2 KwckticheLleöe. Du hast «S gesehen, da stiller, nacht wandelnder Mond! Dein sanftes Licht umfloß die kleine Hütte auf felsig«» Waldeshange und ergoß sich über Berg und Thal, daß die Landschaft ringsum in mattsilbern flimmerndem Schein« dämmerte. Da sahst du, wie d«r Nursch« v»r der Hütt« schüchtern di« Hand des jkngen Mädchen« saßte. Flüsternd that er «in« Frage an sie. Si« aber senkte i« holder Verwir rung de» Kops und wie sie wortlos vor dem Füuger stand, da faßt« ffie dieser in sei« Arm«, drückte sie an sein« Brust und küßte pe. Er küßte ihr d« Mund, küßte ihr Augen und Stirne und sie-lag stum«, gliütverloren, vor Seligkett wehrlos in seinen Armen. Di« Stern« oben am Himmel gli tzerten Heller «rf, süß« duftete der Wald unt«r dem Hauch« h«imlich flü sternden Windes und Nachtigallen iju belten in den Büschen. Plötzlich aivr fuhr S>ai MLdchen Hütt«. Das hast du gefchen, da stiller, nachtfchleicheiider Geselle und als im Osten die Morg«nröthe das goldene Thor dem jungen Tag öffnet«, da hast du es ihr -ausgeplaudert, Di« jung fräuliche Aurora ob dei sah sie das Mädchen reis«f«rtig, ihr ärmliches Mndel in der Hand vor dem Burschen stehen, „Wie?" «beginnt dieser. „Du Du willst gehen?" len. „So ohne Abschied fort unter dk Menschen, di« Dich so er bärmlich behandeln? Weißt Du denn nicht mehr! —?" „O, ich weiß", rversetzt das Mädchen leise, „ich weitz, daß ich überall bei und hungernd gefunden —" „Nicht das" will er sie unterbre chen. „O, ja und daß mich Deine Mutter gütigst aufgenommen, gepflegt und Du —" „Und ich Dich liebe! und hat mir gestern nicht Dein Mund, nicht Dein pochendes Herz gestanden —?, ~Ja, ja!" entgegnet si« traurig lä chelnd. „Doch muß ich fort; laß mich in Fri«den zithen lebewohl!" Und sie reicht ihm die Hand zum Ab schied. Er hätt ihre Rechte fest und blickt trüb in das Laitd hinaus. Tief unten im Thaie liegt zwisch«n wogenden Kornfeldern ein Dörflein. Die Mor genglocken klingen lockend zum Wal dessaum« herüber, Schwalben kreisen um d«n alten Kirchthurm und das gold«ne Kreuz darauf glänzt wie ein Stern auf dem tiefblauen Himmel. Bon fern her grüßen blauende Berge und darüber steht, duftig zart auf das Firmament hingehängt die erbleichend« Scheibe des Mondes. Doch der Bursche si«ht nichts von all dem. „Aber warum?" wendet er sich wie der zu dem schönen Kind«, „warum willst Du mich verlassen?" Da schlägt si« ihre sanften, thränen schimmerndm Kinderaugen zu ihm auf: „Weil ich Dich liebt", sagte si« leise, „so srhr von Herzen liebe!" Menschen, wie ich «s gewesen und s«in werde, bliebe ich bei Dir, Du würdest, in Deiner Liebe glücklich, unglücklich im Leben sein!" „Unglücklich mit Dir?" wiederholte er zweifelnd. „S«ltsames Wesen." —' Doch plötzlich tritt «r näh«r an Sie wir Dich um Deinen Namen frugen, da flehtest Du uns an, nicht die Frag« zu thun " „Weil ich allen Unheil bringe, b«i denen ich weil«, und auch ihr mich ver thr gewußt, w«r ich bin!" „Seltsames Wesen! Doch sprich' jetzt, wer bist Du? Sprich!" Sanft befreit daS Mädchen ihr« Hand von feinem Griffe. „Lebe wohl und Gott segne Dich! Ich bin die Bescheidenheit!" und sie wendet sich zum Gehen... Das hast du gesehen, da aber erlo schest du im siegenden Glänze der Sonne. Und es war «in leuchtend«!, herrli cher Sommermorgen. Der