Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 09, 1901, Page 6, Image 7

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    6 Tie Stistung.
Di« Nachtluft w«ht würzig von den
dunklen Bergen herüber. Am Himmel
blinkt Stern an Stern, und d«r junge
Dichter, der seit drei Wochen in dem
Gebirgsdörschen >v«ilt, fühlt «ine
schwärmerische Stimmung über sich
kommen. G«rad« will «r daran den
len, sie zu «inem G«dicht über di«
Schönheiten der Alpenwelt auszu
nützen da hört er ganz in der Nähe
der Wirthslaub«, in welcher er sitzt, «in
herzbrechendes Stöhnen und Schluch
zen.
Voll Z>>!gefUhl schlicht er näher
der Weinenden das Wirthstöchterl,
das am Obstgartenzaun lehnt und ge-
Das Herz des Dichters wird natür
lich bei dem Leid d«s Naturkindes
weich wie Wachs. Er schlingt vcrtrau-
und zum Schluß fliegt «r von einem
kräftigen Fußtritt geschleudert, mitten
in die Brennesseln hinein.
Aufenthalt verleidet. Wüthend und
brairnt macht er andern Morgens kur
zen Proceß, schnürt sein Ränzl, be
zahlt und wandert zur Bahnstation.
Das Wirthstöchterl läßt sich glucklicher
unser Glück z'stist't hab'n —"
"..Ja was soll d«nn das heißen?"
ruft der Poet empört.
„Ja, schau'", sagt der Bursch treu
herzig, „wie Du g«st«rn mei' Dirndl
so ab'busselt hast, da hab' i' Dich a'
klein's wcngerl durchprügelt net?
Und unter'm Prügeln da !s mir aus
oamal d' Liab' wieder ausg'wacht zur
Evi ab«r scho' glei' a' so mächti',
daß i' zu ihr Fensterln 'ganga bin und
wir uns versöhnt hab'n in derftlbigen
Stund' und da bist nur Du schuld
d'ran: d'rum hast Du unser Glück
g'stist't!"
„So?" meint der Dichter und reibt
sich die S«ite. „Das ist ja recht nett!
... Das freut mich ja sehr! Aber
gebt mir nun gehörig Acht auf Euer
Glück, daß es nicht wieder flöten geht
auf dies« Sort« von Stistung laß
ich mich nimmer ein!"
Sieden Tag« de» Schauspielers.
Der Debuttag.
Daß mir nur der Droschkengaul
nicht stürzt, keine schwarz« Katze mir
über den Weg läuft und keine Thea
terkehrfrau Gluck wünscht! Gott sei
Dank, ich bin glücklich m Garde
?ingen! > b k
Mas mein Auftritt kommt
gleich? Schnell noch dreimal gegen
Inspizient: „Raus jetzt schnell!"
„Wir hatten sechszehn Fähnlein
aufgebracht ".
Was kostet ein Königreich? Für wie
Ist die Welt zu haben her damit,
Die Bretter sollen nur die Welt be-
Seligl«it, du erschöpfst dich in dem
Worte: ü <">>iito! O di' herrliche Ein
richtung, die du meinem gähnenden
Mi^st^'^
darf ich um 200 Mart ü Vvnto bit
te«?"
Donnerwetter, heut« ist ja Gage»
Schnell hinaus ins Bureau! Ja
zum Kuckuck wie viel Mal habe ich
mir denn eigentlich Vorschuß genom
men?
Ach was, ich kriege gewiß noch eine
Mass« Pink-Pink heraus!
„Guten Morgen, lieber Herr Ren-
dant GabUck, ich möchte meine Gage
holen."
Rendant Gablick: „Gage? Die ha
ben Ne lch kriege noch waZ
„ Wa —as? Ei du verdammter
Vorschuß! Ja, ja «s stimmt. Also wis
sen Sie, Herr Rendant, ich bitte
um hundert Mark Vorschuß!"
Der Ben«fiztag.
hageln möchte! Daß sämmtliche Varie
tes und Tingeltangel von feuriger Lo
he überschüttet werden möchten! Daß
wild- Theaterwuth auch den thealer
feindlichsten Europäer dieser Stadt
packte!
