Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 05, 1899, Page 2, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    2 Ein müde« Her».
Der Frühling kam, bie Lerche sang,
Die Schwalbe flog am Bergeshang,
Die Amsel strich den ganzen Tag
Durchs DämmergrUn im Tannenhag,
Nur in ein armes, müdes Herz
Wollte der Lenz nicht kommen.
Der Sommer hat sein Licht verhaucht,
Hat Berg und Thal in Gluth getaucht,
Di- Tage heiß, die Nächte mild,
Zur Ernte reif das Saatgefild.
Nur tn ein armes, müdes Herz
Wollte die Sonne nicht kommen.
Die Schwalbe floh, das Laub verblich
Durchs Weinzerank der Herbstwind
strich,
Die Flur so still, zur Ruh' bereit.
Der Nebel wob ihr Sterbelleid,
Nur in ein armes, müdes Herz
Wollte die Ruh? nicht kommen.
Das Thalgesild ruht frostumhüllt,
Von Norden bläst der Sturmwint
wild,
Ein Grab ist halb vom Schnee verweht,
Ein Kreuzlein aus dem Grabe steht.
Darunter ruht ein müdes Herz,
Das endlich zur Ruhe gekomme».
ßr soll dein Kerr sein.
Sie war die einzige, verzärtelte
Tochter ihres reichen Baters. Herr
Karl Bergner dankte ihr gewisserma
ßen aus den Knieen für die Gnade, daß
sie sich zu ihm herabließ und ihm ihr«
Hand gab.
Sie waren bereits auf der Hochzeits
reise. Herr und Frau Bergner wollten
die Flitterwochen in Italien verleben.
Eben neigte sich der Mann in zärtlicher
Regung zu seiner Frau, da bemerkte er
in ihrer Hand ein Portemonnaie, so
ein ganz kleines, herziges Ding. Es
schien etwas zu enthalten, denn das
kleine Schlößchen hielt die Bügel an
scheinend nur widerstrebend zusammen.
„Was ist das?" fragte der glückliche
Mann, das kleine Ding mit sonderba
rem Blicke betrachtend.
„Geld!" rief mit stolzem Lächeln die
markschein, den sie lustig in der Luft
herumschwenkte. „Siehst Du, Schatz,
wie reich ich bin und gar nicht aus Dich
angewiesen?"
Herr Bergner wird ernst und fragt
in forschendem Tone:
das^Geld?^
frischung, so kannst Du es aus Eige
nem bestreiten und hast es nicht nöthig,
Deinen Mann zu belästigen."
liche Frau, aber sie scheint mich nicht zu
ausgibt. Bitte, gib mir das Geld!"
„Zwischen Mann und Frau gibt es
kein Mein und Dein. Ich bitte Dich,
gib das Geld her."
„Aber, liebes Kind," sprach er, „ich
hoffe, Du hältst diesenßorsall nicht für
wichtig genug, um uns beiden die Flit-
Karl Bergner, sich kaum noch
dessen bewußt, daß sie Frau Karlßerg
ner geworden war, zog sich betroffen
„Meine Liebe," antwortete der
Mann mit aller ihm zu Gebote stehen
den Zärtlichkeit, „ich erlaube es nicht,
daß Du in einem solchen Tone zu mir
sprichst. Ich bin kein junger Lasse, der
Dir den Hof macht, sondern Dein
Wann, Dein Herr, und »«NN Du
killst, D«in Gebieter. Komm her, setz«
Dich zu mir."
Die Frau zitterte am ganzen Körper,
ihre Sc«l« «inpörte sich gegen diesen
Ton, und sie beschloß, sich nicht terro
risiren zu lassen. Sie wandte sich zum
Fenster und blickte hinaus.
„Du kommst zu mir!" rief der Mann
in strengein Ton.
bes Wort, aber auf Befehl?! Ihr gan
her!"
Sie zitterte vor Aufregung und
Furcht und hätte schon gerne gehorcht;
aber ihr« Füße waren wi« angewurzelt
und ihr Will« wie gelähmt.
J«tzt ergriff ihr Man« kräftig ihre
Hände, riß sie an sich, und die glücklich«
«intägig« junge Frau schluchzte an sei
ner Brust.
„Was ich will, das muß geschehen,"
murmelt« «r durch di« Zähne. „Du
mußt lernen, in mir Deinen Herrn zu
sehen, und je früher Du «s lernst, desto
besser für mich und für Dich."