rücksichtsvolle Sohn. Sohn: »Henk hat mich der Lehrer gefragt, ob Du mir bei der französischen Aufgabe geholfen hät test?" Vater: „Ha? Du es einge standen?" Sohn: „I bewahre ich Werd' Dich doch nicht blamiren!" Bitte. Hänschen (zu« Pan toffelhelden): „Ach, Papa, nimm mich doch einmal mit in den zoologischen Garten; ich möchte gern einmal «in richtiges Rhinoceros sehen!" —Na —na! Junge Frau: „Liebe Freundin, können Sie mir nicht ein neues Kochbuch empfehlen?». Aus meinem jetzigen schmeckt meinem Manne partout nichts!" Vom Exercierplatz. Lieutenant (einen Rekruten mit gro- Huschke, wie heißt der Mann da mit den Schalltrichtern?" Es gibt Geistesblitze, die den einzelnen erleuchten, die Menge aber verheeren, wenn sie bei ihr zün den. Z>ieSchü»ssersonate. von Mar Htrlchkeld. Sie saßen auf dem Balkon und ath. nieten die würzig« FrühlingSluft «in. Ein Jahr waren sie verheirathei, und si« hatten jich während dieser Zeit recht glücklich gefühlt. J«tzt allerdings bei der jungen Frau" Si« hatt« «S sich s« sehn: gewünscht. Ein Jung« sollt« cs kein, Arno sollte er heißen und ganz 'dem g«li«bt«n Gatt«n gl«ich«n. Seine S«hnsucht war and«r«r Art. Ein Jung« wär« ihm ja auch «cht gewesen, aber noch mehr —«r g«stand es sich Iselbst kaum ein die unbeschräiille Stammkneipe ging und einem freiwil ligen Gelübde gemäß stets vor zehn Uhr heimkehrte. Ab«r doch» —«r wollt« wenigsten» das Bewußtsein Ha dem Balkon, und jeder dachte an das, was er zur Zeit a« heißesten wünschte. „Es wäre für Dich ein« so schöne Abwechslung, Heinrich. w«nu Du ihn hättest", unterbrach di« jung« Frau Di« b«id«n Gatten waren gewohnt, ihre Gedanken aus den leisesten Andeu tungen zu errathen, daher sagte sie einfach.ihn". „Das ist wahr", erwiderte Heinrich erfreut, »ich dachte es mir auch so schön, wenn ich ihn immer mit mir herum trag«n würde." „Ach nein. Du würdest ihn fallen lassen." „Aber Laura, Du hältst mich im mer für so ungeschickt. Ich könnte ihn ja in ein Etui lege» " „Wie komisch! Eine Matratze, meinst Du * „Nenn' es, wie D» willst, Laura, aber ich muß ihn haben, ohne ihn ist man gar kein Main» " „Das ist wahr, Heinrich." „Und was Deine Angst betrifft, daß Ich ihn verlitren könnt«, nun, im schlimmsten Fall« kauf« ich «inen Laura fuhr erschreckt empor. „Was sagst Du? Einen neuen lau fen? Wir haben doch keinen Sclaven handel. Unerhört! Einen neuen Sohn will er sich kaufen." „Nicht doch, einen neuen Haus Hausschlüssel soll Du haben." Heinrich umarmte sein Weibchen zärtlich. « Andante eon ckolore. Wieder saßen sie auf dem Balkon. Es war «in lauer Sommerabend. Heinrich schaute von Zeit zu Zeit übe: die Brüstung nach einem elektrischen Licht, das aus der Ferne hinüber strahlte. Dieses Licht gehörte der Pschorrbrauerei an. „Heinrich," sagte Laura in wehmü thigem Tone, „ich weiß, woran Du denkst." „Unmöglich!" erwiderte er über rascht. Eine Weile war si« still und seufzte nur. Dann begann sie wieder: „Heinrich, kennst Du die Geschichte von Polykrates? " „P01y... aha! über seinem Haupte hing «in Schwert, und außerdem hatte er einen Freund, für den er bürgen wellte..." „Nein, Heinrich, das verwechselst Du, Polykrates warf das Liebste, was er hatte, in's M«r, um nicht den Neid der Götter zu erregen. Willst Du nicht auch " „Nein, ich gebe ihn nicht