Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 25, 1901, Page 6, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    6 O di« alten Linden am Wall,
Blühend im Mondlicht zu sehen!
Was doch hörten und sahen si« all'
In d«r Zeiten Vergehen!
Wcs doch an Herzensseligkeit,
Konnten sie all' erlauschen!
Himmel und Hölle d«r Menschenbrust,
Falsches und treues Empfinoen,
Zitternd« Unschuld, glühende Lust
Alles schauten die Linden!
Längst ruh'n in des Vergessens S«e,
Die sich hi«r liebend umschlungen,
Lust und Thrän«n, Jauchz«» und
Weh
Alles versunken, verklungen!
Alles verweht: das L«id und Glück,
Wonnen, Schmerzen und Träume
Nur di« ragenden Bäume.
Heut' noch die alte Blüthenpracht
Tragen sie stolz in die Lüste,
Hauchen wie sonst in die Sommernacht
Ihre berauschend« Düste.
Hauchen in's jung« Menschenherz,
Daß es in Lust will vergehen,
Daß es nicht rastet, bis es dem Schmerz
Tief in die Augen gesehen.
Lindenduftend« Somm«rnacht,
Woll' auf des Mondlichts Schwingen
Einmal noch mit der alten Macht
Worms.
ist mit den Feldzligen der
r am Rhein aus's Engst« v«r
tnüpst; Worms ist die Stätte, von der
uns das herrliche Nibelungenlied mel
det; Worms hat Luther in «ntschei
dender Stunde vor Kaiser und Reich
g'.'jrhm; Worms mußte alles Leid der
französischen Raub- und Verwüstung^
kräftig aufstrebenden, arbeitsfreudigen
Stadtgemeinde entwickelt. Noch heut«
führen viele Z«ug«n einer großen Ver
gangenheit in Worms eine stumme und
doch beredt« Sprach«. Vor allen Din
gen ist da der altehrwürdig« Dom.
An der Stelle, wo bereits in römischer
Zeit eine den Aposteln Petrus und
Paulus geweihte Bischosskirche stand,
die 872 durch Blitz zerstört wurde, hat
»M« WslW?
NISN «I>,l
Der Dom.
Bau von „wunderbarer Größe" gelegt.
lendet. am 9. Juni 1913
Wollen war dem Wissen vorangeeilt.
Kein Wunder, wenn der Dom zu
Worms das Schicksal vieler Gottes
häuser seiner Zeit theilte: zwei Jahre
nach der Weihe stürzte die Westseite
des stolzen Baus zusammen. Bereits
zwei Jahr« später hatte die Thatkraft
dem Bisch^Spp^
mals waren umfassend« Bauten noth
wendig, die im Jahre 1181 zu einer
dritten Einweihung führten, b«i der
Kaiser Friedrich I. Barbarossa anwe
f«nd war. Bei di«sem legten Bau sind
den. Im Jahr« 1429 stiirzt« d«r
Jahr« 1472 wiederhergestellt« West-
Die Pauluskirch« (Museum),
thurm, im Gegensatz zu d«m sonst
romanischen Stil d«s Baus, gs
thischi Fenst«r und Verzierungen.
Im Inneren hat der Dom «in
Langfchiff und zwei Seitenschiff«,
«in Querschiff mit Kuppel, den gerat»,
linig abschließenden Ostchor Ud «in«,»
in romanischem Stil an; «r bild«t mit
d«r Verzierungskuppel und d«r schönen
Rose den Glanzpunkt d«s ganzen
Baus. L«id«r ist g«rad« d«r Westchor
der früheren leichtfertigen Baukunst
»um Opfer «fallen. Wegen schlichter
Fundamentirung fand «in Schub d«r
W«stkupp«l geg«n den Westchor statt,
woraus Risse und Sprünge entstanden,
di« das Baudenkmal aus's ernsteste ge
fährdeten. Infolgedessen ist seit eini
g«n Jahr«n txr w«stlich« Theil des
Doms von einem an sich sehenswerten,
ungeheueren Baugerüst umgeb«n, das
noch inanchts Jahr nothwendig sein
wird, um d«n Mstchor zu r«tt«n und
in «imn Zustand zu v«rs«tzen, der noch
«inig« Jahrhundert« d«r Vergänglich
keit trotzt. Nach eingehenden Erwä
gungen ist man im Kunstrath zu di«s«r
Methode übergegangen, obwohl «inig«
Stimmen sich für die gänzlich« Er
n«u«rung aussprachen. Das Aeuß«re
wi« das Innere d«s Doms z«igt v«r
während das Südportal herrlich« For
men der Gothik zeigt. Di« zahlr«ich«n
Kap«ll«n im Jnn«r«n sind durchweg go
thisch. D«n Prunk und den Reich
thum vieler anderer katholischen Got-
N«ben änderen Bauwerken verdanlt
auch die Pauluskirche ihre Entstehung
dem Bischof Burchard, dessen gewalti
ges Str«ben in der Geschichte derStad!
