Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 17, 1899, Page 2, Image 2

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    2 Die Zeit vergißt du nimmer, Herz:
Im Juni war's, die Rosen blühten,
Und tausend Kelche himmelwärts
ten.
den:
Wie Segen in der Luft es lag,
Es dufteten so süß die Linden.
Menge.
Am Waldweg, wo das Moos sich wob,
Es sank das seidene Blätterdach
Zur tzorsettfrage.
trotzdem dies«r Kampf schon ,so lang«
gekämpft wird, als das Corsett besteht,
ist der Erfolg doch fast gleich Null.
Das Corsett wird trotz seiner Unbe
quemlichkeiten, ja trotz der Qualen, di«
Gutes, Unersetzliches besitze, das «s so
der „Deutschen Med. Wochenschrist"
erörtert Dr. A. Schanz (Dresden)
«inig« G«sichtspunkte, die für den gu
stückes versteckt ist. Schlecht ist am
sich durch das Corsett die Last der
Wie wichtig das Corsett in dieser Be-
Hackung von den Schultern auf die
Hüften verlegt. Der Soldat vor SV
Jahren trug außer Tornister und
tafche, Brotbeutel, Feldflasche und
Schanz in d«n Frau«ng«slalten, die di«
Lukas-Cranach-Ausstellung, di« sich
gegenwärtig in Dr«sd«n befindet, vor
oll dem L«ibch«n, welches in der Höhe
der Mag«ngrub« endet, b«f«stigt. Durch
dies« hochliegend« Taill« ist v«rhind«rt,
daß di« Last d«r Röck« auch nur zum
Th«il auf di« Hüften v«rl«gt wird.
Wi« wirkte dies« Kl«idung, die d«r
Jdcalkleidung unserer Reform so nahe
kommt, auf ihr« Träg«rinn«n? W«r
di« R«d«n«art von d«r Entartung d«»
w«iblich«n G«schl«cht<s durch da« Cor
sett im Mund« führt, d«r wird üb«r
rascht s«in, nxnn «r die Eva-, di« Lu
««tiaackalten. vi« Göttinnen i««?
betrachte z. B. das bekannt« Bild Al-
Einfluß des Corfetts läßt sich auf dies«
Um die Möglichkeit eines Mißver-
Corsetts an sich auftreten will. Er
muß.
Was Baby kan«.
stellte er ein« List« auf, was Baby Al
ist sie: 1) Baby schrie ein« Biertel
brach «ine gläserne Vase, indem es sich
darauf setzte. S) Berschlang 6 Knöpfe
und die größere Hälfte einer Strähne
Garn. 6) Schüttet den Inhalt des
Nähkorbes in den Herd. 7) Versuchte
vom Pane«l mit herunter, daß si« zer
brachtn. 10) Z«rbrach zw«i Fenster
fch«ib«n mit einem Spazierstock, den
den Topf mit Eingemachtem gegeben
hatte. 14) Klimmte sich zwischen di«
B«in« eines Stuhles, die abgebrochen
konnte. 15) Schüttet« «in«n Topf Milch
16) Endlich, als «s f«in« Mutter kom-
st de Onkel überzeugt
Als si« lang« g«stritt«n hatt«n,
leicht. /
Z)er Douglas.
Er wollt« Heirathen: «r wußte nur
noch nicht genau, wen. Einmal, als wir
von einem Th?e - Abend bei meiner
Tante heimkehrten, sagte er: „Du,
Deine Cousine Ella, die wäre so eine
Frau für mich. Diese mädchenhafte
Anmuth! Dieses goldblonde Haar! Ich
schwärm« für goldblondes Haar. Und
wie wirthschaftlich sie ist! Hast Du ihre
selbstgemachten Kuchen gekostet? Ich
glaube, die könnte mich glücklich ma
chen." Ein anderes Mal, als er aus
dem literarischen Salon der Frau Lu
cinde kam, sagte er: „Du, diese Lucinde
ist wie geschaffen für mich. Dies« vol
lendete Weiblichkeit! Dieses herrliche,
rothe Haar! Ich schwärme für roth«s
Haar. Und wie begeistert sie für die
fchön«n Künste ist! Mit den bedeutend
sten Dichtern steht sie auf Du und Du.
Da ist nichts Kleinliches, nichts Spieß
bürgerliches: Alles an ihr hat einen
großen Zug. Ich glaube, mit der
könnte ich glücklich werden!"
