Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 08, 1898, Page 6, Image 6

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    6 Auf der Heufelsinsel.
Nachdem jetzt seit Jahr und Tag
'nur von dem Sträfling auf der Teu
felsinsel die Rede gewesen, ist es zwei
felsohne von großem Interesse, neue
Wohl und Wehe zu erhalten. Die Le
gende, die sich um den Ex-Capiiän
Dreyfus gebildet, stellt ihn gemeinig
lich dar als eine« tief gebeugten,
Verzweiflung das Haar und den Bart
-gebleicht. Der Sonderberichterstatter
des „Maiin" nun, Jean Heß, der
Cayenne und die Strafinseln besuchte,
hat diese Legende zerstört. Dreyfus
verzweifelt .aber weder seinem
kann. Anfangs zwar war er verschie
dene Male krank; 1896 machte ihm
seine Leber zu schaffen, und in den bei
den folgenden Jahren litt er in em
pfindlicher Weise an der Dysenterie.
Aber die ihn damals gesehen, beschrei
ben ihn keineswegs als den verwahr
losten Unglücklichen, wie er in franzö
sischen Blättern geschildert ward; sein
Bart war sorgfältig gepflegt, sein An
zug reinlich und nicht ohne eine gewisse
Zierlichkeit, wie der blaue Brusteinsatz
seines Hemdes bezeugte. Und wenn
Capt. Dreyfus.
(Nach der Degradation.)
nöch in dem sogenannten Ziegenstalle
an der Slldspitze der Insel und er
freute sich einer verhältnißmäßig gro
ßen Freiheit der Bewegung. Die vier
Wächter, die ihm beigegeben waren,
seinem besonderen Ordonnanzburschen
stand er auf bestem Fuße; kamen die-
bei seiner mageren Kost die
trat, versteht sich wohl von selbst. Aber
muth! er sagte sich, daß da drüben
doch etwas Ungewöhnliches vorgehen
-müsse, das ihm zustatten käme; sonst
Dreyfus'Hütte.
architektonischen Ausrechnungen be
schäftigt; er plante große Paläste, un
geheure Gebäude; und wenn er dann
beim Rauchen seiner Pfeife zu einem
Abschlüsse gekommen, entfiel seinen
Lippen beständig der eine Ausdruck:
.Das tann nicht lange mehr dauern."
Aus diesen Ausdruck beschränkte sich
überhaupt seine Rede. Als jüngst der
Äcfängnißdirektor Dassel nach Europa
abreiste, wollte er sich vorher noch einen
Blick auf seinen Sträfling gestatten,
um feineß Vorhandenseins ganz sicher
zu sein. Er begab sich daher nach der
Hütte, trat durch den äußeren Ver
schlag ein und rief Dreyfus zu: „Drey
fus, ich bin der Statthalter von Gu
yana; ich wollte Sie vor meiner Ab
reise nach Frankreich sehen. Haben
Sie mir irgend eine Beschwerde vor-
zutragen?" Dreyfus aber begnügte
sich damit, den Statthalter mit einem
Blicke zu messen, und schwieg. Im
Anfange hatte die Strafverwaltung
ihm das Lesen wirthschaftlicher und
literarischer Veröffentlichungen gestat
tet, bis man eines Tages Verdacht
schöpfte, es könne sich darin etwas
finden, waS durch die Stellung der
Worte für den Eingekerkerten einen
besonderen Sinn enthalten könne;
darob wurde dann die Erlaubniß zu
rückgenommen. Aus demselben Grunde
ließ man die Briefe seiner Frau erst
durch einen besonderen Sachverständi
gen insofern verändern und umschrei
ben, als man die Wortfolge umstellte
und einzelne Worte sogar durch
Synonyme ersetzte, ohne natürlich den
Ein Brief aus Frankreich.
