2 Mutter und Hochter. In der Nähe meines in der Man teuffelstraßc gelegenen Polizei-Revier mit ihrer siebenzehnjährigen Tochter. Sie hatte seiner Zeit als blutjunges Mädchen dem stattlichen Obersten, !vel- Tochter ein angenehmes Heim zu er halten. Die Mutter, welche einstmals das Lehrerinnenexamen gemacht, un terrichtete das Töchterchen selbst und lebte fast nur für dasselbe, in Folge Ich lernte die Dame in einerSitzung des Frauenvereins, dessen Vorstands mitglieder mit besonderen lich nach einem leeren an meinen Tisch zu bitten und sie meiner Yrau vorzustellen. Die Damen fan den Gefallen an einander und nament meinem Hausse ganz wohl zu fühlen. Unter der Hand erfuhr ich dann, daß sich die nun fünfunddreißigjährige Wittwe mit einem an Jahren jüngeren, selbstständigen Kaufmann aus guter Familie verlobt hatte oder im Begriffe war stch zu verloben, was mich um so mehr frappirte, als ich wußte, daß der Kaufmann sich um ein junges, sehr ihm hierbei auch von keiner der maß vebenden Seiten Schwierigkeiten in den Weg gelegt wurden. Eines Nachmittags hörte ich in mei nem Sprechzimmer, das nur durch den Korridor vom Bureau getrennt war und im Zusammenhange mit meiner Privatwohnung stand, die sehr erregte Stimme einer weiblichen Person, die nach mir verlangte, und gleich darauf dem anmeldenden Schutzmann herein und erzählte schreckensbleich und mit fliegendem Athem, daß die Frau Gene- soeben in ihrer Stube todt zum Polizeiarzt, der zugleich mein Hausarzt war, und eilte selbst, dem «inen Wachtmeister die Anweisung ge bend, mir unverweilt mit zwei Beam ten zu folgen, an Ort und Stelle. Ich traf die Situation genau so wie dessen Inhalt sie in einen Zustand gerufen: „Die Wahrheit, die Wahr- Karafse mit Wasser stand, plö^lich vor dem Sopha stand ein fast volles Glas Wasser, während ein zweites Gla» zerbrochen dicht neben der Tod ten lag; zweifellos hatte sie aus die sem zuletzt getrunken. Am Boden des zerbrochenen Glase? haftete noch un aufgelöstes weißes Pulver Cyan lali bemerkte der Arzt sehr ernst, wie «r auch dasselbe inhaltschwere Wort von dem in der Enveloppe noch be findlichen Pulver gebrauchte. Dieses Pulver, sowie das zerschellte Glas mit seinem Inhalt nahm ich sofort in sorg- Während nun der Arzt bemüht war, die Tochter in's Leben zurückzurufen, setzte ich die nöthigen Depeschen an das Polizei-Präsidium, den Staatsanwalt «nd den Untersuchungsrichter auf, lenhaust Bethanien, um die Kranke mittelst geschlossener Sänfte dorthin befördern HU lassen und sandle den Wachtmeister nach der Privatwohnung, sowie einen nach dem Verbrechen! Da die Mutter todt, die Tochter be sinnungsws an einem hitzigen Fieber Verdacht auf, daß ein Verbrechen ver übt sei —— um der ferneren An sprüche einer unbequemen überflüssigen Braut überhoben zu sein. Dem wi dersprach allerdings das Vorleben des Betreffenden und sein Ruf. Aber: trau, schau wem? So gut wie es Jemand fertig brachte, sich mit einer Dame der besten Gesellschaft zu ver loben, zu gleicher Zeit aber bei einer Anderen auf Freierssiißen zu gehen, ebenso gut konnte man ihm auch ein derartiges Verbrechen zutrauen so calculirte ich und der Herr Staatsan walt mit mir. Nachdem