Au vielleicht int Haus. ProMNeujahr! Schwinget die/Gläser und feuchtet die / Kehlen, Und als JnhTspruch lasset uns wählen: „Heiter im Glück und fest in Gefahr!' Prosit Neujahr! Juttgfrauenljaar. Ein« luftig« AeujabrSgrschichte von Carl W°!s, Vor vielen, vielen Jahren mei, i will nit grad sagen, es seien tausend, aber neunhundert fein's ganz g'wiß da is drobmet auf der Jaufenburg a steinreicher Graf g'weft. Jetzt wenn der Graf heut noch beim Leben sein thät, steinreich wär er a, weil die Aecker und Wies'n, de zu den G'schloß gehört haben, heut nix sein, rils steinige Gan ten und öder Grund, und 's G'schloß 112 selber ist a Steinhaufen, und nit mehr. Damals war in dem G'schloß a Glanz, daß jedweder Mensch, der einigangen ist, hat müss'n blaugsarbelte Augen gläser trag'n, sonst wär er stockblind g'word'n, so hat all die Herrlichkeit g'sunkelt. Der Graf ist so auf's Präch tige g'wef'n, daß er sich einbildet hat, er kann lei auf goldene Böd'n wandeln. Bon alle Tischler im ganzen Thal hat er die Leimpfandlen z'sammeng'liehen und die ganze Dienerschaft auf'n Schloß hat müss'n z'sammenhelf'n. In die Leimpfandlen haben sie in der Kuchl drunt auf'n Herd nur lautere Goldstücklcn g'schmolzn und alle Stu ben- und Kammerbödn sein fingertief mit Gold an'gstrichen gwordn. Die Tischler haben als Entgeld 's Gold, das in die Leimpfandlen ist hängen blieben, außerkratzn und die Diener schaft hat dürfen die Pemstel behaltn. Der Graf hat a Tochter g'habt. Die Tochter war so schön, daß wenn s' übers Feld oder durch!» Wald gangen ist, hat s' mllßn vor'n Gesicht a Vor hang! tragn, denn von die Manderleut findn thuast, der so schön wie mein Tochter." einer Red? ist alleweil mehr ang'wachsn und wie's Grrfenfräulein zwanzig Jahr alt war, ist der Goldhaüsn in der Kammer 'leichlt so groß gwest, wie derMisthaufn vorn Stall. Und dös war a Häufn, denn der Graf hat zwölf Schimmel, zwölf Rappen, zwölf Fuchsn und AWölf hat sich aber auS'n ganzn Land trin Werbvr hergetraut, weil der Gras g'sagt Hat, er muß gnro so an Hausen Gold ausweisn. Da, in der Neujahrsnacht Ms g'weft, die Leuk' sein vcn alle Seiten der Kirche zugewandert und die Glv vergessene Graf auf'n Solder Schloß mid spöttelt den keutnrn, die zur Kirche qangen sind. In die Höll' soll »«sin ken Und aus dem Loch soll gegen Hin«! Dein sündhaft Lästern stink'n! Kein Baum soll wachsen und te» Strauch, Ersterben soll alle» Leben, Bis einstens in der Neujahrsnacht Man wird den Zauber heben I Ein Junzfrauenhaar in fromm« Und wird den gold'nen Schatz der Holl' Lu Neujahr „bderzwingen." benswöltl, sonst versinkt er auf sieben weitere Jahr. In derselben Nacht muß er von einer Jungfrau Haupt sieben an Mitternach zu schlagen, muß er an fangen und beim letzten Schlag muß der Pfennig Grund finden in der Gruben. Dann soll er in Gottes Na men anfangen aufzuziehen, und der ganze Schatz ist sein." Mäuserlstill war es in der Stube, nur das Ticken der Uhr hörte man und das Knacken der Brodgrammeln aus Bäuerin schnitt Knöd'lbrod für den kommenden Tag. Die Kinder hatten sich enge an die Erzählerin herange drängt, die Mägde ließen bei besonders spannenden Stellen die Spinnräder ruhen, und die Knechte berechneten, was ein Star „g'strich'n g'mess'n", Goldstücke in Guldenzetteln ausmachen dürfte. Als schon alles im Hause schlief, drehte sich der Hartl oben in der Dach kammer im Bette um. „Sixt, schläfst schun?" „Kreuz sackera. schlaf Du, wenn Dir in einemfort der misthaufengroße