2 Im eigenen Keim. ' Die Natur hat Gegensätze geschaf fen. die nach steter Vereinigung stre ben und «ine für das Weltganze zweck mäßige und vernünftige Vermittelung finden. Solch« Gegensätze sind Mann und Frau, die in der Ehe die Vermit telung und Ausgleichung der von Na tur ihnen innewohnenden Verschieden heiten durch die gegenseitige Ergän zung finden. Erst durch das gleichbe rechtigte Zusammenwirlen beider Ge schlechter lann sich die Menschheit ge sund und segensvoll entwickeln. Das Haus ist der Resonanzboden, auf dem alle Melodien des gemeinsamen Lebens ertönen, bald heiter und rauschend, bald ernst und trübe. Im eigenen Hause findet die Familie ihr Funda ment, ihren Kern- und Stützpunkt. Ohne die schützende Heimstätte ist leine gesittete Familie, lein gesittetes Volk denkbar. Die Häuslichkeit ist der Zau berkreis. in den der müde Mann sich aus dem Kampfe der Leidenschaften, aus dem Markt« des Lebens flüchtet, nach welchem der einsame Wanderer sich sehnt, wie der Fremdling nach sei ner Heimath. Und wer ist die Seele dieses Zauberreiches, welches uns das wahre Glück, die wahren Tugenden er schließt, ohne die weder das Wohl des Einzelnen, noch das der Gesammtheit gedacht werden kann? Es ist die Frau! Ohne liebende, ordnend«, pfle gende Frauenhand gi«bt es kein wohl thuendes Heim! Wer fühlte nicht die anheimelnd« Wärme und das trau liche Behagen, die vom häuslich«» Herde segenbringend ausströmen, und wer spürte nicht den Friedenshauch, der über wahrem Eheglück gleich einem Himmelsgruß ruht? Wohl uns, daß trotz des rastlosen Kampfes ums Da sein, trotz des unablässigen Jagens nach Ehr« und Gewinn, sich doch unter den Dornen der Sorgen und des Ge nießens, still verborgen und sonnig lä chelnd jenes echte Glück einnistet, wel ches vom verlorenen Eden der süßeste Traum ist. Im eigenen Heim gleichviel ob Palast oder Hütt« im harmonischen Beisammensein und völ ligen Jneinanderaufgehen wurzelt es und wächst und gedeiht unter Liebe und Vertrauen, Treue und Hingebung, Selbstverleugnung und Sanftmuth, bis es sich im Laufe der Jahre zu jener idealen Blüthe entfaltet, die mit ihrem Duft und Glanz alle Räume des Hau ses und des Herzens durchdringt und allen Stürmen standhält. Bleiben dies« doch mögen sie nun Stürme des Schicksals oder der Seele sein in keiner Eh«, auch der glücklichsten, ganz aus, und muthig und tapfer, als seines Weibes Stütze und Halt, soll der Gatte mit fester Hand, mit klarem Blick und klugem Sinn das Schiff an Klippen und Tiefen vorbeilenien, dem Leitstern der Liebe folgend. Wenn et aber vor Allem dem Manne gebührt, das Hüteramt zu führen, so ist auch der Frau, welche ihm zur Gehilfin und Gefährtin geschaffen, eine gleich wich tig« Ausgabe gestellt! Und zwar er streckt sich dieselbe auf das Innere des Hauses und des Herzens. Die rechte Frau wird auf der einen Seite all' die jausend kleinen Mühen, die ungezähl ten nichtigen und doch oft so wichtigen Keinigkeiten, die vielen scheinbar un bedeutenden, und doch im Getrieb« der Wirthschaft fühlbar eingreifenden Sorgen mit Treu« und Kraft des gu ten Willens zum Behagen und zum Wohlbefinden der Ihrigen zu Über-' winden wissen und dabei doch auf der hen auf die Interessen ihres Gatten, durch richtige Selbstleitung und gei stige Fortbildung, sich ein in seinem inneren Zusammenhange wohlg«glie dertes Wissen «rwerben oder erhalten, welches sie zur Freundin und Mitar beiterin des Mannes, zu seinem zwei ten Ich emporhebt. Als