Worms ganz h«rvorrag«nd zu b«m«r
ken ist. Die Kirche wurde wiederhol:
ein Opfer jener großen Brände, di«
im Mitt«lalt«r an d«r Tag«sordnung
waren und, an dem Holz- und Fach
werk der Häuser leichte Nahrung fin-
Die Liebfrauenkirche,
dend, oft ganze Stadttheile, ja ganze
Ortschaften niederlegten. Somit hieß
Wahrscheinlich um 1299 ist der über
aus schöne, in Quadern ausgeführte
Chor entstanden. Bei dem großen
Jahre 1689 siel die
zin verwendet würd«. S«it jener Zeit
hat in ihrem Inneren k«in Gottesdienst
mehr stattgefunden. Sie verfiel mehr
und mehr. Von d«m Jahr« 1881 di«nt
die d«r in Darmstadt l«b«nd« Major
Frhr. v. Hehl seiner Vaterstadt zur
Verfügung stellt, «ine Sammlung von
Alt«rthüm«rn in der Pauluskirche eine
Stätte gefunden hat. Reichhaltig ist
schon h«ut« derJnhalt dieses Museums,
Mainzer Thor. Auch sie stammt aus
' — 7.
Der Judtnfriedhof.
den Zeiten d«s Bischofs Burchard.
Di« Kirch« war von j«h«r «in b«sucht«r
Wallfahrtsort. Auch sie würd« von
d«m großen Brande zerstört und diente
Schlußstein« d«S Langschiff-G«wölbes
hervorragendes Chorgestühl und
prachtvolle Glasf«nst«r. Die Kirch«
liegt frei. Si« ist umgeben von jenen
Tropfen „Li«bfrau«nmilch" sp«nd«n.
Zu d«n ält«st«n Ztugen längstvn
gangintr Zeitrn gehört der Juden-
Juden sollen ihre Glaulxnsg«noss«n in
Jerusalem von der KreuzigungEhnsti
abgemahnt haben. Daher stammt das
«rhalt«n, was nur trg«nd erhalten wer
den kann. An dem Frhr. v. Heyl'schen
Grundstück, das identisch ist mit dem
Boden des alten Bischofsitzes, ist in
jüngster Zeit ein Stück der alten römi
schen Mauer bloßgelegt worden. In
der Jud«ngasse wird noch heute die
Rückwand «in«r Häuserreihe durch dk
sprechen einige Thürme zu uns von der
Wehr und dem trotzigen Muth der
Bürger früherer Jahrhundert«.
m«ist«r d«r Stadt' Wilhelm Küchler,
später Finanzminister deS Großher
zogthums Hessen, den Stempel ausge
somit hinter seinen Concurrenten am
Mittelrhein weit zurück. Im Norden
war «s Mainz, im Süd«n Mannheim
und Ludwigshafen, di« die Zeit d«S
V«rlehrsMrstand«n und ausnutzten.
Unterdessen sank Worms, namentlich
in stinem A«uß«r«n, fast zu «inem
Landstädtchen herab. Da brachte
Kiichler's Willenskraft und practifcher
Sinn «in«n umfass«nd«n Umschwung,
der unter anderem dazu geführt hat,
daß Worms h«ut« 41,999 Einwvhn«:
zählt. Di« Stadt sollte wied«r Worms
Oberbiirg«rm«ist«r Küchltr hatt« das
Glück, in dem Stadtbaum»ist«r Karl
Hofmann ixn richtigen Mann für die
Außerordtiitlich groß ist di« Zahl der
und immer einen eigenartig«!, Cha
ract«r aufweisen. So beherrscht, un
mittelbar am Rhein gelegen, das La-
Das Lagerhaus,
gerhaus die ganze Umgebung. Aeu
das, von Karl Hofmann entworfen, di-
Stadt Worms dem Großherzog Lud
wig VI., dem Führer der hessischen
Reliefbild des verstorbenen Fürsten
zieren di« Namen der 1879 —71 von
den Hessen geschlag«n«n Schlachtn und
29. Nov«mb«r 1889 mit «in«m histori
schen Festspiel eröffnete städtische
„Also jetzt gehst Du ins Geschäft
ken?"
Norwegische Trachte».
Dank den Bemühungen ein«r „Na
tional - Bereinigung", die, von den
vornehmsten Damen des Reichs gebil
det, der nordischen Hausindustrie grö
ßere Absatzgebiete schaffen will, haben
di« norwegischen Nationaltrachten
Hardanger Braut,
sich in den letzten Jahren auch im
Nadelmalereien der italienischen Re
naissance. Die in Gelb, Roth, Grün
und Schwarz gehaltenen Flach- und
Flechtstichstickereien auf dem Fries
Braut aus Telemark« n.
wisse Aehnlichkeit des Musters; auch
len ausgehen, mit runden Bällchen von
Gold- und Silberdraht, mit Ketten
aus Goldblechplatten und Kreuzan
hängern. Wie grundverschieden ist
diese gefällige, leichte Form von der
schweren Stoffhaube der Braut aus
tallornamente bedecken die fest in die
Stirn gedrückte Kapp«. Das dunkle
Kleid dazu besteht aus rauhem Tuch
tel. Die Achfelbänder sind gleichfalls
bei Leinwand.
