2 Zn der Kalle. Eine lufttge Radlcr-Geschichte von L. Bürk- Herr Hermann Georg (sprich Schorsch) Hagemann, im bürgerlichen Leben Stadtrath und Rentner in einem jener sauberen, romantischen Rheinstädtchen, die sich hart zwischen Fluß und Fels drängen, war seiner sonstigen hervorragendsten Eigenschaft nach Radlerfeind. Das war ja nun seine Privatsache! Es gibt Katzen feinde und Klavierhasser, es gibt Menschen, die keine Erdbeeren oder Schorsch Hagemann nicht Radlerfeind sein? Daß sein Antrag im Stadt rath, nicht nur die Räder zu numme im weißen Felde auf dem Rücken zu bekleben, zuerst mit schüchterner Ab lehnung, dann mit entschiedenem Pro vielleicht mit ne kaputne Kopf meiner Eva heimgebracht wird! Ich will's nit, und ich leid's nit! Basta!" Schwiegervater wolle, der ä Vogel im Kopp un ä Brett vorm Kapp hat! So will mei Fritz kei Schwiegervater, un Settche, bezahle. Adjes, Herr Stadt rath und Rückschrittsmann!" „Eva," tröstete Schmidt am hat er sich wieder beruhigt." „Ach Fritz," schluchzte Evchen, „Du weißt doch, was Papa für einen harten Kopf hat." „Ich will nachher noch einmal mit er den Waldweg dahin. Er ärgert sich über Alles. „Chausseezumpler, Nix thuer, Leuteärgerer," schimpft er in sich Leni, die hübsche, frische Nichte des kommt! Bei dem schönt Wetter isAlles Hagemann, was daran schuld is? Das verflixte Radfahre is schuld! Tm setze sie sich jetzt auf's Rad und fahre de der Hitz hier enaüf zu krabbele!" „Leni," ruft Herr Schorsch Hage mann begeistert und thut einem lang» schuld! 's Gewitter soll se alle hole! Leni, dafür muß ich Ihne L Kuß gewe!" Und unternehmend springt er auf. Die Leni retirirt. „Nei, nei, Herr Hagemann! Mei Küss'sind kei Brom beere! Küsse Sie doch Ihne Ihre Frau, wann Se küsse müsse!" „Was, Leni, Sie wolle mir kei Kuß gewe? No, das wär doch noch schee ner. Meine Sie, ich hätt neilich nit gesehe, wie Sie den junge Förster von owe geküßt hawe?" „Das mach ich, wie ich will!" lacht die Leni, „Un Ihne will ich kei Kuß gtwcl" „Sie wolle ml? Und nu grad!' Si« müsse! Ich werd Sie schon kriege." Und mit jugendlicher Leichtigkeit sucht er die Leni zu haschen, aber sie schlüpft ihm davon. Die läuft wie der Blitz um das Haus herum und in die offen stehende Thür der Waschküche hinein! Aber Herr Schorsch Hagemann ist auch flink, stolpert nach, läuft gegen zwei große Waschzuber und pardautz, fällt längelang über einen dritten hin! Die Leni schreit vor Lachen. „So, nu küsse Se mich! Jetzt bleib« Se mal ä bißchen bei de Zuber einge sperrt, Sie Schwerenöther Sie!" Klatsch! Die Thür fällt in's Schloß vorgeschoben. Nu, adjes, Herr Hage „Leni! Mache Sie die Thür aus!" „Warum denn, Herr Hagemann, 's muß Ihne doch in der Waschlüch ge falle! Sie sin ja wie besesse eneinge rannt! Warum wolle Se denn schon Leit' en Spaß hätte! Und Ihne Ihre Frau, was die sich freue dhät!" Jetzt fchäulüt er vor Wuth, er stampft, er brüllt. Er lauscht an der Thüre, steigt mit Lebensgefahr auf Fenster. Da fitzt die Leni, friedlich, strumpfstrickend, singend: „Wenn ich schleunigst hinweg von diesem Ort, „Das Abendesse für die Stadträth! No jetzt wird's zuckt. Aber, das ist ja, Herr G»tt, Brot? Gleich, Herr Schmitt!" klägliches „Pst, pst!" Verwundert schaut er sich um. „Nanu, was ist denn los?" „Ach Fritz, mach doch auf! Ich gen!" ' „Aber Fritz, erkennst Du mich denn nicht an der Stimme? Steig steigt Fritz auf das Gesims. Wahr- Leni lacht' „Was soll passirt sein? ihm. „Frecher Bub! Unverschämter