seine liebste, treueste Gefährtin trägt und theilt sie dann die Lasten und Mühen seines Be so müssen aus dieser Pflanzstätte für Allerdings. Ein Pantoffelritter, der von seiner Frau stets schlecht behandelt wird, er hält von seinen Freunden den guten Rath, sich von seiner Zanthippe doch scheiden zu lassen. Beim Nachhause tommen erklärt er auch seiner besseren Hälfte kurz und bündig, daß er dazu entschlossen sei; sie aber stellt ihm tüch tige Schläge in Aussicht, falls er seinen Plan verwirklichen sollte, was ihn wieder wankend macht. Nach mehre ren Wochen begegnet er einem Freunde. „Nun," fragt dieser, „bist Du geschie den?" „Ach nein," entgegnet der tapfere Held, „scheiden thut weh!" Das böse Gewissen. Professor: „Kommen Si« einmal in Laboratorium, Jean, ich werde Sie einmal mitßöntgenstrahlen durch leuchten!" Diener (stotternd): „Ich ich habe aber ganz gewiß den Cog nac nicht ausgetrunken, gnä' Herr!" Natürlich. „Aber, Ihr« Fräulein Braut stottert ja, Herr Lieu tenant!" „I wo! Js blos Jlücks- Z>ie Gattin. cr erschien ihr, als bedroh: sie in dieser Dunkelheit ihr Gewissen mit entsetz lichem Grauen. In der Hand hielt si« gen standen voll Thränen. Er bat, er flehte sie an, sie möge ihn doch nicht verlassen, sie möge ihm verzeihen. Sie anderes zu denken, als daß er sie ver dächtigt, verletzt und bis auf's Blut beleidigt habe. Und dennoch war er früher der höflichste und rücksichts vollste Mann gewesen. Erst als man ihn auf die Untreu« seiner Frau auf merksam machte, wurde er so furchtbar eifersüchtig. Hatte er sie doch so sehr geliebt. Bei diesen maßlosen Eifersuchts scenen erwachte in der jungen Frau der Haß des beleidigten Weibes. Sie, die ihren Gatten bisher treu geliebt, wurde von ihm für eidbrüchig gehal ten. DaS konnk sie ihm nicht verzei hen; sie mochte ihn nicht mehr sehen. Und nun lagen di« Verhältnisse schon vollends anders Sie hat in der langen Zeit der Trennung ihren Gat ten endlich vergessen und sie trägt so gar schon im Geheimen den Verl?-- bungsring «ines Anderen. Der betrübte Mann durchstreifte in dessen, Vergessenheit suchend, einsam di« Welt. Er lieble seine Gattin noch immer. Er versucht« es auch, sie mit kosenden und klagenden Worten wie der zurückzurufen. Allein sie lachte nur seiner Qual. Sie zerriß und verstreute sein« leid vollen Brief«. Sie haßte ihn und die ser Haß schien ihr unbesiegbar. Dennoch fühlte sie in einsamen Stunden, daß sie sein Benehmen schon zu vergessen begann. Sie bedauerte den kranken Mann, der sich vor ihr so demüthigte, der vor ihr auf den Knieen lag. Der wievielte Brief ist das schon, den sie in ihrer Hand jetzt zusammen gepreßt hält? Frau Anna überkamen allerlei Ge danken. Wie wenn sie ihr Gatte den noch mehr liebte als jener andere Mann, dessen Verlobungsring sie trug? Die süßen Wochen der jungen Li«be werden verfliegen und dann nor den die düsteren, langweiligen Tage folgen, wo die Liebe schon schwindet und nichts vor ihnen sein wird als das grausame lange Leben mit seiner schablonenhaften Einförmigkeit. Wenn die Honigwochen entschwun den sind, entschwindet aber auch die Höflichkeit des Mannes. Er wird sich Rohheiten erlauben, vielleicht gar die Hand geg«n sie erheben? Das würde sie nicht zu ertragen ver mögen ... Er liebt sie ja selbst jetzt noch! Da ist sein Brief! Sicherlich fleht mer. Frau Anna ließ die Lampe anzün den. Sie ließ sie zum Divan hinstel len. Dann erbrach sie fast schüchtern d«n Brief. Ein kleines verwelktes