Der Todte Korror- Island. koman von Harry Shcff. (21. Fortsetzung und Schluß.) Da drinnen fanden und vereinten sich jetzt vier Menschen, welche durch die Bande des Blutes und der vom Herzen freier Wahl zusammengehörten. Da wäre der fünfte überflüssig gewesen. Aber doch ein wenig zu horchen konnte sich der alte Herr nicht enthal ten, er meinte, daß er dazu doch ein kleines l>esäße, er habe ja wacker Entdeckungen. Dann plötzlich ein Aufschrei von B«atens Lippen und des GeheimrathS markige Stimme, welche inTönen höch sten Glückes ausrief: „Ja, ich halt« die Beweise in d«r Hand man hat Dich belogen und betrogen. Der arme un glückliche Eldor v. Fels, Dein erster Gatte, ist todt, und Baron Rheden ben!" Und dann wieder ein Paar hastige Worte Rhedens, und ein Schrei aus jugendlich«! Brust so aufjauchzend froh, so banger Sehnsucht voll ein „Mutter meine DZutter Schluchzen. Er schaut« sich um und sah sich Mutter Strohbach gegenüber, di« in einer Ecke saß und bitterlich 6 . s Liebe nehmen, daß ich aufhören würde, ihre Mutter zu sein; aber weh thut's deshalb doch!" „Seien Sie nicht närrisch, Frau," verwies ihr Oberländer ihre Reden, „Susanne behält Sie lieb wie vorher, delin merken Sie sich: ein guter Mensch hat in seinem Herzen Raum für jede schmälert." Da trocknete die Alte ihre Thränen und drückte Oberländer dankbar die der Einblick in das Krankenzimmer wurde frei. Da saß Eberhard Busch am Lager Beatens und hielt ihre beiden „Was wünschen Sie von mir?" fuhr Hofrath Schaller den einfach gekleide ten Herrn an. der eS sich erlaubt hatte, reits bemächtigt. „Sind Sie Herr Hofrath Schaller?" „D«r bin ich." Gehricke." werden verhaftet unter dem Verdacht des Mordes, der Erpressung Schaller wankte und hielt sich an der Lehne eines Stuhles aufrecht. „D:S Mordes also auch!" stieß er schwer ath mend hervor, „da wäre ich neugierig zu^crfahren, „Den Franzosen Andre Gersaut. Si« haixn es vielleicht nicht selbst ge than, aber Sie bezahlten den Mörder. Gersaut selbst hat vor seinem Tode in diesem Sinne ausgesagt. Uebrigens brauchen Si« nur an die Frau Ge heimrath Busch zu denken, um sich selbst zu sagen, daß Sie besser thun, ein offenes Geständniß abzulegen." Nur ein dumpfes Keuchen, das sich der Brust des Angeschuldigten ent wand, war die Antwort. Schaller sah Ränke in sich zusammenfallen und er wußte gut genug, daß er unter diesen Trümmern begraben werden würde. Doch er klammerte sich an den «inen Punkt, in dem man ihn unschuldig an klagt«. „Ich hab« nicht gemordet." rief er. nachdem er das erst- Schreckgefühl überwunden, „und habe auch Niemand den Auftrag gegeben, es für mich zu thun." „Das können Sie dem Untersu- Gehricke, „und nun kleiden Sie sich an und folgen Sie mir. Alles, was sich in Ihrer Wohnung befindet, erkläre ich hiermit für beschlagnahmt!" wußte Schaller, daß er verlo renden Kriminalschutzleute und erhielt den Befehl, Schaller in das Schlafzimmer zu folgen und ihn wäh rend des Ankleidens nicht aus den Au gen zu lassen. Damit war abermals ein« Hoffnung des Hofraths dahin, hatte er doch während der letzten Mi nuten seine Flucht geplant und gehofft, sie mittels des geheimen Ausgangs aus feinem Schlafzimmer bewerkstelligen zu können. Schutzmann in das Schlafgemach, seine Blicke waren starr zu Boden ge richtet, sein« Zähn« gruben sich in die Unterlippe, daß sie blutet«. „Machen Sie schnell," sagte der Schutzmann, als er ihn unschlüssig mitten im Zimmer stehen sah. „Gewiß gewiß. Aber Si« wer den mir doch erlauben, mich zu reini- Schlasgemach zu verlassen, und in die sem hielt «r ja Wach«. Und doch war Schaller zehn Minu ten später entflohen. Freilich seinen denn den entdeckte Gehricke, dem die Toilette des Verhafteten zu lang« Z«it in Anspruch nahm, als er das Bade forWe Weite. Wg in Auf dem Gesicht des Todten, um die Lippen spielte auch jetzt noch ein Lä- Schuld bleibt unbezahlt!" 