6 Wickelkind und Wiege. ' Der zärtlichen Mutter ist leine Mühe zu groß, kein Opfer zu schwer, wenn das Wohl ihres Lieblings in Be tracht kommt. Ohne Klage giebt sie manche Stunde Schlaf her, gern ver zichtet sie auf gewohnte Vergnügungen ren viele Mütter Monate hindurch das Leben einer Sklavin. Was würden diese aufopfernden Frauen wohl sagen, stand deS kleinen Wesens ist.. Häufig macht man die Beobachtung, daß in Familien der Armen die Kleinsten trotz der mangelhaften Pflege weit ge- P r i m i t i v e Wie gen. Sünder sind, als die sorgsam gewarte ten Sprößlinge der Wohlhabenden. Auch bedeutend artiger sind meist die Wickelkinder der Leute, die sich nur wenig mit ihrem Nachwuchs abgeben können. Eine Frau, die tagsüber außer dem Haus arbeitet, weil der Verdienst des Mannes zum Lebens unterhalt nicht ausreicht, wird wäh rend der Nachtstunden selten von ihrem Jüngsten gestört. Sie hat das Kleine eben von Anfang an nicht durch Schaukeln der Wiege, Hin- und Her schieben des Wagens oder Umhertragen das Leben. Sie wurden von den Er wachsenen im Schlaf erdrückt. Bis Altde sche Sch n hüll e n. schritt der Cultur! Eigentlich sollte angenommen wer den, daß bei den Naturvölkern das Kind frei wie «in junger Baum in der Wildniß sich entfalten dürfe. Das Gcaentheil ist der Fall. Die meisten! wilden Stämme des dunklen Erdtheils bestreben sich, den Schädel des neuge borenen Kindes durch Streichen, Drü cken und Kneten nach ihren besonderen Schönheitsbegriffen umzuformen. Einzelnen Indianern Süd - Ameri kas scheint nichts bewundernswerther als «in Kopf, der mit einem Zuckerhut z» vergleichen ist. Andere Rothhäute bevorzugen eine auffallend zurücktre tende. noch andere eine stark vornüber geneigte Stirn. Die Kirgisen drücken mit der Hand dasGesicht ihrer Spröß linqe. damit die Nase eine recht aufge stülpte, platte Form erhält und die Backenknochen mehr hervorstehen. Solche brutalen Gewohnheiten trifft man aber durchaus nicht allein bei un cultivirten Völkerschaften an. Es ist noch gar nicht lang« her. da war es z. B, in der Auvergne Sitte, den Kops des Neugeborenen auf ei» sehr hartes Kissen, oft sogar auf ein Brett festzu binden. Man gab dem Hinterhaupt dadurch eine weniger runde Form. Eine ausgesprochene Nundung galt für höchst unschön. Flandrische Müüer umbanden den Kopf des zarten We sens mit kräftigen Leinenstreifen, um die Schläfen zurück,udrücken. Selbst in Deutschland verfuhr man in ähn licher Weise. Hier war es der tel. der mit Hilfe eines Stückchen? Karton und einer unter dem Kinn be festigten Binde plattgedrückt wurde. Landbewohner in der Umgegend von Toulouse hatten eine merkwürdige Specialität auszuweisen: die Schädel brldung in Form eines Wulstes. Man bewirkte sie durch festes Abbinden des oberen Theiles des Kopfes. Im De« weiblichen Säuglinge «in Barett von starker Pappe, das auf die noch weiche Schädeldecke gepreßt wurde. Das Re sultat war eine tief« Furche, die sich oberhalb der Stirn von einem Ohr zum anderen zog. Nicht minder pein voll für die kleinen Märtyrer muß der sogenannte „Kopffchniirer" g«wesen sein, den die Frauen der Normandie ihren jungen Kindern anlegten. Daß solch« Unsitte die traurigsten Folgen hatte, ist begreiflich. Ein großer Pro« centsatz d«r armen Geschöpfe, an denen same „Verschönerungsmittel" und