Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 27, 1900, Page 2, Image 2

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    2 Die jchöne Mama.
Frau Elisabeth stand in ihrem An«
jlleidezimmer vor dem großen dreithci
ligen Spi-gel. Dreifach konnte sie sich
sehen, vom Kopf his zu den Füße», die
ganze herrliche Erscheinung, und sie be
trachtete sich von allen ten.
Sie gehörte zu den besseren Rasse
frauen, die kein Alter haben. Ihre
Haut war glatt und weiß; die Augen
schimmerten in feurigem Glanz sie
hatten wenig geweint. Das aschblonde
Haar, hochaufgethllrmt, wvhlgepflegt
und kunstvoll frisirt, schien noch üppig
und weich.
nung.
Ein fast königliches Kleid aus gli
tzernden Silberpailletten rieselte an ihr
xeriesel hervor.
Ja, sie verstand «s, aus sich etwas
zu inachen, die schöne Frau Elisabeth,
barkeit so hatte sie sich frisch «rhal
meßt^
Sie freute sich über die bewundern
den Blicke der Modistin und der Kam
merfrau, die ihr hilfreich zur Seite
Frau!" ' - S
„Ja, die Blumen!"
Da lagen sie auf dem Tisch verstreut
Bei jeder Blume, die sie gegen die
weiße Büste hielt, entfuhr ein „Ah" der
Bewunderung den beiden Frauen
die Wahl war wirklich schwer. Die
Modistin hielt einen Strauß von
führe!"
len.
Mit schnellein Griff preßte sie die
Sie sah die neidersullte» Blicke dir
Freundinnen, sie hörte das zischelnde,
vernichtende „Noch immer", wenn sie
Es Ilopste.
kleinen, boshaften Traum gerissen; ein
Ach ja, das Kind! Sie riß sich vom
Sie wählte ein« halberblllhte La
France, die sich wie thaufrisch auf d«m
Stengel wiegte und überreichte sie dem
wartenden Mädchen. Die Kleine ver-
Nach einigen Minuten erschien die
aufgeschossen« Gestalt der jungen Toch
ter in der Portiere. Wie eine duftige
Wolle schwebte sie herein, ganz in wei
ßem Tüll, wie srischgefallener Schn«e.
„Mama, willst du mir nicht die
Rose anstecken? Ich weiß doch nicht,
Sie trippelte behutsam, als fürchte
sie, sich zu bewegen, aus di« Mutter zu
»nd hielt ihr di« Rol« bin. ...
Si« riß die Augen auf. „O Mama
wie bist du schön!"
Die Mutter lächelt« geschmeichelt.
Die Tochter war wohl gewöhnt, ihre
ten und musterte ihre Toilett«. Dann
zupft« sie und zerrte hier und da, rich
tete an dem Kleid und nestelte an der
Frisur sie war nicht zufrieden. Das
war alles nicht seinem Platz, das
langen, schmalen Geschöpf mit der
schlechten Haltung?
Wie ein gerupftes Vögelchen nahm
Frau Elisabeth!
Nach langem Zögern befestigte sie die
Rose an dem Gürtet der Tochter.
standen und ließ die Mutter an sich
herumzupfen, dann sagte sie mit hal
bem, wehmüthigem Lächeln: „Um
sonst, Mutter! Dein kleines, graues
Entlein wird nicht schöner!"
Die Mutter blickte auf, betroffen
Frau Elisabeth seufzte.
Weiber fertig sind der Wagen war
Mutter auf, das Mädel trippelte b«-
„Bist du schön, Mama!"
sein!"
Alle lachten.
ziger in ergrauten Haaren. „Seid ihr
bald so weit?"
Dann blieb er stehen. „Donnerwet
ter!"
schuh!"K
Der Vater blickte sich suchend nach
Ihr um.
schuhe über die Finger.
Das Mädchen hatte sich in eine Eck«
gedrückt; sie stand gegen die Wand ge
meiner hatte sie bis dahin bemerkt
trat einen Schritt vor. Alle Blicke
„Ballfieber?" fragt« der Vater und
tätschelte den nackten Arm.
„Nein, Papa!" Sie sagte es leise,
während die Unterlippe zitterte.
Sie sah wirtlich wie erfroren aus,
wie eine weiß« Blüthe, srostdurch
schauert, und krümmte sich unter den
kritischen Blicken. Steif und stumm
stand sie da, beinahe wie «in eigensinni
ges Kind, sie fühlte, wie die Blicke der
Anwesenden vergleichend hinüber und
herüber glitten.