Rosenblatt fiel aus dem Briefe ihres Gatten heraus. Dies Rosenblatt ch«m ihr Gatte um ihre Hand angehal ten. Di« süß«, herrliche Zeit! Sie begann den Brief zu lesen. Die Zeilen flössen vor ihren Augen zusam men. Sie vermochte ihn nur müh- Mein geliebtes kleines Weibchen! Du kannst Dir nicht vorstellen, wie bitterlich meine Tage dahinfließen! Das Leben ist so öde, so eintönig, ich habe ja Niemand, der mich tröstete. In den durchwachten fieberischen Näch ten perlt schwerer Schweiß auf meiner Stirne und es will sich kein Schlaf auf meine brenn«nd«n Augen niedersin ken. Wie oft habe ich es schon bereut, daß ich Dich verletzte, daß ich Dich ver dächtigte. Ich mutz nun dafür furcht bar schwer leiden! Ich büße dafür mit höllischen Qualen! Was mache ich noch ein ganzes Le ben hindurch? > . Alle Schrecken des Gewissens fallen Leibe, mit gebrochener Seele, mit aus gebranntem Herzen, allein vereinsamt da! gebrochenen Hoffnungen steht mir ein schauderhaft ödes Leben bevor. Habe ich dies verdient? Bin ich denn zu allen Strafen Gottes ver dammt geworden? Diese wenigen Monate haben mich krank gemacht,' zu einem schwer leiden den siechen Manne. Mein liebes, kleines Weibchen, ver zeihe mir, verzeihe mir endlich. Du straftest mich und ich fiel vor Dir auf die Knie. Du verfluchtest mich! Er löse mich nun endlich von d«m Fluche. Verzeih« mir, Anna! Verzeih« Deinen? demüthig darum flehenden, fchuldaebeugten Gatt«n. D«r Brief entsank den Händen der jung«n Frau. Sie versuchte zu lach«». Sie wollte ihre weiblich« Eitelkeit be friedigen; doch ihre Augen füllten sich mit Thränen. Sie faßt« sich. Si« trocknete das verrätherische Naß, sprang von d«m Divan aus und brachte ihr Kleid in Ordnung. Im Vorzimmer lieh sich eine kräf tige Männerstimme vernehmen. Frau Anna überlief es kalt. Leise flüst«rte zu: Ich bin nicht zu Hause! Sit wollte mit ihrem Bräutigam jetzt nicht zusammentreffen. D«r Brief ihres Gatten hatte si« zu sehr niederge drückt. Wenn ihr Gatte stürbe, so wär« dies für sie etwas Entsetzliches. Wie reuevoll sein Brief ist? Wie wun derbar ist es auch, daß der stark«Mann, der ihr einst durch seine machtvolle Persönlichkeit imponirt hatte, sich nun vor ihr, dem schwachen W«ib«, so demüthigte. Sie hätte ihm gern in's Aug« schau«n mögen und ihn fragen: ob das was «r schrieb, auch wahr sei? Sie wollte dem Bri«se keinen Glauben schenken. Wie groß müßte dann di« Liebe dieses Mannes sein? Diese paar Zeilen hatten sie s«hr er regt. Mit verstörtem Gemüthe ging sie in ihrem Zimmer aus und ab. Ihre Wangen glühten fieberisch. Sie war «ine noch junge schön« Frau. Sie stellte sich vor den Spiegel hm, als ob sie daran zweifelte, daß sie noch erobern könne; doch sie fand sich be zaubernd. Das nachtschwarze Haar war auf der Stirne lässig gescheitelt, ihre herrlichen Augen strahlten in träu merischer tieser Bläue und ihre sta tuenhafte Gestalt zeigte das edelste Ebenmaß. Lange blieb sie so vor dem Spiegel stehen und weidete sich mit weiblicher Selbstgefälligkeit an ihrem Anblicke. Dann warf sie sich wieder auf den Di- Sie vermochte ihr Gewissen nicht zu beruhigen. Si« bedauerte den kran ken Mann, der ihretwegen die Nächte schlaflos, in trübem Wachen ver brachte, ihr«twegen ein Raub wahnsin niger Verzweiflung war. Si« begann sich in ihren Gatten auf's Neue zu verlieben. Sie hätte sich in seine Arme werfen und seine Lippen mit glühenden Küs sen überschütten mögen. Ich verzeihe Dir Alles und nun ver zeihe