BuiZ Mach auf!" «Die Eva wird mei Frau?" „Ich tret die Thür ein!" ganze Stadt das Späßchen!" „Schäm' Dich! Mach' die Thür auf!" „Noth kennt kein Gebot! Wenn Sie „Ich verklag' Dich! Des is Frei heitsberaubung, da steht Zuchthaus drauf." „Blamiren Sie sich nicht, Herr Ha geinann, Denken Sie mal an, was ihm: „Ich thu's net." mal, was wird Ihre Frau sagen?" Tief« Stille innen! «Sagen Sie schnell ja. Herr Hage- mann! Ich sorge schon dafür, daß kein Mensch Etwas merkt." Eine Pause! Was im Herzen Herrn er allein. Dann kommt ein zornigcs, dumpfes: „Du versprichst mir, daß kein Mensch was merkt?" „Wahrhaftig?" „Ja doch! Mach' auf!" Der Riegel knarrt, die Thür fliegt auf, Fritzens kräftige Arme zerren den Gefangenen an's Tagsslicht, umschlin gen ihn und ziehen ihn in einen wilden Tanz: „Hurrah hoch! Schwiegervater, hoch! Dreimal hoch! Die Eva wird mei Frau, und im Herbst ist Hochzeit!" tnüpsen mich an meinen Jugend freund Reschke. In der untersten Klasse des Gymnasiums saßen wir zu sammen auf der Schulbank; durch den starren Zwang des Alphabets, nach welchen! unsere Plätz« bestimmt wor den. Ich war des nicht froh; meinem Jugendfreund war nichts heilig, riicht einmal meine lateinischen Exer citien; Reschke beging Raub an ihnen; pr sah ihnen ihre Vorzüge ab und be nützte sie für sich, leider auch ihr« Fehler. Kopfschüttelnd verglich der Lehrer unsere Hefte. „Einer von Euch haben!" Wer war nun derjenige? Beide betheuerten ihre Unschuld. Meine linkische Wortkargheit brachte mir Schaden, Reschke war gewandter in den Künsten dieser Welt. Er ging frei aus, ich bekam eine Ohrfeige und phirte ich doch über Reschke; ich wurve in die nächsthöhere Klasse versetzt, er blieb Sexta sitzen. Jahrelang Jünglingen gründeten wir ein Lieb habertheater. Reschle wollte Bonvi vants spielen. Er war-auch hier saul Natürlich glaubte das Publi- Ende reich mit Fransen geschmückten klaffenden Stiesel. Endlich, da ich die listig zwinkernden graugrünen Augen „Reschke?!" fragte ich zweifelnd. „Alter Junge," fuhr Reschke fort, etwas abgebrannt. Mach' mal, bitte, Deinen Kleiderschrank auf." Zögernd gehorchte ich. Reschk« tras seine Aus wahl, mit gutem Geschmack, wie ich dem Schneider noch schuldig war. „Hast Du Geld?" frug er darauf drin gend. Erröthend reichte ich ihm mein Por temonnaie. damit er sich selbst von dessen bescheidenen Inhalt überzeuge. Reschke zählte die Baarschast auf das genaueste. 4 Mark 86 Pfennige. „Ist das Dein ganzes Geld?!" frug fast mitleidig mein Jugendfreund. „Nein, mein alter Junge, mehr als 3 Mark »ehme ich keinesfalls davon!" Und Reschke that so, als erwiese er mir legen für wich eine Kollekte machen. Dalli! Dalli, mein Sohn! Hier ist Dein Hut. schütze keine Müdigkeit vor, und mach' Dich schnell auf den Weg." Seufzend trat ich den Bettel weg an. „Ist das alles?" frug er mich streng und sah mich mit einem Jnquisitor nem Eigenthum in meine eigene Tasche verschwinden lassen. „Na, weißt Du, mein Junge, nimm mir's nicht übel," fuhr Reschle fort, und sein Ton drückte tiefe Verachtung aus „Du schienst mir, als wir damals noch zu sammen am Liebhaberthcater mimten. ment. wo man für einen armen, in ! Noth gerathenen College» bloß 11 Mark zusammenbringen kann!" j Und verächtlich drehte er mir den Rücken zu. Ich habe von ihm seit jenem Tage I nichts wieder gehört. Von meinem ! Anzug und meinen Stiefeln leide» > «ich nicht. Amanda,s Schmuck. Welt. Derselbe lag abseits von der nem Male im Mittelpunkt