Dies« kleine sonderbar« Scene hatte
sonst keinerlei Folgen. Das Ehepaar
verlebte die Tage in Frieden. Nur war
es der Frau, als hätte sich in ihr H«rz
«in unbestimmtis, unangenehmes Ge
fühl eingenistet. Es gab Momente, wo
sie heimlich ihren Mann beobachtet«:
Ob «r wohl den Blick fortw«nd«t, da
mit sie diesen Moment ausnützen
könnte. Wozu? Das wußte sie nicht
recht. Si« «rinn«rt« sich jedoch der
Schulzeit, wo sie glücklich war, wenn
sie dem Lehrer hinter seinem Rücken
eine Nase dr«h«n od«r Es«lsohr«n zei
gen konnte. Und sie litbte doch ihren
Mann, er gefällt ihr, und sie freut sich
auch, mit ihm zusammen zu s«in, und
dennoch macht ihr j«d« Minute Vergnü
gen, in der sie fühlt, daß sein beobach
tendes Auge nicht auf ihr ruht.
Bon der Hochzeitsreise zurückgekehrt,
bekam si« thatsächlich ein Sparkassen
buch über 125 Mark.
„Eine alt« Schuld wurde bezahlt,"
erklärte ihr Mann, „davon gab ich Dir
25 Mark. Bewahr« das Buch gut, da-
Sie dankt« ihm in größter F«ude.
Sie fühlte sich kräftiger, f«lbstständig«r
in dem Bewußtsein, daß sie 125 Mark
besitz,, die ihr persönliches Eigenthum
bildeten.
Das Familienleben war sonst ein ge
regeltes, friedliches und herzliches.
seine Stimmung aber keine besondere,
so wies er sie kurz ab: „Gib Ruhe, ich
bin heute nichts bei Laune."
Mannes steckte.
Mann laufte sie.
Herr Bergner betrachtete das Ding
der Preis war 2V Mark und gab
es dem Commis zurück.
derlMe Herr Bergner in bestimmtem
Tone und verließ das Zimmer.
Dix Frau verging fast vor Scham.
Nein, das war zu viel, das war nicht
mehr zu ertragen. Sie erinnerte sich
des Sparkassenbllchleins. „Hier ist das
Geld." sagte sie zu dem Commis und
bezahlte ihn aus dem Wirthschafts
gelde. Dann ging sie sofort auf die
Sparlasse und ließ sich von ihrem Gut
haben 20 Marl ausfolgen.
Nie hatte sie sich so gefreut, wie üb«r
di«fes lleine Schmuckstück; sie hatte es
ja mit ihrem eigen«n Geld« getauft und
nicht mit dem ihres Mannes, ja sogar
gegen seinen Willen. Freilich trug sie
das kleine Ding nur in der Tasch«. Sie
hatt« doch nicht den Muth, «s vor ihrem
Manne sehen zu lassen. Er hätte doch
gefragt, mit welchem Gelde sie es be
zahlt habe und wie si« es wagen konnte,
gegen seinen Willen zu handeln.
Einmal kam Herr Bergner in selten
guter Laune nach Hause. Die Frau
demerlte das und beeilt« sich, ihn zu
umarmen; aber nicht so wie früher, als
es von Herzen kam, sondern gewohn
heitsmäßig, weil sie wußte, was ihi
Mann, wenn «r in guter Stimmung
war, von ihr verlangte, Bergnei
war diesmal so aufgeräumt, daß er so
gar von Geschäftssachen zu sprechen
begann, während er doch sonst dem
Princip huldigt«, daß di«Frau von den
Geschäften ihres Mannes nichts zu
wissen brauche, denn das störe das
Glück der Ehe.
„Rund 2000 Marl hat mir die Sach
eingebracht," damit beendete er di« Er
zählung von txm gelungenen Geschäft«.
„Du sollst aber auch Deinen Antheil
haben, gib nur her, Liebch«n, Dein
Sparkassenbüchlein."
Die Frau erschrak.
„Das Buch —" stotterte sie, „das
Buch .
„Ja, das Buch über die 125 Mark,
die Summe soll verdoppelt werden."
„Wozu denn?" erwidert- die Frau.
„Ich kann das Geld doch nicht be-
verst«hst Du nicht, gib es nur
her!" .
Kalter Schiveiß P«rlte auf der Stirn
der jungen Frau. Was soll sie nur
machen?! Nun bemerkt «r ja, daß von
dem G«lde etwas sehlt.