alle Formalitäten erfüllt die Sektion der Unglücklichen hatte unzweifelhaft Vergiftung durch Cyan kali festgestellt wurde die Generalin begraben und die Wohnung versiegelt, da merkwürdiger Weise kein einziger Verwandter sich meldete. Die Criminalpolizei forschte nach dem Verbleib des Kaufmanns, dessen Geschäft vorläufig von seinem Vater beaufsichtigt wurde, und mir wurden die übrigen Ermittelungen übertragen. Wo stammte das wie ein Blitzstrahl tödtende Gift her; wer hatte es be schafft? Ich hatte früher in Magdeburg in Garnison gestanden und es fiel mir ein, daß dort ein Photograph gleichen Namens wie der verschwundene Kauf mann wohnte; Erkundigungen erga ben, daß beide Brüder waren und dies bestärkte mich in meinem Verdacht. Denn Photographen gebrauchen Cyna kali zu ihren Bildern und der Berliner Bruder konnte bei Gelegenheit eines Besuches leicht ein Pülverchen haben mitgehen h«ißen, ohne daß der Andere es merkte. Und ein solcher Besuch hatte vor Kurzem stattgefunden. Selbstverständlnch wurde bei sämmt lichen Berliner Apothekern und Drogi sten specielle Nachfrage gehalten, ob und von wem in jüngster Zeit etwa von dem gefährlichen Gift gekauft, oder ein Kauf versucht worden war. Von dieser Maßregel versprach ich mir allerdings wenig. Denn Gift darf nur, abgesehn von iirzjlicher Verord nung, auf einen von der Polizeibe hörde ausgestellten Giftschein abgege ben werden, und wenn wirklich in ei nem Falle von dieser gesetzlichen Be stimmung abgewichen war, so würde sich der betreffende Verkäufer natürlich hüten, dies einzugestehen. CyankaU verfolgte den Verbleib desselben bis auf das allergeringste Quantum aber es ließ sich keine Brücke finden, die gegen fand ich in seinem Schreibtisch denn ich hatte in seiner Wohnung und seinem Comptoir das Oberste zu unterst gekehrt ein Fläichchen mit Blausäure und ein gravis Pulver, das einem Chemiker zur Untersuchung übergeben wurde, in einem sogenann ten verborgenen Fache, ein Umstand, der die Chancen des anscheinend Ent flohenen auf „Null" sinken ließ. Während dieser Ermittelungen, die natürlich längere Zeit in Anspruch nahmen, schwebte das arm« Mädchen, die Tochter der Verstorbenen, zwischen Leben und Tod. In ihren Phanta sien rief sie die Mutter in der rührend sten Weise zu sich dann klagte sie wieder in herzzerreißenden Tönen den Entflohenen an, sie der besten der Mütter beraubt zu haben. Es war deter Familie kennen gelernt, ein war mes Interesse gefühlt und seine Eitel keit sei mit in's Spiel gekommen, als er gemerkt, daß das Interesse ein ge genseitiges sei. Außerdem habe er geglaubt, daß die Generalin über ein bedeutendes Vermögen verfüge und darauf hin habe er sich, um auch ihr etwas bieten zu können, etablirt; dann habe er sich erklärt und das Jawort er halten mit der Bitte, die Verlobung! vorläufig geheim zu halten, da sie sicb erst mit den Verwandten ihres verstor benenMannes auseinandersetzen wollt. Bei dieser Gelegenheit habe er erfah ren, daß kein großes Vermögen das vorhandene gehörte noch dazu der Hauptsache nach der Tochter vor handen se: und er hätte doch unbedingt verloren und sei, als die Generali» ihm das Wort „Elender" halb sinnlos zu