Schübl Gold vor die Aug'n funkelt!" „,A so geht's mir a," brummte der Hartl. „Aber mi' luckt nit lei 's Gold alloani, 's Rittersmensch oder de Grä fin mit'n Fürhangl vorn G'sicht gei- Hand umi," wehrte Sixt ab. „Mir ist lei um's Gold! Aber mei, zu was sich in einer Sach in Grind (Kops) ang strengnen, des gar net mögli' ist." „Warum nit mögli', Du Zoch, Du! All's ist mögli'," murrte Hartl. Er setzte sich in seinem Bette zurecht. „Jetzt will i Diar füroatn (vorrech nen), wia miar zwoa den Schatz heben. Ist er heroben, geh'n miar zen Schmied und thuan 's Gold auf seiner großen Schnöllwag ausanonder wäg'n. 's Gold geht auf gleiche Thoal, wenn aber 's Madl, dös Grafn-Diandl an dem Schatz dran hängt, zelm bin i alloanig Oagner." „Alsdann drunt bei der Nähterin, der alten Leni, Jungfernbund Vorste herin ist sie, aber den Manderleuten blinzlt sie nachi, wia a müader Hund der Fliegn, wenn sie sein Nasn um sumt, bei der Leni ist a junges Basele einzogn, fünfzehne mag sie sein und bei liabs Mandl, anbandle» werd i scho, sell aber mit der Jungen. Die Haarln rupf i ihr aus so fein und manierli, daß sie gar nix g'spür'n thust. Und nachher mir ums halbete Gold im iSteuerschreiber, die Burgermaster und Pfarrer alle pechschwarz sein, bin i döcht a König und Kronen lass' i mir seines Kameraden Sixt. Endlich sagte er, tief aufseufzend: „Und i iß lei mei Schweinenes mit Kraut, sei's Bald schnarchten Beide und träum ten von Gold und Ehren. Neujahr rückte immer näher. Die Sixt eines Sonntags seinem Freunde ein mächtiges, lebzeltems Herz, welches er beim Kramer gelaust hatte, mit „So Herzuggert, wia dös Herzl, Grad so schmecksüaß bist Du, vird wia a Honig wärst, wenn D' fagest. Mei Fensterl, sell i« heut nit zu." Das kleine Lenerl fühlte sich in der That gayz gewaltig geschmeichelt über gnllgen aus, die sonstigen kleinen Ge schenke versperrte sie in ihrem Schrein nnd als Sixt, eine günstige Gelegen sonnenverbrannten Hand den .Schnauzbart" Rnls und rechts glatt strich, Vorbereitungen zu einem recht Herzhaften Kuß, da gab sie ihm eine tüchtige Ohlfeige imd lief lachend da von. „Bin auf'n besten Weg Hartl/ br richt.-teSixt am anderen Tage. »Wen, die Dirndlen anfangen z'kratz'n. beißn und schlag'n, kimmt die Liab bald zum Ausbruch." Nur eine Sache konnte da» kleine Leuerl nicht verstehen. Oft und oft schmeichelte der Sixt, sie möge doch ein mal sa.gen, was sie sich denke, wenn er plötzlich eines Abends vor sie hintreten werde, um ihr sieben schön« Haare aus zurupfen. Als die Kleine auch ihrer zählte, erfüllte freudiger Schreck das Herz der alten Jungfer. Jungfräu liches Haar ist doch in aller Welt be kannt als erprobtes Mittel, harte Her zen zu bezwingen. Du lieber Himmel, und das hatte sie nicht einmal bemerkt! Der schmucke Bursche, der Sixt hatte es ja auf sie selbst abgesehen. Die Jungfrauenhaare, die suchte er freilich aus anderem Boden, der Böse, aber ein treues Herz sollte er nur bei ihr suchen Von nun an war die alte Näherin dem Sixt eine fördernde Freundin. Ohne Scheu konnte er das kleineHäus chen besuchen, wurde dort sogar mit Kaffee bewirthet und sonst mit aller lei Aufmerksamkeiten überrascht. Das junge Dirndl war ein Schlauköpserl und bemerkte recht gut das verliebte Augenverdrehen der Base. Sie selbst hatte ja nicht die geringste Absicht, mit dem Sixt anzubandeln, und stand ihr daher auch jede eifersüchtige Regung ferne. Im Gegentheil! Sie erhoffte von der ganzen Geschichte einmal