26. C a p i t e l. ist schon ein Willkommensgruß in der Neuen Welt, der auch dem Mühseligen und Beladen«» wohl thut und ibn leich kömmling« witterten, über welche sich vielleicht etwas Interessantes schreiben ließe, schlugen si« in der gedruckten denn folgendes verzeichnet: „Baron Hans v. Rheden nebst Ge mahlin Susanne, geb. Gräfin Fels, Berlin. G«h«imrath Dr. Eberhard Busch nebst Gemahlin Beate, verw. Gräfin Fels, Berlin. G«heimer Justizrath Dr. Friedrich Gallus, Berlin. Bankier Oberländer aus Berlin. Und während di« Herrschaften die Plötzlich rief einer der Zeitungs-Be richterstatter seinen Collegen zu: „Seht doch nur, da ist ja Davis, der berühmte Detektive, aufgetaucht. Mit welchir Herzlichkeit er von den Fremden b^- ivenig verwachsen zu sein schont, fällt ihm sogar um den Hals. Well, Davis verräth uns schon, ob hinter diesen A nsuchen ist." Aber Mr. Davis war diesmal merk würdig schweigsam und versicherte mit Kerkers fortgekommen ist?" fragte Da vis. „Ich hatte auf fünfzehn für ihn gehofft. Aber das ist doch noch be^s die leeren Nester, als sie kam." «Wie geht eS denn jetzt dem armen Burschen, dem Bonetli?" forschte Gal lus. „Ich werde ihn demnächst in „Bon«tti trinkt weniger als früher," berichtete Davis, „daS Geldgeschenk, welches Baron Rheden ihm durch mich „Nichts," versichert« Gallus, sie dei/ Ein dunkles Gerücht besagt, sie sei an der Seite ihres ersten und ein zigen Gatten, d«s Componisten Cäsar Mandel, in Italien gesehen worden, ster Art auftreten, aber eS ist nichts Mr? Davis. Bei Ausbruch der Kata strophe, und während man noch die Papiere des Schandbuben Schaller, der sich selbst gerichtet hat, sichtet«, sind zwei Berliner Verbrecher, «in g«wisser Hähnchen und ein gewisse:Dech«rt, ent flohen und nach Amerika entkommen. Man hätte di« Burfch«n dingfest ma chen können, und sie wären beim V«tr«- t«n des amerikanischen Festlandes ver haftet worden, aber wir wollten si« nicht verfolgen, w«il eine andere Per sönlichkeit, die uns leider in gewissem Sinn« nah«st«ht, in ihren Prozeß ver wickelt worden wär«. Aber sollten Ih nen di« beiden Kerle hier einmal in den Weg kommen " „Das wird schwerlich geschehen," antwortete Davis und zog «in Zei tungSblatt hervor, „sehen Sie sich ein mal diese Bilder an sind das di« b«iden Herren?" „Das ist Hähnchen!" riefen Gallus, Rheden und Oberländer wie aus einem Muude, „was ist denn mit ihm, oa di« Zeitung sein Bild bringt?" „Die beiden würdigen Vertreter des Deutschthums," lachte der Detektive, „befinden sich seit acht Tagen in den Tombs. Sie haben vor einiger Zeit bei Nacht in einer Nebenstraße der Bowery «inen etwas angetrunkenen Landsmann mittels eines mit St«inen gefüllten Strumpfes niedergeschlagen und beraubt. Sie wurden dabei ab- UngMck, daß Niggers, an dem, wie man sägt, sogar «in« kleinkalibrige Kugel abplattet. Also der Mann starb, und die beiden Herren dürsten diese That mit dem Le- Sobald sich die Gelegenheit bot, nahm Rheden den D«teltive bei Seite. „Mr. Davis," fragt« er leise, „ist alles nach Wunsch «rl«digt?" „Alles," entgegnete jener, „Sie kön nen es heut« Nachmittag in Augen schein nehmen." „S«hr