Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 20, 1902, Page 2, Image 2

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    2 Irma.
Venezia! klingt e» nicht wie im
Traum, wenn der Schaffner das Zau
berwort ausruft. Ma» hat soviel Mär
chenhaftes davon gehört, daß die wirk
liche Existenz dieser Stadt förmlich
iiberrascht, so dachte auch die junge
Dame, dik mit ihre» Eltern aus dem
Abtheil erster Klasse stieg und mit er
wartungsvollen Augen um sich sah.
Sie war groß und schlank, mit hell
blonden Haaren und dunklen Auge»,
ihr größter Reiz bestand aus der Ver
einigung von herber Jungfräulichkeit
«ndHer lieblichen Anmuth der Blondi
nen. Leichtfüßig sprang sie in die
schwarz« Gondel, wahrend die älteren
Herrschaften etwas umständlich nach
folgten.
Wie das schön und eigenartig war,
dieses Ankommen in der Gondel, nicht
wie bisher immer in den klapperigen
Hotelwagen!
-Run. Kind, bist Du ja endlich in
Deinem ersehnten Venedig, was wir
alten Leute nun „nolens völens" mit
bewundern müssen, sonst hätten wir ja
doch teine Ruhe gehabt," übrigens
so gar alt. wie er sich gern schildert-,
war Geheimrath von Geldern noch
nicht, aber er liebte seine gemüthlich«
Häuslichkeit mehr als das Herumrei
sen, auch seine Gattin reiste nur aus
Lieb« zu ihrer Tochter, ohne selbst ei
nen erheblichen Genuß davon zu haben.
Irmgard, ihr einziges Kind, war den
Eltern wenig ähnlich, eine sehr zurück
haltende Natur, dem Gesellschastsleben
abhold. begeist«rt für Natur und
Kunst. Obgleich sie 24 Jahre zählte,
hübsch und reich war, hatte K«in«r
vtrmocht, ihr Herz böher schlagen zu
lassen, sie war fest davon überzeugt,
daß die Liebe ja wie es schien
für Andere nöthig, für sie aber durch
aus entbehrlich sei. Auch ihre warme
Hingebung für ihre Eltern zeigte sich
selten in äußeren Liebkosungen, sie
liebte und verehrte sie von Herzen;
Over ihr inneres Leben lebte sie für sich
Es war schon dunkel, als sie im Ho
tel Bauer ausstiegen, und als sie auf
ihr«n klein«» Balkon trat, der nacq
dein „Canale grande" herausging, sah
sie unter sich die schwarzen Gondeln
geheimnißvoll vorbeigleiten. Der erste
Abend in Venedig beim 'Monden
schein und der weichen Luft das hat
etwas Berückendes, svst Außerweltli
cheS an sich. Irmas schönheitsdurstige
Seele athmet in vollen Zügen den
Zaiiber dieser Stunde ein.
Als sie zum Speisen hinuntergin
gen, begegnete ihnen auf der Treppe
ein Herr, dessen Bekanntschaft sie in
Mailand gemacht hatten, Hans Rein
hold, ein Maler aus Berlin, der sich Wie
den Winter eiizige Monate in Italien
umhertrieb, um in den nie erschöpften
malerischen Motiven zu schwelgen. Er
begrüßt« die Herrschaften mit ersichtli
cher Freude und bot sein« Führerdien
ste in Venedig an, wo er wie zu Hause
wäre. Man sah ihm den Künstler nicht
an; er war elegant, mit peinlicher
Sorgfalt gekleidet und bewegte sich mit
großer Leichtigkeit. Seine großen,
graublauen Augen sahen immer etwas
erstaunt aus, und sein hübsches Lä
cheln ließ seine tadellosen Zähne sehen.