geschleudert und gleich darauf nach ein... nicht ich, sie selbst war, halb wahnsinnig davon gerannt. „Sie ist todt?" schrie er Plötzlich, mich mit weit geöffneten Augen groß an gesteckt?" nach Hamburg zurückgereist, um nach Berlin zu gehen. In Hamburg sei er erst so recht zum Bewußtsein seiner sei ruhelos umhergelaufen und habe, in Altona angelangt, den Entschluß gefaßt, seinem verfehlten Leben ein Ende zu machen. Sprach der Mann die Wahrheit? schuldig an dem Verbrenn war, nichts sollte gehört haben, denn die sensatio nelle, der Öffentlichkeit gegenüber in tiefes Dunlel gehüllt« Affaire war durch alle Zeitungen gegangen! Ich telegraphirte nach Kopenhagen und er hielt noch am Abend desselben Tages die Bestätigung seiner Ausnahme und späteren Entlassung aus dem Hospital. Natürlich hatte ich einen Haftsbefehl fangenen zu betrachten und erbat, meine Behörde sofort telegraphisch zu benachrichtigen, wenn er transport überführen. Dann reiste ich zurück und erstattete ausführlichen Bericht, der beim Untersuchungsrichter und Staatsanwalt nicht geringes Aufsehen, oder vielmehr Zweifel erregte. Altona schickte die Frau Oberin des Krankenhausesßethanien, die mir per sönlich genau bekannt war, zu mir und Ausspruch des Arztes mit Bewußtsein und durchaus meine Gegenwart ver langt, daß der Chefarzt ausdrücklich angeordnet, mich, wenn irgend mög lich, zur Stelle zu schaffen, damit ich, falls sie bei ihrem Erwachen nach mir frage, nicht erst geholt treten. Und so saß ich denn zu Häupten, etwas rückwärts, des beklagenswerthen jungen Mädchens, deren wachsbleiche, eingefallene, früher so lieblichen Züge sich unter dem weißen Häubchen man hatte ihr das prächtige, braune Haar kurz abgeschnitten gar ihres Lagers abhoben, während die Frau Oberin selbst am Fußende Matz genommen hatte. Plötzlich bemerkte ich, wie die Augenlider ganz unmerk kam das Bewußtsein jenes schrecklichen Augenblicks, in welchem sie die Mutter leblos zur Erde hatte sinken sehen, mit elementarer Gewalt über sie, sie rich tete sich jäh auf und in dem Augen blicke, als die Oberin sie liebevoll mit ihrem Arm umfing, lösten barmherzige Thränen den Bann, der bisher auf ihr geruht. Ein unwillkürliches Geräusch, das ich auf meinem Sitz verursachte, denn ich wollte mich leise zurückziehen, ließ sie sich jäh umwenden? eine flam mende Röthe schlug ihr in's Antlitz und mit dem Ausdruck einer unendli „Gott sei Lob, daß Sie da sind! —— lch. ich allein bin die Mörderin! -- meine Mutier, sie that es Der herbeigerufene Arzt brachte sie sehr schnell wieder zum Bewußtsein, und als sie die Augen abermals auf- den Worten: „Ich sterbe, wenn ich ihm nicht Alles sagen kann/' habe wie ein Blitz aus heiterem Him mel gewirkt, die Mutter sei gänzlich gebrochen gewesen, habe sich aber voller Unmöglichkeit sei. Als die Verstor bene dann aus den Augen desErbärm lichen die Wahrheit erfuhr, auch ohne daß sein Mund sie auszusprechen wagte, sei sie dem Umsinken nahe ge wesen und nun habe sie selbst ihrer Tasche ein Brausepulver entnommen (wie sie geglaubt), habe es in «in Glas geschüttet und den Trank der Mzitter gereicht. Als diese plötzlich mit ver glasten Augen zu Boden gestürzt, sei ihr