wohl. Hat Jhn«n m«in Ban kier ausgezahlt, was Sie brauchten?" „Ja, Herr Baron. Di« Unkosten sind erschreckend groß gewesen." „Das konnte ich mir denken und es hat nichts zu sag«n, Mr. Davis. Vor läufig besten Dank." Die beiden Männer drückten einan der die Hände. V«im Mahl, welches sich di« kleine Gesellschaft in einem abgesonderten erlesensten Speisen und Getränken zu sammengesetzt war, ging es lustig her. Susanne, Rhedens junge Gattin seit vier Wochen, sah liebreizender als je aus und sprühte in Lebenslust und Liebesglück. Auch Beate hatte in den letzten Monaten das Lächeln wieder ge lernt, und wie hätte si« auch nicht sreu deersüllt läch«ln sollen, wenn si« in Eberhards glückliches Gesicht schaut« oder ihre Blicke auf Susanne und Rhe den, ihre geliebten Kind«r, zugleich aber auch ihre besten, treuesten Freunde fielen? Gallus und Oberländer aber ließen die Becher immer und immer wieder zusammenkling«« und sonnten sich im Glück des jungen Paares mit einem be redten Stolz, der jeden Augenblick zu sagen schien: „Wir haben es zusam men gezimmert das Glück des Hau ses Rheden!" Und darauf thaten si« sich nicht we nig zugute. ldd B v'. kleine Gesellschaft zu einer Ausfahrt «in, die Sonne lockte ja auch förmlich in'S Freie. Alle priesen diesen Ein, fall. Die Equipagen schlugen eine be stimmte Richtung durch die Stadt New Uork ein, suhr«n dann auf «in stattli- Und nun hi«lten di« Wagen vor ei ner kreuzgeschmückten Pforte. „Wir sind am Ziele," rief Rheden und hob Susann« aus d«m Wagen. „Mein Gott, das ist ja «in Friedhof," stieß B«ate hervor, und auch Susanne ben Freundes zu begleiten, eines Man- Davis führte si«. Aus dem Grün de« Piedeslal und Tafel. „Liebes Weib," sagte Rheden weich Schluchzend sank Susanne an seine Brust. Der blondbärtige Mann drückte sie innig an sich. Längst ich Davis den A^- zur friedlich«!, Stille dieser Gruft zu rückzubringen. ES ist geschehen. Laß uns ein stilles Gebet für seine unsterb- Dann fiel ihr thränenfeuchter Blick auf di« Tafel und ihre Inschrift, welche verkündete: „Hier ruht in Gott Eldor v. Fels. Schooße des Glückes. Er starb einsam auf Horror - Island. Doch mit ihm war der Herr!" Und während eine Biertelstunbc später die Lebenden zurückeilten in di« Welt, welche so viele d«r Freuden unv Hoffnungen noch für sie barg, umspiel ten die Strahlen der Frllhlingssonne Island. Ende. Die Einliildung. Nu» dem Französischen de« Jules Lemaiter An dem Abende, wo die große Tra gödin Cornelia Tosti plötzlich mitten im dritten Akte von „Fredegunde" den in der Kehle stecken blieb, mit einem Worte, weil sie SO Jahre alt war und faßt. Nasone für si« schrieb. Und dieses Mal glaubte Cornelia dem Arzte. Also, die glänzenden Tourneen durch Europa, Amerika und Asien, die jun mit entblätterten Rosen bedeckte Welle Stockholm, dann wieder die hellfarbi gen Ueberzieher amerikanischer Dan dys, die ihr als Teppich dienten beim Verlassen des Theaters, die Trunken heit der Hervorrufe nach Dutzenden, welche es zu Wege bringen, daß man sich schleppt und um Gnad« bittet, in dem man Küsse zuwirft, die Raserei des Beifalls, dem wachsenden und ab nehmenden Geknatter eines anhalten den Gewehrfeuers ähnlich, die angeneh men Brutalitäten der Reklame und der Interviews, ein ungebundenes, köstliches, chimärisches Leben, und auch innigere und«dl«re Wonnen: die Freu de, die schönsten Visionen der Dichter zu verwirklichen, ihnen sein Fleisch und seine Seele zu leihen, sie in sich leben zu fühlen: das Alles war aus, war