einen großen Spaß. Der Hartl stieg indessen völlig tief sinnig herum. Ganz genau besah er sich den Platz oben in der Jaufenburg und.traf die eingehendsten Haue und Schaufel trug er zum Schmied und ließ zu dessen größter Verwunderung in beide Grabwertzeuge Endlich brach der große Tag an. Hartl war die personisicirte Melan cholie. Mittags aß er für fünf. „In Gottsnamen," sagte die Bäuerin, „was ist lei oanmal mit'n Hartl! Der Mensch hat ja in Hungertyphus!" Hartl aber entgegenete: „Wer woaß, wia oft i no' bei an 'deckten Tisch huck'." „Will's Gottmit so an Hun ger nit ost," entgegnete die Bäuerin, „Du fressest in's no' auf." Sixt war zwar aufgeregt, aber er schaute mit aller Zuversicht der heuti gen Schatzhebung entgegen. Es war ihm gelungen, das junge Lenerl zu einem Fensterln zu bewegen. Um elf Uhr sollte er anklopfen, und er hatte sich fest vorgenommen, wenn sie sich nicht gutwillig die sieben Jungfrau haare abschmeicheln ließe, so werde er sie mit Gewalt auf einen einzigen Griff herausreißen. Als Entschädt digung sür den ausgestandenen Schre cken und Schmerz wollte er ihr einen Schubkarren voll Goldstücke vor's Fensterl führen. Es war eine verhältnißmäßig schöne Nacht. Finster zwar, aber nicht be sonders kalt. Die kleinen Fensterchen zu den höchsten Bergen, waren alle be leuchtet, denn um zwölf Uhr wandert ja Alt und Jung zur Kirche. Schon seit acht Uhr schaufelte und harkte der Hartl oben im Schloßhofe an der gefrorenen Erde herum. Eine kleine Laterne beleuchtete den Platz und daneben stand ein braunes Häferl mit Weihbrunnen. Fleißig besprengte sich Hartl daraus und der Satan, sowie das sonstige Höllengesindel mußten ge waltig Respect davor haben, denn bis jetzt zeigte sich nichts Verdächtiges. Die Arbeit ging schwer von Statten, denn er mußte ja schweigen, er konnte mit keinem„Kreuzteusl" oder mit einem „Höllenhund versluachter" nachhelfen. Unten im Dorfe, es schlug eben elf Uhr, stand der Sixt auf einem hohen Holz stoß am Häuschen der Näherin und blutjungen Lenerl. Hätte er nur ge sehen, welches Teufelchen aus ihren kleinen Leni und begann wieder mit der alten Bitte um die sieben Haare. „Geh', Herzerl, geh' sei fein! Grad sieben Haarlen lass' Dir ausrupfen, daß mir unsere Lieb z'sammenknüpfen können." „Guat," flüsterte das Dirndl, „i will Dir den G'fall'n thuan. Wart lei a Weilele, i will mir die Zöpf aufma „Bleib nit z' lang," flüsterte Sixt, denn eben schlug es halb zwölf. Der kleine Teufel aber huschte in die Neben kammer, wo ihre Base, den Kopf vor einem kleinen, mit Papier eingefaßten Spiegel hin und herdrehend, FesttagZ- Fensterl." Maria!" schrie Wind flog sie zur Thüre hinaus und an's Fensterl. Zöpfe, ein kräftiger Schnitt mit seinem scharfen Messer, ein Sprung, ein Ra scheln und Klappern des zusammen stürzenden Holzstoßes und Sixt flog mit dem eroberten Jungfernhaar die Dorfgosse hinauf. Und wie es schon zu fem pflegt: Am unteren Ende des Dorfes springt ein Heuschreck in's gesprungen."