Der WuM. Roman von K. Lrth. (17. Fortsetzung und Schluß.) das ist der Trost, mit dem Ihr stets so andere handelt. Todt oder lebendig sie ist mir nichts als die verhaßte Räuberin meines Glückes. Alle seine Gedanken gehörten ja nur ihr. Die erste Regung seines wiederkehrenden Bewußtseins war eine Erinnerung an sie. Und zu mir begann er zu reden wie ein Bruder zu seiner Schwester. Es waren theilnehmende, gütige Worte, die er mir sagte, aber es waren Worte, die mir trotzdem wie ebenso viele Dolch stiche in die Seele drangen. Denn jedes von ihnen in seiner Sühlen davon entfernt war, feine Liebe zu ge winnen, Ich sah, daß er nicht einmal eine Empfindung hatte für die Oua bereitete, und da war es mit meiner Widerstandsfähigkeit zu Ende, Es war schlecht, was ich gethan ich weiß es aber die Verzweiflung hatte mich wahnsinnig gemacht. Sie müssen ein schlechter Arzt sein, Don Jos6, wenn Sie es nicht begreifen." Sie hatte sich, während sie sprach, langsam vom Fußboden erhoben und, aus die Lehne eines Stuhles gestützt, stand sie in müder, gebrochener Hal tung da, den Blick der tief eingesunke nen dunkel umschatteten Augen starr in das Leere gerichtet. Doktor Vidal betrachtete sie ein paar Sekunden lang, dann legte er seine Hand auf ihre Schulter und sagte mit väterlichem Ernst: „Ob ich es nun be greife oder nicht jedenfalls fühle ich mich nicht berufen, Sie zu richten, Sie sind wohl hart genug bestraft durch das, was Sie selbst über sich heraufbe schworen haben. Denn Ihr Gewissen wird Sie nie mehr freisprechen von dem Vorwurf, daß Sie diesem unglück lichen jungen Manne da drinnen zum Verhängniß geworden sind." „Er wird also sterben? Sie haben keine Hossnung, Doktor Vidal?" „Ich sehe keinen Grund, Ihnen jetzt noch etwas zu verhehlen. Nein, nach dem, was ich soeben gehört habe, hege ich keine Hossnung mehr." „Und warum erst nach diesem?" „Weil ich sicher bin, daß der Anfall, nicht beseitigen kann, die ihn herbeige führt hat. Oder halten Sie es für möglich, daß man den Kranken jetzt Lager führen könnten. Sie ha^en Auch schwieg eine Wette, Nachts" Gemach zu verlassen, als es von der Stelle her, wo Jsabella stand, dumpf „Bleiben Sie noch, Don Jos,' ich „Habe ich recht gehört, Senorita? Sie wissen, wo Ihre Base sich aufhält, und Sie tonnten es mir bis zu diesem „Und nor Rodewaldts Flucht aus dem Ge- Schuhwunde in der Schulter auf der Straße, Da sie ohne Bewußtsein war, brachte man sie zunächst in dasFrauen hospital nach der Calle Esmeralda. Sie kam im Lauf- des Tages wieder zu sich und nannte ihren Namen, Aber man zweifelte an der Richtigkeit ihrer Angaben, weil sie die Kleidung einer Zofe trug. Trotzdem benachrichtigte man meinen Bater, und da er selbst durch seine gerade an jenem Tage so wichtigen Geschäfte daran verhindert war, begab sich meine Mutter in das Hospital. Bei ihrer Ankunft war Conchita schon wieder ohne Besinnung. Die Wunde selbst sollte zwar nach der ergriffen. Meine Mutter ließ an Wahrheit, Senorita Jsabella?" fragte erzählen, klingt in hohem Maße aben chen Zweck könnte Ihre Mutter mit sten Stunde entdeckt werden mußte?" „Ich spreche nichts als die volle Wahrheit, Don Josö! Und von ihrem Standpunkt aus war das, was meine Mutter that, wohl so thöricht nicht. Sie durfte sich versichert halten, daß ihre Nichte anerkannte, übernahm sie auch die Verpflichtung, alles Erdenk liche für die Erhaltung ihres Lebens zu thun. Und bei sorgfältiger, auf merksamer Pflege würde diese sicher tion der Convalescencia, so waren die Aussichten sür eine Genesung der Kra nken bei den dort herrschenden Zustän den gering. Und selbst in dem wenig Möglichkeit geschaffen, einen feit lan gem gehegten Plan zur Ausführung zu bringen. Es giebt irgendwo w^der nannt/Heilanstalt für Nervenkranke zu keinem andern Zweck unterhält, als um darin Personen, die ihren Ange- Menschen zu übergeben, so konnte es kaum noch allzu große Schwierigkeiten haben, ihr Vermögen aus die eine oder nes Vaters zu bringen." „Ein sauberer Plan!" sagte Doktor Vidal kopfschüttelnd. „Aber sprechen Jfabella nickte. „Meine Mutter