her," rief Heinrich und seine Finger krampften sich um den Hausschlüssel, den «r in der Tasche hielt. Diesmal hatten sie sich verstanden. Laura stöhnte leise, und Heinrich erin nerte sich plötzlich, daß «r mit einem Geschäftsfreunde ein Nendezvous ver abredet habe. Er eilte davon. Es war nicht Sonnabend. „O Du «lender Mensch, die ganze Nacht durchbummelt, sollte man es glauben! Sieben Uhr Morgens haben wir jetzt. es ist Heller Tag, und va kommt er an, taum«lnd wan kend —" „Aber, lie—a —be Laura, i—i—ich versicher« Dich, ich bin noch ga—ganz nüchteri,..." „Stvll, k«in Wort weiter! Augen blicklich giebst Du den Hausschlüssel her. Mein« Geduld hat ihre Grenzen. Hörst Du nicht, den Hausschlüssel will „Abir Li«—Lie—a—Liebchen, Du siehst doch, da—da—daß ich ihn übtrall such«, ich finde ihn nicht " Lau?a stürzte auf ihn zu und vi siert seine Taschen. „Nein, wirklich, er hat ihn nicht, er hat ihn lxrbummelt oder versteckt Anna, das Dienstmädchen tritt ein. „Hier, Madame, der Hausschlüssel!" „Wo lag er?" „Unten vor der Thüre im Rinn stein!" „Ist es Dein Ernst, Laura?" „Ganz gewiß. Du kriegst ihn." „O Du mein liebes Weib! Jetzt kann ich es Dir ja sagen, eS war mir pfui, Heinrich, das ist recht schlecht von Dir. Nur um die Ehre? ES ist doch schließlich mehr Freude, al» Ehre." „Freuen thu' ich mich natürlich, Dei netwegen. Ich hätte nicht geglaubt, daß Du im Stande wärest " „Aber, Heinrich." digen wissen." „Na, Iver weiß! Wenn er Dir zu diel schreit " „Wie? Was? Der Hausschlüssel Wer spricht denn vom Hausschlüssel? Wi« kann «in Mann, d«r im Begriffe ist, Vater ju werden " Mit einem Ausrufe höchster Freude springt er auf und umarmt sie. „Vater? Ich Vater? O Laura, fchlüssel denken." Karöencharakteristik. Alle Dinge um uns her sind in das Gewand der Farben gekleidet, di« ver schiedenartig wi« sie sind, auch die ver mungen in uns erwecken. Die Künst ler der Farbe, di« Maler, wissen dies wohl und verstehe« mit dem Inhalt ihrer Paletten auf ihren Gemälden fen, den Eindruck, den wir unbe wußt empfinden, in klare Worte zu fassen- Das zart« Blau hat etwas Geheim nißvolleS, Märchenhaftes. Die blaue Vlnme winkt im deutschen Märchen- Auch das weite Meer, in sanftes Blau tische und schwärmerische vorzugt. Rosa ist, wie die Blume, deren Na men eS trägt, die Farbe der Liebe, und di« Empfindung, welche sein Anblick erregt, deckt sich am besten mit dem Be- Licht die Lebens- und Liebeslust. Es Roth ist das Blut, roth ist die Pracht hend, Nahrung und Kleidung er wirbt. Bier und Thee. Genußmittel, welche Frücht«. Doch läßt sich über das weite Gebiet der Küchenprodukte ebensowe- Braun ist die Farbe der lieben Pro- Fußböden in Braun gekleidet, deshalb Gebrauchs, die Tische, Stühle und recht das Kleid der Arbeit. Blässe. Ein Bild der Unklarheit, der Grün, dunkler der Wald, wenn über die erste, weiche Jugend seiner Blätter Sturm, Regen und Hitze dahingegan gen sind. Erst wenn der Herbst seine Gaben dem Menschen in den Schooß gelegt hat, stimmt die Natur gewisser, maßen ein Jubellied an, indem /ie das geben von dem Grün der Wäld«r und Matten, gedeihen Mensch und Thier am besten. Grün beruhigt die Nerven; lung und Einsamkeit Schmachtenden. Grün tst die Farbe der erfüllten Hoff nung und der Zufriedenheit. Lila ist di« Färb« der