—ln den nächsten Tagen nahm Irma
seine Begleitung öfters an, ein ganz
besonderes Vergnügen gewährten ihr
seine sachverständigen Erklärungen der
alten Meisterwerke gerade dafür
hatte sie bis dahin kein großes Ver
ständniß gehabt. Sie bemühte sich,
anders sehen zu lernen^ und sich in seine
dankbar? der ihren Hunger nach wah
rer Erkenntniß und Vervollkommnung
befriedigte. Da ihre Mutter durch ein
leichtes Unwohlsein viel an das Zim
mer gebannt und dem Vater, Ga
sichtes, folgte er der geschmeidigen
Grazie ihrer schlanken Gestalt. Und
1«, an der bis jetzt alle Huldigungen
Eines Abends als sie am Fenster
«s mich wie mit Flammen und ich
möchte meine Augen schließen, weil ich
fürchte, fi« würde» verrathen: sieh, wie
ich Dich liebe! und wie unter etwas
Gewaltigem, Unfaßbarem beugte sie!
ihr Hau>^
Ihre Eltern ahnten nichts von ih
rem inneren Erleben, nur mühsam, I
«ahmenden Gedanken an ihn zurück
und »«igte ihnen ihr gewohntes ruhiges j
«esicht. Krau von Geldern äußerte ih- ,
rem Mann gegenüber die Besorgniß,
ob nicht vielleicht eine gewisse Gefahr
/iir ihr Kind in dem zwanalosti, Um-
auf er lächelnd erwiderte: „Ich bitte
Dich, unsere kalte, unnahbare Irm
gard und noch dazu ein Künstler!"
Diese wenigen Worte beruhigten sie
denn auch vollständig.
Ob er sie wiederliebte, das war
die brennende Frage, mit der Irmgard
sich unablässig beschäftigte, sie rief sich
jeden Blick und jedes Wort von ihm
in'S Gedächtniß sie kam
Blut, gegen wenn «s fein
mußte. Zum ersten Mal freute sie sich,
daß sie ihm Alles würde schaffen kön-
« '
liefe Liebe eMüPe. Und er beschloß,
Eines Nachmittags hätte H«rr von
Geldern und seine Damen eine Einla
ihrerseits das Versprechen zurückzu
weisen. Der Zufall, der oft die beste»
Vorsätze vereitelt, brachte nun diese
wußt«: „Irma, sag« mir, ob auch Du
mich liebst?" Keine Antwort konnte
mehr sagen, als die heiße Blutnxll«,
siH, zu viel zu gestehen. Er riß sie in
küßten sie sich. Als er sie endlich los
gelassen, strich sie wie im Traum über
den voll heißer Glückseligkeit. Nach
tes Ich ftin. alle seine Jnteressei/thei-
bisheriges Leben. „Mein Göttlich
len Herzen empor.
Und er? Wie hatte er sich nur so hin<-
reißen lassen? Konnt« «r denn nie wi
dersteh'n, wenn sein Herz sprach? Was
war denn nun zu thun, wie sollte er
sich vor dem geliebten, stolzen Mädchen
rechtfertigen, wie würde sie ihn ver
dammen, von deren Munde er daS
l stammelnde Beben der Liebe wachge
küßt hatte. „Borrel morir," klang's
! da auch zu ihm herauf. Als ob das so
> leicht wäre. Mit allen Fasern hing er
am Leben.
Ja, so wollt« er es machen. Er wird
ihr schreiben, er darf sie nicht wiederse
hen, er hat keinen Muth, ihr Auge in
Auge zn gestehen, daß er sie betrogen
hat; er wird ihr schreiben, daß er arm
und zu stolz Ware, da Wohlthaten ast-
r« und daß er sich von seiner großen
Lieb« hätte hinreißen lassen, sein Ent
schluß zu entsagen aber unabänderlich
Vorb«!"——
Mit jubelndem Glücksgefühl wartete
Irma der Zeit entgegen, in der sie den
zen Zeit des Glücks, wo die Seele lebt
ihrer zarten, vornehmen Erscheinung
lag das B«wußtsein ihres Glücks wie
ein Duft.
dritten das Unverständliche, Un-
Minuten, wie sollte sie mit diesem
Erlebniß im Herzen ruhig scheinen,
oder war alles ein Irrthum, gab is
Auf ihrem Zimmer kai^es mit sol
cher Macht über sie, daß ihr zarter
Körper wie im Krampf geschüttelt
wurde, eine solche Ekstase der Ver
zweiflung, bis sie, zu Tode erschöpft,
für kurze Zeit i« einen Zustand völli
ger apathischer Abgestorbenheit Erlö
sung fand.