Und in einigen Jahren, ja in eini gen Monaten vielleicht, würde die Tosti aus dem Gedächtnisse der Menschen ehemalige Schauspielerinnen, die fast ebenso berühmt gewesen waren, wie sie, und von denen Niemand mehr sprach, und welche jetzt nichts mehr wa ren. als alte dicke Damen, die vergessen, mit ihren Katzen und Papageien, in ir gend einer kleinen Villa der Umgebung von Florenz l«bten. Das zu sein, nachdem man Königin gewesen ist und mehr als Königin, nein, daS war nicht möglich und sie würde sich nicht dazu s w' d' H ld' ' « Dramas, die ihren Traum nicht über leben will, oder wie «ine sagenhafte felt, um nicht die Sklavin des Siegers zu fein. . . Denn die Jde« des Todes, wie alle anderen, zeigte sich dem Geiste Cornelia's nur mit einem scenischen Apparate bekleidet. Der Tod, das war für sie ein Theatereffekt, und zwar der sicherste, ein Effekt des fünften Akts. Eines Tages denn, in der Loggia ihres Palastes, die mit Bubdha's und Affen bevölkert und mit bizarren, aus Ich, ich glaube daran. . . Ein uner klärliches Etwas sagt mir, daß ich auf der Scene sterben werde, während der Premiere von Melissandra." Und, geheimnißvoll, s«tzte sie hinzu: „Ich bin dessen sicher, verstehen Sie? d«n Füßen. Die Heldin des Stückes, «in räthsel haftes und den Männern verderbliches Weib, cergiftlte sch, nachdem sieVe.« Bühne. Dieser Tod sollte, wie die Theater- Kuriere zu berichten wußten, die Hauptstärke des Werkes sein und an tragischem Schauder das berühmte Litteraten, die auf den Teppichen um herfaßen, löste si« von «iner Trophäe indianischer Waffen ein Bündel vergif teter Pfeile los. Sie rief ihrer treuen Ankleiderin und Kammerfrau, der alten Giuseppa, die sie seit dreißig Jahren mit durch die Welt schleppte, und indem sie ihr das Flakon und die Pfeile übergab: „Du wirst", sprach sie düster, „die Spitzen mehrere Tage in ein wenig Wasser ausweichen lassen; Du wirst so dann daS Wasser in dieses Flakon gie ßen, und Du wirst es mir am Abende der „Melissandra" geben." „Sehr wohl, Madame", anwortet« Giuseppa, ohne eine Miene zu verzie hen. „Schwöre mir, daß Du das thun wirst, was ich Dir besohlen habe." „Ich schwöre eS." Di« jung«n Litteraten lächelten. „Sie werden sehen!" sagte Cornelia mit einer so tragischen Kopsbcwegung, daß die jungen Litteraten ganz bestürzt wurden. Wußte man, in der That, wesscn sie fähig war? Cornelia war erhaben in der Pre miere von „Melissandra". Sie wußte aus ihrer gebrochenen Stimme und aus ihrem erschöpften Körper uner hörte „Effekte" seelischen Leidens und grauenerregenden Schreckens zu ziehen. Ganz Florenz, zuerst ein wenig wider strebend und spöttisch (es war schon so lange, daß man Cornelia bewunderte), ließ sich noch «in Mal von seiner gro ßen Tragödin bezwingen und brachte ihr eine frenetische Ovation. Dann das Spiel der Tosti war von einer so packenden Wahrheit, daß sich nach und nach eine förmliche Bellemmung des Saales bemächtigte. Die Heldin des Stückes, das wußte man, starb bei der Lösung. Um sich selbst gleich zu blei ben bei der Wiedergabe dieses Todes, was würde Cornelia da wohl thun? Und die unbestimmte Erwartung von «twas Außergewöhnlichem bedrückte vi« tausend Herzen der Menge. Im letzten Zwischenakte, noch fahler inmitten der Meng« der Blumen, die ihre Garderobe anfüllten, als sie di» Kohorte ihrer Verehrer sanft vor die Thür gesetzt hatt«, indem sie mit dem, waS sie von ihrer Kristallstimme noch finden konnt«, wiederholte: „Adieu, meine Freud«!" während die Klin gel des Inspektors