das feste Wickeln der Kleinen waren die verschiedenen Methoden, die Mütter sahen, das Kind stundenlang allein zu lassen. Manche der Gebräuche sind übrigens heute noch anzutreffen. In an einen Haken gehängt, in beträchtlicher Höh« vom Fußboden in ' Angehängte BabieS. die Wand schlug. Auf demselben Bild sehen wir auch ein wie eine Mu mie umwickeltes Würmchen, das die ahnlichen Sack gesteckt und diesen an ei nem Deckenbalken aufgehängt hat. In Arriöge befindet sich im Wohnzimmer dieser jämmerlichen Stellung verharrt das hilsloseWesen Stunde aus Stunde. Kein Wunder, daß viele der Kinder oder Korb gelegt und so mitßettstücken und Thierfellen bedeck», daß es nicht selten erstickt. Die Finnländerin geschlossenen Korb verbringt das Kleine die längste Zeit seines ersten Lebensjahres. Se l b st bewuß t. .Ich bewundere Dich; keine Tasche Malerische Brücken. Ueber den Nützlichkeitszweck hinaus liegt in der Brücke, jener Ergänzung der Natur, ein Symbol, das seit den ältesten Zeiten den Menschen weitesten Spielraum zur Deutung gewährte. Sp galt lange Jahrhunderte hindurch die Brücke als unverletzlich, auf der Brücke durfte der Friede nicht gebrochen wer den, kein Streit auf ihr zum Austraz kommen; zum Zeichen dessen trug sie an weithin sichtbarer Stelle das Merk bild der Strafe, das Beil, dem Rauf lustigen zur Warnung, als „Briicken zeichen" in einen Holztheil des Bau werks eingehauen. den ausgeführt wurden, waren Brü cken. Zu deren Pflege und Erhaltung bildete sich am Ausgang des 12. Jahr hunderts sogar in Süd-Frankreich die religiöse Brüderschaft der Fratres pon tisices, der deren Stif lieferung Kunde, nach der im 13. Jahrhundert IS italienische Bischöfe jedem vollen Ablaß gewährten, der innerhalb bebauter Plätze an die gedung leicht anpassen lassen. Ein Bei spiel mittelalterlicher Brückenbaukunst bimste 1362 von Taddeo Gaddi lazzo Pitti und seinem neuen Palazzo degli Uffizi zu erhalten. Der gedeckte Gang der oberen Brücke enthält herrli faello Romannelli auch sichtbar an der Stätte seiner früheren Thätigkeit wei terlebt. Göltzfchthalbrücke. durch die sich der Guadalvin in mäch tigem Wassersturz drängt, scharf durch schnitten ist. Hundert Meter über dein tosenden Wasser spannt eine Brücke ih wesen fein, zu einer Zeit, in der die technischen Hilfsmittel doch noch sehr geringe waren. Doch der Erfolg lohn te die Mühe die 1760 von Jost Martin de Aldeguela erbaute Brücke ist heute noch einer der herrlichsten Aus sichtspunkte der Provinz Malaga. Andere Zeiten, andire Sitten —auch andere Brücken. Das neunzehnte Jahr hundert brachte uns die Eisenbahnbrü- cken, die nur der reinen Nützlichkeit die nen, aber die ersten Brücken dieser Art waren gerade nicht schön. Wer von Leipzig nach Hos fährt, hat Gelegen heit, eine solche Brücke in dem Göltzsch« khalviadukt zu sehen. Er imponirt ohne Zweifel; er gehört zu den größten und massigsten Bauwerken unserer Zeit. Stephienson nennt ihn einen Mauerklotz, aber lein Werk der Inge nieur- oder sonst einer Kunst. Ueber die 80 Meter unter den Gekeifen liegen de Thalsohle spannen sich zwei überein anderstehende Bogen von etwa 32 Me- Spannweite, die sich nach beiden eine Unzahl von kleinen Bogen, nach der Mitte zu in 4 Stockwerken auflö sen. Auf fast 600 Meter Länge dehnt sich der Bau, in den 