Sanftmuth. Stimmungsvoll wie das Blau, theilt «S ein wenig dessen Hinneigung zum Elegischen, um sich in bescheidener Zu rückhaltung mit seinen rothen Bestand theilen weichen, lyrischen Gefühlen hin zugeb«n. Gedämpft, freundlich und wehmüthig, «rwirbt eS ohne laute Lei denschaft stille Zuneigung, wie di« holde Fliederblüthe, welche die Fried höfe mit ihrem unvergleichlichen Duft erfüllt. W«iß endlich, welches in sich alle Farb«n vereinigt, die d«r Regenbogen hat, ist so recht di« Farbe geistiger und leiblicher Vornehmheit und Unschuld. Sein blendendes Kleid wird durch die geringste, unrein« Berührung schmu tzig. „Rühre mich nicht an", so scheint es ängstlich zu mahnen. Die Braut, welche dem Bräutigam fleckenlos in die Arme gelegt werden soll, si« wird in zartes Weiß, gekleidet, und ist auch der Schleier, zum Zeichen, daß Sittsamkeit und Unschuld sie bis dahin von allem Unreinen geschieden. Von duftigem Weiß ist die Blüthe, welche dereinst die köstlich« Frucht hervorbringen soll; deshalb ist seine R«inheit zugleich ver heißungsvoll und Freude erweckend, Freude und Erwartung ausdrückend. Weiß ist eine festlich« Farbe. Schwarz! ist schwarz ein« Farbe? Dumpf und gierig scheint es alles Licht, alle Freude, all« Farben ver schlungen zu haben. Schwarz bedeutet ewiges Schweigen, Nacht, Nichts. Schwarz ist die Finsterniß des Gra bes, der Tod, der furchtbare Ernst des Lebens. Schwarz sehen, schwarz ma len, ist Unglück ahnen und prophezeien. Wer seine Farbe, seine Individualität nicht bekennen will auf dem Jahrmarkt des Lebens, der nimmt die schwarz« Maske vor und bekleidet sich mit dem nichts bedeutenden Domino. Wer schwarz trägt, will nicht ausfallen, be giebt sich in den Schutz des Unbeachtet seins, des Schattens. Aus diesem Streben heraus erklär! sich auch wohl die heutige Vorliebe sür das Schwarz in der Kleidung. Die Abgeschlossen heit, welche die jetzige Geselligkeit im Gegensatz zu den gemischteren, harmlo seren und bunteren Vergnügungen ver gangener Jahrhunderte charakterisirt, drückt sich ebenfalls in derßevorzugung des schwarzen Festgewandes aus. Ohne starkes Selbstbewußtsein und eine ei gene Geschmacksrichtung verschwinden bescheidene, diskrete, unscheinbare, aber auch hochmüthige Leute unter seinem deckenden Mantel. Schwarz drückt zu gleich den Mangel an Lebensfreudigkeit aus, die unsere harte, unfreudige Zeit nicht in uns aufkommen läßt. Wenn wir so vollberechtigt von einer Charakteristik der Farben sprechen können, läßt sich, an der Hand einge hender Beobachtungen, von der Klei dung der Frau, von der Einrichtung der Wohnung wobei allerdings auch die Laune der Allbeherrscherin Mod« in Betracht zu ziehen ist —, von den mit Vorliebe getragenen und angewen deten Farben recht wohl ein Rückschluß ziehcn auf Charakter und Sinnesart der Trägerin und Bewohnerin, auf die Dissonanzen od«r die Harmonie ihrer Seele. »er erste anst. Ein sprödes Mägdlein wollte nie Den schmucken Liebsten küssen. Umsonst blieb Bitte, Red' und Rath, Was er versuchte, was er that, Hat's bleiben lassen müssen. Da kam er einst, die Augen naß, Und sprach: „Nun geht's an's Meiden, Mutz jäh aus «ine Rette fort. So gib mir noch ein Mschjedswort, Und «inen Kuß zum Scheiden!" Ach, daß der Liebste scheiden müßt', Sie wollt' es fast nicht glauben. Vor