^ So ging es auch hier. Die alte Näherin stieß bei dem Ueberfall einen markerschütternden Schrei aus. Und zehn Minuten darauf war das halbe Dorf hinter dem Sixt her, in der Mei nung, einen Mörder zu verfolgen. Entgegenkommende Leute schnitten, henden Sixt den Weg ab. 801 l Angst, die Mllternachtsstunde zur Schatz hebung zu versäumen, sprang Sixt über eine hohe Mauer, durchquerte eine Wiese, die tobende, schreiende, johlende Menge hintendrein. Wehklagend folgte mit einem Hau fen Weiber die einzöpfige Näherin. Sixt erreichte endlich das äußere Thor der Jaufenburg, den mageren Zopf der Alten noch immer in der zu sanimengekrallten Hand. Hartl, schon tief in der ausgegrabe nen Grube stehend, hörte von ferne das Toben und Schreien der Menge. Da auf einmal polterte und kollerte eine keuchende Gestalt heran, erschien einen Augenblick auf der Höhe des aufgewor fenen Erdhaufens und rutschte dann mit einem guten Theil desselben kopf über in die Grube, neben den entsetzt zurückweichenden Hartl. Ohne «in Wort zu äußern, so fest und genau hielten sich Beide an die Schatzgräber instruction, nach welcher ja nie bei einer solchen Arbeit ein Wort gesprochen werden darf, hielt Sixt dem Hartl den erbeuteten Zopf hin. Aber zu spät. Schon tobten die Verfolger und umringten, nun selbst höchlichst verwundert, die Grube mit den beiden Burschen. Selbstverständlich wurde nun der Fall sehr bald aufgeklärt. Ein un bändiges Gelächter erfüllte die Burg ruine, welches sich noch mehrte, als die scheltende Näherin mit einem Zops und einem Haarwurzelstumpf aus dem Schauplatze erschien. Hartl nahm den Zopf und hielt ihn nahe dem Lichte der Laterne. „Dös stimmt." sagte er trocken. „Sixt, dös stimmt. Mit den Zöpsl moan i, lupsn miar in Schatz nit auf." „Kannst's nit wiss'n," schrie nun der als Witzvogel bekannte Schuster Franz dazwischen. „Wer woaß. ob er mit den Zöpfl nit die Nather-Leni als Schatz heranzjagt." Die alte Leni machte ob des uner warteten Vorschlages ein so süßes, ver söhnliches Gesicht und näherte sich der Grube, in welcher die beiden noch im mer standen, daß der arme Sixt in sei ner Herzensangst wie ein Wiesel em porkletterte und mit einem mächtigen Satz nach hinten in der Dunkelheit verschwand. Lautes Gelächter der Anwesenden folgte, denn auch die Näh terin rannte mit lautem Geschrei hinter her. „Mein Zopf gibst miar, du Ha derlump, du Einbrecher, du Räuber, mein Zopf gibst her!" Langsam und bedächtig stieg nun der Hartl aus der Grube, schlug sich mit seinem Hute die Erdspuren von den Kleidern und sagte: „Sou a Teufels graberei in dem gefrorenen Bod'n und all's für die Katz. In Sixt aber, dem geht's schlecht. Gott stärk'n. daß n die Hex' nit derwischt!" JahcSwenide. Vorwärts fluthet der Strom der Zeit! Flüchtig entgleiten die Wogen dem Blick. Kaum erschienen, wie weit schon, wie weit Liegen die lachenden Ufer zurück! Lauf, Von der mächtigen Strömung erfaßt, Hält unser Wünschen sein Fliehen nicht auf. Scheidendes Jahr, du gleichest dem Der sich in dämmernde Ferne verlor, Aber im Osten taucht neues Land Aus den leuchtenden Fluthen empor. Zwar noch liegt es nebelumhüllt: Macht es die Träume des Herzens uns wahr? Hoffend betreten wir sein Gesild, Sei uns gegrüßet, du neues Jahr! Freundliche Bilder umgaukeln den Sinn. Glockentöne, sie klingen so rein, Flößen uns Ahnung von süßem Ge winn, Hoffnung künftigen Glückes ein. Reichgesegnetes Menschenherz, Das, wie oft auch sein Hoffen trog, Immer noch aus vergangenem Schmerz Neuen Glückes Verheißung sog! Neues Jahr, du täuschest uns nicht! Denn wir wissen: es bivgt dein Schooß Düstere Tage und Tage voll Licht; Freude mit Leid ist des Sterblichen Loos. d' Gl"ck Hofsnungsfreudig^m Dürfen wir rufen: Fröhliche Fahrt! Lenkt doch das Steuer der ewige Gott! Zweifel. Herbstestage. Die Blätter fallen. Und im Goldlaub versinkt der Fuß. Hoch im Blauen verwthen, verhallen Hör' ich der Wandervögel Gruß. Gold'ne Frühe voll Duft und Schim