Die Mutter sah si« forschend an.
Ihre Blicke trafen sich. Etwas Trotzi
ties. Häßliches blitzt« in den Kinder
augen auf. All- standen und schwie
gen.
Was Ungemüthliches lag in der
Luft. Der Bater machte der stummen
Scene «in Ende. „Es ist Zeit, wenn
ihr noch zum ersten Walzer kommen
wollt!"
Di« Kammerfrau hielt den kostbaren
Abendmantel hin. Frau Elisabeth
war im Begriff, sich in den M-ttitel zu
hüllen; sie ließ ihn aber plötzlich von
der Schulter gleiten.
„Aber Kind, was hast du?"
Die Tochter stand mitten im Zim
mer, die Hände vor's Gesicht gedrückt
„Ich will nicht auf den Ball, ich
möchte zu Hause bleiben. Bitte,
Mama, bitte bitte!"
Alle blickten sie überrascht cm. Was
war das? Ein Schatten glitt über
das Gesicht der Mutter, di« strahlende
Heiterkeit war verschwunden und das
glückliche Lächeln d«r Ballkönigin. Sie
zog di« Stirn in Falten, di« Stimme
klang hart und streng: „Was hast du
so mit einem Mal?"
Schritt auf si« zu/sie wurde nervös.
„Warum weist du?"
Wieder folgte eine Kin
dich so plötzlich zum Weinen bringt?"
Das Mädchen stand, ohne den Blick
zu erheben, und zupfte an dem durch
„Jch weiß es nicht, Mama! Ich
Aber Mama wußte. Ein plötzliches
Tochter zu und berührte leise ihre
Schulter: „Kannst du mir jetzt sagen,
was du hast?"
Wieder folgte jen«s eigensinnige
Schweigen. Si« wurde ungeduldig, es
wallte in ihr auf, heftig« Worte dräng
te» sich ihr auf die Lippen, da plötz
men leidenschaftlich umschlungen. Sie
streckte schützend die Hände vor: „Mein
Kleid!" Ab«r das Mädchen hatte sich
an ihren Hals geklammert: „Ach,
Mutti, Mutti, warum bin ich so häß
lich? Ich schäme mich!"
Sie hatte richtig geahnt, ihre große
Tochter war eifersüchtig.
Aber es stieg ihr heiß auf im Herzen
bei dem leidenschaftlichen Schrei ihres
Kindes. Dieser Schrei galt nicht der
Mutter, er galt dem schönen Weibe.
und das Bewußtsein der eigenen Reiz
losigkeit beim Anblick der schönheit
pra'ngenden Mutter. Und sie verstand
diesen Schrei. Sie wußte, welche
wunde/t und beneidet und geliebt!
Sie tonnt« mit si«bzehn Jahre» sich
kaun, der Männer erwehren.
Voll Mitleid hatte sie auf die häß
liche», reizlosen Frauen herabgeblickt,
wie ausgestoßen waren sie ihr erschie
nen, ausgestoßen aus der Schönheit des
Lebens. Und nun stand ihr eigenes
Kind vor ihr mit der leidenschaftlichen
Sie durfte ihrem Kinde nicht Lust
Und doch! Wie kam das alles so plötz
chen mtt einer Zurechtweisung heim
erschreckt über diesen plötzlichen Ueber
gang. Etwas bäumte sich auf in ihr
Wie schwirrte das alles blitzschnell
Bewunderung und^chon
machte sie zur Großmutter! Ein
melancholisches Lächeln erschien auf
dem Gesicht, ein leichter Schleier legte
sich über die Augen. Sie schüttelte
den Kopf, als wollte sie etwas abschüt
teln, und fuhr sich mit der Hand über
die Augen, als wollte sie etwas fort
wischen Herbstsäden.
Dies ist der Herbst,
Vorbei vorbei!
Das Mädchen hatte sich von ihr ge
löst, si« merkte es kaum; sie stand in
Träumen, den Blick in's Le«re, das
melancholische Lächeln auf dem Gesicht.
„Mutti!"
„Mutti, Mutti! Kannst du mir ver
zeihen? Ich bin so schlecht gewesen!"
„Was, mein Kind — was denn?"