hatte sich erboten, die Verpflegungs kosten zu tragen. Ich erfuhr von alle dem erst, als sie von ihrem Besuche im Hospital heimkam, und ich erfuhr es zugleich mit der Thatsache, daß C«n chita es gewesen war, die mir Rode» Liebe gestohlen hatte. Meine Mutter vermochte mir darüber volle Gewißheit zu geben, denn sie hatte in Erfahrung gebracht, daß die beiden häufig heim wußte auch, wie groß Conchitas An theil an Tenor Rodewaldts Befreiung gewesen war." zur Mitschuldigen Ihrer Mutter, in- Handlungsweise erhoben?" Jsabella neigte bejahend den Kopf. „Es war nur noch für eine von uns beiden Raum auf Erden. Sie mußte sterben, und es war gut für sie wie für mich, wenn es auf solche Art geschah. Denn sonst sonst würde ich sie viel leicht eines Tages mit eigenen Händen getödtet haben." „Sie sind ein beklagenswerthes Ge schöpf. Mir graut vor Ihnen. Aber wie kommen Sie bei solch böser Sin» nesart dazu, mir das alles jetzt zu ge stehen?" Sie wandte den Kopf und sah ihm mit ihren großen, düsteren Augen fest in's Gesicht. „Fragen Sie mich über haupt nichts mehr. Gehen Sie, sich über Conchitas Schicksal zu unterrich ten. Vielleicht gelingt es Ihrer Kunst, sie zu retten und damit auch ihn. Mir gilt es gleich ich bin jetzt mit allem fertig." „Wohl, so werde ich Sie in Ihr chen wird bei Ihnen bleiben." Auch gegen diese Verfügung erhob Jfabella keinen Widerspruch. Starr und stumm ruhte sie aus ihrem Lager, als er sie verließ. LS. K a p i t e l. Doktor Vidal fand bei seinem Be gaben Jsabellas bestätigt. Er ließ nachdem man ihm gestattet hatte, die Patientin selbst zu untersuchen, rund heraus, daß er anderer Meinung sei, und daß es seiner Ueberzeugung nach nur einer veränderten Behand bediirse, um das junge Mädchen lich über die gefährliche Krisis hinweg zu bringen. Bei dem hohen persön lichen Ansehen, dessen er sich in ärzt lichen Kreisen erfreute, und angesichts seiner Erklärung, daß er alle Kosten eigene Wärterin zu geben und ihre wei tere Behandlung in seine Hände zu legen. Am liebsten freilich hätte er sie sogleich in das deutsche Krankenhaus bringen lassen, aber er sürchtete die Ge . fahren, die mit einer solchen Ueberfüh- rung verbunden sein konnten und ver ! selbst hatte ihn nicht erkannt. Sie war nach der Angabe der Wärterinnen wohl zuweilen sür kurze Zeit aus ihren gerichteten Fragen zu antworten. Lange nach Mitternacht erst kehrte Vidal in seine Wohnung zurück, und zwei neue Ueberrafchungen waren es, die dort seiner warteten. Man theilte ihm mit, daß Senorita Jsabella del Vasco sich gleich nach seiner Entfer nung wieder angekleidet und trotz aller Bitten und Borstellungen das Haus verlassen habe. Don Jos«s fürchtete, daß sie Hand an sich gelegt haben könnte, aber ein von ihr zuriickge^lasse sie nach dem Vorgefallenen seine Gast freundschaft nicht länger in Anspruch nehmen dürfe und auch nicht die Kraft besitze, fernerhin unter demselben Dache zu weilen mit dem, dessen Verhängniß sie geworden sei. Sie werde in dem „Es ist das beste, das sie bei ihrer dachte Vidal. „In der Welt hätte sie einem ebenfalls an seine Adresse gerich teten Briefe, den sein Diener vorhin bei der Reinigung von Rodewaldts Kleidern in einer Tasche gefunden hatte. Es war jener Abfchiedsgruß, den der Gefangene im Angesicht des Todes an ihn hatte richten wollen. Und mit steigendem Interesse las Dok tor Vidal die ausführliche Schilderung der von Manuel del Vasco gegen Con reien. Lange noch, nachdem er mit der Lektüre zu Ende gekommen war, ging er in seinem Arbeitszimmer aus und nieder, angelegentlich mit der Erwä gung eines Planes beschäftigt, den der Inhalt dieses Brieses in seinem Geiste hatte entstehen lassen. Nach einer kurzen Nachtruhe, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß Werners Zustand im wesentlichen noch unverändert war, fuhr er in das Regie rungsgebäude, um eine Audienz bei dem Präsidenten der Republik nachzu suchen. Glückliche Umstände fügten es, daß ihm dieselbe sogleich gewährt wer den konnte, und eS war beinahe eine Stunde vergangen, als Don das Cabinett des höchsten Beamten