Lucinde war die geschiedene Frau
«ines Malers. Böse Zungen behaup
teten, di« Röthe ihres Haares sei nicht
echt, und der Geist, mit dem sie glänze,
sei auch nicht echt; was sie zu sagen
Anderen aufgeschnappt. Allein, wür
den wohl die bedeutendsten Dichter sie
ihres Vertrauens gewürdigt haben,
wahrhaft bedeutend gewesen wäre?
Hätte er sich nur endgiltig für sie ent
schieden! Denn mir selbst flößte, ich
gestehe es, meine Cousine Ella ein Jn
teress« «in, das nxder in ihren selbstge
machten Kuchen, noch in dem zufälligen
Umstände unserer Verwandtschaft eine
Instinkt, der sie schon so ost auf die
Fährte des Genies geleitet hatte, spürte
Frau Lucinde heraus, daß es hier wie-
Abends, als sie in der dämmerigen Ni
sche des Längeren über Zweck und Ziel
dieses Daseins geplaudert hatten, senkte
sich ihr feucht schimmernder Kennerblick
tief in sein melancholisches Auge hin
ein, und sie sprach das erlösende Wort:
bisherige Lausbahn erinnern konnte.
Bürgerliches Gesetzbuch und Proceß
ordnung wanderten in eine stille Ka
buse, in die weder Sonne noch Mond
schien. Alsdann nahm er einen weißen
Bogen, kniff ihn und setzte einUrlaubs
gesuch an den Justizminister aus. Mit
seinem äußeren Menschen ging eine
«ingreifende Mmdlung vor. Die phi
liströse Gewohnheit, sich die Haar« kür
zen zu lassen, gab er auf. Es dauerte
denn auch nicht lange, so konnte seine
mit de/ Haaren wuchs die Poesi«.
Schon früher hatte erGedichte geschmie
det. Nunmehr betrieb er's systematisch,
nach den Regeln der Kunst. Er schaffte
sich eine deutsche Verslehre an, und
seitdem verging kein Tag, wo er nicht
eine Dichtung zu Papier brachte. Di«
würd« dann frisch vom Tintenfaß zur
Entdeckcrin getragen, und ich kann
sch«n dursten. Ich selbst verstehe ja
wie die verständnißvolle Lucinde mit
stolzem Blick und seligem Lächeln an
den Lippen ihres „Jüngsten" hing, dann
txch man ein liebenswerthes Geschöpf
sein kann, ohne das geringste Verständ
niß für di« Lyrik zu besitzen.
Unter seinen Gedichten war eines,
das sich mir mit besonderer Schärfe
eingeprägt hat. Es begann mit den
Worten:
Ich hab' es lange getragen und ich kann
Ich muß es Dir endlich sagen: ich liebe
Dich zu sehr.
Als er mir das vorlas, war ich hin
gerissen.
„Du," sagt« ich, „das ist was Kolos
sal««, diese Tragik in dem doppelten
„tragen"!. Dieses Qualvolle in dem
.Nicht wahr?" sprach «r. »Was
Ella gefallen?"
Ella? Aber Lucinde!"
„Ja die! Die lobt mich immer!"
„Um so besser!" erwiderte ich lebhaft.
..Kann ein Schaffender mehr verlan
„Nun?"
«in armer Schlucker wäre?"
„Ist das der Dank," donnerte ich,
„den man seiner Entdeckerin schuldig
'^N
anders. Darüber ließ sich reden.
„Weißt Du was?" sprach ich: „wenn
Dir an einem unbefangenen Urtheil ge
„Nun sprichst Du wieder von Ella!"
gar nicht auszudenken! Und nun saßen
wir zu Dritt in Ella's Boudoir. Mir
war, als befände ich mich am Grabe
tendes Gelächter aus, dessen Ursache ich
vergebens >zu sucht«. Mit
einer Stimme, die vor Erregung b«bte,
finster.
