Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 06, 1899, Page 6, Image 6

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    6 Ale Affäre Areyfus.
bin, wie es die Welt wohl noch nie zu
vor erlebt hat, die Affäre Dreyfus,
welche die französisch« Republik wieder
holt in schioere Krisen zu verwickeln
ten Welt ungeheures Aufsehen erregte,
naht sich dem Ende. Vor dem Kriegs
gericht in Reimes wird sich der Schluß
wird, erscheint es wohl am Platze, in
Im Jahr« 1893 war bemerkt wor
den, daß aus d«n Archiven des Gene-
September 1394 wurde d«m Oberst
lieutenant Henry von einem Agenten
Capt. Dreyfus.
deutsch« Militärattache sein konnte.
Capt. Dr«yfus war im Jahr« 1824
Verdacht der Thäterschaft mit Bezug
den beobachtet worden war. Am 13.
October 1894 wurde Dreyfus verhaf
tet. Als Untersuchungsrichter wurde
du Path de Clam bestellt. Dieser
Major Graf Walsi n-E sterhazy.
schuldig sei. Am 19. December 1894
trat das Kriegsgericht von sieben Offi
cieren zusammen. Die Anklageschrift,
deren Verfasser Gras d'Ormescheoill«
war, stützte die Anschuldigung aus ein
angeblich lockeres Leben des Ängeklag
lockeren Lebensführung ist dunh das
Leumundszeugniß des Polizripräfec
ten Lupine widerlegt worden, ebenso
«inmal im Elsaß geivescn ist und zwar
nach dem Tode seines Vaters. Geld
bedürftigkeit war bei ihm ebenfalls
klagt« noch d«ss«n Verth«idig«r K«nnt-"
niß «rhi«lt. Unttr dem Eindruck« di«-
auf „Schuldig". Dreyfus würd« zur
Oberst Henry.
4. Januar 1895 würd« «r degradirt.
Während er fortgesetzt schrie: „Ich bin
unschuldig! Es leb« Frankr«ich!"
würd« ihm di« Uniform vom Leib« ge
rissen. Kurz« Z«it daraus würd« «r
nach der Teufelsins«! kxsördert.
Etwas über «in Jahr hatte d«r Ver-
Sein Verdacht lenkte sich auf Ester
war. Di« Absicht di«s«s B«s«hls ist
Generalstabes am 14. September 1896
„Dreyfus" ausgeschrieben würd«. Am
10. November desselben Jahres gab der
„Matin" das Bordereau im Facsimil«
den des DreysuS zum rrsten Mal direk
tes Angriffsmaterial darbot. Der
Schriftsteller Bernard Lazare suchte
nun die Unschuld Dr«ysus' zu bewei
sen, vorläufig jedoch ohne Erfolg. Die
letzte und wichtigste Phase der Drey
fuswirren wurde im Herbst 1897 «in-
Kestner der Sache annahm. D«s Ver
urtheilten Bruder, Mathieu Dreyfus.
zeigte am 16. November dem Gerichte
an, daß das Bordereau in Wahrheit
von Esterhazy herrühre. Esterhazy
wurde vor ein Kriegsgericht gestellt,
llageschrist durch Zola,
PatyduClam.
di« d«n Stein in's Rollen brachte. Zola
wurde zwar zu ein«m Jahre Gefäng
niß und 3000 Francs Geldstrafe ver
urtheilt, die erregt« Erörterung, di«
ab«r gerade deswegen fortgesetzt wurde,
hatte jedoch zur Folg«, daß d«r im Ca
binet Brisson vom 29. Juni v. Js. zum
Kritgsminist«r «rnannte Deputirte
Cavaignac sich berufen fühlte, als Ret-
Juli brachte er die Hauptbeweisstllcke
für die Schuld Dreyfus' zum öffent
lichen Vortrag. Darunter waren die
Schriftstück« mit der Wendung „Diese
Canaille von D."< sowie «in angebli
ches Schreib«» eines Militärattaches,
welches in unmöglicher französischer
fus" vollständig ausgeschrieben ent
hielt. Die Cammer stand so sehr un
ter dem überzeugenden Eindruck dieser
Anschlag der R«d« Cavaignac's be
schloß. Die Dreyfusfeinde hatten noch
«in«n Sieg erfochten, aber es sollte ihr
letzter sein. Sieben Wochen später war
Oberst Henry als Fälscher jenes als
„durchschlagend" hingestellten Schrift
stücks (Schreiben eines Militärat
taches) «ntlarvt, wurde verhaftet und
daß sie das Cabinet Brisson war
in Folge des Theatercoups des Kriegs
ministers Chanoine gestürzt und an
seine Stelle das Cabinet Dupuy ge
treten beschloß, die Dreyfus-Ange
legenheit dem Cassationshof zu unter
garo" beweisen, die überraschendsten
Ober st.-L ieut. Picquart.