wieder verließ. Er begab sich geradewegs in das Untersuchungsgesängniß und ver langte auf Grund einer ihm ertheilten Ermächtigung, in die Zelle des Senor del Vasco geführt zu werden. Es war in dem Passierschein ausdrücklich vermerkt, daß die Unterhaltung mit traf, wäre wohl danach angethan ge wesen, sein Mitleid zu erregen, wenn nicht die tiefe Verachtung, die er gegen diesen Menschen empfand, jede der artige Regung hätte ersticken müssen. Die Todesfurcht hatte einen gebroche nen, hinfälligen Greis aus dem kraft vollen Manne gemacht, und der kluge Arzt sah sogleich, daß er diesem in wahnsinniger Angst um sein Leben zitternden Schwächling gegenüber leich tes Spiel haben würde. Er erklärte das Swndrecht ausgehoben und die ordentlichen Gesetze wieder in Kraft ge hastes persönliches Interesse an Con chita Ortegas und ihrem Prozeß nehme. „Gewisse schwerwiegende Anzeichen," fügte er hinzu, „haben den Verdacht sein Prozeß um ein von langer Hand vorbereitetes, betrügerisches Manöver gegen die Ihrer Obhut anvertraute Waise handle. Sollte diese Vermu thung zutreffen, so könnten Sie in Ihrem eigenen Interesse nichts besseres thun, als durch ein offenes Bekennen der Wahrheit volles Licht in das bisher nur zum Theil aufgehellte Dunkel zu bringen. Wie ich den Präsidenten keune, wird er es Ihnen hoch anrech nen, wenn Sie auf diese Weise Zeit schweres Unrecht verhüten. Aber Sie dürfen die Zeit nicht mit langem Schuld an den Tag, so ist es für ein freiwilliges Geständniß zu spät, oder man würde demselben doch nicht mehr Er äußerte den Wunsch, zunächst mit seiner Gemahlin Rücksprache nehmen zu dürfen, und erst, als Doktor Vidal ihm mit aller Bestimmtheit erklärte, eine solche Unterredung werde unter keinen Umständen gestattet werden, fand er sich nach einem letzten harten Kampfe bereit, für die Hoffnung auf die Erhaltung seines Daseins alles andere preiszugeben, was ihm bis da hin Lebenszweck und Lebensziel gewe sen war. Ein umfassendes Schuldbekenntniß war es, das er ablegte. In einem Ge heimfach seines Schreibtisches sollten sich, wie er versicherte, alle jene Papiere befinden, deren Vorlegung die Halt losigkeit der von Conchitas Prozeßgeg nern auf sein Anstiften erhobenen An sprüche auf das Unzweideutigste erwei sen mußte. Das von Pedro Alvarez unterfertigte Schriftstück, in welchem dieser erklärte, von den Vorgängen bei mindeste zu wissen, war dem Unglück lichen Manne von del Vasco durch die Drohung rnit der im Weigerungssalle Diese für den Ausgang von Conchi tas Prozeß bedeutsamen Geständnisse waren jedoch nicht die einzigen, die del geschiedenen Direktor Strahlendorf dar. Und als Don Jos6 nach mehr als Verweilen die Ge sten der La Plata - Bank, daß es ihm nicht schwer siel, noch an diesem Vor mittag einen Haftbefehl gegen Hennin ger zu erwirken. Zur Ausführung kam derselbe frei lich nicht mehr, denn man fand den Ge suchten weder in seiner bisherigen Wohnung, noch an irgend einem der der von , Rodewaldt erlassenen Verfu gung erkannt, daß das Spiel sür ihn sei, und es vorgezogen,^sich und beschlagnahmte in der La Plata- Bank die Wechsel, die nach seinem Ge ständniß unter Vorwissen Henningers von ihm gefälscht worden waren. Als Rodewaldt aus dem langen Schlafzustande erwachte, in welchem Doktor Joss Vidal ihn nach jenem liche Mittel zu erhalten gewußt hatte, fand er auf der Decke seines Bettes ei wie unsicher und zitterig auch die ein zelnen Züge sein mochten. Das Brief chen lautete: glückliches Wiedersehen! In Ewig- Doktor Jos6 Vidal, der hinter dem Kopfende des Lagers gestanden, so daß durfte. Vorboten der schweren Krankheit ge fühlt, welche die seelischen Erregungen der letzten Stunden übe? sie heraufbe schworen. Aber sie hatte sich aufrecht erhalten, um ihr Rettungswerk zu voll liebten offen zu halten, und als sie ihn in Sicherheit wußte, noch Kraft genug gehabt, sich den zudringlichen Solda sich plötzlich in einer von neuem Kampfgetümmel erfüllten Straße ge sehen. Von einer Kugel an der Schul ter gestreift, war sie zu Boden gesun bruch gesunden. Jetzt aber war, wie Don Jos