6 Zirauen von der Straße. Man singt in Wien ein altes Lied, oder besser gesagt, man hat es gesun gen. Denn obwohl Wien die einzige Stadt ist, in der es Volkssänger giebt . als ganz eigenthümliche Kunstspeciali tät, hat sich das Volk leider das Sin gen so ziemlich abgewöhnt. Der Wiener Gesang tönt nicht mehr aus dem Volk heraus, sondern verhallt ziemlich theilnahmlos auf dem Brett'l. lind so sang man einst ein Lied, das da schilderte, wie der liebe Herrgott die Wienerin erschaffen hat. Er knetete den weißesten Marmelstein W einer Masse, formte sie zu einem Körper nach ollen Regeln der Schönheit, drückte das Naschen leicht in die Höhe, setzte zwei Augen ein, in welche er die Farbe des Himmels zauberte, und gesponnene Sonnenstrahlen mengte er leicht mit der Farbe der Erde, um so jenes zau lberische goldige Braun zu erhalten, das «ine spezielle Eigenschaft der Haare der Wiener Frauen ist. In das Blut goß «r etwas Feuer, um den feingeschnitte nen Mund drückte er zwei kleine Grüb chen, und die Wienerin war vollendet. Wiener noch immer ein Recht haben, Erschaffung der Wienerin die Wahr dorgeführten Frauen können wohl als wienerisch gelten, aber es sind keine Wienerinnen. Die dralle Köchin, die des Morgens neckischer Frisur, schon im Mieder, ;l>',e Bluse in koketten Faltenwurf gezo gen und die blühweiße Schürze um die Hüften gelegt, das Haus verläßt, um teim Fleischhauer von dem galanten Aushackknecht zu hören, daß das Fräu- Grund ist, sie ist in den seltensten Fäl len echtes Wiener Blut. Böhmen sen- Meldezettel zu erscheinen. Wien leidet toten- und Kochschulen hervorgehen. Cie fürchtet deren Gescheidtheit und Gelehrsamkeit und sieht in so einer Köchin gleich einen weiblichen, lateini schen Apotheker, den sie voll Miß trauen betrachtet. Gute Köchinnen werden in Wien durchschnittlich mit 15 —16 Gulden monatlich bezahlt, wo zu noch ein tägliches Nachtmahlgeld von 20 Kreuzern kommt. Und eine «chte Wiener Köchin behält es sich vor, selbst zu gehen, bn d^ie- Meutra nach Wien kommt, ist die Hau sirerin mit roh geschnitztenHolzwaaren, welche an die Urformen barbarischer Dnd nebenbei giebt es wohl noch Löffel, Quirle und ähnliche Holzschnitzwaaren sür die Küche, die sie zum Kauf anbie ten. Ihr Ruf: „Kafte Spielelei, Zkuchlöffel!" ist allbekannt. Es sind «ohl so ziemlich die einzigen Worte, die sie aus der deutschen Sprache kennt, und schon die kleinen Kinder in ihrem Hetmathsdors lernen sie in gleich un verfälschter Verfälschung. Gleichfalls aus Ungarn, doch aus I>em deutschen Theil desselben, aus der Wieselburger Gegend, kommt die Hendlkramerin, die in einer ganz ei genthümlich gebauten Steige ihre lebende oder auch todte Waare mit sich führt. Es ist das ein schöner Men lichen Dialekt spricht und sich zumeist Ziem Aufenthalt im Südwesten Wiens, .n dem Bezirk Meidling, niedergelassen hat, von wo einst ein noch heute durch den direkten Straßenzug kenntlicher Weg der Stadt zuführt. Ein Theil dieses Weges heißt noch jetzt im Volks. Stelle, wo sich einst die Raststation der das Geflügel einhertreibenden „Hean zen", das Gasthaus „zur Gans" be fand, erhebt sich gegenwärtig die statt liche evangelische Kirche in Währing. Eine etwas seltener auftauchende ambulante Frauenfigur ist die Hausi rerin