266,000 Kubikme ter Sandstein, 87,000 Kubikmeter Bruchstein und 20 Millionen Ziegel Dost, die von 1346 bis 1831 das Werk schufen, dessen Kosten sich auf 2,3 Millionen Thaler beliefen. Towerßridge. Von der berühmten Forthbrücke, dem größten Eifenbauwerk der Welt, kann man auch nicht behaupten, daß sie der Schönheit, dem ästhetischen Gefühl irgendwelche Eonzessionen mache. Sie läßt aber wenigstens einigermaßen cha rakteristische Linien erkennen, deren Zweck und Nothwendigkeit man ein sieht. Nahe Edinburg überbrückt das Werk den Firth of Förth, einen Mee resarm zwischen England und Schott land, den sie an einer Stelle von 2,6 Kilometern Breite in zwei Hauptbogen von 621 Metern Spannweite und 17 seitlichen Bogen bezwingt. Die Brücke wurde ganz ohne Gerüst von den mäch tigen, 100 Meter hohen Stahlpfeilern aus errichtet, die ebenso, wie das ganze Hauptbogengerüst, aus riesigen Rohren bestehen. Erbauer sind die Ingenieure Baker und Fowler, die Baukosten be trugen 50 Millionen Mark. Eiaenartig ist auch die östlichste d«r Theiysebrücken bei London, die Tower Bridge, die Anfangs der neunziger Jahre von Jones und Barry erbaut wurde. Zwei dem Stil des Tower an gepaßte Steinthürme, im Innern aus Stahlgerüsten bestehend, tragen zwei Brücken übereinander. Die untere, die Fahrbrücke, 9 Meter über Wasser lie gend, ist als Klappbrücke gebaut und gestattet ein Aufschlagen der beiden Flügel zur Freigabe des Schiffahrts weges. Da der Fußgängerverkehr an dieser Stelle der Themse sehr stark ist und nicht unterbrochen werden darf, ist jedoch in 46 Meter Höhe die zweite Brücke von Pfeiler zu Pfeiler gespannt, die durch Auszüge im Innern der Thürme und durch Treppen zu errei chen ist. Mit den anschließenden Hän gebrücken, die nach beiden Seiten die 60 Meter von einander entfernten Thürme mit dem Lande verbinden, mit den auf Steinbogen ruhenden Zufahr ten, die das ganze Bauwerk auf eine Länge von dreiviertel Kilometer an wachsen lassen, gewährt die Tower Bridge eins der eigenartigsten, Schön heit und Nützlichkeit vereinenden Bil der, die unsere Zeit hervorgebracht hat. Der gemüthliche Polizist. Sei» Wunsch. Das ist die schönste Stund« vom ganz«n Tag«, di« Morgenstund« für mich wenigstens. tet Bubi, unser fünfjähriger Kleiner, aus mein Ersännen am Kaffeetisch. Der kleine Kerl Weihrauch warum. höre, wiederholt er's noch einmal, noch zärtlicher und fügt hinzu: „Ich hab' Dich wirklich sehr lieb!" Ruhe. , Schmeichelkätzchen, das schneller mit seiner halben Buttersemmel fertig ist als ich, gibt nicht eher Ruhe, als bis ich „Du verwöhnst den Jungen wieder gut!" schilt die Mutter, aber das macht weder Eindruck aus den klein«n K«rl, her/ Und di« Mutter schilt wieder: „Na, Du vertrödelst heute ja den ganzen „Ach, Mausel, laß mich doch! Ich st d M Gold im Munde! Hat sie das nicht i nd Verdrießlichkeiten d«s Tages!" die Arbeit!" „Gehst Du endlich arbeiten?" „Wohin geht Vati?" Mit dieser „Was ist das? Arbeiten, Mutti?" arbeitet der Vater!" essen tann. Und dann arbeitet er für Bubis Brödchen und fürßubis Fleisch Da mußt Du auch immer den Vati Arbeit. — ich aufspringen muß, um an d«n Schreibtisch zu gehen. Ich küsse mein« Frau und will eben meinen Jungen zum Abschied herzen, da stellt er sich breitbeinig vor mich hin lla, mein^Junge!" .Für meine