mer, schluchzend stirbt in der Thränen Thau. Sterbetage. Staub sinkt zu Staube, Und kein Blühen kein Werden mehr winkt! Tage, wo mir Hoffnung und Glau- Ach! wo selbst die Liebe versinkt. Stumme, trauernde Scheidetage, Wo der Tod rings das Leben küßt, Wo ich umsonst umsonst mir sage: Selb st bewußt. Lieute nant: Was haben denn gnädiges Frä ulein für ein interessantes Buch? Fräu lein: Das ist mein Tagebuch! Lieu tenant: Aeh dann lesen gnädiges Kräulein mal etwas von mir vor!' Zn der Yeujalirsnacht. Tiefe Nacht lag über der kleinen, al ten Stadt. Ihre Thürme und Giebel ragten steif in den dunklen Himmel empor, an dem kein Stern sein Gold licht blitzen ließ. Nur graue, dicke Wolken schoben und drängten sich rast los darüber und senkten sich ties bis zu den Berghängen und Wäldern herab. dette der alte Nachtwächter aus und ab, die Mütze über di? Ohren gezogen und den warmen Schafspelz dicht um die Glieder geschlungen. Ein trauri» ges Amt, allein und frierend das harte, holprige Pflaster zu treten, während aus allen Häusern, an denen er vor überging, fröhliches Lachen und Be cherklingen herausscholl. Eben kam ihm ein Trupp stämmigerLandsknechte ent gegen mit Lärmen und Singen. Ei lends war er von ihnen umringt und trotz seines Warnens mitgezogen in die nächste Schenke, an der ein grüner, be schneiter Tannenkranz baumelte. Moch te nun, wer wolle, die Stunden aus rufen, Sylvester kommt nur einmal im Jahre, da kann man auch dem alten Wächter ein froh Pokuliren und Zechen nicht wehren. Nun war's leer zwischen den engen Mauern ... der Wind pfiff um die Ecken und verfing sich stöhnend in den Winkeln der Dächer. Und langsam, leise, in leichten Flocken fing es vom Himmel herabzutanzen, und weicher, nasser Schnee legte sich auf Dach und Boden Da drehte sich das alte schwere Stadtthor unhörbar in seinen Angeln, und ebenso, wie von unsichtbarerMacht Eine greise Gestalt war hinausge treten. Mit vorgebeugter, zitternder Hand schaute der alte, müde Mann in die weiten Lande, die vor ihm lagen. Ue berall Nacht und Dunkel und immer stärker werdender Flockenwirbel. Das alte Jahr war es. Nun ging's zurück zu den Tausenden von Brüdern, zum ewigen Schlafe. Man hatte ihm stark zugesetzt auf Erden, das Haar ge bleicht und die Knochen mürbe gemacht. Keine Kraft mehr in den Lenden und kein Glaube im Herzen, so begann der Greis sein Wandern in die Heimath. Hei, wie er vor zwölsMonden jauch zend und jubelnd in die Welt gezogen! Da war er ein junger Gesell mit leich tem Sinn und frischem Muth, bestrebt, es allen Menschen recht zu machen. Ihm sollte man ein treu Gedenken be wahren noch in später Zeit und sich in schlechten Jahren noch nach ihm zurück sehnen. So hatte er sich seine Herr schaft gedacht. Und wie war's gekom men! Ein alter Mann, gebeugt von Sorgen und Undank, schlich er sich trübselig aus der Welt. Die Menschen weinten ihm keine Thräne nach. Alles jubelte seinem Nachfolger entgegen. Wankenden Schrittes, auf den lan ?e, bahnte sich den Weg durch den Schnee. Der weite, graue Mantel flatterte um ihn, und die Winde weh ten ibm die kalten Flocken in's Gesicht und setzten ihm mit Stößen und Sau sen noch hart zu. Am Rand des Waldes, der nun be gann, machte er Rast. Dort saß ein greiser Mensch auf ei° nem Stein und grub das faltenreich« Gesicht in seine dürren Hände. „Wer bist Du?" sprach ihn das alte schwelgt?" scheint vergessen zu haben, daß ich noch auf der Welt weile." „Der Tod? Und warum bist Du dem