durch die Gänge tönte, öffnete Cornelia ihr Fenster, das auf eines der finstersten Gäßchen der Altstadt hinausging, und.indem sie in langen Zügen die mit einem Geruch von Knoblauch und armer Menschheit gesättigte Luft einzog, rief sie: „Adieu, Florenz!" „Dann, zu Giuseppa: „Das Flakon!" Giuseppa reichte es ihr, ohne ein Wort zu sprechen. „Und jetzt gehen wir sterben!" Und die Tosti trat auf die Scene. Si« mimte, und si« ächzt« und beulte der Reihe nach übernatürlich den fünften Akt, wo Melissandra. deren Verbrechen aus den ersten vier Alten sich alle gegen sie wenden, die gehetzt und entlarvt, endlich eine Zuflucht im Tod« sucht«. In diesem Augenblicke zog Cornelia das Smaragd-Flakon aus ihrem Bu sen. <- » » In ihrem Innersten, ganz in ihrem Innersten, war es ihr vielleicht nicht unbekannt, daß das Gift der Pfeile. lich war, nur dann wirken konnte, wenn es durch ein« Wunde in die Adern eingeführt wurde. Aber im Uebrigen, si« wußt«, sie war sicher, daß ihr Giuseppa keineswegs gehorcht hat te. und daß sie in daS Flakon nur einige Tropfen Wasser gegeben haben konnte. Und dennoch, kaum hatt« si« das Flakon an die Lippen geführt, so stürzte sie, wie vom Blitz getroffen, hart auf die Bretter ; sie wurde grün ; ihre Glieder hatten jene Verrenkungen, die keine Geschicklichkeit nachzuahmen im Stande wäre; sie hatte nicht die Kraft die letzten Worte des Drama's auszusprechen, und zwei ihrer Collegen mußten sie, am Kopf und an den Fü ßen, von der Bühne tragen. Der Tod war so deutlich und unbe streitbar in ihren weit heraustreten den Augen erschienen, daß sich das ganze Publikum vor Schrecken erhoben hatte. Und Niemand zweifelte, daß die To sti sich thatsächlich und freiwillig ver giftet hatte. Ni«mand, nicht einmal Giuseppa. Di« alte Frau selbst hatte einige Stun den vorher über die enge Oefsnung des leeren Flakons eine der Wasserslachen des Speisezimmers geneigt. Gleich wohl, sie warf sich über den Körper ihrer Herrin, indem si« schrie, wie alle „Sie hat sich vergiftet! Si« hatte es vorhergesagt!" Cornelia glaubte sich durch vierzehn Tage hindurch zwischen Leben unv Toi». Durch vierzehn Tage hindurch brachten alle Zeitungen von Europa und Amerika Bulletins über ihre Ge sundheit. Und die Aerzte entdeckten den Namen und setzten den Reportern die Eigenschaften und die Wirkungen des Giftes auseinander, das sie nicht ge- Und sechs Monate nach ihrer Ab schiedsvorstellung und Vergiftung feierte Cornelia verjüngt und neuge kräftigt ihre Rückkehr in das „Große Theater" von Florenz. Aus etncr alten Zeitung. Es hat einen eigenenßeiz, Zeitungs blätter aus verschwundenen Tagen nachzulesen. Folgendes sind Auszüge aus dem alten „Donaueschinger Wo chenblatt" von 1778 —98, die zum gro ßen Theil verdienen, der Vergessenheit entzogen zu werden. So ersehen wir aus ihnen, daß schon vor 100 Jahren «ine dem Fernsprecher ähnliche Erfin dung gemacht wurde. ESHeißt da näm lich: „Berlin. Hr. Christin, ein Schwei zer, der sich schon lange hier aushält, hat eine mathematische Corr«spondenz erfunden, wodurch man «inem Andern seine Gedanken auf eine weite Entfer nung mittheilen kann. Ein Fürst würde mittels einer Maschine, wofern sie die hinlängliche Größe hat, seine Befehle auf 200 Meilen weit ertheilen, und längst in Zeit von einer Stunde die Antwort darauf wieder erhalten können. Das wäre nun freylich «ine allerliebste Extrapost! Aber wenn die Herren Naturkündiger noch lange so eifrig fortfahren, der lieben Mutt«r Natur all« Arkana abzuforschen, so