Sinn anzutasten. Selbstverständlich
hatten die Aerzte von der benachbarten
Insel stets, wenn es nöthig war, Zu
tritt zu ihm. Sie befürchteten das
Schlimmste, als er von der Ziegenhütte
nach seiner gegenwärtigen Wohnstätte
gebracht ward, und lehnten daher an
gesichts seiner alten Leberkrankheit und
seiner Blutarmuth jede Verantwor
tung für seine Gesundung ab. Darob
entspann sich dann zwischen Guyana
und Paris ein lebhafter Depeschen
„Was ist zu thun?" Und von Paris
kam die Antwort: „Falls er stirbt, soll
langten vonFrankrcich allerhand Flüs
sigkeiten, Salze, Gewürze und Instru
mente zum Einbalsamiren an; dazu
seitens des damaligen Colonieenmini
sters Lebon die Aufklärung: „Wenn
Dreyfus stürbe und er würde gleich
den übrigen Galeerensträflingen in's
Meer den Haifischen zum Fraße ge
worfen, so gäbe es trotz aller beglau
bigten Berichte immer noch Ungläu
bige, die an seinem Tode zweifelten
und uns anklagten, wir hätten ihn
entwischen lassen. Also balsamirt ihn
nach seinem Tode ein und schickt seine
Beim Briefschreiben.
Die Verschärfung seiner Haft ward
im Jahre 1897 durch die Gerüchte von
seiner Entweichung herbeigeführt. Es
hieß damals in englischen und ameri
kanischen Blättern, daß er auf Rech
nung Deutschlands von der Teufels
chenhafte. In einer dunkeln Nacht,
als das Meer hoch ging, bestieg Berig
non, ohne irgend Jemand zu benach
er aus und langte thatsächlich bei der
Hütte an. Der Wächter erblickte ihn
erst, als es im Ernstfalle zu spät ge
worden wäre. Diesen ersten Versuch
den Colonialminister Lebon, und die
ser, der es sich nicht später vorwerfen
lassen wollte, er sei ein pflichtvergesse
ner Kerkermeister gewesen, sann auf
in Verbindung zu treten. Deniel
pflegte seinen Auftrag mit dem Namen
eines hohen nationalen Vertrauens
gefährten ließ er durchblicken, daß er
Wahrscheinlich kam er sich vor wie der
Kellermeister, der zur Zeit auf der Jle
Ste. Marguerite den Mann mit der
eisernen MaSke zu überwachen hatt^.
dersprach dem Buchstaben des Straf-
urtheilS; auch legten der Statthalter
und der Director der Strafverwaltung
dagegen Einspruch ein; eS kam darauf
zu allerhand Mittheilungen nach Pa
ris; aber der Colonialminister Lebon
entschied, daß, wenn Deniel die Fesse
lung Dreyfus' für nothwendig erachte,
dies statthaft sei; er deckte ihn also mit
seiner Autorität. Zwei Monate lang
mußte DreyfuS infolge dessen an der
Holzpritsche angeheftet liegen; schließ
lich aber, angesichts neuer Vorstellun
gen, war Lebon genöthigt, den Befehl
zu erlassen, es möchten dem Sträfling
die Fußfesseln erspart werden. Es
war, wie der Berichterstatter des „Ma
tin," Jean Heß, erfuhr, eine äußerst
grausame Maßregel; denn, wie es
scheint, ging durch die Fesseln hindurch
eine Stange, die mit einem Vorhänge
schloß gesichert war. Wie Dreyfus
sich in diese Foltermaßregel fügte, ist
nicht bekannt. Deniel selbst gerieth
darüber in die höchste Unruhe; es lag
ihm eben jetzt ob, an Stelle der Fuß
sesseln eine neue Beaufsichtigung ein
treten zu lassen, die ihn gegen jede
Ueberraschung schützte. Sein Leben
ward darob zu einer Hölle. Er mochte
sich zwar sagen, daß die Einrichtung
des neuen Beischlages jede Flucht aus
schließen mußte. Der Verschlag war
so eingerichtet, daß der wachhabende
Wärter, der regelmäßig abgelöst
wurde, den Gefangenen durch die Git
terthllre beständig im Auge behielt.
Der Wärter wurde ferner von seinem
Genossen in den äußern Verschlag ein
geschlossen, und zwar von einem drit
ten, der den Schlüssel bei sich behielt.
Es hätte also des Einverständnisses
aller Wächter bedurft, ehe an eine Ent
weichung zu denken gewesen wäre.
Aber damit konnte sich der nervöse
Wohnung der Wächter.