wie ein Blitz die Erkenntniß ge kommen, daß sie di« Pulver verwech selt, und anstatt dK erfrischenden Brauseftulvers ein anderes, giftiges, genommen, dessen sie sich zur Anferti gung photographischer Bilder sie war wirklich im Besitz eines kleinen photographischen Apparates stets bediente; dann habe sie das Bewußt sein verloren. Aber in ihren Phanta sien habe sie nur immer daran denken müssen, daß man die Mutter für eine Selbstmörderin halte und das verdiene doch die Edle, Gute, Reine und Ver klärte nicht! „Und nicht Su getödtet! aus Versehen; aber ich will dafür büßen denn, sagen Sie mir die Wahrheit, alle Welt glaubt, daß Mama sich selbst getöd tet?" Armes, armes kleines Mädchen, auf welche Abwege hatte dich dein Schmerz geführt, und wie wenig ver standest du zu lügen! Denn ich sah ihr an. daß sie nicht die Wahrheit lch zarte durchsich ten ruhte, mit festem Druck, und sagte ihr mit warmen Worten und der Wahrheit gemäß, daß Niemand seither von einem Selbstmord gesprochen oder auch nur an einen solchen gedacht, daß vielmehr von Jedermann, von der Be hörde und bis jetzt auch von mir, der entflohene Bräutigam für den Mörder, den feigen, kaltblütigen Mörder gehal ten worden sei! Da öffneten sich ihre Augen weit und sie stieß entsetzt her aus: „Jawohl, er ist der Mörder! Aber nicht so, wie Sie meinen; nur, weil sie verzweifelte, als sie die Wahr heit über seinen feigen Verrath erfuhr und ich ihr ein Pulver gab, das ich verwechselt hatte; Schuld ist er an dem entsetzlichen Unglück, aber meine Hand brachte das Verderben!" Darauf meinte sie in immer mehr steigender Aufregung, sie werde nun wohl sogleich „eingesperrt" werden, daß ich es für nöthig hielt, nach der Uhr zu sehen und meine sofortige Ent fernung durch'unabweisbare Dienstge fchäfte zu motiviren. Ich fuhr nun direct zum Polizei- Präsidenten und dann zum Unter suchungsrichter und erstattete Bericht. Die Folge war. daß am nächsten Mor gen der Untersuchungsrichter sich zur Vernehmung des jungen Mädchens, da dies natürlich nicht zu umgehen war, nach Bethanien begab. Auch er ge wann die Ueberzeugung, daß ihm un ter dem Eindruck einer unerklärlichen, seelischen Depression ein Märchen aus getischt wurde, drang aber aus Anra then des Arztes nicht weiter in die Kranke. Jedenfalls wurde der Haftbefehl ge gen den jungen Kaufmann zurückge nommen, da es fest stand, daß er der Mörder nicht war. Er war durch das Bewußtsein seines Bubenstreiches völ lig außer Fassung gebracht und um allen Folgen seiner Handlungsweise aus dem Wege zu gehen, halb unzu rechnungsfähig in die Welt hineinge laufen. Nach Rücksprache mit meiner Frau, welche die Genesende täglich besuchte, beschlossen wir, die Aermste bei ihrer Entlassung aus dem Krankenhause bei uns aufzunehmen; denn nähere Ver wandte der Mutter waren nicht da, und die Angehörigen des Vaters über trugen den Groll wegen der „Mesal liance" auf das bedauernswerthe Kind. Dieses nahm das diesbezügliche Aner bieten meiner Frau unter Dantesthrä nen an. Auch meine Frau hatte die Ueber zeugung gewonnen, daß die Assaire sich so, wie das jungeMädchen erzählte, nicht zugetragen, aber vorläufig war mit dieser nicht» anzufangen, auch nicht, nachdem sie zu uns übergesiedelt war. und sie hatte es nur dem großen Wohlwollen des Untersuchungsrich ters zu verdanken, daß dieser meine Bürgschaft annahm und von einer Haftnahme wegen fahrlässige^Tod- Ges?