Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 05, 1900, Page 2, Image 2

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    2 Zlcöerwnnden. >
' „Ich soll Dich grüßen von 'Herrn
Günther," sagt ihr Mann, eben von
der Zeitung ausblickend, während sie
ihm ein« Tasse Thee gibt.
Sie blickt in Gedanken versunken
„Sch.'n lange, aber am anderen
End«, und er hat einen sehr arbeitsrei
chen Wirkungskreis. Auf Versamm
lungen sprech« ich ihn wohl mal. Aber
ich hörte heute zum ersten Mal« von
ihm, daß er auch aus Friedland gebür
tig ist und daß JhrEuch früher gekannt
habt."
„Gewiß. Sein Vater war Arzt in
«wem Nachbarstädtchen Ist er ver
heirathet?"
„Nein, er ist noch nicht verheirathet.
Ein junger Kerl, aber sehr tüchtig.
Man sagt, daß er Professor iverden
wird."
„Er war zwei Jahr« älter als ich,"
sprach si« halblaut vor sich hin. „Er
muß jetzt also zweiunddreißig sein."
„Ja, das kann stimmen. Doch adieu,
ich muß noch aus, liebes Kind."
Ich muß noch aus! Traurige Worte
für viele Frauen. Aber sie ist jetzt be
reit! daran gewöhnt. Sie gibt sich
leine Mühe mehr,, ihn an's Haus zu
fesseln, sie weint nicht mehr über seine
Gleichgültigkeit; sie macht sich keine un
verdienten Vorwürfe mehr, noch sinnt
sie mehr über Mittel nach, feine Liebe
lange, er hat sie nie geliebt ... Ach,
Während sie saubere Kinderwäsche
«ms dem Schranke nimmt und in drei
Häufchen fertig legt, behält ihr Auge
den sinnenden Ausdruck, welcher vcr.
räth, daß die Gedanken weit, weit ab
schweifen. Sie denkt an ihre fröhlichen
Jugendjahr« zurück, als derselbe, jetzt
so allgemein geachtete und geehrte Herr
Robert Günther noch einfach „Rob"
hieß und ein vierschrötiger, bäuerischer
Knabe war, d«r ihr standhaft den Hof
an ihm gefunden, und obschon sie ihn
gut leiden mochte: als Verehrer
wurde er gelitten, als Geliebten hatte
sie ihn nicht haben wollen. Warum ver
weigert wohl ein junges Mädchen ihr
Herz!
Er blieb treu; aber sie ließ sich nicht
erweichen. Er war zur Universität ge
nem anderen Orte berufen worden.
Dann hatte sie ihr eigenes Leben gelebt,
ein Leben, bestehend in Ausgehen und
Tanzen und Lachen und Genießen, bis
sie geheirathet hatte, zwanzig Jahr«
alt. Auch sie hatte ihren Liebestraum
geträumt, wie jede Frau ihn träumt,
eine kurze Spanne Zeit vor und nach
der Heirath, um sich dann die Augen
zu reiben und rund zu blicken, wie ihr
Geschick sich gestaltet, auf welch« Höhe
der Gesellschaft sie gelangt und welchem
Manne sie sich zu eigen gegeben.
Schon zehn Jahr« verheirathet jetzt!
Zehn Jahre ihr bitteres Leid verborgen
hinter fröhlichem Lächeln, zehn Jahre
geschmachtet nach den «wärmenden
Mveilen so sehr sehnen kann; an die
lieblichen Feldpfade und schattigen
Dorswege, wo er neben ihr ging, wenn
Schlittschuh lief, stets bereit, den
Wmd für sie zu brechen. . . der gu
Gedanken in ihrem Herzen erweckt ha
ben: Meines Geldes wegen!. . . Nein,
nein, er nicht!. . .
treue Mutter.
Schon ist die alte Zeit vergessen. Ihr
Lachen vereinigt sich mit dem der Klei-
Küßchen. Das ist ihr Glück seit Jah
ren.
Jetzt ist es Winter.
goldbetreßten Bedienten bis zum schwe-
Welch frisch« Gesichter und reiche Toi-^
den Schaukasten der Galanteriewaa
ztnläden funkelt alles von Gold und
milder und Krystall. Die Feintaz« na
hen, überall herrscht Freude und Er
wartung.
Sie geht neben ihrem Manne,schlank
und blühend, ein echtes Kind des Nor
dens, mit schönem Blondhaar und fri
scher Gesichtsfarbe. Manches Män
„Willft Du jetzt allein weitergehen?"
„Gewiß/
Während sie spricht, sieht sie über den
auf. . .
Sein Blick dringt ihr bis in's Herz;
«S ist derselbe düstere Blick, dessen sie
"
Mann.
tung!"
„So."
bert?
„Ja, nicht wahr, eS ist stark. Aber
friesisches Gesicht zu sehen!" ruft sie
Liebe. Und wenn sie zu ihm aufblickt,
trifft sie jedesmal wieder dieser Blick
voll wehmüthigem Feuer.