„Ich werde es schon ein ander Mal
suchen. Ich nxitz wirtlich nicht, wo ich
es hingelegt habe."
Herrn B«rgner's scharfes Auge hatte
die Verlegenheit der Frau bereits be
„Nun will ich es aber sofort haben,"
rief er streng, „sonst werd« ich es selbst
Thränen gab sie ihm daraus
das Buch. Ein Blick in dasselbe ge
nügte, um Herrn Bergner üb«r dl«
Sache aufzuklär«n.
„Was hast Du mit den 20 Mark
angefangen?" frug er sie.
Schluchzend zeigte sie ihm das
Schmuckstück, sprechen konnte sie nicht.
„So, so" m«int« H«rr Bergner, „hm,
hm," sonst sprach er iein Wort; und
ohne ihr auch nur den geringsten Vor
wurf zu machen, verließ er das Zim
mer. .. .
Die junge Frau blickte ihm dankbar
nach. Sie fühlte etwas wie «ine Re
gung d«r alten Liebe zu ihm, so wohl
hatte ihr seine scheinbare Nachsicht ge
than.
Nach einer Stunde kam Herr Berg
ner mit dem Sparkassenbuch zurück.
„Hier hast Du das Buch wieder,
sagte er kalt, „ich habe 200 Mark für
Dich eingelegt. Sollte eS Dir aber noch
einmal einfallen, etwas davon auszu
geben, so nehme ich es Dir ganz weg."
Da erhob sich die Frau und blickte
ihrem Mann« einen Moment lang starr
in di« Aug«n, dann ballte sie das Büch
lein in ihren Händen zusammen und
warf es ihm in's Gesicht
Und seither kann Herr Bergner guter
Laune sein oder mißgestimmt seine
Frau schert sich nicht darum. Sie füh
ren ei» friedliches, kaltes, frostiges Le
ben. Alles geschieht, was der Mann
will, aber es geschieht auch nur so viel.
Er kann befehlen sie gehorcht.
KürlUiche Icrlovuinsen.
Aon 71 heiratsfähigen fürstlichen
Jungfrauen erzählt uns der Gothai
sche Kalender, denen nur 17 heiraths
fähige Fürsten und Prinzen gegenüber
stehen. Dabei existiren bekanntlich noch
eine Anzahl regierender kleiner Dyna
stie?» und noch über 100 Seitenlinien,
die ebenfalls den fürstlichen Hausge
setzen und der Etiquette unterworfen
sind, und deren Prinzessinnen natürlich
auch nur eine standesgemäße Ehe ein
gehen sollen. Es ist nothwendig, das
Wort besonders zu betonen, denn wenn
man die 'iveiblichen Sprößlinge der
Fürstenhäuser nicht zum Cölibat ver
urtheilt, dann ist, wie man sieht, das
Loos der Fürstentöchter an den großen
und kleinen Höfen nicht sehr beneidens
werth: Ein einsames, hoffnungsleeres
Leben in glänzender Hülle liegt vor
den „Sitzenbleibenden", wie das Volk
diejenigen Damen nennt, denen es nicht
gelingt, einen Mann zu erhalten, trotz
dem sie, die Zurückbleibenden, vielleicht
mit ebenso viel Liebreiz, wie die glück
lich an Prinzen gebrachten, ausgestattet
sind. Und eben deshalb haben in den
letzten Jahrzehnten es gehört dies
tion di« Fürstenlöchter begonnen,
den Kreis der Etiquette zu übersprin
gen und sich Lebensgefährten nach dem
Trieb ihres Herzens zu wählen. Ein
Schriftsteller nennt dies den ..demokra
tischen Zug, der durch die intimsten Ge
mächer der Prinzessinnen weht." Mr
finden Prinzessinnen an Gutsbesitzer,
Aerzte. Industrielle etc. verheirathet;
gar nicht von den nichtstandesgemäßen
B-rhktrathungen an Grasen, Freiherrn
und Barone zu sprechen.