stehlen sie uns noch die Geheimnisse aus unsern Herzen." Auch aufre gende Mittheilungen über neue Schieß waffen wurden, wie heute noch, ge bracht. So von 1782: „In Brüssel hat ein Mechaniker eine Flinte erfunden, bei der der Soldat nicht «rft Pulver aufzuschütten braucht,, sondern gleich nach der Ladung schie ßen kann: indem sich daS Pulver aus dem Rohr selbst dahin mittheilt. Zu Wien erstellt ein Uhrmacher eine Windbüchse, welche ohne frische La dung zu bekommen, IS Schüsse hinter «inander thun kann. Der Erfinder er hält eine jährliche 7OO Hälfte auf sein Weib forterbt." In das gleiche Capitel gehört auch fol gende Nachricht: „In England hat ein deutscher Che mist der Regierung eine Entdeckung angetragen, kraft welcher der Feind sowohl zu Wasser als zu Lande, in aller Arten Gefecht unfehlbar vertilgt wird; der Minister hat das Anerbieten erstaunlichen Preis, als wegen der schauervollen Erfindung felbsten. vor welcher die Menschheit zurückbebt! Zur Ehre der Menschheit ist zu hoffen, daß die Kunst dieses zweiten Phalaris nie über die Schwelle seiner Schmclzküche kommen wird. Das Geheimniß soll in der Kunst bestehen, -in Gift zu ver fertigen, welches aus Kanonen oder Mörser geworfen, über alle einen ge wissen Tod verbreitet, welche dessen Dunst einhauchen." Besonders b«- merkenswerth an dieser Mittheilung ist, daß der englische Minister das neue Kriegsmittel aus Menschlichkeit verwarf. Ob es heute noch so sein würde? Amüsant ist folgende He xengeschichte: . „In Sevilien wurde eme angebliche Hexe verbrannt, welche Eier gelegt ha ben soll. Vermuthlich waren dieselben giftig, sonst hätte man die menschliche Henne leben lassen sollen!" Schließlich mag noch folgender Ar tikel aus Fulda vom Jahre 1748 Auf nahme finden: „Das Fürstenthum Fuld ist vielleicht die einzige Provinz, wo di-Verletzung der männlichen Ober h«rrlichkeit an den Weibern, besser zu reden, die Feigheit an den Männern auf die sonderbarst« und empfindlichste Art gerügt wird. Wenn ein Mann überwiesen wird, von seiner Frau Schläge empfangen zu haben, so hat das fiirstl. Hofmarschallamt das Recht, die Sache zu untersuchen und nach ge gründeter That sagende Strafe aus zuüben: Daß dessen Wohnhaus durch sämmtliche in fürstlicher Livrey ste hende Bediente abgedecket wird; vor 16 Jahren hatte man von der Execution ein Beyspiel, wo in weniger alt 6 Mi nuten ein Haus von allen Ziegeln ent blößt, dastünde." liür die Küche. Gemüse- Supv«. Am:l«i Gemüse wie: Carotten, Schwarzwur so daß die Gemüse zurückbleiben, bin det daS Wasser mit einigen Lö'seln weißer Mehlschwitze, fügt einen balbcn Theelöffel voll Liebigs Fleisch-Extrakt, Gerollter Rindsb ; a t e n. einer Seite zusammenhängend bliebt. Nun reibt man das Fleisch mit Salz und Pfeffer «in und bestreicht eZ mit folgender Fülle: Speck, genügend Pe tersilie, Zwiebel, Citronenschale und, will man sie fein machen, einige Trüf feln werden sehr fein gewiegt. Salz, Pfeffer und Muskatnuß nach Belieben daran gethan und alles gut gemengt. Ist das Fleisch gleichmäßig bestrichen, so rollt man es fest zusammen und bindet es ebenso dicht nno fest. In einer Pfanne in h«ißem Schmalz läßt man es rasch anbraten, gießt i.twas Fleischbrühe nach und ?t-ilt !.cn Bra, ten in die Röhre. Eine in Mehl ge tauchte Schwarzbrotrind«, dann noch «twas saurer Rahm vervollständigen di« kräftige Sauce, und treibt man dieselbe durch, ehr man iie feroir^. Zrazy. Aus einem recht lästi gen Rinds - Schwanzstück schneiet si«mit der Fläch- des HackmcherS