ändniß nach Abstand nahm. Ich legte mir die Sache so zurecht, daß die Tochler genau wußte, daß die Mutter sich vergiftet hatte; aber die schwärmerisch« Liebe, mit welcher sie stets an der Mutter gehangen, brachte bei ihr eine derartig krankhaft über reizte Stimmung hervor, daß sie glaubte, das Andenken der Mutter vor dem Flecken des Selbstmordes bewah ren zu müssen, und daß sie das Un recht nicht sah, welches in ihrer Hand lungsweise überhaupt und auch ihr selbst gegenüber lag. Nach unsäglicher Mühe gelang es mir nach vielen Wochen endlich, fest zustellen, daß die Generalin eines Ta ges persönlich eine bestimmte Apotheke ganz in der Nähe ihrer Wohnung be« sucht hatte, und nun war es verhält nißmäßig leicht, auch den Gehülfen zu ermitteln, welcher sie damals bedient hatte. Sie hatte ruhig ein Gramm des scharfen Giftes verlangt, dessen sie zur Ausführung photographischer Bilder, ihr?r Liebhaberei, bedürfe und der junge Mann hatte nicht gewagt, der ihm bekannten Hochgestellten dann eine abschlägige Antwort zu ertheilen. Später, als er von dem entsetzlichen Borfall gehört, hatte er die Verant wortung gescheut und geschwiegen. Der arme Mensch verlor seine Stel lung und wurde noch obendrein be-' straft. Aber selbst die Mittheilung diese? doch entscheidenden Vorfalles ver mochte nicht das junge Mädchen zur Erkenntniß zu bringen; sie wurde nur leichenblaß und sah mich fast feindlich an, während sie doch sonst mit gerade zu rührender Dankbarkeit und fast kindlichem Vertrauen mir entgegen kam! der Untersuchungsrichter er reichte ebenso wenig. Meiner Frau gelang es endlich, das Eis zu brechen, welches das Herz und den Sinn der Bedauernswerthen ge fangen hielt. Sie stellte ihr vor, wie sie sich versündige und wie der Geist ihrer verklärten Mutter nur mit Trauer auf sie herniederschauen un> nicht zur Ruhe kommen könne, wenn sie die Wahrheit ferner verschwiege. Da fiel die Schwergeprüfte unter ei nem Thränenstrom meiner Frau um den Hals und wie sie au» Liebe zu der Verstorbenen, um deren Andenken rein zu halten, sich selbst hatte zum Opfer bringen wollen, so gab sie nun aus Liebe und um der abgeschiedenen Seele endlich die Ruhe wiederzugeben zu, daß sie eine Lügnerin gewesen. Wie die Generali» dazu gekommen, sich das Gist zu verschaffen, und ob sie damals schon ihrem Bräutigam nicht traute, ist unaufgeklärt geblieben; das junge Mädchen ist vor nicht allzu lan ger Zeit als barmherzige Schwester nach unseren Solonieen gegangen. Weine Schlittenpartie. Erzählt vom Rentier Meiigcn in DrSlen. Das muß wahr sein, merkwärd'z is's und bleibt's, was Eenem so dann und wann ämal passtr'n kann! Ae Beispiel hierd'rzu kann'ch Se von mir aus der allerneisten Zeit erziihl'n. Da kriegt'ch Se nämlich neilich ä Brief chen von mein'm Vinter Ewald aus Tharandt. „Lieber Heinrich!" schrieb'r mir dadrinne. „Indem daß nächsten Donnerstag meine Tochter Frieda ihre Verlobung seiert, lade ich Dich und Deine Pauline zu diesem