Ist es wirlUch demokratischer
Elisabeth von Oesterreich war es, die,
wie Graf Szecheny erzählt, als Diplo
maten und Würdenträger für die Pri
nzessin Gisela, die jetzige Prinzessin
Leopold von Bayern, einen Prinzen
die Wahl eines Gatten ist
ron Jeefried, an dem ihr Herz voll
Li«be hing, sich über di« Etiquette hm»
weg setzrns, dl« Hond reichte, ein war
mes Wort beim Vater, ihrem Schwie
gersohn Prinzen Leopold, einlegte und
auch den Kaiser bat, dem jungen Paare
Zuflucht im österreichischen Kaiserstaai
und dem jungen Baron Seefried Auf
nahmt in die österreichische Armee zu
L-währ-m. Di« Kaiserin von Oesterreich
empfing und besuchte in München auch
die nichtstandesgemäße Gemahlin ihres
Bruders «ine ehemalige Ballettän
zerin. Die Kaiserin vonOesterreich war
die erste regierende Fürstin, die
offen für die freien Herzensneigungen
der Prinzessinnen plaidirte.
Die Königin von England als Für
sprecherin der Heirathen zwischen der
Prinzessin Luise und dem Marquis os
Lorne; ebenso Friederike. Prinzessin
von Hannover, mit dem Freiherrn von
Pavel - Rammingen folgte erst viel
später. Die Prinzessinnen von Geblüt
haben zwar das Recht, auf den Hof
bällen die jungen Höflinge und vorge
stellten Herren von Militär vom Lieute
nant auswärts zum Tanze zu „befeh
len", aber die Pflicht, auch den flotte
sten Tänzer und herrlichsten Mann
nach dem Balle sofort aus dem Ge
dächtniß verschwinden zu lassen. Das
ist mal so Sitte."
Die Fürstentöchter, namentlich an
den «leinen deutschen Höfen, stehen so
mit, von den Rangvorzügen abgesehen,
in Bezug auf Herzensneigungen, hin
ter der Bürgerstochter, die nach Nei
gung den Gatten wählen darf, und
mancher geistvolle weibliche Sprößling
deutscher Fürsten ist, da das Gebiet,
welches den Prinzessinnen in Bezug
auf Heirath offen steht, nur die regie
renden Häuser und höchstens es
kommt hier geradezu eine Nothlage in
Betracht die Seitenlinien umfaßt,
durch diesen Umstand zum Cölibat ver
urthcilt. Daß dies aber nicht immer
nach Neigung und Geschmack der jun
gen, lebensfrohen Prinzessinnen war,
ist begreiflich. Es giebt an den Höfen
strebende Diplomaten, ehrgeizige Hof
damen, die «ine Art Buch über di«
„möglichen standesgemäßen Verbindu
ngen" zwischen den Fürstenhäusern füh
ren, die Vor- und Nachtheile, bevor es
gewagt wird, einer solch „möglichen
Verbindung" auch nur zu erwähnen
und die diplomatischen Fäden zu spin
nen, genau berechnen. Hier spielen,
ebenso wie beim Bürger, außer der Pe
rson des fürstlichen Bräutigams nicht
zum kleinen Theil die Apanage, Mit
gift und Witthumgeld eine große Rolle.
In neuerer Zeit helfen wegen letzten
Punktes die Lebensversicherungen aus.
Der Gatte einer bayerischen Prinzes
sin, welche nach Spanien heirathete.
und derselben lein allzugroßes Wit
thumgeld sichern tonnte, taufte seinLe
ben vor der Trauung mit drei Millio
nen Mart bei einer Versicherungsge
sellschaft ein.
Theil noch das wunderliche Land, auch
in Bezug auf Heirathen der Mitglieder
des Kaiserhauses. Wenn früher der
Zar die Absicht, sich zu vermählen, äu
ßerte, so durchreisten die Herren vom
Hose das ganze Reich, um die schönsten
jungen Mädchen der angesehensten F
amilien auszusuchen. Deren Zahl belief
sich in der Regel auf sechzig bis hun
dert, und es gereichte allen denen zu
großer Ehre, einbegriffen ge
die Anzeige machte, ivelche von ihnen
nach seinem höchsten Willen berufen fei,
mit ihm die Krone zu theilen, unter der
Aufsicht des Hofintendanten blieben.
Bis dahin durfte sich ihnen niemand
nähern, der Zar und einige Personen,
die er dazu ermächtigt hatte ausgenom
dert! In Rußland dauern die diploma
tischen Verhandlungen über ein« Hei
rath zwischen Großfürsten und Prin
zessinnen und umgelehrt oft Jahre. Die
größte Schwierigkeit bildet immer der
verlangte Glaubenswechsel einer nicht
der griechisch - orthodoxen Kirche ange
hörigen Prinzessin. Sogenannte „Lie
besheirathen" bei Mitgliedern des rus
sischenKaiserhauses lennt man sehr we
nig. Von Kaiser Nikolaus I. wird er
zählt. daß er seinen Kindern, nachdem
die diplomatischen Verhandlungen über
die beabsichtigte Heirath eines seiner
Kinder beendet und alles geordnet war.
diesen ihre Verlobung durch Befehl
einfach anzeigte. Ein etwa verlang
ter Glaubenswechsel bildete früher
wohl auch an anderen Höfen das
Haupthinderniß einer beabsichtigten
Heirath.