mit Bürsten und Abstaubern. Auch sie ist keine Wienerin. Die Hei den Gaumen des Biertrinkers spielt, ist im Wiener Volk noch nicht recht hei misch. Jenseits der Donau, in der Leopoldstadt, hat er noch den meisten Anwerth. In den einstigen Vororten ist der Wiener ein Weintrinker geblie lichen Stuben aus, in denen man einen „Guten" schenkt. Hier werden Nüsse und Mandeln oder ein ganz merkwür diges Gebäck, die „Korsikanerln", feil geboten, die zum Wein besser munden wie der Rettich, den zur Saison eine niedliche Slowakin feilbietet. Wienerisch und aus dem Volk her ausgesprungen ist die Lavendelfrau. Schon an ihrem Ruf hört man es, daß unverfälschtes Wiener Blut in den Adern der ältlichen Dame fließt. Die Melodie dieses Rufes ist uralt. Es ist zer a Büscherl, Lavendel kauft's!" Die wohlriechende Blüthe ersetzt der Frau des kleinen Mannes das Wäschepar füm, sie garnirt damit ihren Wäsche- Bürstenverkäuferin. Echter Wiener Vollblut ist auch die Marktplätzen oder in den Markthallen Gemüse, Früchte und das Grünzeug für die Suppe feilbietet, und zumeist vererbt sich das Geschäft von Mutter stigen Borstadt Matzleinsdorf Fami lien, in denen seit hundert Jahren und darüber das Geschäft sich von Frau zu Frau vererbt. Das sind die Wiener „Damen der Halle", wenn auch diese Halle in einzelnen Fällen als Decke den blauen Himmel trägt. Das ist die be rühmte zungengeliiusige WienerStand lerin, von der es heißt, daß sie Nie mand an Schärfe des Ausdrucks in Wien zu übertreffen vermag. Allbe kannt ist die Geschichte aus der Con greßzeit. Im Jahre 1815 wollte Kai ser Alexander von Rußland einmal eine solche Standlerin in ihrer vollen Glorie hören und sehen. Kaiser Franz selbst führte seinen Gast zu einer Hökerin, die vor dem Burgthor saß, und als der Zar ihre Waare etwas zu theuer fand, begann die Frau den kni ckcrischcn Geizhals mit einer Fluth von bösen Reden zu überschütten und er klärte, daß nur „die da drinnen" die Schuld tragen, wenn alles so theuer sei. Dabei machte sie eine nicht miß zuverstehende Gebärde gegen die Hos- Lavendelfrau. Garns stammen und zumeist auch ihre Tracht beibehalten haben. Fast jeder Fleischhauer hat seine „Krowotin", die verkauft, ist keine Hausirerin im ei gentlichen Sinn des Wortes. Ihre Kundschaft besteht aus Stubenmädchen und Köchinnen, und sie hat wohl zu meist feste Kunden, die sie besucht und die ihr ein schlechtes und rechtes Aus kommen gewähren. das vormärzliche Wien gesungen hat. Das heutige Wien hat ja überhaupt nichts mehr zu thun mit dem alten, Erinnerung der neuen Generation lebt. Es giebt schon ein neues Lied, in dem der Wiener klagt: „Dieselben Gassen no. Dieselben Straßen no. Aber nimmermehr dieselben Leui'l" In der Gewerbeaus st el lung. A.: „Warum stehst Du denn stun- B : „Nein, ich bleibe hier! Das ist Wink. Onkel: „Meinem letzten Brief an Dich hatte ich einen Fünf - Markschein ben!" Jmmer Geschäftsmann. „Sie nehmen also die Worte, die Seltene Raritäten. A.: Beinen und zwei Köpfen und der lebt!" B.: „Das ist gar nichts! Ich kenne einen reichen Mann, der hat X-Beine auch!" AusderSchmiere. Direk tor (regissirt die Probe): „Himmelfap perment! Sie, Krause, wollen Sie Dein Vater mich aus dem Hause schmei ßen wollte?" „Ja, Hans, und als aus den