Seit jenem Riß, der durch Irmas
Herz und Leben gegangen war, waren
vier Jahre verstrichen. Jahre voll bit
teren Leides. Irma war hart und kalt
geworden: alles, was die Liebe und
das Glück in ihr zum Blühen gebracht
hätte, war gestorben. Sie hatte einen
grausamen Trost darin gefunden, Her
zen an sich zu ziehen und sie dann kalt
fortzustoßen, sobald sie sich ihr in Liebe
nahten; sie wollte Andere leiden lassen,
wie sie gelitten. Einige Monate nach
Empfang des verhängnißvollen Brie
fes hatte sie erfahren, daß Reinhold
verheirathet war. Die grenzenlose Em
pörung und der und der verzwei
te sie Eltern verloren? Sie kam
sich so verlassen vor, so enttäuscht vom
Leben, daß ik>re Gedanken oft darnit
anschloß. Ihre stets gleichbleibende
Frohsinn versucht« die starre Gleich
gültigkeit Irmas zu durchbrechen und
sie dem Leben zurückzugewinnen. Ganz
«llmählich belohnte Ich ihr treues Wir>
ken. Jrnia fing an, mit theilnehinen
dachte'. Sie sah, daß über der ganz«!
Menschheit ein großes, schweres Kreuz
liegt, an dem alle zeitweise mittragen
ben sollten!
hinein erhielt sie eines Borgens einen
Brief, bei dessen Anblick sie alle Farbe
fragte: „Um Gottes Willen, Irma,
was fehlt Dir?" Sie bat: „Laß
mich Du —ich ha^
beigehen einen zärtlichen Kuß auf Ir
mas Stirn, als'wollte sie sagen: „Ich
trage Alles mit Dir und bin b«i Dir."
Mit fliegendem Herzen eröffnete
Irmgard den Brief, ihr Herz schlug
zum Zerspringen, so daß sie die Hand
darauf legen mußte, wie um es festzu
halten, während sie las: „Gtlitbte Jr
nia, Du mußt es mir erlauben, Dich
noch einmal so zu nennen, mein Herz
zwingen. Irma, ich beschwöre Dich,
noch nicht Alles in Deinem Herzen für
mich erstorben ist, laß Deinen Stolz
nicket über Deine Liebe siegen.
vor Dir niederkniet!, darf und
Verzeihung erflehen, daß ich Dir sagen
darf, wie mein H«rz nur Dich gekannt
und geliebt hat. Irma, em Wort und
mein Glück ist ohne Grenzen. Siehst
Du, so glückselig kannst Du machen,
und Du wolltest es nicht thun? Die
wahre, große Liebe überwindet und
überdauert Alles. Geliebte, schreibe
mir nur das eine Wort: Komm! Wie
Du auch entscheidest, ich bleibe für alle
Zeiten Dein."
Wie Alles in ihrem Herzen von
Neuem aufbrach. Alles, was sich zu?
Ruhe gezwungen, wie das wühlte und
gährte in ihr. was sie todt geglaubt!
Nein, sie würde ihm nicht schreiben,
warum hat er kein Vertrauen zu ihr
gehabt, waruin hat er sie betrogen,
warum hat er zugesehen, wie si« immer
mehr und mehr sich ihm zuneigte, das
durfte er nicht thun, das nicht, sie
würde ihm ja doch nicht mehr glauben
und vertrauen können. Er sollte bil
den, sie liebte ihn ja nicht mehr. Liebte
ihn nicht mehr? Wie ein Stöhnen
kam's aus ihrem Herzen, wie ein war
mes Licht in ihre Augen und mit be
benden Händen schrieb sie das kleine
Wörtchen: „Komm!"
Zufttildl
i.