Professor Ueberschlau ist ein ausge
zeichneter Botaniker, mehr noch ausge
zeichnet freilich durch feine schier un
glaubliche Zerstreutheit. Nachdem er
vor Kurzem erst seine Uhrkette in Spi
ritus gelegt hatte und eine lebende
Blindschleiche an seine Uhr als Kette
befestigen wollte, passirte ihm an einem
heißen Sommertage eine andere kleine
Geschichte. Lustig streifte er mit Kä
scher, Spiritusflasche und Votanisir
trommel im Walde herum, als er an
den Rand eines nicht tiefen Weihers
kam, dessen schönes klares Wasser in
ihm den Wunsch erweckt«, ein kühles
Bad zu nehmen. Mit einem behagli
chen „Ah!" hüpft unser Professor in
die spiegelklar« Fluth. doch als er dar
aus emportaucht, schreit er entsetzt:
„Ah, ich habe ja vergessen, mich vorher
auszuziehen!"
Enttäuscht. Verehrer: „Ge
wiß hat der Junggesellenstand auch
seinen Reiz, aber es kommen doch
Stunden, in denen man sich nach einem
Wesen sehnt, dem man so recht von
Herzen gut und das man sein eigen
nennen könnte." Dame: „Aber da
würde ich doch an Ihrer Stelle einen
Hund anschaffen."
ziie gemordeten Lieder.
und fang seine fröhlichen Weisen, der
Jugend zur Lust, den Alten zur Labe;
überall war er gern« gesehen. Wo er
schaut, aber in seinen Träumen und
Phantasien stets vor sich sah; nach ihr
sehnte er sich und nach ihr suchte er auf
allen seinen Wanderungen. Da und
dort fand er wohl «in Mädchen, das
etwas von seiner unbekannten Liebsten
hatte, die Augen oder das Haar, die
schlanke Gestalt oder die Purpurlippen
dann ftine schönsten Lieder
in all seinen Weisen besang.
Die Mädchen aber, die seine Gluth
blicke auffingen und feine Liebeslieder
und ein« Stimme flüsterte ihm zu:
„Pflücke die Rosen zur Rosenzeit,
pflücke die Rosen am Wege und nimm
Dich in Acht, daß Du nicht über d«m
Suchen nach einem Traumgebild«, die
Zeit der Rosen versäumst und schließ
lich leer ausgehest/' Dann aber /p^ch
sehnend« Li«b« im Herzen.
Da geschah es eines Tages, daß er
durch einen dunklen Tannenwald wan
prächtig g«ht doch die Sonne unter,
und nirgends ist ihr Glanz so ent
zückend, als wenn sie di«
Strahlen in das Dunkel des Tannen
waldes sendet!" Da er aber näher zu
sah, bewegte sich der Schein, und als er
durch die Zweige sich Bahn brach, fand
fich's, daß es das goldene Lockenköpf
chen eines lieblichen Mägdleins war,
das er für die Sonne gehalten, und
nur der Widerschein des untergehen
den Gluthballes spielte in den schim
mernden Haaren.
Und wie er die Jungfrau bewun
dernd betrachtete, so daß sie erröthend
die Augen zu Boden senkte, da jauchzte
es in seinem Herzen: „Sie rst's, sie, die
ich bis heute vergeblich gesucht."
Die Jungfrau, da sie sich von ihrem
ersten Schrecken erholt hatte, wollte
fliehen; er aber ergriff sie rasch bei der
Hand und seinen flehenden Blicken
und bittenden Worten konnte sie nicht
widerstehen. Und wie er ihr erzählte,
wie lange er sie mit Sehnen gesucht,
und daß er nimmer von ihr lassen
könne, nun er sie gefunden, da blickte
sie schamhaft und doch selig lächelnd
.Nun hab' ich mein Liebchen gewon
nen!
Ihr Auge strahlt himmlisch
nen
So leuchtet ihr goldenes Haar!"