Augen ließ?" „Und ich mir eine Kugel vor den Kopf schießen wollte?" „Ja, und meine Eltern glaubten, ich würde vor Verzweiflung Gift nehmen?" „Ach, das waren noch schöne Zeiten!" ?ulque. Das charakteristischste vegetabilische Product Mexicos ist Pulque. Nichts erregt die Aufmerksamkeit des Touri sten in höherem Grade als die großen die Maguey, eine Agavengattung, ihres Saftes wegen cultivirt. Hier ist die Magueyplantage eine vegetabilische tionalgetränk Mexicos, der Pulque, entfließt. Man findet hier Agaven- Pflanzungen von 80 bis IVO Acres vor. Die Cuitur der Pflanze verursacht dem linge der Mutterpflanze nur auf die Gelegenheit, ihre Kronen nach Entfer nung der letzteren der Sonne entgegen Gattung der Maguey erreicht eine Höhe von 8 bis 10 Fuß und eine Ausdeh nung von 10 bis 12 Fuß. Wenn voll ständig ausgewachsen, was, je nach der Bodenbeschassenheit, vom siebenten bis zum zwölften Jahre stattfindet, werden die sich bildenden Blätter immer klei ner, bis sie schließlich aufhören, hervvr- Pulquefammeln. ihm das Wachsthum gestattet. Aber der Pflanzer weiß seinen Vortheil zu wahren. Er cultivirt die Magueys nicht als Zierpflanzen und giebt nichts um ihre Blüthen. Sobald die erste Knospe des Blüthenschastes in der Formation begriffen ist, wird das Herz In dieser Höhlung sammelt?ch die dem Blüthenschast Nahrung zufüh rende Pflanzenmilch. Nun wird von einem Blattstiick der Pflanze die grüne Haut abgeschält, die Mitte aufgeschlitzt und so über eines der anderen Blätter gesteckt, als Zeichen für den Flachi schälten Blattes sehen, und der Flachi- einem langhalsigen, aus Kürbis hergestelltem Gefäß mit zwei Oeffnungen. Die kleinere Oeffnung Pulquekransport. Saft gefüllt hat. Dieser wird nun so fort in die Schweinshaui gefüllt, und so geht es fort, bis alle Pflanzen ent leert sind. Der Gesammtertrag einer Pflanze ist etwa 12V Gallonen und er streckt sich über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten. Während die ser Zeit muß der Saft täglich zwei bis dreimal gesammelt werden. Die Wunde wird durch eine fortgesetzte Entfernung der sich bildenden Haut aufgefrischt, damit der Saft ohne Hin derniß hervorquellen kann. Hört die Quelle endlich aus zu flie ßen, dann stirbt die Pflanze ab, das heißt sie vertrocknet. Die zolldicken Blätter werden nun entfernt und für Pulquewirthfchaft. heilt namentlich Magen- und Nieren- Das Getränt hält sich nach der Gäh verkaust werden. Die Eigenthümer der Pulquerias in der Stadt Mexico müssen die Fässer, in welchen sie Pul que aufbewahren, alle Morgen auslee ren das heißt die übriggebliebene Pul- que in die Gosse gießen und die Fässer mit heißem Wasser ausbrühen. Hier- Pulque gefüllt. Man kauft ein Glas für drei Cents. Es ist des Mexica rauschendes Getränk, bereitet. Trumpf. Mann: „Denke Dir, diesen Abend Wollte sich in meiner Kneipe Jemand erkannte ihn an den beiden Knöpfen, Verfchnappt. „Da hast Du Dir wieder einen so schlecht sitzenden Ueberzieher ange schafft!" „Ja, glaubst Du denn im Restau viel Geld geerbt?" E i n e R e s o NN e. Blitzableiter. Hause): „Ich Kit!' Dich, Karlinchen, Fortschritt. „Kocht Ihre kann man -hon ahnen was «5 sein Eine gute Wirthschaft. Wirthin: „Für 'n Herrn Bürgerma ster." Wirth: „No, da machts nix, der hat eh scho