freudigen Familienaktusse freundlich ein. Bringe nur gute Laune und ditto Appetit mit, für das Uebrige werde ich sorgen. Mit Gruß PP." Niatierlich war das Wasser uss meine Mihle, denn ärschtens war Frida mei Pathchen und ä Liebling von mir, und zweetens wußt'ch, daß's än fidelen Ahmd gab. Der bestimmte Tag kam. Leider konnte meine Pauline nich mitkommen, denn se hatte än Schnuppen, daß se kaum aus d'n Oogen feh'n konnte. Desterhalben mußt'ch mich alleene usf de Strimpe machen. Nu war Se an dem Tage grade de scheenste Schlitten bahn. „Wie wär'sch," dacht'ch deswegen uff d'n Wege nach d'n Bahnhofe so be! mir, „wenn De ämal das Ange nehme mit d'n Nitzlichen verbinden thätst und mieth'st D'r än Droschken schlitten nach Tharandt." Gedacht, gethan, und kurz d'rauf saß'ch, behäbig in meinen molligen Pelz gewickelt, in än flotten Eespän ner. HoSa, hast De »ich geseh'n! ging's dorch d'n Plauenschen Grund, denn de Bahn war wie usf än Tische. Dabei schneite es, als wenn Frau Holle ihr Bette vier Wochen lang nich gemacht uns Beeden nischt." Der Kutscher war in diesem Falle ooch ganz und gar kee Unmensch, und sei Grögchen. Da erteente plötzlich Schelleugelaite und iinne Minute später trat ä eben oogenscheinigte, war'sch mei' Rechtsan walt, d'r Dr. N. aus Dresden. „Ei, herrjem'rsch, Sie sind's, Herr ten Bekannten trifft. „WaS fihrt Sie Da «rfuhr'ch denn, daß mei' Rechts beistand in Tharandt geschäftlich ze thun gehabt hatte und itze uff'n Heem wege war. „Na, Ihnen ze Ehren muß'ch noch ä Gläschen trinken," meent'ch und be stellte for mich und d'n Kutscher noch Lnne neie Ufflage. Mir kam'n in's Dischkeriren, und, weeß i^ Mal war m'rsch ganz deitlich, a?s wenn de Erde bebte. Es war schun stockfinster und dichte trieb's d'n Schnee jn d'r Luft 'rum. Mir Beede schlugen de Pelzkragen In de Hehe. „Gute Nacht, Herr Dokter, und Wohl nach Hause!" „Gute Nacht, Herr Kleeßchen, und diel Vergniegen!" teente es noch vor d'r Ich schlage de Oogen usf. Potz Stra ner großen Kärche vorbei, die m'r so bekannt aussah. Je weiter m'r fuhr'n, desto bekannter Wörde m'r Alles. „Was Eenen doch so ä bissel Grog veralbern kann!" denk'ch so bei mir. „Kommt mir, westerhole, das gemith liche Tharandt heite ganz wie de Wils druffer Vorstadt vor!" Uff eemal wärd m'r die optische Taischung doch zu arg. Stand da rechter Hand nich de Post und links dort's Waldschlößchen-Resterant? „Kutscher, um's Himmelswillen, sag'n Se m'r norr, wo m'r uns gegenwärt'g befinden?" schrie'ch ganz perplex. „Nu, wo wär'» m'r denne andersch sein als uff'n Pustplatze!" war de Ant wort. Ich war wie vom Blitze getroffen. Das ging nich mit rechten Dingen zu. Im Oogenblicke gloobt'ch wärklich an Hexerei. Wie sollte sich ä verninst'ger Mensch das zesammenreimen? Mir lief d'r Angstschweiß von d'r Stärne. Da fuhr m'r plötzlich ä Gedanke dorch d'n Kopp. Ich wagt'n, weeß Knäpp chen, gar nich auszedenken. Und doch konnte 's nich andersch sein. Hatten mir Beeden, mei Rechtsanwalt und ich, in der Finsterniß, und trregefihrt von den boshaften Groggeistern, doch di» Schlitten verwechselt, so daß der Rechtsanwalt von Deuben wieder nach Tharandt und ich nach Dresden zerick fuhr. Ich war Physisch