Deniel nicht zufrieden geben; er schuf
die gesammten Inseln zu einem Ge
fängniß um, dessen Insassen auf sechs
Monate jedesmal eingesponnen waren;
Niemand durfte, mit Ausnahme des
Statthalters, des Direktors und des
Generalprocurators, die Inseln besu
chen oder sie verlassen. Also Aerzte,
Beamte, Wächter, Soldaten, Kranken
schwester, alle hatten dort sechs Mo
nate bis zur nächsten Ablösung auszu
halten. Alle Briefe, mochten sie an
kommen oder von dort abgehen, unter
lagen einer scharfen Durchsicht; und
Deniel sorgte persönlich dafür, daß die
Vorschriften buchstäblich erfüllt wur
den. Nicht einmal die unschuldigsten
Scherze gestattete er. Als einst ein
Verwaliungsschreiber seinem Collegen
auf der Nachbar - Insel telephonirte:
„Dreyfus sendet dir seine besten Wün
sche für das neue Jahr", traf es sich,
daß gerade Deniel am Hörrohre saß;
sofort ertheilte er dem Possenreißer
eine vierzehntägige Strafhaft. Er
selbst schien kaum mehr zu schlafen.
Auf seinem Zimmer hatte er sich eine
Art Warte geschaffen, von wo aus er
die Hütte beobachtete; zu Häupten sei
nes Bettes befand sich eine telephonische
Leitung, die es ihm ermöglichte, in
jedem Augenblicke die Wachthabenden
anzurufen; und er that dies bei jeder
Gelegenheit, auf jede noch so unbedeu
tende Veranlassung hin. Einst war
die Leitung durch atmosphärische Ein
flüsse unterbrochen; Deniel erhielt auf
seine Anfrage keine Antwort. Darob
fuhr ihm der Schrecken in die Glieder;
er zog sich schleunigst an, stürzte nach
der Landungsbrücke und fuhr nach der
Teufelsinsel hinüber, unruhig, krank,
fast wahnsinnig, bis er sich mit eigenen
Augen überzeugte, daß Dreyfus noch
da war. Diese plötzlichen Angstbe
suche bildeten übrigens für üie einsa
men Bewohner der Insel die einzige
Abwechslung in ihrem eintönigen Da
sein.
Das tägliche Leben des Gefangenen
vollzog sich in der regelmäßigsten
Weise. Um sechs Uhr, wenn der
Wächter das nach dem Hose führende
Gitter öffnete, spazierte Dreyfus hin
aus, um Luft zu schöpfen und den
Himmel zu betrachten. Um 1V Uhr
lehrte er zurück, nahm sein Frühstück
ein und ging dann bis 5 Uhr wieder in
den unbedeckten Hof zurück; dann ward
er wieder bis zum nächsten Morgen
Bettlerhumor. Bettler:
ick will mir ooch 'n Pferd koofen."
Herr: „W a as, Sie wollen sich
ein Pferd laufen?" Bettler, „Ja,
—ln der Gesellschaft.
Oberst (aus den Kriegsjahren erzäh
lend): „Sind Ihnen auch schon mal
die blauen Bohnen um die Ohren ge
flogen?" Schauspieler: „Bohnen
noch nicht aber sonstige Früchte!"
Daher! „Als ich meiner
Braut den Antrag machte, tonnte sie
kein Wort erwidern." lhr
Herz war wohl zu voll?" „Nein,
ihr Mund. Wir saßen gerade bei
Tisch."
Beim Untersuchungs
richter. Richter» (zum Zeugen, der
während des Verhörs den Hut auf
setzt): „Nehmen S' doch den Hut ab!"
Ungar: „Dank' schön, mich genirt
er nicht." Richter (streng): „Aber
mich genirt es." Ungar: „Ihnen ge
nirt es? Aber Herr Richter, wir tann
das Ihnen geniren, Hut ist doch auf
inain Kops!"
Dlc „Tormltlo".
ist für die katholische Welt das bedeu
seitens des Sultans an Wilhelm 11.
das Coenaculum selbst nur mehr den
Platz bezeichnet, wo Christus das hei-
Haus der hl. Maria,
lige Abendmahl hielt, so weist auch die
„äormitio" der Gottesmutter nur den
Platz an, wo die Mutter Jesu ihren
Wohnsitz aufgeschlagen und ihre Tage
beschlossen hat. Zur Zeit der heiligen
Helena stand auf dem Platze die „Apo
stelkirche", die zur Zeit der Kreuzfahrer
„Marienkirche" genannt wurde. Auf
der nunmehr dem Verein vom Heiligen
Lande geschenkten Stätte wird sich
wohl noch mancher Stein befinden, des
sen Alter in die Zeit des ersten Chri
stenthums hineinreicht, und der an der
selben Stätte wiederum für die katho-
JmHeirathsbüreau.
