2 BeiseVegegnung. „Nach Könitz, Dirschau, Königs berg, Eydtkuhneii'. Einsteigen meine Herrschaften, einsteigen!" Die Klin gel des abruseiiden Schaffners schrillte durch die Wartesäle, die Reisenden suchten eilig ihre Gepäckstücke zusam führten a»s den großen, dustern Per ron des Bahnhof Friedrichstraße in Berlin. Als v.ner der letzte» näherte sich dem Schnellzug ein nach neuester Modr, mit etwas gigerlhafter Eleganz gekleideter Herr. Die Gestalt, ehedem offenbar groß'und stattlich, in müder, nachlässi schönen, aber schlaffen Züge'des blas sen, schmalen Gesichts vollendeten den Typus eines alternden Lebemannes. wandt« sich schließlich an den Schaff ner, der mit dem Billetadstempeln fast fertig war. „Ist kein einigermaßen Bitte einzusteigen, es ist die höchste Zeit." Der Schaffner stempelte das Billet, und der Herr stieg mit mißmu senkten, breiten Lidern hervor einen gleichgiltigen Blick aus die Mitreisen den, ein altes Ehepaar und eine Dame mit zwei Kindern. Und plötzlich öff neten sich seine eben noch so schläfrigen seligen, kalt verächtlichen Ausdruck Platz machte. Und dann sah eins vom andern fort mit einer kleinen, eigen thümlichen Bewegung, als wollten sie beide sagen: „Was gehst Du mich noch an?" Fenster, und das alte Ehepaar war mit Bädeker und Kursbuch beschäftigt. Durch die Ritzen der Fenster drang ein feiner, scharfer Zug. Er wickelte sich fester in die schmiegsame Felldecke, verschränkte die Arme und lehnte sich in die Ecke, und während er nun ange legentlich auf die öden, vorbeihuschen den Felder schaute, zuckte ein häßliches, cynisches Lächeln um seinen Mund. Verrückter Zufall, der ihn hier mit sei ner ehemaligen Frau in dasselbe Cou pee geführt, nach jahrelanger Tren nung! Ah, was ging es ihn an Er gab sich Mühe, an nachten, morgen nach Marienburg, die Burg besichtigen, und dann weiter nach Osterode zu den Jagden bei Herrn von Seiden. „Wo sie nur eigentlich hin fährt," irrten seine Gedanken wieder ab; „Ostpreußen ist doch wahrlich nicht das Land, das sich lohnte, in jetziger Zeit zu besuch«», wenn man nicht einen bestimmten Zweck mit der Reise ver bindet." Ohne daß er es wußte, hatte er den Kopf nach ihr gewandt und be obachtete sie heimlich. Ihr wohlge formtes, energisches Profil hob sich frisch und blühend von dem grauen Wagenpolster ab; die ehedem etwas zu schlanke Gestalt schien voller geworden, der elegante Pelz schmiegte sich weich den schönen Formen an. Wie wohl sie aussah! Viel blühender und schöner als damals. Ah, jetzt wandte sie den Kopf. Die Sensibilität für das Angestarrtwer den war also noch dieselbe wie damals die großen, dunkelgrauen Augen streiften ihn mit jenem kiihlfragenden, leicht indignirtm Blick, mit dem die ge bildete Frau das zudringliche Martern eines Unbekannten abzuweisen pslegt. Er wich diesem Blick aus und versuchte spöttisch zu lächeln, aber es gelang nicht recht. Sollte er auf der nächsten Sta tion umsteigen? Nein, er wollte ihr zeigen, wie gleichgiltig ihn dies Zu sammentreffen ließ. Und sie? Nun, sie würde aus demselben Grunde sitze» bleiben er kannte sie. „Mütterchen," sagte da plötzlich eine weiche helle Kinderstimme, „gibt es denn hier gar keine Berge?" Und da fuhr er herum, fein Herz that einen ganz eigenthümlichen raschen, starken Schlag, während sich seine Blicke in das zartblasse, liebliche Kindergesicht bohrten, aus dem ein Paar stiller, ernsthafter Augen zu der Mutter auf sahen. Das war Ina, seine das war sein Junge. Damals war er ein dickes Baby, dessen Gegenwart ihm so oft Lästig gewesen, war solch ein schaute, mit seinen Augen. Ein seltsames Gefühl erwachte in ihm, ein niegekanntes, aber sobald er zur Erlenntniß kam, schüttelte er es energisch ab. Lächerlich! Sollte er Üht auf/eine alten Tage noch gefühls. duselig werden er, der es stet! für das Dümmste und Unvorteilhafteste gehalten? Aber er war entsetzlich «er vöS und abgespannt, daher wohl diese Anwandlung. Er wollte versuchen zu schlafen; sein gewohntes Schlafmittel konnte er zwar leider jetzt nicht neh men, aber vielleicht wirkte das eintöni ge Gerassel der Räder einschläfernd, und jetzt, wo er die Augen geschlossen HAfte. „Mutti, ob Lifett« such nicht ver gißt, meinem Hänschrn Futter zu ge hen? Weißt Du noch, wie es heraus flog und auf meinem Finger pickte, >ge „Multi, sieh doch sieh! Dort preußische Grenze?" „Weißt Du, Mütterchen, ich habe schrecklichen Hunger." rem Gesicht lag klare Ruhe und fried volles Glück ein beneidenswerther Ausdruck! Nichts mehr von dem ner vösen Zucken um den Mund, nichts mals! O, erkannte dies GesichN E^ werden müsse, und daß er, „der schöne Wilm Bernsdorf", nicht gewillt war, wie ftder gewöhnliche, ehrsame Spieß uns tr«nnen um meinetwillen, denn ich werde schlecht, ich gehe Physisch und moralisch zu Grunde an D«iner Seite." Er hatte, um sie nicht auf's neue merken zu lassen, daß er sie beobachte, „Du, Mann, ich wär bald über Dei nen Fuß gestolpert und hätte einen, tüchtigen Bumms bekommen," sagte das Kerlchen lachend. rief seine Mutter erregt, „was fällt Dir ein, was thust Du da die Station auf der Seite. Siehst Du, da ist schon der Bahnhof. Wie heißt das denn? Ina, komm, lies mir Zeit stand auch des Kindes Mutter war ja selbstverständlich." Sein« Wilm Bernsdorf hatte sich inzwi- Reiselelture, ein aus dem Bahnhof er standenes, neues Buch. Zwischen sei- nen Brauen lag tlne finstere Falte. Er war entschieden entsetzlich nervös heute; nicht einmal ausschlafen hatte er am Morgen kömien, da der Zug so zeitig ging, und nun dies unerwartete, satale d«r, daß ihm seine Nerven nun so lä cherliche Possen spielten. Zum Teufel, er würde doch Herr darüber werden kömien! Er rief all seinen nicht ge ringen Cynismus zu Hilse und ver tiefte sich in fein Buch. „EtwaS sehr hinweg zu den Kindern hinübcrblickte. „Bubi" hatte seinen kleinen Schreck längst vergessen und widmete sich jetzt eingehend dem Inhalt der Reisetasche, die „Mütterchen" ausgepackt hatte. Wie hübsch das aussah, wenn die weißen, kleinen Zähnchen so energisch in das Brödchen bissen! Ina, die beim Aus- packen der Tasche geholfen, war ihm bei dieser Beschäftigung etwas näher gerückt, und das blonde Lockenköpfchen gaukelte ihm jetzt fast gerade gegenüber, wenn er aussah. Es schien ihm, als ob die ernsthaften Augen ihn zuweilen nachdenklich, wie in scheuer Frage streiften. Ein zitterndes Verlangen packte ihn, dem Kinde beide Hände „Kennst du mich denn garnicht mehr, kleine Ida? Hast du mich denn ganz vergessen?" Bubi kreischte plötzlich vor Vergnü gen kaut auf. „Mutti, guck doch nur, es schneit! Es schneit wirklich! Nun merkt man doch erst ordentlich, daß Weihnachten Auch Ina stieß einen leisen Jubel laut aus, drückte ihr Gesichtchen an die gen in das Flockengewimmel. „Sieh doch Mutti, wie groß die Flocken sind und wie hübsch nun gleich die Tannen aussehn! Wie richtige Weihnachts bäume!" „Mutti! Rothenkirch kommt Glückseligkeit tief auf. Das Buch, in dem Wilm Bernsdorf gelesen, flog plötzlich auf das Polster Mutier. „Was haben Sie da für ein paar Prachtlinder, gnädige Frau!" Ueber das Gesicht der Angeredeten flog ein strahlendes Lächeln. „Machen „Mein Papa ist todt," sagte Bubi Wüstlings sührt? Ist es nicht besser, „Und gut ist der neue Papa, nicht wahr Ina? So gut s-s gut, wie —" Bubi suchte nach einem Ausdruck, vermutlichen könnte und schloß dann strahlend: der Weihnachtsmann." ! tenden Augen. „So, so. Du hast ihn wohl auch sehr Neb?"^ ! „Ja, und er hat ein großes Gut," Kühe!" Frau Magda sah jetzt, wo das Roth wir schon auf die letzte Station vor Könitz," suchte sie die Kinder abzulen ken. „Ihr müht euch doch auch ein den schneeballen!" „Me letzte Station vor Könitz." Sie hatte es ein wenig schärfer be bleibe." hätte. .