Rob."
nichts daraus."
„Aber. . . Du liefst doch so gern
Schlittschuh. Ist Dein Mann nicht
Mitglied vom Eisclub?"
gen."
„O ja, Du hast Jungen, nicht
wahr?"
„Zwei Jungen und ein Mädchen."
schlitternd und sich tummelnd. Aber die
Beiden stehen sich stumm aeaenüber mit
klopfenden Herzen und niedergeschlage
nen Augen.
„Du wirst die Stadt wieder oer
lassen, wie ich höre?" fragt sie »nd
lich.
„Es ist noch nicht sicher. Ich habe
mich noch nicht entschlossen."
Pause.
„Es ist eine Beförderung?"
„Nur was das Gehalt anbetrifft.
jetzt bin wieder in Zlveifel, Martha."
Keine Antwort.
„Bist Du schon auf der Eisbahn ge
wesen?"
.Ja. aber mein Mann läuft nicht
Schlittschuh."
„Und Du?"
„In diesem Jahre hab« ich erst einige
Male gelausen."
„Kommst Du heute Abend?" fragt
er, ihr beim Abschied die Hand rei
chend. „Du weißt, daß ein großes Fest
veranstaltet wird mit großer elektri
scher Veleuchtunz und Lampions und
allerlei Schönem."
Sie sieht ihn flüchtig an; sie kann
der dringenden Bitte nicht widerstehen,
welch« auf seinem Gesichte zu lesen ist,
noch dem bezeichnenden Druck seiner
Bengewühl starrend, antwortet sie mit
zögernder Stimme: „Ich weiß es
nicht!" Aber ihr Erröthen sagt ihm
genug.
„Weißt Du's nicht?" fragte er, ohne
ihre Hand loszulassen. Und ermuthigt
durch ihr Erröthen, flüstert er kühn:
„Ich werde es als ein günstiges Zeichen
ansehen, Martha."
fort ist «r.
Wie heiter sieht sie Sie be
merkt es selbst. Es ist ihr, als ob seit
vorhin ein neues Leben für sie ange
brochen Was für ein Leben war es
auch, das sie bisher führte. .. Immer
ein« Erzieherin und eine Haushälterin,
anders nichts. Keine Frau, die ihre Ju
gend genoß, o nein!
Wie r«rlangt sie nach dem Abend! Erst
hat sie gezögert, aber bei Tisch hat ihr
Mann ihr selbst den Vorschlag gemacht,
zu gehen ja, da ist sie der Verfu
bischen Glück!
Aeltester, ihr Stolz, ihr alles.
„Mama, bist Du hier?"
l ' h ge
ihn?"
Ja, sie kennt ihn und hat oft Mit
fort.
nicht aus."
Sie ist sehr bleich; die vollen Lippen
sind fest aufeinandergepreßt; sie holt
tief Athem.
Aber der Kampf ist gekämpft und
der Steg für immer.
„Herrlich! Weißt Du wohl, daß Du
ten zu Bett. Erzählst Du sie heute zu
liegt über ihre lieblichen Züge ausge
breitet. »Komm denn, Wil, ich gehe
mit."
Boshafte Frage. „Wie
Du Dein neuestes Epos betitelt?"
s l S
Ohneihn. Bankier: „Dein
übertriebenes Luxusbediirfniß ist mir
als ganz armes Mädchen k«nnen ge
l«:nt habe. Was wärest Du heut«
ohn« mich?" Gattin: »Ohn« Dich
wäre ich h«ute als junge r«iche Wittwe
«ine sehr gute Parti«." ,
Knket Aerko.
Bekanntlich fiel der erste Act des
D«r Darsteller des Basilio «in noch
klopft.
„Um Gotteswillen, was wollt Ihr?"
Leide!"
Das sind so die kleinen Spukteufel
sprmgen zu sehen.
als mir Schaden anzuthun.
Die Sache trug sich so zu: Ich be
fand mich einen Sommer über bei ihm
Abendessen.
Wie es mit Dilettanten meist der Fall
ist, sprachen wir bei Tisch ausschließlich
Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt.
Punkt 10 Uhr trat der Bischof im gold
strotzenden Ornat, umgeben von seinem
Stab von Domherren, Pfarrern und
dem anderen Klerus, vor den Altar,
und das Hochamt begann.
Ja beinahe hätte ich etwas ver
gessen, Schon einige Tage vorher hatte
mich von nahe bewundern könne. Wa
rum sollte ich ihm nicht den Gesalltn
thun? Ich nahm ihn also mit und
postirte ihn neben den Organisten.
Das Kyrie ging correct und weihe
voll, ebenso das Gloria und das darauf
folgende Credo. Nun kam der heiligste
Act der Messe, die Wandlung und
Opferung, das Volk fiel andachtsvoll
auf die Knie. Ich stand vor meinem
Dirigentenpult, das Gesicht dem Altar
zugewendet, um nach Beendigung der
weiter, wie den Einsatz nicht zu ver
passen. Im ganzen Raume herrschte
eine Stille, daß man eine Stecknadel
Blut in den Adern gerinnen. Ein
Feldweb«! d«r dortigen Militärkapelle,
der bei uns als Contrabassist mitwirkte,
hielt Ontel Ferko am Genick sest,
schleuderte ihn dann in eine Ecke.
