hinüber. Dort steht Sie brach ab und starrte ihn an. In Sinnen versunken, ganz mit ihren Betrachtungen beschäftigt, hatte sie nicht bemerkt, daß er schon eine ge lässen auftrat. „Du hast zu hastig ge trunken —> der kalte Sekt" stieß sie hervor. „Gorow Gorow! Warum Aeficht, „Dieser Anfäll verflucht „Daran geh' ich zu Grunde." flüsterte er. „Bleib, setze dich. ich muß an die Lust. Ich will hinüber nach von der Plötzlichkeit dieses Anfalls, gen lassen. Nun sah sie ihn aufrecht durch die Menge gehen. Welche Be herrschungStraft er befaß. Er mußte furchtbar leiden, aufrecht gehend unter ihm? dem 'Willensetfernen, hilflose Schrei« «rpr«ßt«. Sie saß wie betäubt. Noch nie hatte sie einem seiner Anfälle so gänzlich macht- und hilflos geg«niib«r g«sessen, noch ni« f«in«m Leiden so unmittelbar ins Gesicht gesehen. Unendlich«» Mit leid mit ihm, mit sich, mit ihrer bei te. ihre Leiden sich und andern einzu gestehen, packle sie inmitten dieses Ge- belnder Menschen. Annabella indem Thränen ihren Blick »»schlei« erten. „Müde wie ihr. Freudlos und ohn« Zukunft. Ja für uns gibt es kein Glück." Und die Musik schm«tt«rt« und tob- Es war ein Klappen und Dröhnen auf dem Fußboden wie von d«n Hufen wil d«r Pferde. Die Luft war warm und überfüllt von Hitze und Staub, dem Geflimmer des Goldpuders aus den im Arme der Männer vergaßen die fremden Wände mit den SiAangenlet ten der papiernen Rosenguirlanden, küßten und kreischt«n und bejubelten das Knallen der Seitpfropfen mit ih rem schrillen Gelächter. In der Mitte des Saales galoppirte Jumping-Girl über das Parkett, mit zerfetzter Schleppe, am Arme eines grauköpfi gen, vornehmen Herrn, dessen Greisen anstrengungen ein Schmunzeln auf den Gesichter» der Uebrige» wachrief. Vera blickte stumm in den wilden Tumult. Wann würde man auch sie in ihrer Ecke ausfindig machen und es versuchen, sie in den allgemeinen Stru del mit hineinzuziehen? Ihre Augen suchten unwillkürlich nach einem menschlichen Gesicht. Plötzlich zuckte sie zusammen, sprang auf und verließ ihren Platz. „Weitu! Weitu!" rief sie unterdrückt. „Mein Hott, Weitu Maßwitz!" Der Provinzler, der vor wenigen Augenblicken in den Saal getreten niellen Gehrock, dem selten gebrauchten Cylinder und den hellgelben Handschu hen dieser frische, rosige, gesundheit strotzende Herr, dem man den Land wirth auf hundert Schritt Entfernung blieb stehen. Wer rief ihn? Wer kannte ihn hier bei Namen? Er war doch gänzlich fremd hier, erst heute mit dem Abendzuge angekommen. Ein leich ter Schreck durchfuhr ihn. trieb ihm das Blut zu Kopfe. —Er war mit sei ner Gattin hier m der Millionenstadt, quasi auf d«r verspäteten Hochzeits reise. Seit einem halten Jahre war er Ehemann, sozusagen glücklicher, —wenn er auch mal hierher abschwenk te, um sich die Affaire einmal anzuse hen. Sollte etwa tonnte noch vom vorigen Jahr her, wo er hier zum Maschineiimarkt weilte? Mit ungewissem Ausdruck wandte er sich um. Von diesen kleinen Mäd chen hier, die in einem dichten Knäuel hinter seinem Rücken standen, konnte es keine gewesen sein. Da fühlte cr «ine Hand auf feinen Arm. Ein paar Augen starrten ihn ungläubig an. „Weitn! Bist du's d«nn wirklich? Wirklich?" Es war seine Cousine Vera, die vor ihm stand. Im ersten Augenblick er kannte er sie fast nicht. Angesichts der fremden, italienischen Tracht, der Pe rücke dunkler Locken mußte er sich erst besinnen. Wie schmal war ihr Ge sicht geworden? selbst er, der ein schlech ter sdeuter war, bemerkte auf diesen Ball?" „Und du!" sagte sie, in Freude über das Wiedersehen strahlend. „Du bist außer dem, was an den Anschlagsäu le» stand. Also richtig Freifrau bist du geworden und noch immer zu Pferde. —Na und wie geht e» 01l Taoteken Betty? Und kin Mann! Ja sage mal dein Mann!" Sie hatte ihn mit sich gezogen, ohne auf seine vielen, suchenden Fragen zu antworten, an ihren Platz, in ihre ver deckte Nische. „Komm, Weitu. Setze