und moralisch vellig geknickt. Was wärde meine Pauline, was mei Better in Tharandt sagen? Zenächst verabschiedete ich d'n Kutscher, dann ging'ch uss's Telegra phenamt und telegraphirte: „D'r greeßte Esel unter d'r Sonne kommt ärscht heite Ahmd um Achte nach Tha randt. —Dei Vetter Heinrich." Dann stürzte ich uff'n Behm'schen Bahnhof. Zun, Glicke war grade ä Zug nach Tharandt abzegeh'n bereit, als'ch dor ten ankam, und ä gutes halbes Stind chen später war'ch an Ort und Stelle. Daß meine Erzählung iber das ge habte Pech viel Vergnigen verursachte, läßt sich denken, und eener von den anwesenden Gästen gab m'r den Spitz namen „Odysseus zu Schlitten." Zu Enkirch im Anker. Bon I. Trojan. Zu Enkirch im Anker, Da giebt's einen Wein, Der könnte nicht blanker, Nicht duftiger sein, Ein Labsaal der Kehle, Ein Bad für die Seele! Gerp kehr' ich da ein. Zu Enkirch im Anker, Sitzt einer so gut, Da lauscht bei dem Trank er Dem Rauschen der Fluth. Darüber erheben Sich Berge voll Reben. Zu Enkirch im Anker, Wie wohl sich's da ruht! Zu Enkirch im Anker, Gern geb' ich das kund Kommt dorthin ein Kranker, Der matt ist und wund: Bibelfester Redacteur. der ihm einige Gedichte vorgelegt hat): „So, so, das haben Sie gedichtet! Und nach einem Honorar trachten Sie als» ten des menschlichen Herzens ist böse Trumpf. Herr: „Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf?" Fräulein: „28 Jahre." Herr: „So noch älter!" Entgegnung. Studiosus: „Tantchen, tostet Dich der Unterhalt Geld?" Tante: „Nicht so viel, wie Kater kostet." —Jn der Schule. Lehrer: Fritz, kannst Du mir sagen, wo das > Kameel zu Hause ist? Fritz: Das ist überhaupt zu Haus, das treibt her. Bessere Bezeichnung. Kellner: „Ueber die Biertemperatur be schwert sich jener Herr dort mit der Kupsernase!" Wirth: „„Kupser nase" sagt man nicht „Gastglüh licht"!" den Sie die Bühne verlassen?" Ehemaliger Schauspieler: „Schwerhö rigkeit halber Trommelfell vom Ap plaus geplatzt!" Schönesßerhiiltniß. „Wie leben Sie mit Ihrer Frau?" „O, wir pflegen ui's von frtih bis spät gegenseitig W bedauern." Kritiker und Meswisser. denn sie schasst viel Entmuthigung und Unzufriedenheit. Es ist nun nicht an ders, wir leben in einer Zeit der Kritik. Beobachten wir unsere Kinder, so wer den wir bei vielen einen kritischen Zug antreffen. Sie treten denErscheinunaen des täglichen Lebens, den Menschen, mit welchen sie in Berührung kommen, der Art und Weise ihrer Lehrer, den Vergnügungen, die ihnen bereitet wer den, den Kleidern, welche sie tragen, den Speisen, welche sie genießen sollen, kurz allem und jedem mit kritisch«« Geiste entgegen. Ost sind die Eltern stolz auf das frühreife oder vielmehr anmaßende Wesen ihrer Kinder. Sie bedenken aber nicht, daß die liebliche, treuherzige Harmlosigkeit des welches alles ihm Gebotene in der Ue berzeugung, daß es so und nicht anders sein müsse, dankbar hinnimmt, ihren mit eine gesunde Grundlage künftiger Zufriedenheit. Und wie sieht es mit der kindlichen Fröhlichkeit aus? Nur zu bald hat sich aus dem drolligen kritifi renden Kinds ein blasirter, nörgelsiich tiger junger Weltbürger entwickelt. Macht auch das stets kritisirende W«sen bei Erwachsenen