Mein Gott, was geschieht hier
träume ich
Unklaren lassen Onkel Ferko hatte
len Eifer. h S b
Der Bischof erholte sich zu allererst
s L'st be
stein; Fehler über Fehler stellten sich
Der Ivar verschwunden. Ich fuhr rasch
Stirn.
Soldat von mir hat haben wollen?"
„Onkel was hast Du angestellt!"
„Was ich angestellt habe?"
Wird man daß
zu gratuliren. Sie waren u.igeheu«r
e'.staunt, Onkel Ferko, den sie heute
früh noch so frisch und glücklich gesehen,
ra« dSs« »«wissen.
Mal aufgeführt.
„Nun, wie hat der erste Akt gefallen?"
„Gar nicht! Man wüthet bereits!
Zur unsere Kinder.
Da» Maß de« DwgeneS.
In Griechenland lebte ein weiser
Mann, Namens Diogenes, der sich
allerlei Sonderbarkeiten angewöhnt
hatte. Da er glaubte, der Mensch sei
desto glücklicher, je weniger er zum Le
ben nothwendig habe, so wohnte er auch
nicht in einem Hause, sondern in einem
Fasse. Ter König Alexander der
Große, der schon viel von ihm gehört
hatte und wohl sah. daß Diogenes
nicht zu ihm kommen würde, hielt ei
der Mühe werth, selbst hinzugehen und
den Weisen zu besuchen. Als Diogenes
den König iiiit seinem Ge
ich sehe, Du wohnest schlech! und bist
schlecht gekleidet, Tu darfst Tir etwas
rief:
seS Gias, z. B. ein Bierglas, und fith
ew. Indem Tu stoßweise auf den
Hahn des Syphons drückst, bringst Tu
kleine Mengen von Selterswasser in das
Wasser ausgeschieden ist und das GlaS
ausfüllt, da sie doppelt so schwer ist als
die Lust, die sich vorher im Glase be^
che mit Seifenblasen aus:
l. Bilde aus weißer Jvory Seife
und lauwarmem Wasser eine kräftig«
StrohbalineS eine Seifenblase, welche
Tu in Dein mit Kohlensaure gestilltes
GlaS I! fallen läßt. Sie wird dann,
gewöhnliches GlaS sallen bei
der Seite des GlaicS berstet Tie
wenden.
B«>m MMtSr muß «lle» gehen!
Oberst: „Meine Herren, ich habe Sie
zusammenberufen, um Ihnen zu sagen,
daß mir neulich ein Mann begegnet ist,
der mir mißliebig aufgefallen ist. Ich
weiß nicht, welcher Compagnie er ange-
Sie, meine Herren, ernstlich bitten, die
sen Uebelstand baldmöglichst auszu
docken und zu bestrafen!"
Selbstbewußt. Garde
lieutenant (von Kanibalen gefangenl:
„BeneidenSwerthe Kerls werden
jebratenen Jardelieut«nant speisen!"
Der Ritter Rab von Rabenstein,
Der schlug mit seinem Glase
Die Gast« alle untern Tisch
Und blieb dab«i doch blühend frisch
Der Ritter lud sie all' zu Gast,
D' h b f.
Bis einer nach dem andern stumm
Ist untern Tisch gesunken.
Am tiefsten guckte in den Krug
Das Mägdlein! „Teuf«l, welch ein
Zug!"
Schrie Ritter Rab begeistert;
„Wenn du nicht meine Tochter bist,
wenn er sein Vergehen milder beur
theilt wissen will. Dieser aber schüt
telt den Kops und erwidert: ~J' laug'n
zu SV Mark Geldstrafe nebst kosten
verziehen, holt er seinen ledernen, zum
Platzen gefüllten Geldbeutel hervor
und legt ihn schwer auf den Tisch deS
so klatscht. „So," keucht er, „da hast
es! Was Du kannst, kann i' aa'!...
Und jetzt, Herr Amtsgericht, thät' i'
d'rum bitt'st! Fufz'g Mark Straf'
Koaner verstanden. ... Pfuat «.»k
Und triumphirend, während der
Saal.
Offenherzig. Dichter
ling: „Die Dichtkunst wäre ja recht
hübsch, allein ich muß sie aufgeben, ich
kann von ihr nicht l«b«n." Freund:
„Die Dichtkunst aber von Dir auch
nicht!"
Natürlich! Er: „Wie
da kommt noch ein« Rechnung von Dei
ner Putzmacherin über einen neuen
Hut, ich hatte doch Deinen ganzen Be
darf für diese Saison schon gedeckt."
Sie: „DaS ist auch nur ein Aus
nahmefall, Richard, sich, ich würd«
kürzlich bei dem fürchterlichen Sturm
geradezu in den Laden getri«b«n, und