Wenn die Bewohner von Pout - Le
moin«, di« die ernste Miene ihres Arz
tes, des Doctors Ledouze, so sehr be
wundern, wenn sein« jung« Frau,
der «r so sehr imponiri, daß sie nur in
succhtsamer Ber«hrung zu ihm empor
zublicken wagt, wenn alle, di« ihn
k«iin«n, seit er sich in d«r Provinz nie
dergelassen hat, jhn aus dem Pfla
ster von Paris h«rumstampf«n f«h«n
würden, seit er den Bahnhof Mont
parnasse verlassen hat, si« würdtn ihn
nicht mehr wiedererkennen.
Hoch aufg«richt«t, mit lachendem
Blick und herausfordernd hochgedreh
noch nach sonst etwas. Er i» wi/d«r
um fünfzehn Jahre jünger geworden,
er ist wieder Student, Jungges«ll« und
Die Verwandlung ist indeß nicht so
plötzlich vor sich gegangen, wie man
glauben könnt<: sie hat ganz heimlich
im Herzen des Doctors Ledouze begon
nen, als er o«r einiger Zeit eine Ein«
Wie ein Blitz war di« Jd«e in ihm
uxir, daß es di«s«m L«b«n an «in«m
Boulevard Michel, an einem Bal-Bul
lier und vor allen Dingen an «inem
„Hotel der Jugend" s«hlte! Er dachte
als er abreiste. Mistancbette. die sich
chette!
nicht mehr aus; er hatte der kleinen
Madame Ledouze erklärt, die Wissen
schast rufe ihn, und ein dickes-Couvert
be»:
Besitzer des „Hotels zur Jugend".
Rue des Foss«s Saint Jacques,
Paris.
ten Gast!
Also auf Dienstag Abend!
Ihr T-tol.>.
11.
Als er zur Rue d«s Fosse» Saint-
Jacques kommt, schlägt das Herz des
Herrn Doctor Ledouze heftig Je
d«»falls stand«» Vat«r und Mutter
s ' K ff Th"
Vakr Poulart nicht da?"
„Vater Poulart?" versetzte der
Wirth erstaunt. „Der ist vor vier Jah
ren g«storb«n. mein Herr, ich hab« s«in
Haus gekauft. Ab«r entschuldig«,,
Sie, m«in Herr," fragte d«r Wirth
nun seinerseits, „hab« ich von Ihnen
solg«r bin, habe ich ihn aufgemacht.
Sind Si« Hrrr Totole?"
D«r Doctor Ledouze wurde unter
ihn ansahen, roth wie ein« Tomate.
„Ja allerdings —" stotterte er;
„unt«r diesem Namen kannte mich
Grund, daß Sie hi«r bei uns nicht ab
steigen," v«rs«tzt« d«r Wirth mit g«-
schäftsmäßig«r Liebenswürdigkeit.
wie^rknnen^
111.
an in das ober« Stockwerk, das der
k«nnt. Das Bild des alten Hauses,
das so lebhaft vor geistig«»
giltigen Etablissein«nts. '
Indeß erspart ihm d«r Wirth nicht
di» geringste Kleinigkeit. Er macht
bedeckt.
«r glaubt zu träum«n.
Das ist doch nicht sein Zimmer!
Wo ist s«in Bett, das alte, breite
broch«n ist? Und die Spur d«, R«-
volverkugtl, als Mistanchttt« sich um
bringen wollt« und er gerab« zur rech
ten Zeit noch eintrat, um die Waffe
abtrxnden zu können!
Das alles ist verschwunden, spurlos
v«rschwund«n! Die D«cke ist neu ge
malt, «in« gedruckte Goldtapet« bedeckt
modernen Stil. 2
,Na, das hat sich verändert, was?"
fragt der Wirth, der di« schmerzliche
Bestürzung Ledouz«'S filr Bewunde
rung nimmt, mit stradl«nd«m Blick.
„O ja das hat sich »«rändert,"
erklärt der Doctor mit gezwungenem
Läch«ln, während ihm fast di« Thrä
ne» in die Augen tr«t«n.
Einig« Augenblick« spät«r wird sein
Koffer in da« Zimmer gebracht, das
ihm nichts von der V«rgangenh«it «r
-zu diniren.
Hier I«nnt er sich wenigstens «in
bischen aus; hier haben die Verschöne
rungen nicht alle Erinnerungen d-r
Vergangenheit, all« Spuren seiner Ju
gend zu versch«uch«n g«wußt.