„Herr Kassirer! Eine ganz bescheide
ne Frage? Mi« ist der Vorverkauf zu
heute Abend. Wa—as?"
„Sonne, verhülle dein strahlendes
Haupt! Auf dies Benefiz warten
" (das folgende crstickt in einem
langen Seufzer).
Der Jubiläumstag.
Also heute bin ich 26 Jahre bei der
Bühne. Natürlich weiß niemand die
sen Tag ich habe nur sämmtlichen
befreundeten Journalisten einen Wink
und ihnen eine hektographirte Ab
schrift meines Lebenslaufs gegeben.
Für benachrichtigende Briefe aii ehe
malige Kollegen Porto 17 Mark SO
Pf. Bescheidener ist niemand!
Man wird mich also heute Abend
lch werde reden müssen
DerletzteTag desAuftre-
t« n s.
Heute soll ich zum letzten Mal die
Bretter betreten zum letzten Male
! Wie bunt und wechselvoll
das Leb«n hinter mir liegt! Es ist
r«ich g«wesen an S""?en> reich an
Tie elektrische Hochbahn i»
Berlin.
Die Verkehrs«ntwickelung der
Hauptstadt des Deutschen Reiches
stellt allgemach all« sonstigen Vorbilder
in den Schatten. Im Jahre 1899 be
förderten die Straß«nbahnen, die
Pferdebahnen, die Omnibusse und die
einzige Hochbahn, die Berlin bisher
besaß, die Stadt- und Ringbahn. 414
Millionen Menschen. Zwei Drittel
d«r Bevölkerung sind danach täglich
unterwegs, um den Geschäft««, der Er
holung od«r sonstigen Bedürfnissen zu
genügen. Besonders bemerkenswerth
ist. daß nicht der Vergnügungsverkehr
dabei den Ausschlag giebt, nein, aus
den Frequenzziffern d«r Stadt- und
Ringbahn ergiebt sich, daß die Ver
kehrsmittel vor Allem dem Bedürfniß
d«s arbeitenden Berlins dienen, denn
die Winterfrequenz der Stadt- und
Ringbahn ist mehr und mehr der
Sommerfrequenz, in der allein d«r
Vergnügungsverkehr eine größer«
Rolle spielt, nahe gekommen.
c i t s
st r a ß e.
würd« 1882 eröffnet und beförderte im
Eröffnungsjahr 9,3 Millionen Perso
nen: 1883 stieg dies« Zahl auf
1888 auf 28,7 1892 aus 44.8. 1899
auf 94 Millionen. Im verflossenen
Jahre werden die I(X> Millionen er
reicht sein; der Verkehr hat sich in 18
Jahren verzehnfacht. Obwohl der
Verlehr aus den Niveaubahnen und
1882 lBB Millionen Per
sonen, die Omnibusse 1882 13,4,1897
24,9 Millionen. Zieht man das Mit
tel aus diesen Zahlen, so ergiebt sich,
Das Geleisdr«ieck.
kann unr über oder unter der Straße
gefunden werden. Alle W«ltstädt«,
New Aork. London, Liverpool, neuer
dings Wien, Paris besitzen solche
Schnellbahnen und müssen sie besitzen,
wenn ihr Verkehr, dem Uhrwerk gleich,
von allen äußeren Einflüssen unbelä
stigt sich regelmäßig und stetig vollzie
hen soll. Wenn das in Berlin nicht
der Fall ist. wenn im Sommer und
Winter häufige Verkehrsstörungen
vorkommen, so ist daran die mangel
hafte Ausbildung der Schn«llverk«hrs
niittel schuld. B«deutende Berkehrs
techniker. wie Werner Siemens, hab«n
dies« Entwickelung schon vor einem
halben Jahrhundert vorausgesehen.