auch Du mir! flüsterte sie vor sich hin. Auch ich bin ja schuldig, denn ich trotzte? auch ich bin schuldig, denn ich machte Dich krank! Aber noch bäumte sich der Wider spruch in ihrer Seele auf. Da bemerkt« si« neben dem Divan das zu Boden gefallene Rosenblatt. Sie hob es auf, legte es an die Lippen und küßt« es mit heißer Leidenschaft lichkeit. —Du meine süße klein« Blume! Auch Du gehörtest ihm. Dann setzte sie sich an den Tisch und schrieb, wie«s ihr das Herz diktirte: Mein liebes gutes Männchen! Zürne Deinem trotzigen Weibchen nicht mehr! Ich habe es schon sehr bereut, daß ich Dich verließ. Berzeihe mir! Es umarmt Dich vielmals Deine r«uige Gattin. Sie küßte das Brieschen und sandte es ab. » « » Ein« Woche darauf erhielt der Rechtsanwalt Frau Annas von ihr folgende Zuschrift: Geehrter Herr Doctor! Wir befinden uns auf der Hochzeits reise nach Venedig, ich und mein Gatte. Ich bitte Sie, den Schei dungsprozeß einzustellen. Leben Sie wohl! Ihre A. N. Hin Keiratysantrag. Das Feuer im Kamin brannte hell und lustig. Sein rosiger Schein siel auf die Gestalt «ines jungen Mädchens, das träumend im Sessel saß. Sie hatte die Ellenbogen auf ihre Knie gestützt und ihr feines blasses Gesichtchen ruhte in ihren Händen. Mit offenem Munde, hastigem Athem und entzück ten Blicken gab sie sich ganz txm Genuß ihrer Träume hin. Und glänzend« Bilder stiegen vor ihrer S«el« auf. Sie hätte alle, alle festhalten mögen, zu verweilen, ihr wieder und wieder zu erzählen, was das Poch«n ihres jun gen Herzens ihr nur zu oft verrieth. Vor Tagen, ehe sie-auf Wunsch ih res Vaters bei ihren Verwandten ewen kurzen Aufenthalt nahm, hatte dieser ihr gesagt: „Ich will Dich nicht be stimmen, mein Liebling, aber es ist mein größter Wunsch, Dich mit Hans vereint zu sehen. Er ist Dir gut, ich weiß es, Ruth, aber ob Du —" Und dann hatte der Theure ihre Stirn ge küßt und gütig gemeint: „Uebereile nichts, mein Kind, Hans kehrt erst in zw«i bis drei Wochen wieder, unterdeß magst Du Dich und Dein Herz prü fen." Noch war nicht di« Hälfte der Frist abgelaufen. Aber bedurfte sie ihrer denn überhaupt? War sie sich denn nicht bewußt, daß sie ihn liebte, liebte von ganzem Heizen und aus innigster Seele.so lange sie zurückdenken tonnte? Ruth versank wi«der in glückliches Träumen! Welch« Bilder des Glücks rem holden Gesichtchen, als ein kurzes Klopfen sie in die Gegenwart zurück rief. Die Thür ging auf, und dunklen Aug«n vertiefte sich der liber seli>ll Ni-Zdruck. War er früher ein- getroffen, weil ihn die Sehnsucht zu ihr trieb? War er gekommen, um das entscheidende Wort zu sprechen, um ihr zu sagen, daß sie sein Alles sei und ihm endlich angehören solle? „Frcust Du Dich nicht, mich zu sehen, Ruth?" sagte er befremdet, als ihre mächtige innere Bewegung ihr die Lippen schloß. Welche sanfte Stimme er doch hatte! Wie Musik erschien sie ihr heute. Noch nie war ihr dies so sehr ausgesallen als gerade jetzt, da es sie fast überwäl tigte, daß der Held ihrer Träume und ihres Herzens so unerwartet vor ihr stand. „Du weißt es, Hans, warum fragst Du erst?" Er nahm ihre ausgestreckte Hand und preßte sie sanft zwischen seinen Fingern, dabei sah er ihr forschend in das blasse Gesicht, auf dem. wie es ihr schamvoll dünkte, ganz deutlich alles Sehnen und Hoffen, alle Gedanken und Wünsche zu lesen waren. Dann zog er sie auf ihren Sitz zurück und setzte sich neben sie. „Mir scheint, Ruth, daß Du D»h hier ganz gut amüsirst, während Dein Vater