„Mutti, ach, Mutti!"
zum erstenmal das kleine zappelnde
Wesen im Arm hielt.
„Großes, dummes Mädel, du!"
Mit einem energischen Ruck rafft«
sie sich aus ihrer Sentimentalität auf.
zum Walzer kommen wollte. Sie
strich der Tochter das zerdrückte Kleid
zurecht.
„Nun geh und kühl dir das Gesicht
sich einen Augenblick zu gedulden."
Das Mädchen sah sie groß an.
Mit einer liebevollen Bewegung, die
aber keinen Widerspruch duldete, schob
sie die Tochter zur Thür hinaus. „Geh,
damit wir noch zum Tanz kommen!"
Langsam löste sie sich von der Mut
ter mit einem fragenden Blick und ver-
Elisabeth schellte. Dann
blieb sie vor dem Spiegel stehen.
Mit einem langen Blick, der Ab
schied nahm, umfaßte sie die schim
mernde Gestalt da drinnen.
Es mußte sein.
Mit einem Griff löste sie die
pich. Hastig nestelte sie an den Halen,
die den glitzernden Schuppenpanzer
festhielten. Die Kammerfrau er
„Anna", rief sie fest, „reichen Sie
mir das schwarzseidene —das geschlos
sene schnell!"
Kinder und Märchen.
Ban M. Kossack.
Es war einmal ! Wen
unter uns gäbe es, dem die nicht
leuchtenden Schmetterlingen umgau
kelt und silberhell« Bäche zu Füßen ge
heimnißvoll rauschender Bäume flie-
Zweigen, Schlangen mit goldenen
Krönche» auf den Häuptern ringeln sich
um ihre Stämme und Drachen, Ein
horn und anderes Fabelgethier wohnt
unter ihren vielästigen Dächern. Dort
aber, wo si« sich am dichtesten zusam
mendrängen, steigt über ihren Wipfeln
ein altersgraues Gemäuer empor, um
dessen Thürme krächzende Raben flat
tern und auf dessen höchster Zinne, um
wallt von ihrem Goldhaar, die schönste
Prinzessin steht und nach dem Königs
sohn ausschaut, der sie erlösen soll.
Und jetzt naht er auch schon auf wei
ßem Zelter, die Zugbrücke thut sich don
lebendig, Diener mit Windlichtern ei
len hin und her und die Prinzessin er
scheint vor d«m Portal, um den sehn
d«r Phantasie! Erst in unserer Zeit
d«r Abstand zwischen der geträumten
und der wirklichen Welt den Menschen
bereite, und oftmals überwänden si«
Ist das wirklich richtig?
im Sinn. Daß dieselben viel Unheil
angerichtet haben, ist wohl eine unbe
streitbare Thatsache, und es wäre da
her am besten, wenn sie garnicht zur
Kenntniß der Jugend gelangten. Aber
wie ist das zu »lachen? Selbst wenn
man die betreffende» Seiten in den
Büchern rausreißen möchte, so würde»
die Kinder die Geschichte» dennoch von
ihren Gespielen hören und gerade, da
sie nun darauf besonders ausmertsam
gemacht werden. Man nimmt ja über
haupt lange nicht genügend Rücksicht
viel häufiger in einer diametral entge
gengesetzten wirken. Als Bestätigung
hierfür die atte d^zß
was zu berichtigen ist.
Viel zu viel Gewicht wird der Dar
stellung schauerlicher Begebnisse in ih-
der Autor für Kinder oftmals zu viel
schaden. Aeltere Knaben und Mäd
wiss«n. Was die Haussschen, die An
bin ich überzeugt, daß sie darin viel zu
radikal denken. Ich glaube, daß durch
die bunten Bilder, welche diese Ge
schichten den Kindern vor Augen zau
weckt werden kann" Doch, wie schon
bemerkt, ein abschließendes Urtheil läßt
sich in allen diesen Fragen nicht fällen
di« Eltern, die ja doch ihre Kinder
am besten kennen, müssen in jedem Ei
nzelfall entscheiden, was der Individua
lität ihrer Kinder am förderlichsten ist.
Ter Ursprung »er Frau.