„. .Das Mste Jahr habe ich bereits
zurückgelegt!"
»ückgelegt haben, dann muß ich bedau
ern!"
Auch ein „Gnädiger".
Die Gnädige: „Warum wollen Sie
eigentlich Ihre Stelle bei uns so plötz
lich ausgeben?"
Lakai (dem eine größere Erbschaft
zugefallen): „Ich bin jetzt selbst gnädig
Bereitwillig.
Chef: „Sie gefallen mir soweit ganz
gut aber ich ziehe doch einen verhei
ratheten Mann für den Posten vor!"
Commis: „Na, dazu kann Rath wer
den haben Sie nicht eine Tochter?"
Größte Höflichkeit.
Erster Geschäftsreisender: „Es gibt
auch höfliche Chefs, ich habe einen ken
nen gelernt, der begleitete jeden Rei
fenden bis an die Thür." Zweiter
Geschäftsreisender: „O. ich kannte so
gar einen Principal, der ließ sich aus
Höflichkeit stets mit 'rauswerfen!"
Brnablc's Nnicqcle.
Da» ketknlose Fahrrad hat nicht,
wie sein Erfinder erwartete, die Fahr
lenkt, denn man sieht verhältnißmäßig
nur sehr wenige Maschinen dieser Art
im praktischen Gebrauch. Nun kommt
der Erfinder Vernon D. Venable aus
Farmville, Va., mit einem „Unicycle",
von welchem er sich eine vollständige
Revolutionirung deS Radsports ver
spricht. Diese Maschine hat, wie ihr
Name besagt, nur ein Rad, das keine
bewegen sich auf einander. Wie aus
der ersten Illustration ersichtlich ist/ist
der Kranz aus den Theilen l> und k
Radkränzen ist 15 stationär und I» be
weglich; letzterer ist mit Stiften. 0,
Seitenansicht des „Uni
cycle".
Seite vorstehen. Mittels der Pedale
Welle ist mit dem Sattelpfosten durch
Auf der Fahrt.
erleichtert wird. Das Lenken
„Unicycle" geschieht durch Neigen des
Körpers nach der Seite. Ob Venable's
„Unicycle" sich in der Praxis bewähren
Rentabel.
„Welcher?" ' D
—Guierßat h s ch l a g. Col
soll?" Köchin: „Ich soll ein Tränk-
Dic Fischerhude.
Einst.
Die Föhren schauen finster
Hernieder in den See.
Rings Dorn, Gestrüpp und Ginster,
Versteck für Fuchs und Reh.
Die Sommerfäden schweben
Am Fischerhaus entlang.
D'rin geht das bißchen Leben
Eintönig seinen Gang.
Einst sprach der Sohn bei Tische:
„Die Scholle ist zu klein.
Der See und seine Fische,
Sie bringen uns nichts ein!
Laß' mich die Welt durchmessen
Da draußen wohnt das Glück;
Dann hab' ich satt zu essen
Und kehre reich zurück!"
'KI. ' d'H^''lsßl"
Der Ahn' hielt Mittagsrast,
Die Netze hat geflickt,
Bezieht "der Enkel jährlich
Mark 60,000 Pacht.
Zuviel Suppe.
„Bitt' gar schön, Jungfer Köchin,—
„Aber schau', Alte, vor Mitternacht
Comment.
„Dumme Jungeni!''
Studenten: „Aber was erlauben Si.
sich; was fällt Ihnen eigentlich ein?'
Girgl: „Gelts i woaß, was sich g'.
hört! Raffa möcht !!"
Stille Wohlthäter lassen sich
verhau'n wir mal den Kerl da!"
„Weshalb denn?" „Der fabrizirt
nämlich diebessichere Geldschränke."
blieb aus dem kleinsten Vorsprung der
Dorfhütten haften, daß alles aussah
wie candirt. In der kleinen Extrastubi
Herren der Jagdgesellschaft hinter
den Inhalt des Gesprächs bestimmte.
schen Jagdgeschichte, in der es von
skalpirten Irokesen, getödteten Büf
feln, gemarterten Weibern, gespießten
zählens werth ist. Es dürfte Ihnen
Wechsel besichtigen zu lassen. Ich war
tete ruhig drei Stunden auf seine
Rückkehr, so viel Zeit war nöthig
um meinen Auftrag auszuführen, doch
vier, fünf, sechs Stunden verstrichen,
ohne ihn zurückzubringen. Ich ward
unruhig und begab mich mit den zwei
anderen Forstgehilfen auf die Suche.