einsam zu Hause ist und ich ver urtheilt war, geschäftlich abwesend zu sein. Nun beichte, was Du in den Wochen getrieben, wie viele Herzen Du gebrochen hast!" „Ich breche niemals Herzen, Hans. Das vermöchte ich gar nicht O ja, ich hatte eine herrliche Zeit, aber ich vermißte Dich sehr!" „Ho, ho, wer das glaubt! Denke nur. Kleine, sechzehn Jahre lebe ich schon in Eurem Hause, und da sagst Du, Du vermißtest mich?" „Sechzehn Jahre? Ist'S wirklich „Freilich. Neun Jahre war ich, als mich Dein Vater nach der Beerdigung des meinigen zu sich nahm. Ich war ein Waisenkind, Ruth, hatte weder Vater noch Mutter mehr, auch keine Geschwister. Und Du warst ein win ziges Geschöpschen damals und em pfingst uns in der Halle, als wir anka- Da sagte Dein Vater: „Hier, Ruth, bringe ich Dir einen lieben Bru der. Gieb ihm einen Kuß!" Und Du stelltest Dich gleich auf die Fußspitzen und hieltest mir das gespitzte Mäulchen hin. Ja. das weißt Du wohl nicht Ruth schüttelte leise lächelnd d«n blonden Kopf. „Sechzehn Jahre sind seither ver gangen," fuhr Hans fort. „Aus den Kindern wurden junge Leute.... Ge stern Abend, nachdem ich zu Hause an gekommen, sprachen Dein Vater und ich von Dir Dabei theilte er mir seinen sehnlichen Wunsch mit, uns beide vereint zu wissen..." Hans schwieg einige Augenblicke, dann fuhr er fort: „Ich möcht« so gern diesen Wunsch erfüllen und mich da durch dankbar erzeigen —" „Du willst? O, Hans!" „Aber ich sagte ihm, daß wir beide uns nicht so lieben, wie es sein muß, um einen Bund siir's Leben zu schlie ßen. Junge Leute, die zusammen auf gewachsen sind, wie wir beide, sind sich als Kameraden lieb und werth, als Geschwister, weiter aber auch nicht." Das Feuer im Kamin brannte mehr und mehr herab. Es war Ruth, als schwinde mit ihm alles Licht aus ihrem „Dein Vater meinte: „Sagt sie nein, so bin ich beruhigt. Frage sie, mein Junge!" Denn siehst Du, ich konnte und wollte ihm doch nicht sa gen, daß ich Ellen Ascher liebe, um ihn nicht zu kränken. Und darum nahm ich mir vor, Dir gleich nach Deiner Rückkehr einen regelrechten Heiraths antrag zu machen und Dich zu bitten, als meine geliebte Schwester „nein" zu sagen." Er ergriff ihre Hand, aber Ruth entzog sie ihm rasch. Si« mußt« durch diese Bewegung sich erst versichern, daß sie nicht träumte. Oder hatte sie ge schlafen vorhin, als sie vor dem Kamin faß und sich in so rosigen Farben di« Zukunft und das Leben an seinerSeite Sie hob den mlld«n Blick und sah sich um. Dort war das Fenster, hier der Tisch, an dem sie sonst arbeitete und schrieb, drüben hatte sie die Bilder ihrer Eltern und das von Hans auf gestellt, das sie immer Morgens früh zuerst und des Abends zuletzt begrüßt hatte, immer mit demselben seligen Glücksgefllhl im Herzen, das^sie^vor Und nun? - Wie aus weiter Ferne Ohr und sie faßte es kaum, als er „Das Gute dabei ist, daß Du nicht erst zu versprechen brauchst, mir nur eine Schwester zu sein, denn Du bist es seit lange. Und nun also. Klein«, willst Du mich haben? Du sagst nein. Mit aller ihr zu Gebot« stehenden Kraft raffte sie sich aus. und sie wun derte sich selbst, daß es ihr gelang, ihre Fassung zu bewahren. „Natürlich. Hans, sage ich nein. Wir lieben uns doch nicht nicht so, um —, nicht wahr?" Alles Licht in ibren Augen war er loschen. Sie sprach sehr langsam, zu letzt klang es wie ein Schluchzen. Betroffen sah er sie an, aber sie schien zu lächeln. So fuhr er lachend fort: „Nachdem Du mich also so grau sam