Dort drüben ist seine Ecke, der Tisch,
an dem er jetxn Ab«nd dinirt, an dem
scherzte oder sich mit Mistanchette
zankte kurz: sein Tisch! Doch als
er sich daran niederlasscn will, hält
ihn der Kellner auf:
„V«rz«ihung, m«in Herr, bitte? neh
men Si« hier Platz; das ist der Tjfch
d«s H«rrn Jules," fügte er mit dem
„So, so," Doctor Ledouz«
Tom Alter.
Im Alt«r, nachdem schon so vi«l
»«rloren und begraben worden ist, be
noch weit mehr, als in d«r Jugend.
Das Alter bedarf sehr der kräftige
ren Genossen. Dies« aber bedürfen
lernen.
Di« Jugend ist allenfalls bereit, b«i
das Deinig« geleistet haben; das ist
aber jetzt vorbei. Uns gehört die Ge
genwart, uns die Zukunft, da darf
uns keiner drein red«».
Da» Alter verl«iht gkichsam eilt in
n«rlich«s JanuSg«sicht, das rückwärts
und vorwärts schaut. Die Vergangen
heit gewinnt größer« Kraft, j« näher
di« Z«it rückt, wo wir selbst vergangen
sind.
« » «
Jedes Lebensalter hat sein« «igenen
Erfahrungen, Versuchung«». Fertig
wird k«in«r mit sich und anderen, bis
zum Ende der Dinge nicht. Hinder
nisse üb«rwind«n ist Kraft, also Leb«».
Zum Hinderniß w«rden, ist lähmend,
doch fast unausbleiblich.
Oft hört man klagen: welch« Noth
hat man doch mit d«n alten Leuten!
Welch« Noth di« alten Leut« mit d«n
jungen hab«n, wissen dies« nicht. Es
ist d«in Greis« möglich, die Zugend zu
verstehen, da er s«lbst einmal jung
war. Nicht umg«khrt. K«in Junger
ist im Stande, sich vom Alter cin
wirklich zutreffend«? Bild zu machen
er fkht eS immer nur in der Vor
stellung, so wie es, s«in«r Meinung
nach, s«in sollt«.
» « »
Ein« d«r r«isst«n Frücht« d«s Alters
ist: zu begreifen und zu v«rz«ihen.
Alles, was spät erl«bt wird, sinkt
v!«l schwerer und ti«s«r in di« Seele,
als früh« Erlittenes, und dabei ist di«
Kraft, zu ertragen, viel geringer ge
« « «
Zu d«n größten Tröstungen aehört,
keinem rechten Menschen derJung
dig« Stunde, «in Genuß durch die
Kunst. j«tx warme Herz«nst«gung ist
solch «in Lab«trunk aus dem Born d«r
wrten, Müden nicht nur «igene Kraft,
ei wahrt ihm auch die Möglichkeit,
das Neu« zu »«rskhim.
Trostworte.
mend«n Blicken nachsehen, die leise
Worte des Trostes auf den Lippen
Wort?" fragen sich solche Menschen,
eigenes Herz die oft ausgesprochenen
Theilnahmsphrasen: Wie l«id thut es
mir. Wie sehr fühlt mein Herz mit
Ihnen! Wie tiefbewegt hat mich der
schwere Schlag, Sie traf! Selbst
Dir ist augenblicklich „Tod" leerer
Schall, weil Du in Freuden stehst.
Das Weib aber, das mit dem Tode
soeben um das Theuerste auf der Welt
rang, braucht das Wort nur zu hören,
und sie erkennt all sein« furchtbare
Macht. „Vermögensverlust." Du
sprichst e» vielleicht ohnehin, weil Du
giebst, sich auszusprechen, oder w«il
Du ihm zum Mindesten den Wahn
giebst, daß sein Leben für Dich nicht
ganz ohne Antheil blieb. Ein schön«r
Wahn kann auch Trost werden, denn,
wie sagt doch Uhland? „Das Bild ist
höh«r, als sein Gegenstand, der Schein
mehr Wesen, als die Wirklichkeit. n!«r
nur di« Wahrh«it liebt, hat ausgelebt.