Nachdenten zu sinlen. Das Resultat
pflanz«, das leichte Zittern des Gras
teit der Weide, die sammetartigeWeich
heit der Blume, die Leichtigleit der Fe
der, den sanften Blick der Taube, das
Tändelnde, Scherzhaft- des spielenden
Sonnenstrahls, die Thränen der Vier
sen, die Eitelkeit des Pfaus, die Hart«,
des Diamanten, das Süße des Honigs,
die Grausamleit des Tigers, die Gluth
t-es Feuers und die Kühle des
schmeichelnde wie auch die Falschh.it
und Tücke der Katze. Alles dies mischte
er die Gesellschaft der Frau eine W.'ch:
Aerger als Bergnllgen bereitet. Ich
„Undankbares Geschöpf," rief der Gott
in großem Zorn, „gehe hm und sieh' zu,
Ter Kuchen.
Ich war auf der Reise. Ich stand
Milien in einer Landschaft, deren wun
derbarer Anblick ein«n tiefen Eindruck
auf mich machte. Zweijeuos ging in
Gedante» schwärmten so leicht wie die
Luft umher. Haß und irdische Liebe
und alle anderen niedrigen Eigenschaf
ten schienen sern von mir zu liegen, wie
die Wollen, die tief im ülbgrund un
ter meinen Füßen dahinzogen; es war
mich umgab. Di« Erinnerung an die
irdischen Dinge regt« sich nur leise in
gleich dem Schellengeläute der
Bergspitze fein und dunkel herüber
tönte. Ueber den unbeweglichen kleinen
See mit seiner unermeßlichen Ties«
huschte der Schattetn einer Wolke wie
der Widerschein eines RieM, der über
den Himmel hinglitt. Mit einem Wort
di« mich umgab fühlte ich mich in
vollkommenem Frieden mit mir selbst
und mit der ganzen Welt; ich glaube
sogar, ich war in meine Glückseligkeit
so versunken und hatte alles aus Erden
so völlig verg«ss«n, daß ich di« Leute
gar nicht mehr so lächerlich fand, die
behaupten, der Mensch werde gut
Inzwischen forderte auch der Magen
fein Recht, der lange beschwerliche Aus
stieg hatte mir Appetit gemacht, und
ich zog deshalb aus meiner Tasche ein
großes Stück Brot, einen ledernen Be
cher und eine kleine Flasche mit einem
Elixier, das die Apotheker damals
den Touristen verkauften, und das mit
größter Leichtigkeit überall, mit ein
bischen Schnee vermischt, genossen wer
den tonnte.
Ich hatt« mich eben gesetzt und
schnitt mein Brot in Ruhe und Ge
mächlichkeit in kleine Scheiben, als ein
leises Geräusch mich veranlaßte, auf
zusehen. Vor mir stand ein kleines,
schmutziges, zerlumptes und zerzaustes
Wesen, dessen eingefallene Augen auf
einmal gierig und zugleich demüthig
Erde hin und her, während si« sich um
die Hälfte üb«rlasscn. Erbitt«rt faßte
ser biß sich in dem Ohre seines Gegners
fest und spuckt« einen blutigen Stumps
desselben mit kräftigem ländlichen
Fluche aus. Der rechtmäßig« Eigenthü
mer des Kuchens versuchte, seine klei
nen Fäuste in des Usurpators Augen
zu bohren, und dieser bemühte sich nach
der anderen den Gegenständ desStrei
tes in seine Taschen zu praktizieren
suchte. Doch die Verzweiflung gab
dem Besiegten neuen Muth, er erhob
sich und versetzte dem Sieger mit sei
nem Kopf einen wohlgezielten Stoß in
den Magen, daß er zur Erde taumelte.
Wozu soll ich diesen abscheulichen
Kampf noch weiter beschreiben, der in
Wirklichkeit weit länger dauerte, als
man bei Kräften von Kindern vor
aussetzen konnte? Der Kuchen wan
derte von Hand zu Hand und wech
selte jeden Augenblick die Tasche. Doch
ach. es wechselte auch das Aussehen,
und als sie endlich aus dem einfa
chen Grunde, weil.sie nicht mehr wei
blutend inne hielten, da war der Ge
genstand des Streites sozusagen nicht
mehr vorhanden; die Brotschnitte war
vermischt halten.
Diese Scene hatte der Landschaft in
meinen Augen ihre Poesie geraubt,
krieg zu erregen vermag."
Splitt«?.
— Wenn Einer behauptet, Kri
then.
Unerschuttert bl«ibt «r nicht.
—Z uvieldesGuten. Groß-'
Händler: „Die Alma hat 'n Baron ge-