zurückgewiesen hast. Ruth, werde ich mich zu Ellen begeben, die. ich weiß es, mich mit liebevolleren Augen an sieht und empfängt. Deinem Vater aber werde ich heute Abend erzählen, daß ich mir bei seiner Tochter «inen extra großen Korb geholt habe," schloß er heiter, sprang auf und reichte Ruth zum Abschied die Hand. Sie leate die ihre hinein dann hörte sie die Thür in's Schloß fallen. Ruth erschauerte. Wie kalt es war Z>ie Löwenöraut. Wir «varen in Trauer und Ver zweiflung. „Miß Welda", unsere Löwenkönigin, Sturm, mit der ich nun schon seit zwei Jahren die deutschen Länder durchzog. Sie starb nicht aus dem „Schlachtfeld der Arbeit", wie es so lag. Und sie war erst 19 Jahre alt und ein Urbild von Gesundheit, Kühn heit und Kraft! Sie verband mit der die Löwen niedersauste, so gab es einen Pfiff, der so klang, wie der einer Schntllzugsinaschine, wenn diese in ei- Doch seit dem Tode der Miß Welda katte der Prinzips! Studien über den Rebensaft des Rheines, wie er dort ge keltert und in Sachsen verkauft wird, für das Geschäft und diese Furcht hielt in T. bei Leipzig aufgestellt, ohne soii sagt, mit Miß Welda war unser Glück schen Zierbäumen «ine Fontaine ihre Strahlen in die heiße Luft warf. Ich bückte mich und schöpfte mit der Hand aus dem Wasser des Bassins, um mei nen Durst zu stillen. Da klopfte mich Jemand auf die Schult«! und verwundert drehte ich „Na", fagte^ dieser, '.. wenn es weiter nichts ist! Ich glaube, ich kann Ihnen eine n«ue Thierbändigerin verschaf fen." Ich riß die Augen auf. „Si«, Doctor?" „Ja, ich. Es kommt nur auf eine deinen mit keifenden Frauen, schreienden Kindern und Mül lgeruch. „Folgen Sie mir", sagte Dr. G., ! indem er sich einen Weg durch die an Doctor goet geslapen?" ! G. lachte. „Danke, Frau Stark, ich bin schon seit heute Morgen 7 Uhr auf plötzlich und nun ist hier manchmal Schmalhans Küchenmeister. Als Sie mir nun heute morgen die Geschichte Bescheid weiß. Also, Angelique höre gut zu: Dieser junge Mann gehört zu einer Menagerie, d«ren „Löwenbraut" sucht wird. Ich habe sofort an Dich ge dacht. Hast Du den Muth, die Löwen vorzuführen?" In das schlanke Mädchen kam Leben und Bewegung. oft bin ich bei Hamilton mit Papa im Käsig gewesen! Ich fürchte die Thiere nicht wo sind sie?" „Nicht hier in Leipzig in einem kleinen Orte, etwa drei Meilen von „Dann wollen wir doch gleich hin!" „So schnell geht es nicht, Kl«ine," antwortete Dr. G. „Zuerst müssen wir Plane sagt." „Oh, Mama ist mit Allem einver standen, was ich thue; außerdem dürfte hinauszukommen." Und so war es auch. Die dicke Ma layin wunderte sich gar nicht weiter daß ich einen Ersatz für Miß Welda gesunden habe. Als wir am anderen Tage Mittags in T. ankamen, war die erste Frage des Fräuleins Anglique, nachdem sie nur flüchtig Herren und Frau Sturm „Wo sind die Thier«?" „Ich werde sofort die Ehre haben, Mademoiselle", antwortete der Herr Prinzipal und griff nach seiner Peitsche. Wir gingen zum Käfig, dessen In sassen aussprangen und unruhig hin zu trinken, Mama, ich will mir einmal den Käfig von innen besehen". Die Alte watschelte davon. „Aber Mademoiselle, Sie müssen sich doch erst mit den Thieren bekannt machen", meinte der Menageriebesitzer, „sonst tönnte der erste Besuch schlecht den Tigern gegangen, ohne daß mir etwas passirt wäre. Und diese lieben Kerle hier—" S' d ch öffnen. Ich gehe aber mit." „Ganz wie Draußen stand ich mit einer langen ei sernen Gabel und zwei Holzbarrieren, sr lang, wie