des ge sammten Interesses. Der Adel der Um aber ein ansehnlicher Mann in mittle ren Jahren, der die ersten Stürme des Lebens bereits hinter sich hatte wa- Amanda unter die Haube zu brin gen. Zu diesem Zweck setzte sie eine kleine Festlichkeit in Scene, zu der außer Amanda und einigen anderen Fräulein vonßranitz machte sich also auf den Weg. Da sie noch immer in dem abgelegenen kleinen Orte wohnte, treten, wo die Gesellschaft stattfinden sollte. Wange, die Art und Weise, sich nach stenstedt sein! „Nun, Fritz Waldenfels und seine ankommen sehen!" meinte er lustig la chend. „Als ich das letzte Mal bei ihnen war, mußte ich leider bekennen, daß ich Amandas Augen strahlten vor Won »t. Sie überlegte schon im Geiste, ob sie zu ihrem Hochzeitskleid creme Atta? oder weißen Damast nehmen sollte. Und den ganzen Familienschmuck woll te sie tragen! Er war wirklich ein charmanter. lie benswürdiger Mann. Und wie fesselnd er erzählen konnte! Man wurde nicht müde, ihm zuzuhören. „Fritz und ich haben zusammen in Heidelberg studirt," erzählte er seiner eifrigen Zuhöherin. „Wir waren stets die besten Freunde. Er hat mir unzäh lige Gefälligkeiten erwiesen. Am mei sten dankbar bin'ich ihm aber dafür, daß er mich Ihre Bekanntschaft heute machen ließ." Nun begann er, das Waldensels'sche Gut, die Ställe, den Park: kurz, Alles zu schildern und schloß mit den Wor ten: ' H s " Im Gespräch zog Amanda ihren rechten Handschuh aus, wobei ein Ring mit einem kostbaren Solitair zum Vo rschein kam. Im Allgemeinen war sie nicht eitel, jetzt aber stieg der Wunsch in ihr auf, dem stattlichen Mann da drüben eine leise Andeutung ihrer nichts. „Was haben Sie da für einen herr lichen Ring?" fragte ihr Begleiter, mit Interesse das Kleinod betrachtend. den Ring vom Finger und gab ihn ihm hin, damit er ihn besser betrachten konnte. „Es ist ein sehr altes Erbstück. Se hen Sie nur, der Reif stellt in kleinen Perlen die zwölf Himmelszeichen vor; klärte sie. ' 112" dem er den Ring auf einen seiner Fin ger schob. „Ich selber besitze einige werthvolle Ringe, finde es aber unpas- Tand zu schmücken. Man soll das dem schönen Geschlecht —" hier verneigte er sich höflich gegen Amanda „überlas et" 'sch w,t d s Blut durch sen möchte, ihn zurückzugeben! Dann würde man in der Gesellschaft sofort erkennen, daß sie schon Beziehungen zu einander hatten und dann dann war sagen, wenn er ihren anderen Schmuck sah? Ihre Arm- und Halsbänder, Brachen, Ohrringe, Haarnadeln und rette geraucht, ihr eine solche ange'io ten; sie hätte sie gar zu gern geraucht— ihm zu Liebe; aber sie fürchtete, es kön- und warteten auf den Zug. Als er ein fuhr, eilte der Landrath die Wagen entlang, um ein Coup«! zu suchen. Sie sendcs gefunden hätte, sagte er und fügte flüsternd hinzu, er werde dem Schaffner ein Trinkgeld geben, damit er ihnen ein Coups allein anweise. Der kleine Bahnsteig war dicht ge "drängt voll Menschen, denn in Braun berg war Jahrmarkt. Als ihr Begleiter ein Stück gegangen war, verlor zur rechten Zeit wieder bei ihr sein, ehe der Zug fortfuhr. Plötzlich trat ein junger Mann in Livr6e auf sie zu, der sie im Auftrag seines Herrn ersuchte, in ein Coupt» zu steigen! der Landrath komme gleich nach. Er habe eine Depesche aufzugeben vergessen, was er jetzt nachholen müsse. Amanda stieg zögernd ein und blKte unverwandt durch's Fenster. Di« Thü ren wurden zugeschlagen der Land rath kam noch immer nicht. Da wurde zum dritten Mal geläutet er war noch