Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 27, 1902, Page 2, Image 2

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    2 Tie Osterbrant.
Ein scharfer Wind fegte durch die
Straßen der Kaiserstadt an der Do
nau und auf dem Himmel sah es tief
schwarz aus, als ob einige übermüthige
Engel ein riesiges Tintenfaß umgesto
ßen hätten; dort, wo an einigen lichten
Stellen der matte Glanz der Sterne
durchzudringen im Stande war, schie
nen diese himmlischen schlimmen Buben
schon mit Löschpapier hantirt oder gar
„ach kecker Schülermanier die Tinte
mit der Zunge weggeleckt zu haben.
An der Eck« der von niedrigen,
vmphitheatralisch übereinander ausstei
genden Häusern gebildeten Straße
stand ein Mädchen fest an die Mauer
gedrückt, um Schutz gegen den Wind zu
suchen. Die Kleine erwartete sicherlich
Jemanden, denn sie spähte nach allen
Seiten und dann lispelte sie leise vor
sich hin: „Er kommt wieder nicht!"
Traurig lieh die Enttäuschte den
blonden Kops hängen und über ihre
großen Augen legte sich der feuchte
Schleier aufsteigender Thränen.
„Ich hab' gestern vergebens gewartet
«nd heute kommt er wieder nicht. Um
Gotteswillen, er wird doch nicht "
Das Mädchen wagt« es offenbar
nicht, dem Gedanken, der ihr ganze!
Gemüth durchzitterte, der ihr Herz so
tiesschmerzlich aufschreien ließ, Aus
druck zu geben. Zum ersten Male stieg
in dieser reinen Seele der Verdacht der
Untreue ihres Geliebten auf, zum er
sten Male erschütternn leise Zweifel
das stolze Gebäude de-.- ersten, himmli
schen Liebe, welch.S sie sich errichtet ui»d
das von der Gegenliebe ihres Ludwig
gekrönt worden war.
Um an And'rn um."
Als ob höhnende, spottende Teufel
chen sie verfolgen würden, klang der
armen Bertha das Lachen de: Wäscher«
Mädchen nach.
außer dem großen „Kegelhause", in
Bertha die Erbin ihres Vaters ist, wie
so viele Leute glauben. Ihr Vater
hat Nichts gehabt, und was da ist, ist
mein Heirathsgut. Die drei Häuser
sind auf meinen Namen geschrieben
und die 80,(XX) Gulden Renten, die
glauben, daß ich vielleicht der Bertha
keine Abfertigung geben will. Ich
geb' ihr das ganze baare Geld und in
erfährt" flüsterte kleinlaut Lud
win.
.Ab was. das wird ihr einenßrems
ler gebe» und die Geschichte ist zu
Ende. Man heirathet nie den ersten
tie für die Bertha sein. Da kommt
pe nach Mariabilf und wir können hier
ungestört die Freuden der Ehe genie
ßen. Ach, Ludwig, wie sreue ich mich
auf den Tag, da ich Dir sagen kann,
„O, Ursula, Du bist ein Engel an
Güte!" lispelte Ludwig und ergriff
die welke Hand der Mutler Bertha's,
um sie zu küssen. Diese zog den jun
gen Mann an sich und küßte ihn innig.
Wie furchtbar ist diese Macht des
Geldes, wenn sie den so gebildeten Be
amten Ludwig Remisch, der sich mit
Uh schl 's d« L'cht
:mpor.
„Ich mutz g«hen, nieine Theure!"
sagte er. „Bertha wartet an der Ecke
wieder vergebens g«wartet hab«n, das
arme Kind." Die letzteren Worte
setzte Ludwig so leise hinzu, dah sie die
alte Ursula nicht vernehmen konnte.
„Sie soll warten! Uebrigens muß
ja die Komödie ein Ende nehmen, und
zwar bald. Ich dringe darauf, datz
Sie sich morgen erklären."
gung und ging mit dem entsetzlichen
Bewutztsein ein Schuft zu sein.