So sang Jung - Spielmann noch
einmal, dann aber verstummten seine
Lieder, denn er hatte vor Küssen und
Kosen und Lieben keine Zeit nochßuhe,
neue Weisen zu ersinnen, und das
höchste Glück, wie der herbste Schmerz
läßt sich nicht in Worte fassen: es
leuchtet im Herzen und strahlt aus den
Augen, aber die Lippen verstummen
und die Lieder flattern davon, denn
sie sind zu schwach, solche Seligkeit
auszusin^en.
Nun zog Jung - Spielmann mit sei
nem Lieb in ein rebenumranktes Häus
chen am Waldessaum; die grünen, blu
migen Matten dehnten sich davor aus,
von krystallklarem Bächlein durchflös
sen; wie Kinderspielzeug standen in der
Ferne die weißen Häuser der Städt
chen und Dörfer mit ihren rothen Dä
chern im Grünen; hinter dem Häus
chen aber rauschte der Wald, und die
Bögel sangen und die Rehlein lugten
zwischen den Stämmen hervor.
Jung - Spielmann und sein Lieb
lebten in Glück und Liebe dahin. Aber
die Welt war zu nah. Aus Dörfern
und Städten zogen Leute vorbei und
die alten Lieder Jung - Spielmanns
wurden gesungen. „Ach!" sagten die
guten Freundinnen und srommenNach
barinnen zur jungen Frau, „das hat
er dem Aennchen gesungen, und das
hat er auf Gretchen gemacht; und dies
galt der schönen Julia und jenes dem
kleinen Mietzchen und wie sie alle hei
ßen! Ja, Euer Eheliebster war ein
gar lustiger Kumpan und manchem ar
men Schätzchen hat er den Kopf ver
dreht. Und wenn man meinte, nun
nimmt er di« flugs war der lose
Schmetterling zu einer anderen Blume
weitergeflogen." kt b ld d ß
sein Lieb etwas auf dem Herzen hatte:
es blickte nicht so freundlich und fröh
lich wie sonst. Er forschte nach ihrem
Kummer. Da klagte sie mit bitteren
Borwürfen, daß er so viele geliebt vor
ih». '
Ab» Jung - Spielmann tröstete sie
und sprach: „Ich habe leine geliebt
denn Dich; Dein Bild schwebte mir
vor Augen, wenn ich meine Lieder
sang. Dir galt mein Singen und Lie
ben, schon eh' ich Dich gesehen. Drum
hat auch leine Blume am Wege den
Walter fesseln tonnen: Vorüber, hieß
es, vorüber! Bis ich Dich fand; Dir
aber gehöre ich ganz zu eigen."
„Warum dann singst Du mir nicht
auch so schöne Lieder wie den andern?"
„All« Lieder, die ich gesungen, gelten
Dir. und keines einer anderen; unter
wechselnden Namen und Gestalten hab'
ich nur das Bild besungen, das ich von
Dir im Herzen trug; die Sehnsucht
gab mir die Klänge ein; da ich Dich
fand und mein Sehnen gestillt war,
sind auch die Lieder verstummt, denn
all mein Wesen ist von der Liebe nun
Aber Jung - Spielmanns junges
Weib verstand ihn nicht und ein Haß
erfüllte es gegen alle anderen Mädchen
und Weiber, ein Haß besonders gegen
Jung - Spielmanns Lieder, und wo
sie eines vernahm, flammte Eifersucht
in ihrem Herzen auf.
Und sie ging hinaus, die junge
Frau; zur Mittagsstunde ging sie hin
aus in den Wald zur alten Hexe.
„Hilf mir die Lieder todten, sonst tod
ten sie mich!" Die Hexe lachte häßlich,
denn es freute sie, das Glück der Men
schenlinder stören zu können, besonders
das Glück der Jugend. „Ich will Dir
Macht geben über die Lieder, aber
einen Lohn fordere ich von Dir. Deine
Liebe will ich nicht, die liegt schon im
Sterben, sonst käme Dir kein solch«?
Verlangen; aber Deine Treue mußt
Du mir schenlen, damit die Liebe nicht
mehr auferstehe!"
„Ich schenke Dir, was Du willst,
tödte mir nur die bösen Lieber! Meine
Treue sei Dein, mache damit, was Du
willst!"
Da braute die Hexe einen Zauber
trank und sprach ihre Bannsprüch« da
rein. daß die Lieder, in lauter bunte
Vöglein verwandelt, ängstlich daher
flattern mußten, wie vom Anblick der
Schlange verscheucht. Jung - Spiel
manns Weib aber erhaschte die Vög
lein und drehte ihnen lachend den Halz
um.