herbtm Schmerze und Verdruß Gab sie ihm schluchzend einen Kuß Und ließ sich einen raub«n. Doch TagS d'raus war er wi«der da Und sprach: „Ich reis' erst morgen Beim allersrüh'sten Sonnenstrahl. Küß mich zum Abschied noch einmal!" Sie that's voll Gram und Sorgen. Doch als er 's dritte Mal verschob. Di« Reise in die Fern« Da merkt« sie ja wohl den Trug, Schwieg aber mäuschenstille klug: Jetzt küßte sie schon gerne! Ihre Auffassung. Freundin: „Nun, Loni, wie geht es Dir denn bei Deiner neuen Herr schaft?" Loni: .Die Behandlung ist gut; aber sonst ist meine Herrschaft sehr knauserig. Den Winter soll sie so gar im Suden zubringen, wahrschein lich um Holz zu sparen." Verlockende Au S s t. tes Zimmer mit schönster Aussicht? Fein möblirt ist's ja; aber Aussicht finde ich keine!" „Na, sehen Sie sich mal das Haus dort drüben an: das gehört dem mehrfachen Millionär Rei chenberger, und der Mann hat drei hiibsch heranwachsende Töchter!" Unsere eigenen Fehler mißfallen uns meist erst, wenn wir sie findet man nur deshalb nichts, weil man nichts hinter ihnen sucht. Z»er Schwager. Nicht nach km sonnigen Italien, nein, nach dem sächsischen Erzgebirge. Frei lich, es hatt« lang« gedauert, bis er Ev chens Zustimmung zu diesem Plane «r -langtt. Ab«r das Erzgebirge war Benno's H«imath und hoch ob«n in der Kreisstadt lebten sein« alt«n Elt«rn, di« wtgen ihrer Gebrechlichkeit der Trau ung nicht hatten beiwohnen können. Denen galt die Reis«. Benno war glücklich. Wie schmiegt« sich s«in Ev ch«n an ihn, als si« so s«lband«r Hinein suhren in den schönen Frühlingstag! Sie fühlte gewiß, daß sie eines Schutzes bedürfe in der Nxit«n Welt, wenn Papa und Mama, Gesellschaftsdame und Tante nicht als Gluckhennen bei ihr waren. O, wenn es doch immer so bliebe! dachte Benno und zog sein zartes Frauchen an sich, denn die Beiden wa ren allein im Coup 6, daS hatte er für sorglich bewirkt. Es war ihm eigent lich sonderbar zu Muthe, daß sein Ev chen mit einem Male so ganz wunschlos geworden war, so ganz einer Meinung mit ihm. Sie koste und lacht« und freute sich. Si« gab sich so anmuthig und natürlich, wi« es Benno noch gar nicht an ihr bemerkt hatte. Freilich, so ein süßes, trauliches Alleinsein war ihnen auch noch nie beschieden gewesen. Papa Excellenz hatt« doch recht ge habt: In der Ehe verwandelt sich das Weib in wunderbarer W«is«. Ein tüchtig«! Ehemann wird s«in«s Weib«s Meister, w«nn er auch vorher d«r Sklave d«s Brautstandes war. Da ran dacht« Benno und jubelt«. Er hätt« die ganz« Welt umarmen mögen. So nahe schon der Heimath mit seinem Glück! Denn eben hatte d«r Schaffner abgerufen: Schwalenberg! Hier hörte di« Eisenbahnfahrt auf. Man war am Fuße des Erzgebirges angelangt und die Postfahrt über das G«birg« nach d«r Kreisstadt Annen- Heim sollte beginnen. Evch«n fühlte sich plötzlich wieder un ter Menschen. Und unter Menschen muß man zeigen, daß man di« Tochter einer Excellenz ist. Es würd« darum die hochmütigste Mi«n« aufgesteckt, di« ihr zu Gebote stand, und verächtlich schaute die jung« Frau auf den Plebs, auf die Gebirgler, di« in ihr«n Trach ten ebenfalls den Eisenbahnwagen ent stiegen und hin und wieder einen fro hen Juchzer hören ließen. Benno mußte sich um das Reisegepäck küm mern und so stand Evchen etlich« Mi nuten allein. Sie