„Hier, Papa, hier!" Wilm Bernsdorf richtete sich auf, eine fieberhafte Spannung im Blick. frischen, gebräunten Teint des Land wirths schwenkte den vor Lust zappeln den Knaben hoch in die Luft und setzte gen der Mutter der beiden und sein ganzes Herz lag in den Wor ten: „Endlich, Magda, endlich!" Sie aber schmiegte sich nicht, wie er erhofft hatte, in seine Arme; ein be deutsamer Wink ließ ihn auf eine stür mische Begrüßung verzichten. Noch einmal sah Magda, als sie das Coupe verlassen, zu dem Mann empor, der so zusammengesunken, mit schlaf fen, matten, fahlen Zügen und halbge fchlossenen Lidern dasaß wie ein Tod hinweg. Sie wandte sich ab, blaß und ernst, sie hatte nichts mehr zu verzeihen, sie wußte es jetzt, sie war an ihm gerächt! «in»erm„n». Die kleine August« ivar mit ihren Eltern zum Besuche bei den Groß an ihr. Eine große hatt« ihr schon manchen Verweis zuge zogen: sie ließ bei ihrem Butterbrot immer die Krusten übrig und man fand di«fe dann in allen Ecken versteckt vor, so daß s«lbst di« nachsichtig« Groß mama di« Enkelin darüber zur R«d« nicht und mußt iinm«r klein bleiben." Auguste geht vergnügt mit ihrem Brot fort! nach einer tl«in«n W«il« jedoch er scheint sie wieder mit der Brotkruste in der Hand, gibt sie der Großmama mit «rnster Miene und sagt: „Ich will lie ber klein bleiben!" Ein Sophist. „Adolf, so jung sind wir verh«irathet und schon gehst Du in den Club?" „Aber doch nur, damit meine Freunde sich ärgern, daß mich mein« liebe Frau fortläßt»" Kleines Mißverständ niß. Frau (zur weinenden Köchin): „Sagen Sie, Nanni, wo liegt d«nn eigentlich die Ursach« Ihres Grams?" Nanni: .Bei der 6. Compagnie!" Zein Tech. nie gemacht und war daher schüchtern und «regt. An der Thür unten frug ich den Portier, wohin ich mich zu wen ! Gittern die Beamten saßen. Alle mit wilden, bösartigen Zügen, an ihrm ernd. Zögernd schritt ich auf einen z» und sagte ihm, daß ich ein Fremder fei und Und weil er ein gar so böses Gesicht machte, so setzte ich hinzu, daß ich nicht vorbestraft sei, und nie ein schweres Verbrechen begangen hätte nur Dichter wäre ich. „Ihr Name!" „Verzeihen Sie, bitte," sagte ich, „mein Name ist Nasenstern Balduin Nasenstern." „Balduin?" „Ja aber ich kann nichts da für —" „Woher lassen Sie mich nichi Alles zehnmal fragen!" „Aus Wien Wien an der Dona». Hauptstadt von Oesterreich ein undeinhalb Millionen Einw „Sie sind ebenDichter," sagte er und zuckte verächtlich die Achseln. Dann holte er ein großes Buch und suchte lange. Endlich wandte er sich wieder zu mir, in kurzem, sicherem, überzeug tem Ton. „Nasenstern giebt es nicht! Existirt einfach nicht!" „Aber entschul " „Widersprechen Sie nicht. Ich habe in meinem Register keinen „Nasen stern" ein Mann dieses Namens existirt nicht, nicht in Wien und nir gends. Wenn Sie aber nicht im Regi ster der Polizei stehen dann sind „Herr!" rief ich in schrecklicher Angst, „Hen: ich bin ich kann Ihnen „Gut," sagte er ruhig, „wenn Sie Ihrer Sache so sicher sind, dann haben Sie weiter nichts zu thun, als mir den Beweis Ihrer Existenz zu erbrin gen. Jh, da könnte mir Jeder kom men. Nein, mein Lieber, da bringen Sie mir gefälligst eine Bestätigung, unterschrieben von zwei Zeugen, daß Sie wirtlich auf die Welt gekommen sind." „Entschuldigen Sie," sagte ich, „ich bin eine arme Waise, ich kenne Nie mand und meine dicke Wirthin —" „Und Ihre Eltern Ihr Vater?" „Ich habe keinen Vater!" rief ich. „Meine Mutter ... „Was Vater haben Sie auch kei nen na, da hat man's ja nein, mein Lieber, jetzt ist mir das zu toll. Foppen lasse ich mich nicht ich bin Amtsperson. Beweisen Sie mir, daß Sie geboren worden sind auf der Stelle!" „Ja," begann er höhnisch, „das ist's eben, Sie können es nicht beweisen! Da hat man's. Sehen Sie," und da bei holte er wieder ein dickes Buch von der Wand, „das ist der Auszug aus den Protokollen der Wiener Poli zei. Da stehen