„Gewisse Ähnlichkeiten!" rief sie be
fallen. Ha g«
Lucinde: Lucinde, deren Verständniß
dafür bürgt«, daß sie nicht am Aeußer
lichen haften, sondern d«n poetischen
gestiegen. Mein Vertrauen zu der
sieghaften Kraft des vierfachen Ichs
war einigermaßen erschüttert worden^,
Mißerfolge lähmen.dieSchassenskraft:
ich hielt es für meine Menschenpflicht,
der Möglichkeit «ines zw«it«n Mißer
folges vorzubeugen. Schonend berei
vorlefen würde. Ich gebe zu, es war
hinterlistig. Indessen: ivas thut man
nicht aus Nächstenliebe?
trag' es nicht länger mehr:
Ich muß es Dir endlich sagen: ich liebe
Dich zu sehr
Lucinde unterbrach ihn mit Ahs und
mit Ohs, mit Worten der Begeisterung
und mit Seufzern der Verzückung, und
als er fertig war, da glänzten in ihren
Augen Thränen der Ergriffenheit, und
mit bewegter Stimme sprach sie: Ach,
hätten Si« doch das gemacht!
Da hätte man ih» sehen sollen! Eine
stolze Freude leuchtete in seinen Zügen
auf, und er rief: Ich Hab's gemacht!
Nun gab es kein Halten mehr: ihre
Kunstbegeisterung durchbrach die
Schranken philiströser Sitte. Die Ent
deckerin hing am Halse ihres Entdeck
ten und küßte ihn einmal über das an
dere.
Bei der Hochzeit war ich auch.
Wir sahen uns nur noch selten. Wie
das bisweilen so geht, wenn einer von
zweien heirathet: die Frau verdrängt
den Freund. Meine zeitweilige Ver
setzung in eine andere Stadt machte
dem Verkehr vollends ein Ende. Jahr
und Tag verging, ohne daß ich etwas
von ihm zu hören bekam. Eines
Abends, als ich rauchend durch die
Straßen ging, sprach mich Jemand »m
Feuer an. Der Schein der Cigarre fiel
auf mein Gesicht. Du bist's? sagte er
und ergriff meine Hand. Nun erkannte
ich ihn erst. Er hatte sich sehr verän
dert. Den Dichter hätte man ihm nicht
angesehen. Ihm fehlte das gewisse Et
was; die Haare trug er kurz; mit ei
nem Wort: er sah aus wie ein Alltags
mensch. Ich ahnte nichts Gutes, und
richtig: er bestätigte mir, daß er das
Dichten aufgegeben habe.
Ich protestirte. „Wer so schöne Ge
„Wie? Dieses herrliche Gedicht,
dem Du Dein Lebensglück verdankst..."
„Lebensglück!" Er lachte höhnisch.
„Du weißt wohl nicht, daß ich geschie
den bin."
„Geschieden? Du? Von Deiner
Frau?"
„Von wem denn sonst? O dieses
Weib! Hätte ich sie nur eher durch
schaut. Alles an ihr war eitel Heuche
lei. Ihr verständnißvolles Interesse —
Komödie und Verstellung. Sie ver-
Triebe."
„Was Du sagst. Aber ich verstehe
noch immer nicht...."
„Du verstehst nicht?" rief er wü
thend, „Du verstehst nicht? Glaubst
zur Ehescheidung."
„Kein Grund? Wenn die Dankbar
keit dieses neugebackenen Poeten keine
H h d
„Was für ein Gedicht?"
„Nun, Du weißt schon: Ich hab es
lange getragen."
„Nicht möglich. Damals, als ich's
ihr vorlas, hat sie mich doch ausge
lacht."
„Ja, damals. Jetzt lacht sie nicht
Er seufzte. »Ich hätte mich doch lie
wenn ich jetzt noch einmal mein Glück
versuchte?"
„Wie meinst Du das?"
„Das nicht, aber ich fürchte, ihr
ist der Elende?"
Muth dazu —, daß ich selbst der Elende
„Du?"
ich stecken blieb. Ich stotterte und stam-
Dir endlich sagen" siel sie mir ins
Wort, und bei „ich liebe Dich zu sehr"
siel ich ihr um den Hals. Siehst Du,
Arm und Kelch.
Bon I. G.
Tiefe Stille rings umher, nur das
leise Rauschen des Windes ist hörbar,
der über die weiten Felder streicht. Da
getnall und Musik die Stille. Schüsse
Mchaf?.^^
Trauung aus dem nahen Kirchdorfe
heim. Der Vater der Braut ist der
reichste Wirth des Dorfes und Josef
seit Tagen spricht im Dorfe Niemand
In hellgrünem Wollatlas, mit schwe
ren Ketten von bunten Glasperlen und
wundene Brautkrone im Haar, so
die Braut, hochroth im Gesicht, stolz
um sich blickend, im ersten Wagen und
neben ihr der Josef. Ueber der langen
rothen Weste trägt er den blauen Rock,
an der Brust prangt der Rosmarin
strauß.