Jenseits der Straße drückte er sich in
die Thoreinfahrt, denn er sah Bertha
Kämmerlein zuschritt. Mäd
ren noch lange nicht erschöpft:
„Mei' Bua schaut auf's Herz
Und a Lump schaut auf's Geld,
So Lumpen auf der Welt!"
Weiß man bereits am Himmelpsort
die Thränen des unglücklichen Mäd
schön ist das weiße Atlaskleid, das in
dem Kasten hängt, wie herrlich muß
sich gesellen!
Dung mit dem Geliebten soll ungestillt
bleiben? Nein! Es gäbe ja kein«
Gerechtigkeit, man müßte verzweifeln
Die Thür öffnete sich und Mutter
Ursula erschien in der Kammer. „Du
kommst jetzt erst nachlaufe?"
Blicke Bertha's auf. „Und es ist
Hochzeit!" Bertha hatte das Wort
„Wie soll ich Dir danken Mutter?"
die Wittwe mit kalter Ruhe. „Lud-
mich heirathen und nicht
als das Wehklagen der Hinterbliebenen
! am offenen Grabe des Ernährers, das
kalt und eisig in die Seele schnitt, ent
braucht eine gesetzte nicht so ein
unerfahrenes Ding wie Du, das Nichts
hat, als ein schönes „G'frietzerl".
Also hörst Du, Ludwig ist mein Bräu
< tigam und für Dich werde ich sorgen,
daß Du einen andern bekommst."
> Ursula verließ die Kammer.
> Wo waren die Thränen, wo waren
r - Glo
Osterglocken, eure Klänge
Schallen hell in Herz und Haus;
Aus des Winters Nacht und Enge
Führen sie uns sanft hinaus.
Schon zur neuen Friihlingsseier
Ladet milder Lüfte Hauch.
Hier und da den grünen Schleier
Warf schon über sich ein Strauch.
Was so lang' erstarrt gewesen,
Widersteht dem Zauber nicht;
Alle Bande weiß zu lösen
Mühelos das junge Licht.
Auf die Fluren träuft es nieder,
Schleicht sich in das dunkle Thal,
Durch das offene Fenster kam froher
Gesang und der Wind trug die hellen
Lieder der „kecken Nett'l" in die stille
selten Geschöpfes:
„A Bißgurn und der Teufel
Die hab'n si' zerkriegt.
Der Teufel is davong'rennt
Und die Bißgurn hat g'siegt!"
« « «
und Ursula mit ihren Trauzeugen zur
Kirche und als Frau Remisch kehrte die
Mutter Berthas in das Kegelhaus am
Himmelpfortgrund zurück.
„Ich will mich mit Bertha versöh
nen. Jetzt wird sie den Thatsachen ge
sein!" sagte Ludwig und schritt dem
Cabinet zu, das Bertha bewohnt.
Entsetzt fuhr er zurück, da er die
Thüre öffnete.
Auf dem Bett- lagßertha im Braut,
gewande, den Mhrthenkranz in die
blonden Lockn gedrückt todt. Ein
heiliger Glanz der Ruhe und des Frie
dens lag Über dem bleichen Antlitze deS
armen Kindes, das in derselben Mi
setzt, da der Priester ihre Mutter dem
treulosen Bräutigam für immer ver-
Am Ostermontag wurde die Oster.
braut vom Himmelpfortgrund unier
riesiger Betheiligung der Bevölkerung
der Gegend zu Grabe getragen.
Wer den Schaden hat
Herr zu seiner Dame (der während des
Tanzens das Gebiß herausfällt): „Bit
uin 12 Uhr!"
Begreifliche Geg >' nfra-
Ae. „Wenn Sie meine Tochter gut
tausend Mark außer der Mitgift."
gut behandelt?"
—K leiner Unterschied. Un
terossicier: „Meier, warum ist Dir
cier: „Nun, vor dem Velociped wohl
kaum aber vor dem Civilisten, der
droben gesessen ist."
Und vergangen ist die Nacht.