Milch, Vati?" „Ja, mein Junge!' „Und für mein Eichen und für mein Brödchen und für mein Fleisch, Vati?" .Ja. mein Kind!" „Vati!" Es klingt halb schmeichelnd und halb verlegen, und ich fühle sosort, daß Bubi «in Anliegen an mich hat. „Nun, was denn, mein Kind?" „Vati arbeit' doch heut' 'mal für Backobst mit Klößen!" Ich kann meinem Jungen einen so billigen Wunsch nicht versagen. Lachend lief ich in mein Arbeitszimmer, setzte mich an den Schreibtisch und schrieb dieses kleine Erlebniß nieder. Kommt's Honorar dafür, reicht's wohl für ein Gericht Backobst mit Klößen, das ich übrigens auch gern esse. Eingegangen. Herr Sänstlich war etwas über die Zeit ausgeblieben und als er über den Marktplatz ging und die alte Rath hausuhr zwei tiefe Baßtöne von sich gab, da wurde ihm recht eigenthümlich und sonderbar um Herz- und Magen gegend. „Zwei Uhr!" mumelte er. „Was wird m«ine Friederike sagen?" „Ach! Du großer Gott!" sitzte er nach einer Weile mit einem tiefen Seufzer hinzu. Wo wäre «in Ehe mann, der nicht schon ähnlich« Stoß gebetlein in die stille Nacht hinausge sendet hätte? Als Herr Sänftlich sein HouS er reichte, stutzte er. Alles war finster. Sollte „sie" am Ende gar schon schla fen? Das wäre ja ein ungeheures Glück gewesen. Aber es war ja gar nicht anders möglich. Denn im Fin stern saß seine Gattin nicht, weil sie sich da gefürchtet hätte. Also mußte sie schlafen. Das Herz, das Herrn Sänftlich bereits tief in die Hosen ge fallen war, hüpfte mit einem Ruck der an den alten Platz zurück. Jetzt galt es nur, sie nicht zu wecken. Herr Sänftlich schloß die Hausthüre auf, zog seine Schuhe aus und schlich vorsichtig die Treppe empor. Wenn er jetzt nur das vermaledeite Schlüsselloch schon gefunden hätte! War er wirk lich etwas aus dem Gleichgewicht ge rathen, oder kam ihm das nur so vor? Es blieb ihm nichts anderes übrig er mußte «in Streichholz anzünden, wenn er Lärm vermeiden wollte. Er that es also, und nun ging es prächtig. Er hatte wirklich Glück heute. Die Thüre knarrte nicht im mindesten, das Schloß schnavvte kaum hörbar, er stieß weder an «inen Stuhl, noch warf er die Waschschüssel um, kurz, er gelangte ins Bett, ohne daß seine ahnungslos schlummernde Gemahlin auch nur mit den Wimpern gezuckt hätte. ihm nur zu wohlbekannter schrille: Diskant: „Sänftlich, wie kommen denn Deine Schuhe da her?" Ein Vorläufer.. Sonntagsjäger (der einen Hasen ge fehlt): „Jetzt läuft das Luder doch da von, trotzdem ich so gut hingehalten habe." Bescheiden. mit d.'m Wetter?" „Bedaure Qbertellner wenden!" AusderKinderstube. Karlchcn lernt eben sprechen, kann aber noch so manches Wort nur mit Mühe herausbringen: besonders Onkel: „Nun, dann sag' 'mal das Wort „Schwein"!" Karlchen (schnell): „Zu wem denn?" > T a n ta lu S - Qu alea. „Warum willst Du Deine schöne Wohnung verlassin?" „Ja, weißt Du, im ersten Stock wohnt der Ren tier Müller ein Haupt-Gourmand! Was da für Delikatessen jeden Tag In der Laube. »....Seh'n Sie, Herr Doclor, in dieser Laube haben sich schon dr«i Schwestern von mir verlobt, und wenn man auf diesen Knopf drückt, kommt die Mama!" Familienidyll. Sie tränkt. Er trinkt. Kasernenhofblüth«. mel zu kommen? Auch ein Bergkraxler. »Du, das Kraxeln hab' ich sattl Jetzt mach'n wir, daß wir 'nauskom men, damit wir wieder 'runterkom men!"