Alsbald nachdem Si«mens seinen Ver
such, die Elektricität als Triebkraft zu
benutzen, geglückt sah, l«gte er den zu
ständigen Behörden d«n Plan einer
schmalspurigen Hochbahn durch die
Friedrichsstraße vom Halle'schen Thor
AmHalleschenUfer.
bis zum Weddingplatz vor. Dieser
und vi«le andere Pläne versank«» in
mit Recht bewundertes Werk. Nun
grundbahn ihrer Vollendung, ein eben
so geniales Werk wie dir erste Stadt
bahn. Ein eis«rner Viadukt bleibt ein
langweiliger wird «r. Aber man hat
es sehr wohl verstanden, diesen eisernen
Viadukt zu beleben durch Thor«,
Bahnhöfe und solides Mauerwerk, wo
Am Landwehr - Canal.
Bei der alten Stadtbahn bleibt der
innere Süden der Stadt Berlin außer
Betracht. Di« wirthschaftliche Ent
neue Hochbahn füllt vor Allem diese
stelle der Stadtbahn „Warschauer
werden. Unmittelbar nach dem Ver
lassen des Bahnhofes Stralauer Thor
setzt die Hochbahn auf der allbekannten
liegt eine Haltestelle. Beim Wasserthor
«in und läuft tn den Bahnhof Prinzen
siraße, dessen Bild den Lesern nicht
allein das Arrangement des Bahn-
Halter Bahn in einem gewaltigen
wert der Technik. V»n dem Gleis-
Platz, die andere übersteigt die weiten
Geleise der Potsdam«! Bahn, 3 Bahn-
len in nahe Beziehung zu d«n reichen
Erzeugungs- und Arbeitsstätten des
Westens und des Centrums gebracht.
Denn man kann erwarten, daß die
Bahn, die «instweilen am Potsdamer
Platz enden soll, den Plänen gemäß
Berliner geholf«n. Die deutsche
Reichs - Hauptstadt könnte sich kühn
Es ist natürlich, daß ein so bedeut
sames Werk der Technik ein« Reihe
neuer Aufgaben gestellt hat. Die be-
Geleisdreieck. Hi«r Ir«usiaDs Gjü.f
schnellster Folge in einem Abstand von
2 Minuten verkehr«n.
Man denke sich 12 hin- und herlau
st-m"sind. s
t?in Wunder der Mechanik.
Zu d«n b«rühmt«sten Erzeugnissen,
die gleichzeitig di« Kunst d«s Uhrma
ch«rs und das G«nie d«s Mechanikers
bis jetzt g«li«s«rt hab«n, gehört die
astronomisch« W«ltuhr, die von Au
gust Noll in der alt«n Stadt Villinge»
nach mehr als fünfjähriger mühevoller
Arbeit voll«nd«t würd« und nicht nur
sondern s«lbst di« d«s Isaak Habrecht
im Straßburger Münster an sinnrei
cher Anordnung, Mannigfaltigkeit der
mechanischen Vorgänge und Ahl der
Figuren übertrifft.
Das Wunderiverk zeigt sich als stol
zer, 4.S M«t«r hoh«r, 4 M«ter br«iter
und I.S M«t«r tiefer Ausbau aus
Nußbaumholz, der die Vorderansicht
einer schönen, im Stil der Frührenais
sance gehaltenen Kirche mitPortal und
Seiten darstellt. All« Werke sind aus
«inhund«rtjähriges Functioniren ge
nau berechnet. Während eines Siicu
lums zeigt di« Uhr n«b«n d«n Sekun
den, Minuten. Viertelstunden, Stun
den. Tagen, Wochen, Monaten und
Jahren auch die beweglichen Haupt
fest« der Christ«nh«it und führt zu den
verschiedenen Tagis- und Jahreszei
t«n entsprechend« Handlung«» von
musterhaft g«schnitzt«n Figuren in
sinnreicher Weise und b«gl«itet von
Musikstücken, Trompetensolo und
Die W«ltuhr.
Kuckucksrus für Auge und Ohr vor.