Da ein Ruck, die Pferde stehen still,
spannt. Mit lachenden Gesichtern ste
hen Burschen da, erst muh der Braut
vater Lösegeld geben, dann darf der
d chd s Sch ' d
holprige Straße dahin, daß die Wagen
nur so fliegen und die Insassen sich
kaum halten können. So ist es recht,
so muß es sein! Kreischend halten sich
die Mädchen, die hohen Kronen aus
den Köpfen, fest, die langen, seidenen
Bänder, die ihre Halsketten zusammen
halten, flattern im Winde. Die Bur
schen haschen danach und so gibt es
Der Josef sieht etwas bedrückt
schlanke Gestalt der Anika vorüber?
Seufzend sieht er aus seine junge
Frau, schön ist diese nicht, in dem fei
erlichen Putz sogar noch häßlicher als
sonst.
Die Antka dagegen ist ein anderes
Mädchen, aber das Exempel einfach,
die Leocadia hat Geld, die Antka hat
würdige Propst von dem heiligen Sa
krament der Ehe sprach, hat ihn auf
einmal eine schwere Angst befallen.
men? Aber jetzt in dem Lärm und La
chen umher ist die Sorge schon halb
verflogen.
Dann sitzen sie alle in der dumpfen,
niedrigen Bauernstube und sprechen
tapfer den Speisen zu. Der Schwei
nebraten und Schüssel Pirogis, die ge
dörrten Pflaumen, das dampfende
Sauerkraut mit Bratwurst, alles ist
gut und reichlich und Schnaps und
Schweiß rinnt ihnen in Strömen von
der Stirn, die Mädchen in ihren schwe
ren Kronen, knappen Miedern und
Muttergottesbild, zu seinen Füßen
liegt ein junges Weib, die zitternden
umklammern den Rosenkranz,
sik zu ihr herüber.
Der Rosenkranz entsinkt ihren Fin
gern, sie lauscht mit vorgebeugtem Kör-
Muttergottesbilde, das so still, so
schaut"
t d' W ' d
armen Antka.
Mdderner Ritterschlag.
Bei dem Leib-Kürassier-Regiment
Großer Kurfürst (Schlesisches) No. 1
König!" .Den Zweiten für die edele
Reiterei". —„Den Dritten für Frauen
ehre und fortan leinen mehr!" So
dann reicht der älteste Lieutenant jedem
zum Ritter Geschlagenen die Rechte
und der älteste der Aufgenommenen er
des ältesten Reiter-Regiments der
zum Ritter Geschlagenen sich stets die
große Kürassterdegen, mit dem der
Ritterschlag ausgeführt wird, wurde
anläßlich des 20vjährigen Regiments
jubiläums, bei welchem der damalige
Kronprinz seinen Vater vertrat, von
den Töchtern der Familie des Frhn.
v. Ziegler und Klipphausen dem Re
giment? eigens für diesen Ritterschlag
überreicht.
lassen sollte. „Welcher Art sind feine
ging in das Zimmer seines Sohnes
und legte dort aus den Tisch eine Bi
bel, eine Flasche Whisky und ein na
gelneues Goldstück. Dann versteckte er
sich, um zu beobachten, indem er zu sich
selbst sprach: „Wenn mein Junge das
Goldstück nimmt, so soll er ein Ge
schäftsmann werden; greift er zur Bi
bel, dann wird er ein Prediger; nimmt
er aber die Flasche mit Whisky, dann
ist er unrettbar dem Trünke verfallen
pfeifend in's Zimmer, steckte das Gold
stück in die Tasche, nahm das Buch un
ter den Arm, entkorkte die Flasche
Whisky, trank zwei Gläschen davon
und ging, sich die Lippen ableckend,
schrie der Alte voll Entzücken, „der
Junge wird ein Politiker!"
Mutt«rundTocht«r. Die
Wittwe: „Warum weinst Du, Cla
rissa?" Deren Tochter: „Heute hat
Herr voü Schlieferl um meine Hand
einiger Zeit angehalten, aber di« hat
mir einen Korb aeaeben."