sah, wie Benno auf den bei sei nem Gefährt stehenden Postillon zu ging, ihm kräftig die Hand schüttelt« und hörte ihn sagen: „Ich grüß' Euch, Schwager! Auch noch auf dem Posten? Lang« nicht gesehen! Wie geht's?" Der Postillon lüftete seinen Hut, ver zog s«in breites Gesicht zu einem Grü ßen und «rwiderte Verschiedenes im Dialect, was aber Evch«n nicht verste hen konnte. Si« war puterroth vor Aerg«r ge worden. trippelte hin und her, schüttelte den Kopf und als sie gar merkte, daß der Postillon nach ihr hinsah, da war es vorbei mit ihrer Beherrschung. „Benno!" rief si« ärgerlich. Der hatte unterdeß schon die nöthi gen Austräge wegen des Gepäcks gege ben und war im Nu an ihrer Seite. „Was befiehlt m«in Schätzchen? Ich mußte nur das Gepäck besorgen und habe dem Schwag«r «tliche freundliche Wort« gesagt. Ich bin oft mit ihm auf dieser Tour gefahren und der treue Mensch freut sich herzlich, daß —" „Genug, genug," unterbrach ihn Evchen „ich mag nichts mehr hören! Führ« mich hier weg, sonst werd« ich noch ohnmächtig über so viel Ehre!" Benno war starr vor Verwunde rung! aber er kannte sein Kindchen. Da hieß «s sofort nachgeben, sonst war «S um die Freuden der Reise gethan. Er führte sie nach dem Postwagen. „Gott sei Dank!" sagte «r, „da gibt's Platz gen»"!" Es saß nur «in dickn H«rr, d«m Aussehen nach ein Metzger, in der einen Eck«. Am anderen Ende ließen sich die Beiden nieder. Kurz darauf begann die Fahrt. Evchen sprach kein Wort. Sie stöhnte nur ab und zu auf. Benno gab sich alle Mühe, die Ur sache dieser Stimmungsänderung bei seiner Frau zu erforschen. Vergeb lich. Doch rang sich «in: „Ach, Ma ma! Ach, Mama!" über ihre Lippen. Aha, dachte Benno, das Heimweh beginnt! So früh schon? —Er ver suchte sie nun zu trösten, er wollte ihr die Gegend zeigen, nannte sie mit tau send Kosenamen. Alles half nichts. Si« drückte ihr Köpfchen in die Wa genecke und war nicht dazu zu bewe gen, ihn auch nur anzuscha^n. Sicht. Der mitreisende Dicke beugte sich zum Fenster hinaus >md rief: „Schwager, in Rafchau kneipen wir eins!" Evchen horcht! auf und fing plötzlich an zu weinen: „Ich will nach Hause zu Mama und Papa. Bring' mich nach Hause!" Nun wußte sich Benno keinen Rath Was thun? „Kind, Du bist krank! ISald sind wir bei meinen Eltern, die pflegen Dich! O Evchen, sage es mir, wo es Dir fehlt, mein Herzblättchen vi«lleicht unter sie w«int« nur um heftiger. Und schließlich stieß si« mit d«n Füßchen auf: nete ihr« Thränen, verschmäht« seine Hilfe beim Aussteigen und that, als wenn geschehen wäre, nur ihn unwohl geworden sei. Behut Euch Der Postillon versprach, sofort nach Ankunft den Eltern Benno's die Stö t«te den Hut: „Behüt's Gott!" und „Eine Droschke! Sofort!" befahl sie, tern!" als sich zu fügen. Der Wirth stellt« «in Gefährt und im Galopp ging «s dem Bahnstädtchen zu. Evchen sprach kein Wort m«hr und Benno hatte Zeit, auch seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Das g«ht ja gut an, dachte «r. Ja, ja, Papa Excellenz hatte doch recht. In der Ehe verwandelt sich das Weib in wunderbarer Weise! Brrr! Die Frau wird ihres Mannes Meiste rin und die gern getragenen Sklaven kettchen des Brautstandes verwandeln sich in klirrend« K«tt«n, die schwer ab zuschütteln sind. Nun, Papa und Mama Excellenz würden ihm