Dann ging sie heim und legte sich
nieder: aber es wollte kein Schlaf in
ihre Augen kommen, sie wußte nicht
warum? Keine Reue wandelte sie an,
denn ihre Liebe war gestorben; aber
es war ihr, als ob die Seelen der Lie
der ihr Lager umflatterten und klag
ten und seufzten, daß sie nicht schlafen
konnte. „Grausame! Unschuldige
Gottesgeschöpfe, aus reinem Herzen
geboren, hast Du gemordet. In harm
losem Flug erfreuten wir der Lieben
den Gemüth, Dir selber wollten wir
zur Freude sein o, daß Du uns
verstanden hättest! Nun aber hast Du
in blinder Leidenschaft Dein eigen
Glück zerstört!"
Aber die junge Frau glaubte ihnen
nicht.
Als Jung - Spielmann am Morgen
erwachte, war es ihm trüb und schwer
zu Muth; fremd und kalt blickte ihn
sein Weib an; doch das war er seit
lange gewohnt, und traurig ging er
hinaus in den düstern Wald.
Um ihn schwirrten flüsternd die
Seelen feiner Lieder und lockten ihn
es war.
Im Lande ringsum waren die Lie
der von der Stunde an verstummt; das
selige Singen der Liebenden hatte ein
Ende und mit kalter Berechnung wur
den die Ehebiindnisse fortan geschlos
sen, und vernünftig und geschäftsmä
ßig klangen die Unterredungen der
Brautleute, die Poesie war dahin!
Am selbigen Tage aber noch, nach
dem Jung - Spielmann im Walde
lange in die Krcuz und Quere gewan
dert war. hörte er plötzlich Stimmen,
davon eine ihm gar bekannt war, und,
Liebessehnsucht im Herzen, ging er ihr
nach: ob sie ihn wohl suchte?
Da sah er durchs Gebüsch am
Rande einer Quelle sein Weib in den
Armen eines fremden Jünglings,
flachshaarig, mit wässerigen Augen
und lüsternen Blicken, ein Mensch ohne
Herz und Geist; von Ekel wurde Aung-
Spielmann erfaßt.
Sein Weib aber sprach zum Jüng
ling unter Küssen: „Nie habe ich auf
gehört, Dich zu lieben! Ein Zauber
muß mich umgarnt habrn, damit der
fremde Betrüger durch Blicke und
Worte mich bethört, daß ich Dein eine
Weile vergaß, und ihm mich zu eigen
gab; aber da ich ertannte, daß sein
Herz der ganzen Welt gehörte und nicht
mir allein, bin ich zur Besinnung ge
kommen: ich habe ihn nie geliebt, Dein
bin ich ganz und bleibe Dein!"
Jung - Spielmann aber wandte sich
ab und schlich sich stille davon; mit
weinenden Augen durchschritt er den
Wald und nimmer kehrte er um. Sein
Herz war zerrissen, und ausgeträumt
und wieder strömten Lieder von seinen
Lippen: die Seelen seiner alten Lieder
fand er wieder, aber gar anders klan
gen seineWeisen, schmerzlich und trübe,
daß die Herzen erzitterten und die Au
gen mit Thränen sich füllten, wo sie er
klangen.
Und man sang wieder seine Lieder
landaus, landein, mit wunderbarerGe
walt ergriffen sie die Herzen. Und die
Lieder drangen vor bis an das reben
umtränzte Häuschen am Waldessaum,
wo Liebe und Treue gestorben waren,
aber auch das Glück. Und als sie
dort erklangen, da zog die Reue, die
bittere Sehnsucht nach verscherztem
Glück und verlorener Unschuld im
Häuschen ein. In thränendem Kum
mer verzehrte sich das junge Weib und
hoffnungslose Sehnsucht zerstörte ihr
Leben.
So rächten sich die Seelen der ge
mordeten Lieder.