sechst!" Die Schauenburg An den Borbergen des Odenwaldes, die sich zum Rhein abslachen, entlang hin, welche schon zur Karolingerzeit von Frankfurt a. M. in's Neckarthal führte, Seitenstraßen nach den alten „Bergstraße" fiel ihr schon im Mittel lieferung sich im glanzvollen Schim mer der deutschen Heldensage verliert. Ueber dies Gelände zogen die Burgun- Ute und die Grabstätte Siegfried's. prächtigen Klosterkirche durch den Erz bischos Lull von Mainz bei. Ludwig der Deutsche wandte dem Stift seine seine letzte Ruhestätte. So gelangten die Aebte von Lorsch im frühen Mittel alter zu seltener Macht, in fürstlicher Stellung herrschten sie über einen gro mächtige Rivalen. 1231 erhielt Erz- Dossenheim. In den Stürmen des dreißigjähri gen Krieges, welche wiederholt llber^die losler Lorsch zu Grunde. 1803, als das Erzstist Mainz säkularisirt ward, siel dessen Besitz an der Berg straße Hessen-Darmstadt zu, was die Kurpsalz noch von dem Landstrich be saß, kam dagegen an Baden. Das sind in Kürze die historischen Erinnerungen, welche ein Besmh der vorhanden sind. Sie liegen über dem Dorf Dossenheim unweit Heidelberg auf einem südlichen Ausläufer des Oelbergs, dessen felsgekrönte Kuppe, der „Edelstein", zum Neckar und wei terhin zum Rhein grüßt. Der Ueber gang der altgermanischen Wallburg in die Feudalburg des 12. und 13 Jahr — Vereinfacht. Student A.: Student B.: „Hattest Du denn Fla schen?" Student A.: „Wozu, ich füllt!" " """"" Aas Eourmachen. gehörte Fürst Bismarck, der durch seine liebenswürdigen Eigen schaften und Umgangsformen dieFran- bezauberte, daß sie für ihn Die Erfinderin des Worters war keine andere als die Herzogin von Alba. Es war im Sommer des Jahres 1865, als Bismarck , damals preußischer Mini ster, zu Biarritz in seiner Urlaubszeit Erholung von den Mühsalen seines schweren Amtes suchte. Wenige Tage nach seiner Ankunft trüf auch Napoleon 111. mit seinem Hofe in dein südfran- und gäbe gebliebene Bezeichnung Cour- Mittelalters im Verkehr mit üblichen Umgangsformen getreulich der Welt fremd ist, selbst von den Ne chen 1662 unter dem Titel „Der deut ihrem Gatten rückgängig machen wollte, In voller Blüthe steht das Hofma chen heute unter der Bezeichnung Erker sind der begehrteste Platz der Mann, mit dem sie niemals geflirtet hat. Me Herkunft des Wortes leiten die Meisten von tlvari (schmeicheln) seine königliche Würde allen Damen gegenüber, grüßte selbst die Hofdamen zuerst,ohne deren Gruß erst abzuwarten. Das schwärmerische Courmachen pflegt man oft Sühholzraspeln zu nen nen, boshafterweifi! denn man ver glich es mit dem Holzraspeln der Ge fangenen und sah es als eine süße Strafarbeit an. machens mehr geleistet als ihre jungen Nebenbuhler, weil sie nicht mit Befan genheit der Schönen gegenübertreten und in der Kunst, über alles zu sprechen l durchs Leben gebildet sind. Don-Ca stillejo, ein 8V - jähriger Greis, trug über einige junge Cavaliere den Sieg ner schönen Gräfin bemühte. Der 75- jährige Lord Peterbor«ugh feierte am Hofe Georgs I. beim Courmachen die größten Triumphe, und Herr von Fran ceuil galt noch bei seinen 7V Jahren als der feurigste Courmacher, er blieb, schreibt, „schön, elegant, anmuthig, fröhlich, liebenswürdig, liebevoll und aalant bis zur Todesstunde."