der Käfig breit war, und die dazu dienten, die Löwm «Inzu schließen, wenn Gefahr im Verzug wäre. an die Traillen und blickte furchtlos „Die Peitsche, Herr Sturm!" Ich erschrak, denn ich wußte, daß die Sie ihr die Peitsche nicht!" daß der ganze Wagen zitterte und di« alte Malayin die Theetasse vor Schre cken zur Erde fallen ließ. Da war Vorsetzkäsig stand, um im Falle der Noth das Mädchen schnell aus dem grimmen Behälter zu lassen und den schrie ich. In demselben Augenblicke geschah etwas Unerwartetes. DaS Mädchen warf die Peitsche weit hinter sich, Ver ne» Pudel lockt, und siehe da: die Be stien kamen langsam herangekrochen und blieben vor den Füßen des Mäd gen. Wie sperrte da Herr Sturm, der im mer auf dem Sprung zum Eingreifen gestanden, die Augen auf, nicht Ginder sein liebes Ehegespons. das bei dem Brüllen der Thiere herbeigeeilt war, während die Malayin wied«r ruhig ih ren Thee schlürfte, als ginge sie di« ganze Geschichte nichts an. „Beim heiligen Kreuzberg, Fräulein Angelique, Sie sind eine Dompteuse . psi' i-xeelwuce!" rief er in wahrer Begeisterung. „Künststück, HerrSiurm!" lachte d«r kleine Satan, „die Thiere da die kenne ich ja! Der da" sie kraute dem großen Löwen „Nero" das Fell — „ist jetzt vielleicht zehnJahre alt, „Bru tus" und „Cäsar" mögen acht Jahre zählen, während mir das Alter der Lö win unbekannt ist die habe ich noch ni« gesehen. Aber die drei männli chen Löwen stammen von Hamilton, der sie vor fünf Jahren an die M«na gerie Wombwell verkaufte." „Teufel, das stimmt die Löwen sind von Wombwell „Na, also. Ich habe die Thiere, bei denen ich früher mit dem Vater wohl hundert Mal« im Käfig gewesen, so fort wieder erkannt, die Löwen mich auch. Einige Hiebe waren aber noth wendig, um die lieben Kerls nicht gleich von Anfang an zu verwöhnen. Ich werde aber mit ihnen gut auskom men, auf mein Wort, Herr Sturm." Daran zweifelte nun der ehrenwer the Prinzipal durchaus nicht. Er fuhr noch an demselben Tage nach Leipzig und klopfte sämmtliche Weinlneipen ab. Mochte auch seine Alte kralehlen er war froh, daß er eine neue „Löwen braul" gefunden hatte. Solche MädelS entdeck! man nicht all« Tage am allerwenigsten in ei ner Miethskaserne, vier Treppen hoch! Eyemanntrefttrto«««». Bekommst Du eine anspruchsvolle Frau od«r viele Kinder, dann denke mit Shakespeare's Jago: »Thue Geld in Deinen V«ut«l!" D«r erst« schwach« Schrei det Neu geborenen wirkt wi« die süßest« Musik auf das Ohr seiner Erzeuger, bei dem späteren Schreien möcht« man so oft g«rn« darauf «rzichten. Man kann der li«bendst«, auf opferndste Gatte sein, ohne einen Pan toffelhelden aus sich machen zu lassen. Aber das ist nicht leicht. Erst in der Todesstunde weiß ein Je der, was er an dem Ander«n g«habt Hot oder auch nicht. Ueberflüssig. Dame: »Wie, den heruntergekommenen Baron mit der dunkeln Vergangenheit soll ich hei rathen? Der befindet sich ja nicht ein mal im Besitze der bürgerlichen Ehren rechte." Heirathsvermitiler: „Nu', was hat er nöthig bürgerliche Ehrenrechte, wo er is e Baron?" schmeckt er Ihnen?" B.: „Ach sa, er ist ganz gut; aber ich glaube, es ist sehr schwierig, Cognac nach einem Glas zu Ihnen will ich einmal ungeschminkt die Wahrhtit sagen!" Ha, ha. ha, Frau Assessor, dann müßten Si« olxr heiter aussehen!" B«rrät he r i s ch« St«i gerung. Besucher: »Sie fürchten sich wohl vor Ihrer Frau?" Pan toffelheld: „Ich was fällt Ihnen ein! Nicht im Entferntesten! Am we nizsttn heute, wo Besuch da ist!"