Aus der Luft der Lerchen Reigen
Ruft den Blumen zu: erwacht!
Seine dunkle Hülle spaltet
Zarter Keim, den Leben schwellt.
Wenn sich all' das Grün entfaltet,
Aus des Lebens Nacht und Enge
Neu»-Pfade siehst du offen,
Vom Osterhasen.
Zu den liebsten Freunden der Kin
der gehört d«r Osterhase, dessen Eier
die Kleinen am Ostersonntag in allen
möglichen Verstecken aufzufinden ver
stehen. Im Uebrigen ist die modern«
spurlos vorübergegangen. So kommt
es, daß das Osterhäschen zur Zeit häu
fig Eier legt, welchen ein gewisser
Kunstwerth nicht abzusprechen ist.
Nur ganz verkümmerte Exemplar« der
Schale von den gewöhnlichen Produk
ten des Hllhnerhofes vortheilhast aus.
Abgesehen von diesen Ausnahmen ha
ben angestellte chemische Untersuchun
gen ergeben, daß sich die Substanz der
Schale zur Zeit vorzugsweise aus Kry
stallzucker, Chokolade und Biscuit zu
sammensetzt. Daß Eier dieser Art von
unseren Kleinen, namentlich bei Re
in der Kinderstube gefunden werden,
erklärt die Empkindlicbteit solcher
Eihiille» gegen Nässe und snnstige un
günstige Witterungseinslüss«. Wenig
beliebt sind bei den Kindern Haseneier
aus Porzellan, Glas, Pappe odcrHolz,
während von großen Kindern die Eier
genannten Art bilden übrigens ein«
zoologische Monstrosität allerersten
Ranges; denn einerseits sind sie im
Römische Lsicrgebräiicht.
Kirche nach Hause getragen und über
dem Bett befestigt ist denn wirkliche
Palmen leisten sich nur die wohlhaben
den Klassen —, beginnt ein für Rom
höchst ungewöhnliches Rdinigen und
Osterzeit entfernt.
Wenn das Haus blank ist, wird das
Bett noch besonders mit weißen Lin-
und segnet dies Ostermahl, und Alles
im Hause wird mit Weihwasser be
sprengt.
Acht Tage vorher werden in Blu
mentöpfe rasch ausgehende grüne
Pflanzen ausgesät, wie Wicken. Kohl,
Mais, Korn, und diese in die Kirchen
Gebrauch im Alterthum bei dem Früh«
lingssest des Adonis.
Am Gründonnerstag um 10 Uhr
Gesu S. Jgnazio, S. Agnese, S.
Carl al Corso, S. Maria sopra Mi
nerva und S. Luigi dei Francesi die
Genüsse ist.
Wir gratulieren!
In der griechisch - katholischen
Kirche gilt Ostern als das höchste Fest.
Es ist das Fest der allgemeinen
menschlichen Verbrüderung. „Chri
widert: „In Wahrheit, er ist aufer
standen!" Unbekannte küssen sich auf
der Straße, es herrscht allgemeine
Freude, als hätte sich das wunderbare,
heilig« Mysterium «ben erst vollzogen.
D«r Standesunterschied verschwindet
für eine Weile, ein leutseliger Verkehr
herrscht zwischen Vorgesetzten und Un
tergebenen. Trotzdem mit der Aufhe
bung der Leibeigenschaft jede Abgabe
läng,
Geht «in Gesang, geht ein Gesang,
Der ist wie stilles Weiaen.
Der ist wie «in tiefes Klageg«dicht,
Das aus dem ärmsten Herzen bricht,
Armes H«rz«, was weinst du so?
Die Nebel zichn über's blasse Land.
Was schlägt meine Brust so lauter.
Schlag?
Die Nacht ist lang. Kurz ist der Tag.
Armes Herze, was weinst du so?
Dämchen von Welt. Karl
chen zu Klein-Else: „Sag', Else, hast
Du eigentlich den Onkel lieb?" Klein
ich Dir. ein znxites solches Heim, wie
Hoffnung."