dich. Wir sein heute, hörst du das ver sprichst du mir. Nein, ist es denn wirtlich wahr?" Sie staunte noch immer zu ihm hin, dem großen, rothwangigen Bur schen aus ihrer Kinderzeit, der völlig unverändert, in seiner prallen Gesund heit und Jugendfrisch« vor ihr faß, als habe er die sieben Jdhre mit einem einzigen Jungensprunge überwunden, während sie selbst sich ein« so ganz an ders Geworden« fühlt«. „Also du bist mir nicht mehr böse?" fragte er treuherzig, indem er ihr die Hand über den Tisch reichte. „Böse?" da ls h d weißt schon. Oder hast du ganz vergesse», wie wir auseinander gingen? „Damals!" sie lachte auf. Vor sie ben Jahren! Er nannte es „da mals". In ihrer Erinnerung lag es unveHessen. Aber welch ein Leben war darüber hingefegt! Ueber diese kleine, traurig« Episode mit d«m ersten Kuß. (Fortsetzung folgt.) Trüb« Aussichten. Rei che alte Tante: „Robert, ich werd« mei nen letzten Willen aufsetzen. Ich den ke, ich lasse euch —' „Wirklich, Tante?" „Ich lasse euch noch lange nicht allein. Für die Küch:. recht derbes Rindfleisch wird zwei Ta ge lang in saure Milch gelegt, sodann ordentlich abgewaschen und in eine» mit Deckel versehenen Bratpfanne oder in einem mit Butter. Speck, Ge!-7°'?2 und Lorbeerblatt 3t Stunden lang tüchtig geschmort. Zu letzt kommen ein paar voll saure Sahne daran. Leberspätzchen. Man häutet ei» halbes Pfund Leber, sondert alles Faserige davon ab. reibt oder schabt sie sehr fein nebst etwas Zwiebeln und Pe tersilie und Majoran. Das Gehackte giebt man in einen gutenSpätzchenteig. Die fernere Bereitungsart ist ebenfallZ wie die der gewöhnlichen Spätzchen. Man bestreut sie wie jene mit in Butter gelb gerösteten Bröseln und reicht sie zu Kartoffeln-Flin fen. Rohe Kartoffeln w«rden gerieben, mit etwas koch«nder Milch gebrüht und wenn die Kartoffel» abgekühlt sind, einige Löffel Mehl daran gerührt, so daß es ein Teig wird, den man nach Bedarf salzt. Derselbe wird im Eierkuch«ntiegel ii» abgefetzten, breitgedrückten kleinen Brötchen in halb Schweinefett, halb Butter gebacken, bis die Brötchen auf beiden Seiten braun find. Man giebt sie zum Thee oder als Beilage zu, Bra ten. Kartoff elirmit'Rah mund gerösteter Zwiebel. Ma.i wäscht und schält die Kortoffeln, schnei, det sie in fingerdicke Scheiben und tocht diese in Wasser halb weich. Dann setzt man nach Verhältniß der Kartoffel? guten Rahm auf's Feuer und thut, so bald er tocht. die Kartoffeln mit denr nöthigen Salz hinein, wobei darauf zu cchtiir ist, daß sie nicht zu weich wer den. Man giebt die Kartoffeln zu Co telette und Lendenbraten und reicht in Butter geröstet« Zwiebeln extra dazu. Rothkohl auf neu« Art. Der Rothkohl wird mit Essig gebrüht, nachdem er wie gewöhnlich gehobelt ist, man wäscht ih" >nit kaltem Wasser ab, letzt Schmalz hinzu, gießt etwas Brühe an und dämpft ihn in dieser Flüssigkeit durch. Dann wird ein Apfel, Zucker nach Geschmack, «in Viertel Pfund Johannisbeergelee auf 1 Kopf Roth kohl, etwas Rothwein, Paprika und Salz daran gegeben und das Gemüse zu Röstwürstchen oder klein« Schwei» neschnitzeln, auch zu Gänsebraten ser virt. KalbsleischmitMajoran. Ein Stück Kalbsbrust od«r -Schulter wird mit kochendem Wasser aufgesetzt, abgeschäumt, g«falzen und weichge kocht, wobei die Brühe etwas kurz ein kochen kann. Dann nimmt man das Fleisch heraus, gießt die Brühe durch ein Sieb, dünstet zwei Löffel Mehl in indem man einen Theelöffel Majoran kraut mitkochen läßt. Das Fleisch wird in Stücke geschnitten und in der' Sauce warm gemacht, dann zusammen angerichtet. Tauben auf Wildbretart. Junge Tauben, gut hergerichtet, reibt man mit Salz und ein wenig Pfeffer ein und legt sie mit einigen Zwiebel scheiben, «iner Zitronenscheibe, gelber Rübe, Wurzelwerk, einem Lorbeerblatt, zwei Nelken, zwei Wachholderbeer-n zwei bis drei Tage in Essig. Nu,» setzt man die Tauben, indem man ihnen Vit Kartoffelmus oder gemischtem Sa