Spöttische Frage.
Schusterjunge: „Meisterin, die
Spirituslocomotiven.
In vielen Zweigen der Industrie
finden jetzt in Deutschland SpirituS
inung sofort betriebsbereit und b«därf
w«der zum Ingangsetzen noch zum Be
triebe einer offenen Flamme. Er hat
Ganz aufgeregt kam Assessor Bier
lich Mittags nach Hause, kaum daß
er sich Zeit ließ, seinen Gehrock mit
einer bequemen Hausjacke zu vertau
schen.
„Aber ivas hast Du denn?" meinte
ängstlich sein junges Frauchen. Du
siehst so fürchterlich aus, bist Du et
wa krank geworden?"
„Krank? Haha!" lachte er kurz
auf. Sag' mal, Kind, sind wir ein
Sie sah ganz erschrocken drein.
„Aber, ich versteh« Dich nicht. Ge
wiß sind wir «in anständiges Haus;
würde sonst der Consistorialrath, der
Decan —"
. ... u. s. w. bei uns verkehren?
Und da muß Einem so ettvas passi-
Und er wickelte aus einem Papier
eine Photogrphie heraus.
„Aser das ist ja unsere Köchin,"
sagte seine Frau.
„Jawohl, die in unserem kleinen
Neste fast Jedermann kennt. Sieh
nur, in welchem Kleid sie sich hat ab
nehmen lassen. Diese Decolletage,
diese ganz entblößten Schultern.
Man sollte fürchten, daß das Band,
blick reißt. Gar nicht zum Ausma
len. Das Bild hat beim Photogra
phen gestanden. Wie viele Leute wer-
Bezug auf Sittlichkeit nett« Zustände
Nächstens läßt sie sich sonst Ivi« die
„K«nn«n Sit das Bild?"
.DaS Bild? ja . ..
Gutes Gedächtniß. '
gal«rie): „Was, fesselt Sie das Bild
Bankier: „Ich glaube, daß ist der,
von dem wir noch 39,999 Mark zu
lriegm haben!"
B o r s i ch t i g.
»Lassen Si« mich in Ruh', Sie zu
dringlicher Mensch! ... Wenn tch
letzt oben wär' auf meinem Balkon,
Ihnen saget' ich mei' Meinung!" ,
WObltch« Laka»«n.
und einem cok«tt«n Häubch«n äußerst
chic aussieht. Da Ihrer Ladyship, dic
auf ihre f«fch«n Di«n«rinnen nicht w«-
Taill«n mißfielen, kündete sie an, daß
sie das „Salair" um 1 Lstrl. pro Jahr
für jeden Zoll, den der Taillenumfang
Wettstreit, und das Resultat ist, daß
lonS steckte und ihnen einen Tituskopf
scheeren ließ. Das Costllm des modern
sten weiblichen Lakaien besteht in einer
ziemlich engen Kniehose aus schwarzem
Atlas, schwarzen Seidenstrümpfen
und fchnallenbefetzten Lackschuhen und
in einem sich über einer weißen Brocat
weste öffnenden schwarzen Sammet
jackett. Neben diesen wirklich ver
führerisch«» „Footmen" Paradiren in
noch m«hr«r« als Pagen gekleidet« jiin
g«r« Mädchen, die sich in ihren tadellos
sitzenden Livreen allerliebst ausneh
men. Di« Londoner Aristokratinnen
können es sich garnicht «rklär«n, warum
in ihr«n Salons j«tzt mit b«fond«rer
Vorliebe Herren verkehren ...
DergefoppteErbneffe.
„Warum bist Du denn so ärger-
. .
Glück.
„Können Sie nicht lesen, daß Sie
hier nicht reiten dürfen?"
„Ich schon aber mein Gaul
nicht!"
—A m rechten Orte stehen bleiben
können, das ist die Kunst auf der
Wanderung durch's Leben. '
> Mißgriff,
stellt!... Das ist ja die
Zu ängstlich.
Thiire'hört, wie der Dottcr zu seinem
Meister sagt: Ich will Ihnen noch ein
Krästi g.u n g s n> i t t e l aussch.e:-
Vorsichtig.
Bäckermeister (dem von einem Re
gal ein Brot auf den Kopf fällt, er
schreckt): „Donnerwetter, da hätte ich
todt bleiben können.... von jetzt ab
werde ich das Brot aber kleiner
backen!"
Lakonischer Dialog.
A.: „Heirathe nächstens."
B.: „Gratuliere."
".Geld?""""
A.: „Geld." . ,
B.: „Jung?"
A.: „Jung."
B.: „Schön?"
A.: „Schön."
B.: „Na nu hören Sie aber auf! Jz
soßasse?"
Mancher benützt das Steckenpferd
seiner Vorgesetzten zum Vorwärtskom
me».
Spitze Reden sind meist nicht so ver
letzend. wie abgebrochene.