Das Leben gleicht der Biiihn«. hier wie
dort, muß, wenn die Täuschung weicht,
der Vorhang fallen."
sein, daß man täuschen und heucheln
soll. Aber wem schon der Wunsch
kommt, dem Trauernden ein Trostwort
zu sagen, der zeigt ja bereits innere
Theilnahme, und wer die Worte aus
spricht. wer die tiefe, leidvolle Klage
Unglücklicher hört, dem steigt das
Mitleid mehr und mehr auf, wenn es
auch anfangs nur ein kleiner Keim ge
wesen ist. Wären wir Engel, so fän
den wir wohl Mittel, die von Seele zu
Seele wirken. Da wir nun aber Men
schen sind, so müssen wir uns schon
unserer Sinne, vornehmlich des Auges
und de» Ohres, bedien«», um zu verste
hen und verstanden zu werden.
„Ab«r ich kann so w«nig schöne
Worte machen." Das ist auch gar nicht
nöthig. Die trivialste Wortform ge
nügt, wenn nur überhaupt Theilnahme
darin liegt. Ein lieber Blick, ei»
Händedruck,'ein Kuß, je nach d«r Ver
trauth«it des Umganges, sind die wirk
samsten Unterstütze! auch der am öst«-
sten gebrauchten Phrase. Freilich,
wer schön:, «rhlbende Wor e fandet und
den Takt hat, sie zur rechten Stnude
zu sprechen, der verfügt über ein« sel
tene Gabe.
Allerdings giebt es Trauerfälle,
giebt «s unendliches Herzeleid, dem ge
genüber auch das tiefste Mitgefühl kein
Trostwort findet. Dann freilich
kann sich nur Thräne mit Thräne ei
nen, und nur das innigste Anschmiegen
kann einer wilden Verzweiflung Halt
bieten. Dann freilich begnüge sich der
Fernstehend« mit schonindster Zuvor
kommenheit. mit liebevollster Aufmerk
samkeit. mit jen«r zartfühlenden Ach
tung, die ein großes Unglück stets
wachruft, und erst, ivenn das verzwei
feltste W«h der Heilung der Zeit wich,
kleide sich seine Theilnahme in Worte.
Es ist ein tiefes Thema, das d«r
Trostwort« und d«r Theilnahme. Aber
gerade, weil in unseren klügelnden
Tagen die Menschen sich mehr und
mehr vor dem Ausdruck der Theil
nahme „drücken" und dadurch herzloser
«rschtinen, als sie sind, gerade deshalb
sei «inmal darauf hingewiesen, welche
Macht das ausgesprochene Wort hat.
Schöne Aussicht. Junger
Rechtsanwalt: .Heute hatt' ich einen
Mörder und zwei Straßenraub» zu
vertheidigen! vielleicht gelingt es mir
auch, in den schwebenden großen Ban
kerott und Meineidsprozeh hineinzu
kommen. . . und dann Heirathen wir,
Schatz!" Braut (selig): .Ach, d-S Le
ben ist doch schön, Eduard!"
Tochter:
.Ach Papa, erklärte mir doch, bitte, den
Unterschied zwischen den Worten: Miß
geschick und Unglück!" Bater: „Sehr
einfach, mein Kind. Sieh einmal, daß
mir immer die Knöpfe abplatzen, das
ist ein Mißgeschick! daß sie mir Deine
Mutter aber nie annäht, das ist ein
Unglück."
Unvorsichtige Bestatt
gun g. Sie: „Ich gesteh« es ein
(empört): „So, welch« denn?"
—D ieFiemdwörter, Haupt
mann: „Feldwebel, ich hatte Ihnen
doch gestern schriftlich mitgetbeilt, daß
von einer Arreststrafe des Rekruten
Schulze abstrahirt werden soll, und
nun melden Sie mir trotzdem, daß Sie
ihn veigesteckl haben." Feldwebel:
„Herr Hauptmann werden entschuldi
gen, ich habe das so verstanden, daß
ihm deshalb 24 Stunden Arrest geze»
Ken."