Nicht lange dauerte es, als wir die
Stelle fanden, wo uns der blutge
tränkte Schnee, der zertretene, aufge
wühlte Boden eine Geschichte von dem
heftigen Kampfe eines Mannes mit
einem gewaltigen Bären erzählte. Da
wir an derselben Stelle die zerbro
chene Büchse, sowie den Hut meines
armen Forstadjunkten fanden, so gab's
für uns keinen Zweifel mehr, daß der
Arme einem der grimmen Raubthiere
zum Opfer gefallen war. Angesichts
dieses furchtbaren Ereignisses wurde
die Jagd anderen Morgens abgesagt.
Jahre verstrichen. Da stand ich nun
wieder einmal gelegentlich einer großen
Bärenhatz an einem stark befahrenen
Wechsel. Schon höre ich das „Tschu —
hui! Tscha —ro!" Der Treiber in der
Nähe, als eine altc, schwere Bärin mit
ihrem Jungen aus dem nächsten
Dickicht bricht. Kaum finde ich Zeit,
die wuthschnaubende Alte mit einer
gutgezielten Kugel niederzustrecken,
als schon das erst wenige Wochen alte
Junge mit seinen furchtbaren Planten
nach mir schlägt. Meinen Hirschfän
ger ziehen und den Kampf Aug' in
Äug' mit dem Ungeheuer aufnehmen,
ist eins. Ein wohlgesetzter Stoß macht
dem Felle der schwarzen Bestie ein
solches Luftloch, daß seine Seele unge
hindert entschlüpfen kann. War das
nun ein Hallali! In Gegenwart aller
Jaqdgäste mache ich mich daran, das
gewaltige Thier aufzubrechen. Da
finde ich nun zu meiner wie der ande
ren größten Ueberraschulig in dem Ge
scheide der Getödtetcn eine vollständig
verkapselteßemontoi:uhr sammt Kette.
Ich erkenne sie sofort als die meines
vor Jahren zerrissenen Forstadjunlten.
Der Bär mußte sie damals mit ver
schluckt haben. Doch das wäre endlich
noch zu erklären gewesen. Unbegreif
lich erschien uns aber die Thatsache,
daß das Junge des Bären eine bis ins
Detail gleiche, nur bedeutend kleinere,
ebenfalls silberne Remontoiruhr
sammt Kette im Magen trug. Sie
zweifeln meine Herren? hier," —dabei
holte der alte Oberförster seine Uhr
aus der Tasche, „haben Sie die Uhr,
die ich im Mczen der alten Bärin ge
sunden; ihr Junges trägt, wie Sie sich
täglich, wenn es beliebt, Über-
Merkwürdig
Der Großvater Siefens hatte in
seinem Garten einen wunderschönen
Hollerstrauch. Zu seinem Aerger sah er
aber, daß jede Nacht die allerschönsten
Blüthen gestohlen wurden. Aber noch
mehr Aerger verursachte das Ver
schwinden der Hollerblüthen seinem
Buben, dem feschen Feanzl. „Wann i'
den Räuber dawisch', i' schlag' ihn
hin!" Diesen Ausspruch wiederholte
Franzi wohl Tag sür Tag ein
Dutzendmal.
Eines schönen Abends, als bereits
alles schlief, schlich Franzi in den Ga
rten. „Wart' Kerl, heut' pass' i' auf!"
Er stand noch nicht lange aus der
Lauer, da vernahm er plötzlich im an
grenzenden Nachborsgarten ein Ge
räusch und sah auch schon eine Gestalt
über den Zaun herübersteigcn. Franzi
machte sich sprungbereit; die Gestalt
huschte vorbei. „Herrgott, das ist ja
Nachbars Marie!" Franzi fühlte so
fort alle Wuth gegen den Hollerdieb
weichen; denn Marie ist ja sein heim
lich geliebtes Herzblättchen. Aber
plötzlich leuchteten seine Augen auf.
Im Nu stand er neben Marie, die nicht
wenig erschrak, umfaßte sie, drückte ei
nen herzhaften Kuß auf das rothe
Mündchen: „wo, da Hast's, Hollerdie
bin; merk Dir's, so oft wie i' Dich
dawisch, geht'S Dir so wie heut'."
strauch stand, schüttelte er gedankenvoll
then Haben's alle g'stohl'n, jetzt stehl'n'S