mürbe und glatt, befreit sie von Haut und Sehnen und giebt dem Stück Fleisch ein« gerundete Form. Nun legt man das Fleisch in -ine Kasserolle mit reichlich Butter, führt einig« in Butter geschwitzte Zwiebeln, Salz, eine Messerspitze gestoßene Nelken hinzu und läßt das Fleisch weichdämpfen; ab und zu gießt man einige Löffel Fleisch brühe zu der eigenen Brühe hinzu. Wenn es weich, verkocht man die Sauce mit etwas Heller Mehlschwitze und giebt das Gericht mit Kartoffelbrei zu Tisch. Hühner mit Tomaten sauce. Größere Brathühner wer den saub«r geputzt in Hälften getheUt, che» Butter unter Zugabe von wenig Wasser in einer Kasserole am Herde weich gedämpft. In einer anderen Kasserole hat man zu gleicher Zeit «m Pfund geputzter, gewaschener und in der Mitte entzweigebrochener Tomaten mit einem Stückchen Butter und «twas gewiegter Petersilie an's Feuer gesetzt, läßt diese langsam dämpfen, stäubt zwei Kaffeelöffel Mehl daran, würzt mit Salz und reichlich Zucker. Eine viertel Stunde vor dem Anrichten streicht man die Tomaten durch ein Haarsieb, verdünnt die Sauce mit der Hühnerbrühe und läßt die Hühner da rin noch kurze Zeit kochen. Schinken mit Tomaten. Man bereitet einen einfachen Kartoffel salat einige Stunden vor dem Ge brauch, damit er durchzieht, während man Tomaten und Schinkenscheiben erst kurz vor d«m Anrichten fertigstellt. Die Tomaten müssen frisch und sest sein, sie werden gewaschen, in Scheiben geschnitten und mit Pfeffer und Salz bestreut. Man z«rläßt «twas Butter, verrührt in ihr «ine große Messerspitze voll Li«bigs Fleischextrakt und brät die Tomaten darin auf beiden Seiten, bis sie breiig werdtn. Zu gleicher Zeit^hat Schinken, die einige Stunden in Milch gelegen haben, geröstet. Jetzt richtet man Alles an. Der Kartoffelsalat wird bergförmig in die Mitte einer fla chen, erwärmten Schüssüel gefüllt, die Schinkenscheiben legt man kranzförmig herum und bedeckt sie dicht mit Toma tenscheiben. Statt des Schinkens kann man, wenn man die Speise fetter wünscht, auch FrühstllckSspeck, der nicht gewässert zu werden braucht, nehmen; das Einlegen in Milch ist auch nicht nöthig, wenn man Braunschweiger Kern- oder westfälischen Lachsschinken Eing«nr»cht«S Huhn. Nach dem das junge Huhn hübsch hergerich tet ist, theilt man es m vier Stück: und legt dieselben in einen Topf mit heißer Butter. Man fügt einige Zwi-bel fcheibchen, »m Stückch«nCitrontnschale, etwas Salz, ein halbes Gla6 W«in od«r etwas Citronensaft uild zwei Schöpflöffel Fleischbrühe bei. So läßt man es «ine halbe Stunde gut koch«n. Nun rührt man mit «twas Mehl und Wasser ein kleines Teiglein an, bindet die Sauce damit, läßt alles aufkochen, treibt dieselb« durch und zitht sie mit ein bis zwei Eigelb ab. Zu Kranken kost eignet sich diese Sveiie sehr gut. Kalbihirnsuppe. (Für Kranke.) Ein frisches Hirn wird durchgetheilt, fünf Minuten in kochen des Waffer gelegt und dann von Haut und Adern befreit. In Salzwasser kocht man das Hirn 8 Minuten, reibt es durch «in Sieb und vermischt die Hirnmasse mit 2 Tassen Taubenbouil lon. Kleine weichgekochte Spargel kopfstücke legt man in die Suppe und rührt sie zuletzt mit einem verquirlten Eigelb ab. Hach 6 von Rindfliisch. Uebrig gebliebenes Rindfleisch wird fein gehackt und in reichlich Buttir «twas geschmort. Nun wür,! man mit Pfeffer, Salz und geriebcner Zwiebel, füllt mit Fleischbrühe auf, bis es einen dicklichen Brei giebt, und nimmt zuletzt etwas Citronensafl und Kapern dazu. Mit Maccarom tw« beliebte Abendsp«ise. 3