D«r birgt eine stilvoll aus
vom Portal zeigen sich oben als idylli
sches Gegenstück die vi«r Jahreszeilen
in sinnbildlichen Figuren, und unter-
Zifferblatt im oberen Theil d«s Mit-
Stundenzeiger, sondern kündet in ori
gineller Art die Zert mittels springen
der Ziffern, deren Wechsel zwei Engel
durch Schläge auf melodisch« Glocken
gebracht, und an den Gieb<ls«ld«rn
d«r Flügelgebäude zeigen zlvei groß«
Zifferblatt«! von Kalkutta
Erkennungszeichen.
.Ah. der Kohn auch hier?!' ,
Lanzenboote.
Ein ganz besonderes Problein war
«s stets, die Cavallerie dadurch akti
onsfähiger zu machen, daß man ihr
ermöglichte, Ström« zu überschreiten.
Selbstverständlich nehmen deutsche
Reiterabtheilungen nicht minder als
ren, wenn man ihrer bedurfte. Seit
Bootgsripp«.
einiger Zeit verfügt nun die deutsche
boot, erfunden von Schiffsrheder
Adolf Reh in Bischheim - Straßburg.
Das Boot kann aus 12 —IS Lanzen
durch sechs Mann in fünf Minuten
gesteckt werden. Die Verbindungs
theile und Verschlüsse zum Aufstellen
des Gerippes nebst Ruderblättern, also
die Materialtheile für zw«i Boote,
Packpf«rd mit Bootmate
rial.
schmale Waldpfade hindurchzufahren.
Mit einem Pferde dagegen, auf wel
chem die Theile für z>vei Boote verpackt
Fertig zum Gebrauch,
im Röhricht, können di«se Boote bin
lich ist, die Brücken vom Feind« a««
sprengt und die sonstigen uebergange
besetzt sind. Zu alledem kommen noch
weitere belangreiche Vortheile, die
durch ein kurzes Rechenexempel erläu
t«rt seien. Bisher hatte je «in Caval
lerie-Regiment einen Wagen mit zwei
Faltbooten. Solch ein Wagen ist be
spannt mit 6 Pferden, wozu 3 Mann
als ikahrer und 1 Unteroffizier zu
Pferd als Begleiter gehören, zusam
men also 4 Mann und 7 Pferde. Wie
oben gesagt, trägt je ein Packpferd pro
ren dazu pro Regiment zu 3 Eskadro
nen 20 Mann und 35 Pferde erforder
lich. Für Deutschland, welches rund
100 Reiterregimenter ins Feld stellt,
und WOO Pferde. Somit hat Deutsch
lich. '
Na i v.
h^b'
Ihnen ja schon de janze Woche anjebo
Illuminirt.
Ab«r Herr Doctor!
Vereinfachung.
Maß nehmen am nächstbesten Eimer
panzen die hab'n genau meine Leib
weite!"
Die silberne Medaille.
Der Landesfürst besucht seit vielen
Jahren ein »eines Badestädtchen sei
zwanzigjähriges Dienstjubiläum feiert.
Der Fürst befiehlt den Jubilar zu sich
und heftet ihm höchsteigenhändig die
Brust"°—^
nen Ehrenjungfcauen empfangen. In
überirdischem Glänze bimmelt die Me
daille an derßrust des Stadtoberhaup
tes.
Bei der Begrüßung fällt der Blick
des „Durchlauchtigsten" aus die Deko
ich habe sie Ihnen doch in Silber ver
liehen! Wie kommt das, Herr Bür-
Schlau lächelnd replicirt dieser:
„Halten zu Gnaden, i' han denkt, i'
könn' do' vor so'm hohe Herre wie
Euer Dorchlaucht nit mit 'ra silbern'
Medallje hintrete d'rum han s'
schnell no' ä' bissele vergolde lasse!"
Sonderbare Ursache.
„Ist das Ihr Sohn?"
„Jawohl!"
„Wie alt ist er?"
„15 Jahre!"
„Da ist er für sein Alter aber noch
ziemlich klein!"
Culturfortschritt.
Siegh'st Alte, dös is a mal was
praktisch's jetzt braucht ma doch
Ein« Rarität.
Könnten S' mir nicht «in« Photogra
phi« von Jhn«n ablass«n?"