keineswegs einen lie benswürdigen Eindruck, so hat doch der im Leben Erfahrene mehr Berechtigung dazu als die Jugend, obwohl es zu feinem Glücke auch nicht beiträgt. Der stets Kritisirende verkümmert sich und Andern jeden Genuß, jede harmlose Freude. Immer bemerkt er sofort Schatten, wenn auch das Licht beiWe:- tem vorherrscht; er hat stets Besseres, Richtigeres gehört und eschen. Er hält es für ein Armuthszeugniß, sich an nicht ganz Tadellosen zu erfreuen ! ja er hält es geradezu für ein Unrecht, nicht ganz Vollkommenes, sei es in der Kunst, in der Wissenschaft, oder sonst im Leben zu unterstützen. Was ist aber vollkommen in dieser unvollkom menen Welt! Wie weit auseinanderge hend sind die Ansichten über Menschen und Sitten, über Kunst und Kunstge nuß! Wie häufig können sich selbst Fachleute über den Werth oder Un werth einer Leistung nicht einigen? Man findet aber bei diesen durch schnittlich ein weit nachsichtigeres Ur theil als bei Laien. Letztere, wenn sie zu d«r großen Familie der Alleswisser ge hören, sind ordentlich glücklich, eine Schwäche entdeckt zu haben, und damit ist auch das Werk verdammt; das Ur theil wird meistens merkwürdig rasch und meist abfällig ausgesprochen. Der Fachmann dagegen weiß di« Tüchtig keit der Arbeit, die dabei zu überwin dend«» Schwierigkeiten zu würdigen und beurtheilt einen Fehler mit Nach sicht. Charakteristisch ist, daß der Alles wisser sein Urtheil gewöhnlich mit gro ßer Bestimmtheit ausspricht. Natürlich lassen sich unsichere und w«niger Er fahrene, auch junge Leute, von solch-r Sicherheit vollständig blenden und sprechen das Gehörte nach. Dies Nach ken sollte, und häufig genug mag ein junges Talent entmuthigt, ein tüchtiges Streben auf diese Weise geschädigt wor den sein. Ist «s nicht ein viel befriedi genderes Streben, insbesondere für Frauen, das Gute und Schöne überall hervorzusuch«n und anzuerkennen, Vo rwärtsstrebend«, auf welchem Gebiet« es auch sei, mit Nachsicht und gütigem Ernste anzusporiten; Kleines nicht mit Großem zu vergleichen, und vor Allem, jede Persönlichkeit, jede Sache in ihrer Eigenart zu würdigen? Wer Andere kritisiren will, muß zunächst Selbstkri tik zu üben verstehen. Deshalb müssen wir vor Allem uns selbst mit kritischen Blicken zu betrachten verstehen. Nur dadurch erlangen wir die Berichtigung, über Andere und Anderes zu urtheilen. Leider kommt es nur zu häufig vor, daß wir an Anderen tadeln, was wir kaum selbst besser machen. Sorgen wir daher, daß nicht nur unsere äußereEr scheinung möglichst tadellos und un sern Verhältnissen angepaßt sei, son dern daß vor Allen, unser Charakter den Anforderungen strenger Selbstkri tik genügen möge. Eine gerechte und all,»häufig vergessen, daß derjenige, welcher kritisiren will vor allen Dingen die Sach« gründlich verstehen muß. MorgcnWiiz im Winter. Wintermörg«n Als ruh« schon ein Tief im Gewölk verborgen. Der Reis zum h«llen Lichte, Und sanft verjüngendHofsen strahlt Bon jedem Angesichte. daß Tu Alles nur halb dhust!" Sie haben entschieden Ihren Beruf sollen. Gehilfe: O bitte! Warum? Herr: Weil Sie fortwährend Ge — Aufrichtig. Müller (auf Si« schnarchen ja Mayer (erwachend): „Da thunSi« mir leid."