Betracht. Nun ist heute feststehend,
daß Dreyfus nicht Verfasser dieses
Bordereaus sein kann. Der Schluß
welch« im September stattfinden.
des Generalstabschefs Boisdeffre vom
17. Mai 1894 die zum Generalstab«
GeneralD«Boisdeffie.
„Geheimnisse" im August 1894 längst
fest, daß das Schriftstück mit den An
fangsworten „Diese Canaille von D."
sich nicht aus Dreyfus, sondern auf
einen gewissen Dubois bezog. Die ge
gen Dreyfus ausgespielte chifsrirte De
pesche des italienischen Militärattaches
Panizzardi ist zu Ungunsten Dreyfus'
gefälscht worden, W^hr-
Worte eines Geständnisses Erwähnung
thut. In dem Maße, wie Dreyfus
durch das in dieOeffentlichkeit gedrun
lenkte sich der Verdacht der Thäter-
wohl nicht überraschen. Dreyfus selbst
wurde nach Frankreich zurückgebracht
und vor dem Kriegsgericht wird ihm
voll« Gelegenheit geboten werden, den
Nachweis seiner Unschuld zu führen.
R. P- Bland.
Im Alt«r von beinahe 64 Jahren ist
storbene, welcher am 19. August 1835
sich im Jahre 1869 in Lebanon als
Silberpartei «ine Rolle gespielt. Es
R. P. Bland.
wie die Bland - Allison - Acte und di«
demokratischen Nationalconvent von
Chicago im Jahre 189 L stand er eine
Z«it lang als wahrscheinlich«!: Präsi
des Interesses, bis ihm Bryan den
Der Steffelbauer kommt zum No
tar, der ihm ein Schriftstück zum Un
terzeichnenvorlegt. Als derSteffelbauer
bemerkt, daß «r nicht schreiben könne,
fordert ihn der Notar auf, das übliche
112 zu machen, was er willig thut!. . .
„Jetzt machen Sie noch ein 112!" bemerkt
der Notar So!. . . Und jetzt noch
ein's!"
Steffelbauer: „Ja monat's Ees
denn, i' mal' Enk an' ganz'n Gottes
acka hin?!"
Egoistischer Wunsch.
Großtante (jammernd): „...Was
thu' ich noch auf dieser Welt; keinem
Menschen kann man mehr 'was nützen,
wenn man so alt ist!"
Nesse (Antiquitätenhändler): „Al
lerdings! .. Schade, daß Du nicht «'
Schrank bist!"
Herausgeplatzt. „Meine
Frau ist im Bade gestorben." Pan
toffelheld: „Wie heißt der wunderthä
tige Kurort?" S d' s
„Hast Du Deinem Alten ordentlich
eingeheizt?" Bummel: „Und ob!
500 Mark hat er geschwitzt!"
Merkwürdig. „Merkwür
dig, daß es den Frauen immer so
schwer sällt, ihre Tasche zu finden."
„„Jawohl um so merkwürdiger, als
sie die ihres Gatten immer so leicht fin
den.""
Sängers Häuslichkeit.
Der Tenorist: Siehst Du, Schatz,
wenn ich unserem Baby etwas vorsinge,
schweigt es. Die Mutter: Ach ja.
eigentlich?" Sie: „Wie Du nur fra
gen kannst! Natürlich für Dich!"
Er: „So. nu werde ich Dir ein ein
faches Wollkleid taufen! In einem
solchem gefällst Du mir am besten!"
Leichte Verwechslung.
Pfarrer: „Aber. Frau Meier, wer
flucht denn so fürchterlich bei Ihnen
das ist wirklich nimmer schön?!"
Frau Meier: „Dös is mei Mann! Der
flucht awer nit er iS nämlich uf der
l im Ausrufe!"' '
ZZurg Janis.
von Thüringen, andertbalb Stunden
von der Stadt Pößneck entfernt, Burg
Ranis, eine der schönsten Burgen in
deutschen Landen und doch nur wenig
bekannt. Die Bauart des Ganzen ist
frühgothisch.doch muthen die verwitter-
Burg aus das Zeitalter Karl's des
gen der Sorben eine Feste zu sein.
Zur Zeit der Ottonen war Ranis
wahrscheinlich eine Pfalz deutscher
Kaiser, die es oftmals von Saalfeld
aus besuchten, um in den wildreichen
zuliegen. 1139 wurde es nebst Saal
feld und einem Gebiet im Orlagau
von Kaiser Philipp von Schwaben dem
Landgrafen Hermann I. von Thürin-
Westseitederßurg.
zu den Hohenstaufen übertrat. Als
der Landgraf aber den Hohenstaufen
die Treue brach, überzog ihn Philipp
in seinen Besitz. Beim Tode Philipps
siel es Kaiser Otto IV., der 1209 Ra
ther und Heinrich von Schwarzburg
für 1000 Thaler verpfändete. Kaiser
Friedlich 11. belehnte sie später mit der
bürg blieb. Um 1430 kam Ranis
durch Kauf an das Haus der Wettiner.