Da s Aeube r st e. A : Wzs
bürden Sie thun, wenn Sie gar nicht
mehr aus noch ein wüßten, wenn Sie
gan, verzweifelt wären? B.: Mich ver
sie verrennen ließ und ihre Vche ver
schluckt." „Das ist allerdings der
bei!« Weg. die Familie
halten"
Die Krokodil«.
Dem sogenannten Krokodil-Bunde^
gen hat, gehörten bei seiner Gründung
in München Männer wie Geibel, Paul
Heyse, Friedrich Bodenstedt, Moritz
Dahn, Victor Scheffel, Julius Große,
Im heil'gen Teich zu Singapur,
Da liegt ein altes Krokodil
Von äußerst grämlicher Natur
Symbol. Fortan schmückte auch
Tisch, um den die Gesellschaft saß, ein
etliche Spannen langes, kunstvoll mo-
oder Weinhause der Altstadt München.
hold, der Musitschriftsteller Ludwig
Nvhl u. A. Die Vlüthezeit der Kroko
dile siel in die Jahre 1857—1864.
es mit der Vlüthezeit des Bundes
vorbei. Geibel ging 1868 von Miin«
chen fort, weil ihm wegen eines Huldi
her. Die Führung des verwaisten
Bundes hatte nach Geibel's Weggang
Paul Heyse übernommen. Aber die
Zeiten hatten sich sehr geändert. Lud
wig 11. huldigte anderen künstlerischen
Vorstellungen der Litteratur in ihrer
Gesammtheit förderlich gewesen wä
ren, Das politische Leben mit seinen
tiefgehenden Wogen (der Krieg, die
Neugestaltung Deutschlands, die Grü
nderjahre u. s. w.) brachte dem heiligen
Teich weitere Einbuße. Im Winter
1869—70 war die Zahl der Krokodile
schon so gering, diitz Paul Heyse die
Mitglieder des Bundes allwöchentlich
einmal während der Dämmerstund«
zu Sitzungen in seiner Wohnung ver
sammelte. Der Bund gewann zwar
noch manch werthvolles Mitglied, wie
den oberbayerischenDialectdichter Karl
Stieler und den Humoristen Franz
Bonn, der unter dem Namen „von Mi
ris" fast in jeder Nummer der „Flie
genden Blätter" Gedichte veröffentlich
te, aber es war doch nur Epigonen
thun,. An einem Winterabend des
Jahres 1878 —79 wurde eines der
greifbarsten Besitzthümer des „heil'gen
Teiches", die Bibliothek, in die einst je
des Mitglied seine neu erschienenen
Werke gestiftet hatte, verloost; betrübt
nahmen die Mitglieder die hübschen,
mit einem goldenen Krokodil geschmück
ten Bändchen nach Haus«. Der „Teich"
spaltete sich bald darauf in zwei Tei
ch«: in den d«r Theckrokodile, die im
Kaffeehause beim Thee zusammen ka
men, und in den der Sumpfkrokodil«,
die sich Abends beim Bierlruge ver
gnügten. Es bestand jedoch kein«
vielmehr in beiden. Das letzie Lebens,
zeichen des Bundes war das 1881 von
H«yse und Laistner herausgegebene
Dichterbuch.
Kindermund. „Mariechen,
sieh 'mal nach, ob die Uhr im Salon
noch geht," sagte die Mutter. Mari«:
„Nein, Mama, si- steht ganz still, nur
ihren Schwanz bewegt sie hin und her."
't«n Stick«r«ien, die ich anfertige, gebe
ich meiner Mutter!" —„Das ist schön
und freundlich von Ihnen." — .Und
„Wie geht's Ihrer Gattin? Erholt sie
sich im Bade ordentlich?" „O, gewiß!
Sie hat schon auf dem Bahnhof ange
fangen, gesund zu werden!"
Feine Raa> e. „Es hat mir
ungemein Leid gethan, liebe Freundin,
daß ich auf Ihren letzten Gesellschafts-