helfen, seine Frau, di« Frau des wohl bestellten Amtsrichters B«nno von Kuhnen. Daran ließ sich nicht mehr rütteln. Gewiß bäumt« sich di« jungfräulich« S««I« f«in«s Evchens auf gegen die Herrschaft des Mann«s. Es war sich«r dl« Reaction auf den Tau mel der l«tzt«n vierundzwanzig Stun den. Aufregung nichts als Aufre gung! Der ersten Erschlaffung im Bahnwagen war das Erwachen gefolgt und nun probirt« di« Frau zum «rst«n Male die Herrschaft ihres Willens, sie schwang kn Pantoffel. In eigen thümlicher Weis« zwar, ab«r ganz wür dig der Launen, die sein Evchen ihm bereits als Braut zu kosten gegeben und die er als gereifter Mann belächelt und entschuldigt hatte, wi« «in Erwachsener die Laun«n «ines Kindes entschuldigt. Sein Evch«n war ja erst achtzehn Jahr« alt, da ließ sich gewiß in Güte und Liebe noch manches am Charakter än dern! So spann sich Gedanke an G«dank«, ohn« daß Benno «in« recht« Erklärung für das Verhalten seiner jungen Frau fand. Aber schon war Schwalenberg in Sicht. Der nächste Zug ging auch bereits nach einer halben Stund« ab, durch ein Telegramm wur den Evch«ns Elt«rn von der Rückkunft verständigt, denn «rst nach Mitternacht konnte die Ankunft in der Residenz er folgen. Kein Wort fiel zwischen den Beiden. Es gab nicht Hunger und Durst, kein« Ermüdung. Ein« lang« Fahrt. Doch endlich fuhr der Eilzug in die Bahnhofshalle der Residenz ein, Papa und Mama Excellenz, die Gesell schaftsdame, drei Tanten und zw«i Dienstboten erwarteten di« Rückkehren- Die Wartenden jubelten, als sie das Paar unversehrt dem Bahnwagen ent steigen sahen, denn man hatt« in großer Angst um Evchens Befinden geschwebt. „Aber Linder, Kinder!" schnarrte Papa Exc«ll«nz, „was soll das h«i -ßen!" Benno grüßt« All«. Evch«n warf ihr Köpfchen stolz in d«n Nacken. „Erst nach Haust," commandirte sie, „dann werd« ich spr«ch«n. Ich bin schmählich betrogen schmählich!" Ihre Stimm« klang gepreßt. „Donnerwetter, H«rr Schwi«g«r sohn!" näs«lte Exc«ll«nz „was soll das h«iß«n?" „Ich bin sprachlos. Herr Schwieger papa! Der Teufel soll dos Räthsel lö sen! Ich kann es nicht!" Benno war nun ärgerlich geworden, das war ihm doch zu stark! aber «ine Auseinandersetzung auf d«r Straß« mußte er verm«id«n. Und als man zu Hause angekommen war, nahm Papa Excellenz sofort seine Tochter vor. „Aber Evchen, nun ohn« Umschweife heraus! Was gibt's, was spielst Du da für Possen?" „Ich muß bitten, Papa," erwiderte Evch«n trotzig weinend, „k«ine Possen! Euch gesagt, «r l>abe nur die eine Schwester, die Freifrau von Bestehorn? Ja! Nun fragt ihn selbst, wi« kommt er denn noch zu ein«m Schwa ger?" „Schwager? Aber wieso?" riefen Papa und Mama zugleich. „Ja, Schwager!" fuhr Evchen fort. hat wieder einen Schwager, so einen dicken Metzger oder so etwas! Das ist himmelschreiend! Himmelschreiend!" Benno lacht« aus voll«m Hals« wi« erlöst und wollte etwas erwidern; aber Evchen ließ ihm kein« Zeit zur Ant wort. „Du lachst auch noch? DaS ist un» verzeihlich, ich lasse mich scheiden! Ei» nen Postillon zum Schwager! Einen Postillon!" Si« schluchzte laut auf. Aber die Mama und die Tanten und vor Allem Papa Excellenz, si« hatten die Situa ten aus vollem Herzen. Du für Streiche! Siehst Du, Deine Laune hat Dir da «inen böf«n Streich haben will, Dich unverständiges