alle Menschen darin, die in dem Jahrhundert zur Welt ge kommen sind. Sie stehen nicht darin, und das ist der Beweis dafür, daß Sie überhaupt nicht auf die Welt gekom men sind daß Sie nicht existiren!" Ich war dem Weinen nahe. „Gentle man!" rief ich, „ich habe nichts als mein bischen Leben lassen Sie mir das!" Endlich begann ich wieder, schüch tern. mit zitternder Stimme: „Aber könnte nicht vielleicht ein Versehen der Polizei vorliegen meine Mutter sagte, ich sei schon von frühester Ju gend an sehr diskret gewesen; und dann ich weiß eben bestimmt, daß ich existire. Vielleicht hat mich die Po lizei zu notiren vergessen?" „Herr," sagte er mit väterlichem, mitfühlendem Ernste, „die Polizei ver gißt nichts. Es thut mir leid um Sie, junger Mann, sehr leid, aber Sie sind! amtlich nicht geboren worden. Uebri-! Gens hol' Sie der Teufel es ist zwölf Uhr und Bureauschluß." Ich aber schüttelte den Kopf und ging. Tor, können Sie mir sagen, was jener Herr mit den vielen Brillantringen dort ist?" „Gnädige Frau, das ist j ein Mann, dem es seine Verhältnisse gestatten, nach dem Frühstück gleich' Feierabend zu machen!" Aengstlich. Kaufmann (auf ein«n Hundertmarkschein herausge? bend): „Darf ich Ihnen für fünfzig spät in'S Semester ging, Pcch mit sei ner neugemiethcien „Bude". Bor Allem taugte das Bett nichts, Tisch und sichert, daß i ch hi«r wohne." «lückliilic Lösung. Das kleine Landstädtchen Gasstall Ereigniß. Unter Böllerschüssen, Fest- Ehe es jedoch zur Aufstellung dieser kam.^hatte^ Jacob Schlaucherl, dem dieAussühruna glückliche Idee. So hatten durch die Genialität des Meisters Schlaucherl die Statuen nicht nur den besten Platz gefunden, sondern dete Freitag, sondern der Montag, an fälle fallen auf" Dienstag, 16,38 aus den Mittwoch, 15,73 auf den Don nerstag, 1L,38 auf den Freitag, ebenso „Thean S' do' net allewei' so, als ob S' 'was thoan thaaten Sie thean ja do' nix!" S^es Frühling im Winter? W!e niag das sein? Gebraus? Schaut nicht der Frühling selber her aus? Drinnen im Herzen, da wogt's und D d blüht. Wo sich zwei Herzen in Liebe vereint, Lächelt der Frühling, die Sonne scheint. 2. Winter im Frühling? Wie mag das ch ' ' lacht, Drinnen im Herzen ist's Winternacht. Denn seit dein Liebstes sie trugen zur Ruh', Schlössest du gerne die Augen zu. Und von des Frühlings lieblichem Fallt keme Bluth in dem Herz hinein. Frühling und Winter muß sein, mein Kind, Frühling und Winter wechseln ge schwind. Sendet der Himmel dir Sonnenschein. Sollst du dich sreuen und glücklich sein. Kommt dann die finstere Winternacht, Sei nur getrost: der Vater wacht. Sonne und Kälte, Glück und Pein, Beides ist gut, drum schicke dich drein. Ehrgefühl der Kleine». ! Ungefähr im dritten Lebensjahre lernt das Kind sein eigenes Ich von den anderen Gegenstände» unterscheid«» und gleichzeitig mit dem Selbstbewußt sein erwacht das Selbstgefühl in ihm. ! Es fühlt s«in kleines Persönchen als nn werthvolles Gut und strebt dessen gewesen, Mutter!" sagt der kleine Wal ter in Schiller's Wilhelm Tell (V. 2). ganz beseitigt tverden. Die mächtigst« Förderung erhält das Selbstgefühl durch das Ehrgefühl. jede Schmähung, je' e entehrend« Straf«, di« das zarte Gefühl für Ehr« „Unsichtbaren Log«": „Wo der Tadel das Ehrg«fühl des Kindes Versehrte, da unterdrückte ich ihn, um meine College» Gefühle, selbst di« ed«lsten, ihn in S«hr treffend sagt der berühmte Pädagoge Herbart: „Man soll keinen Ehrgeiz künstlich nähren, ober auch fühl unterdrück«»." Auch «in Arrangement. Bater: „Ich habt ja nichts gegen Dein« Verbindung mit dem Assessor nur müßte er sich erst mit seinen Gläubigern arrangiren!" Tochter: „Ist bereits geschehen, Papa er hat si« alle an Dich gewiesen!" —Un nöthig. Reicher Erb onkel: „Was meinst Du, soll ich mich nach m«in«m Tode verbrennen lassen?" - Neffe: „Wozu, Onkelchen? Du hin terläßt ja so schon genug Ajche!"