»rwischtl
dem tleinen, engen Comptoir. Es war
um die Mittagszeit. Die Angestellten
waren zu Tisch gegangen, dib
Fehlbetrag von etwi 60,000 Mark.
fangen, 6 Mark, ausge."chne! (5
Mar!, hatte er aus d?r Casie entnom
men und auf Titan gesetzt, der ja S:c
ger bleiben mußte. Aber der Hüigst siel
kläglich ab, das Geld war weg, »:>d
die Spiellust war angefacht. Das
nächste Rennen schlug wieder fehl, die
Wetten brachten auch Verluste; in der
Lotterie gab's eine Niete um d:e an
dere, schließlich sollte an der Börse al-
wieder rangirt werden. Ader
naten aus den 6 Marl 60,000 Mari
Schlimmes gethan? Er hatte Geld ge
gestohlen. Pfui, das war ein hartes
Wort, dieses „gestohlen!" Aber was
thaten denn die Anderen? Hatte nicht
der eine Chef erst kürzlich kalt lächelnd
erklärt, als er ihm von einer waghalsi»
gen Speculation abgerathen hatte:
„Was thut's? Was geht's Sie's
verspeku'lire?" Und der andere pah,
die Spatzen erzählen sich's auf den Dä
chern, daß er seinen sriiheren Compag
non, einen unerfahrenen jungen Mann,
betrogen hatte. Jetzt haif er sich mit
einem „Witz" darüber hinweg, der ju
belnde Heiterkeit erregte, so oft er ihn
zum Besten gab.
„'s ist richtig," lächelte er, „zuerst
hatte er das Geld und ich die Erfah
rung, jetzt hat er die Erfahrung und
ich Hab's Geld."
Also was er als Casfirer gethan
hatte, war das Schlimmste noch nicht!
Er zählte den Baarbestand: 18,066
Mark Scheine, 4000 Mark Gold und
Silber. Ob er nun 60,000 Mark ge
nommen hatte oder 80,000 Mark
das war in einem Aufwaschen. Er war
kein Faullenzer, lein Verschwender,
kein Schlemmer und Prasser. Wenn er
erst 'mal jenseits des großes, Wassers
war, wollte er seine Ellenbogen schon
gebrauchen . . glückte es ihm dort,
dann konnte er die paar Groschen, die
er hier mitnahm, mit Zins und Zinses
zins zurückschicken. Hastig barg er das
Geld in Brieftasche und Portemonnaie,
schloß den Geldschrank zu, stülpte den
Hut auf und verließ das Comptoir.
° . . . . Am Abend war er schon in
Dresden. Auf der ganzen langen Tour
vom Erzgebirge herauf hatte sich kein
Mensch um ihn gekümmert. Bald war
re in Berlin, in Hamburg, in New
Dort, das Billet bis dabin hatte er
schon in der Tasche. Das hatte er sich
schlauerweise gleich auf der nächsten
größeren Station gelöst.
Der Portier des Dresdener Neustäd
ter Bahnhofes hatte schon ein Mal ab
gerufen.
Da drängten sich plötzlich von rechts
und links zwei Männer an Heine, der
eine nahm ihm den Koffer sanft aus
der Hand, der andere hielt ihm eine
runde, gelbe Marke unter die Augen
und raunte ihm zu: „Ruhig, Herr Cas
sini Heine, machen Sie n>u)t erst un
nöthiges Aufsehen, Sie sind verhaftet!"
Der Cajsirer schnappte nach Athem,
ruderte einige Male mit den Händen
durch die Luft und siel dann mit einem
dumpfen Schlag in die Bank zurück.
Wie durch einen Nebel hörte ir den
Portier noch abrufen: „Blitzzug Ber
lin - Hamburg ein schdei —gen!"
Ein guter Tropfen.
Unter den Weinen des Konstanzer
Sees war früher der zu Oehningen der
geringste! er mag wohl hauptsächlich
zu dem üblen Ruf beigetragen haben,
in welchem die Seeweine im vorigen
Jahrhundert überhaupt standen. Seit
dem haben sich diese Seeweine wie
bekannt infolge richtiger Sorten
auswahl und rationeller Pflege erheb
lich gebessert. In dem Oehninger herr
schaftlichen Keller lag zu Beginn dieses
Jahrhunderts ein beträchtliches Quan
tum, das so schlecht war, daß man an
allem Absatz verzweifelte. Ein Staats
beamter aus Konstanz, der in Oehnin«
er viele Rückstände in seiner Schreib
stube antraf, auf die geniale Idee, die
vorzüglichen Eigenschaften dieses edlen
Rebenblutes zur Besserung seiner fau
len Schreiber zu verwenden. Hatten
mitten im Niederschreiben eines Wor
tes. sondern sogar eines einzelnen
Buchstabens inne hielten! Und daä ei
genartige Mittel wirkte in der That.
Jeder der Faulenzer mußte zur Strafe
setz«".
EinLinguist. A.: „Schulze
ist ein bedeutender Mann, er spricht
A.: „Deutsch, Plattdeutsch und die