Im Jahre 1445, bei der Altenburger
Theilung, fiel Thüringen an Herzog
Wilhelm, der seinen Sitz auf Ranis
nahm. 1446 feierte Wilhelm in Jena
seine Hochzeit mit Anna, der ältesten
Tochter Kaiser Albrechts 11., doch
Herzog Wilhelm entbrannte in heißer
Leidenschaft für die schöne Katharina
von Brandenstein, verstieß seine Be
thete nach ihrem Tode die „schöne
Wahrzeichen der Gerichts
barkeit.
Käthe." Burg Ranis schenkte er sei
nem Schwager Heinrich von Branden
stein. In Glanz und Fülle lebten nun
hier die Brandensteiner, doch ihre Ver
schwendung zwang sie 1571, Ranis
sammt Brandenstein an den Ritter
Melchior von Breitenbauch zu verkau
fen. Mit ihm nahm das alte Adelsge
schlecht, bisher in Thüringen, im Vogt
lande und in der Gegend von Meißen
seßhaft, Besitz von der Burg, und bis
auf den heutigen Tag ist sie dessen Ei
genthum geblieben.
Eine unterirdische Verbindung mit
Schloß Brandenstein soll die sagenum
wobene Jlsenhöhle gewesen sein, und
wenn auch diese Angabe durch kein
historisches Zeugniß bekräftigt ist, so
ist es doch Thatsache, daß man in die
ser Höhle -in gutes Stück vordringen
kann, tief unter den Schloßkörper;
bald verengt, bald erweitert sich der
theilweise arg verfallene Gang, und
endlich versperren zerborstene Felsstücke
den Weg derartig, daß ein weiteres
Vordringen unmöglich wird.
Den übersichtlichstkn Anblick gewährt
angeklebte Mauerstücke und einge
baute neuere Fenster die Einheit des
Stils theilweise zerstört haben. Süd
lich liegt ein alter Friedhof vor den
Augen des Beschauers; stolz ragt die
alte Burg von hier aus in die Höhe.
Der große Park mit seinen verfallenen
Mauern und Ruinen, mit seinen wil
den Buchen- und Nadelbäumen, den
alten Terrassen und Steinsitzbänken
verleibt der Burg den Schimmer poeti
scher Romantik.
Boshaft. Dichter: „Rath
mir, lieber Freund, wie bring' ich wohl
am besten den Held meines Dramas
um?" Freund: „Lies es ihm vor!"
Wörtlich genommen.
Schulinspektor: Nun, wer kann mir
aus dem Leben Schiller's noch etwas
erzählen? Ein Schüler: Schiller
hatte keine Füße. Schulinspcktor:
Wer hat Dir denn das gesagt? Schü
ler: In unserem Lesebuch steht:
„Schiller lag inWeimar in einem Bette
»hne Füße."
IFret nach Go-'he.»
Das Unbeschreibliche
Hier ist's gethan!
Das Ewig - Weibliche
Arzt (Pillen verschreibend): „Wenn
Ihnen die Pillen so zu bitter sind, so
Viel verlangt.
„Und wie wollen Frau Kommerziell
rath denn gemalt sein?"
größe!"
„Sie sollten bei Ihrem Leiden kein
Bier trinken, mein Lieber; aber ich
fürchte, daß Sie nicht die nöthigeEner
gie zu dieser Enthaltsamkeit besitzen!"
„Ich keine Energie dazu, Herr
Doctor?!... Wett'n mer um a' Faßl!"
Großer Effekt.
Maler: „Ich möchte Si« am liebsten
im Profil malen, Herr von Vlüteles."
v. Vlüteles: „Will ich Ihnen ra
then zu etwas noch Effektvollerem
malen Se mich im Profit!"
Ehrlich.
Ich muß!'
Der Pantoffelheld.
Frau Reiferl: Sind Sie denn auch
glücklich mit Ihrem Mann? Frau
Kneiferl: Selbstverständlich. Der
soll's'mal Probiren, daß er nicht glück-
««njNurm.
Ter S?urm weht Blüth' um Blüthe
Herab vom Baum.
Wie osi, wie oft erglühte
Mein Herz im Traum!
Mädchen auf den nordfriesischen In
seln Wyk, Föhr, Anirum und Sylt.
Auf Sylt gehen die Burschen Abends
in die Häuser, wo heirathsfähige
Töchter sind; j>:der erhält eine Pfeife
Tabak. Unter Spiel und Plaudern
gehen die Stunden hin. Will ein „jun
waltsain und fahren ihn auf einer
Mistkarre durch das Dorf. Zum
Schluß erhält er Prügel. Die eigent
ten. Bei jedem Schuß tritt das Braut
paar vor di« Thür, der Bursche reicht
Wein, die Braut Backwerk herum. Auf
Föhr gibt der Bräutigam der Braut
wird dasJawort aber erst bei der zehn
ten Werbung ertheilt. Frcit ein Insel
bewohner ein Halligmädchen, so schlep-
Bier löst. Ist der Bräutigam Capitän,
Aeltliche Kokette: „Nun, Herr Max,
fallen!"
Verkannte Noblesse.