nicht da! Und plötzlich zu Amanda's größtem Entsetzen setzte sich d«r Zug in Bewegung. Sie schrie laut auf man solle doch warten sich verspätet und war dann im letzten Moment in den ersten besten Wagen gesprungen! Ach. wie sehr würde sich der liebe gute Mann über sein Mißge schick ärgern! In Elmfeld angelangt, spähte Amanda nach allen Seiten aus. Kein Landrath war zu erblicken! Da bemäch tigte sich ihrer eine heiße Angst. In höchster Verwirrung und namenloser > Wagen. In Waidenfels angelangt, hat te sie gerade noch Zeit, Toilette für das Diner zu machen. Mit welchen Gefüh len sie das that, läßt sich nicht beschrei ben. Inzwischen hatte sie ihre Zo?e zu Dir einen schlechten Scherz erlaub« ha ben. Er weiß nichts von Deiner Tasche; er kennt Dich ja noch nicht einmal." „Das ist aber unverzeihlich von ihm," eiferte Amanda. „Er reiste mit mir von D. bis Braunberg in ein und demselben Coup»'; er war furchtbar aufmerksam liebenswürdig und chen Schmucksachen befinden!" „Aber, liebe Amanda, der Land rath ist ja schon seit gestern Abend hier! Er hat heute noch mit keinem Schritt das Haus verlassen. Doch nun kom me, Du kannst ihn selbst fragen." „Uebrigens", sagte die Herrin des Pläne in's Wasser' gefallen. Denle Dir! nur, der Landrath von Barstenstedt hat sich vor drei Tagen verlobt! Ich bin ganz trostlos!" Amanda sofort dem Landrath vorge-! stellt. Nein, das war nicht ihr Reisebe fein können! Ihre Juwelen hat sie nie wieder er halten. Der raffinirte Dieb war und blieb verschwunden. Ihr Entschluß stand fest; sie muß ten sich trennen, für immer trennen! Qualvolle Nächte hatte er ihr berei tet, v«rzn?«iflungsvoll hatte sie gerun gen und gekämpft; doch unabweisbar stand die Nothwendigkeit der Tren nung vor ihren Augen. Es war furchtbar zu denken, es that ihr unendlich leid um ihn, so lange, lange Jahre hatten sie treu zusammen gehalten; er hatt« für sie gearbeitet und geschafft, leine Anstrengung war ihm zu groß gewesen um ihretwillen, sc manche harte Nuß hatte er für sie ge knackt und sie hatte ihn treu gepflegt und behütet. glücklichen Jahre her. Und plötzlich war es über ihn gekom men, so daß sie ihn nicht mehr zu er kennen glaubte. Ties in ihm fraß et was, nagte wie ein Wurm, immer tie aber für jede Arbeit, die er that, be kam sie kleine empfindliche Stiche zu füllen, immer öfter, immer stärker. ten auf kurze Minuten zur Ruhe tom- Lange hatte sie's erduldet dieses Le sehen, daß Ihr Leben verfehlt ist!" Hühnerauge hat." Dame: „Welche Krankheit halten Sie wohl für die gefährlichste, Herr Medicinalrath?" Medicinal dige!" Ein pfiffiger Samm - le r. „Sind Si« auch Sammler?" „Gewiß!" „Was sannntln Si« denn?" .Küsse!" . Zweiter Arüftltna. Der Himmel blaut, die Sonne strahlt Halb auf des Waldes Räume, Da wachen auf mit einemmal So scheint wohl auch ins Herz hinein In stillen Herbstestagen Will Glückes Kunde sagen. O frage nicht, wie lang eS währt, Das selig frohe Hoffen; Dich hat vielleicht vom Erdenglück , Brust, und nur ein paa? Menschen, Nicht oft treffen wir Wesen, die den köstlichen Inhalt ihres Gemüthes und zen so gerne in unscheinbarer Hülle! Die Güte, die Theilnahme, die Men schenfreundlichkeit und Liebe, die uns sind! Rath und That! Nichts ist trügerischer stimmt.) Einheimischer: „Wie?! In der Markthalle. Schutzmann: „Dieses Fleisch können Sie nicht kaufen ;es ist nämlich consis cirt und wird unbrauchbar gemacht!" Junger Ehemann: „Dann ge6en Si« 's nur her; meine Frau mächt's schon