Kind," Evchen. „Na, Kind," fuhr Papa Excellenz fort, „weißt Du noch nicht, daß man althergebrachter Sitte? Du staunst? auch Du den Schwager Postillon, das soll Deine Strafe f«in!" Evch«n macht« erst große Augen, dann aber mußte auch sie lachen, und lachend wechselte das Paar Kuß um Kuß trotz Gegenwart von Papa und Mama Excellenz, der Gesellschaftsdame und drei Tanten. Von W, Rothe. Wer Blumen gerne hat, liebt ge wöhnlich auch Musik. Die Harmonie der Töne, antwortet sie nicht der Harmonie der Farben? Und ebenso möcht« ich den .Dust" als Dritte einreihen. Ist Dir beim Hören einer Melodie nicht schon einmal die Erinnerung an irgend eine bestimmte Blume erstan den? Ich meine in der Art, daß Dich gleichsam der Duft derftlben um schwebt und Dich wundersam berauscht in Erinnerung eines geliebten Wesens? Unwillkürlich vergleichst Du diese Blumen mit dem Namen, den Zügen, dem Charakter der geliebten Person, und vertiefst Dich beim Klang der Me lodiensülle in alte, liebe Bilder. „Weber" z. B. versetzt Dich inmitten eines Waldweges zwischen Marien bliimchen und Veilch«n. Du betrittst mit demselben wonnigen Gefühl, wie einst Seite an Seite mit der Geliebten, den schmalen Fußsteig, hörst das Plät schern des Baches zu Euren Füßen, siehst den thaufeuchten Zweig das fein« Köpfchen mit den blonden Flechten streifen. „Haydn" läßt Dich durch sonnenbe glänzte Fluren wandeln, und blaue Kornblumen nicken Dir zu, wie der er j wärmende Gruß eines lieben, treuen Auges. Eine Melodit „Schuberts" zaubert ! Dir einen farbenprächtigen Sonnenun tergang vor Aug«n, einen Spaziergang durch blühende Haide. „Schumann" gleicht der linden ! Sommernacht; im Silberschein des j Mondes ruht der träumende See, Du siehst das vom leisen Nachtwind ge streifte Schilf des Ufers, die stille Was serrose. „Mozart" umsluthet Dich mit Ro sendust im sonnendurchleuchteten Park an einem thaufrischen Morgen, wäh rend „Beethoven" eine erhabene Ge birgslandschaft, wunderjame Gletscher, blühende Bergeshöhen, purpurne Tie fen, entzückende Thäler vor Deine trunkenen Sinne führt. Aus dem Rauschen und Wogen des Meeres, das die Allmacht Gottes kün det. tönen Dir „Handels" machtvolle Orgelklängc. „Bach" laßt Dich an ei nen krystallklaren, tiefen Bergsee den ken. Mit süßen, betäubenden Düften von Heliotrop, JaSmin, Narzissen und Flieder überströmt Dich „Chopins" sinnberauschende Tonfülle, und „Ru binstein" versetzt Dich in die märchen hafte Pracht eines Serailgartens, über dessen hohe Mauern die vergoldeten Kuppeln der prächtigen Moscheen im Sonnenschein funkeln. „Jensen" mahnt Dich an die zarte, keusche Lilie; sie schmückte Deine junge Schwester auf ihrem letzten Lager, als Gott sie heimrief zu seinen Engeln in ihrer Jugend. Unschuld und reinen Schönheit. So könnte ich noch manches Bild vor die Seele führen zum Vergleich inne ren Zusammenhangs zwischen Musik, Natur, Duft und Farbe. Es ist ja fast unmöglich, draußen in der Natur allein zwischen Blumen und Bäumen zu wandern ohne Sehnsucht nach Gesang, Musik nach Tönen. Alles in der Natur einigt sich zu einer Harmonie Frage: haben dem Anfang des Streites beigewohnt?" „Gewiß. Vor zw«i Jahren!" „Was, vor zwei Jahren?" „Na ja, ich war doch auf der Hochzeit der Beiden." WaS man hat, beur theilt man immer anders, alt wit ma» haben will.