Leben feind? Theil' mir Deinen Kummer mit, vielleicht kann ich Dir helfen?" „Wer bist Du denn, daß Du das konn „Das alte Jahr bin ich, und meine Herrschaft geht zu Ende." „Du bist das alte Jahr?" rief der witterten Gesicht auf. „So bist Du es, der mir soviel Schmerz gebracht, der chern werden ließ, die unter dem Gal gen nochGott lästerten, Du also bist es! Ich hatte wohl Grund, Dir zu fluchen, doch gib meiner einzigen, mei ner letzten Bitte die Erfüllung, Du hast ja noch die Macht, gib mir den Tod, und ich bin Dir dankbar." Gerührt lauschte das scheidendeJahr den Worten des Alten. „Du bist der erste Mensch, der mir Dank verspricht. All das Harte, das ich Dir angethan, will ich wieder gut machen, indem ich Dir Deinen Wunsch erfülle." Und das alte Jahr legte seine kal ten Hände auf das weiß: Haupt des Greises, der in friedlicher Ruhe ent schlief. Dann wanderte es weiter. Noch nicht lange war es gegangen, als ein klagendes Schluchzen an fein Ohr drang. Ein junger Gesell, schmuck und schlank, lehnte mit seinem Locken kops an einer hohen Tanne und weinte und stöhnte ganz herzerbarmend. Das alte Jahr wollte vor seinem Scheiden noch recht vielGutes thun und fragte das junge Blut nach seinem Schmerz. Die alte Geschichte: ein Mädchen liebte er, jung und schön, aber reich das war sein Leid. Denn der Alte, ein hartherziger Geizhals, dem die giild'» nen Dukaten schöner noch dünkten als des Töchterlein golden Haar, jagte den armen Burschen, der nur sei» Herz voll Lieb- und Liedern bieten konnte, zur Thür hinaus. Jung-Röslein härmte sich ab in stiller Kammer, ilnd er wollte in die Welt ziehen, umGeld und Ruhm zu finden. Doch wie's halt ging! Kaum war er aus devStadt, da packte ihn Schmerz und Verzweiflung, fein herzliebes Mä del je zu erringen und nun hätte er nur mehr einen Wunsch: lieber gleich zu sterben, als vor Sehnsucht zu verge hen und seinem Lieb zeitlebens ferne zu Tod kann ich Dir schon geben, armer Bursch." dachte sich das alte Jahr und erhob seine Hände, um ihm den ewigen Schlaf zu verleihen. Da ging ein Klingen und Sausen durch den Wald, übermüthig schüttel ten die Zweige ihre weiße Last auf den Boden, und ein ü^rirNscher flüsterte der Alte: .Mei ne Macht ist aus!" und verschwand hinter den Stämmen. Geblendet stand der Bursch vor dem Glanz, der sich um ihn ergoß, und in den Ohren brauste es ihm wie von fer nen Melodieen und Psalmeien. Vor ihm stand in himmlischer Verklärung ein herrlich schöner Knabe, der ihm freundlich zulächelte: „Kann Dich denn nur der Tod glück lich machen? Augen auf, mein Junge, froh und stolz in die Welt geschaut. jetzt beginnt meine Herrschaft, und Jung-Röslein sollst Du freien!" Dann brach er aus dem Diadem, das seine goldenen Locken krönte, einen hellen Edelstein und reichte ihn dem Burschen. „Da hast Du den Schlüssel zum Herz des Wucherers, er ist mehr werth als der kostbarste Demant, und Röschens Vaters Augen werden leuch ten. wenn er ihn sieht!" Dann verlor sich der Schimmer, nur der Demant blitzte in der Hand des Burschen wie sonnengoldnes Feuer. Nun zurück zu Jung-Röschen! Wie er aus dem Walde trat, sah er in weiter Ferne das junge Jahr vor den Mauern der Stadt, die Thore Glocken klangen von den Thürmen und feierten seinen Einzug. Und aus der Schenke „Zum rothen Hahn" schwankte der Wächter heraus und blies in sein Horn, so gut er es noch konnte. Der schwere Wein war Nur der ktoth koan Ich»m»g lassen. «Münchener GerichtSsccne.> Ein bekanntes Sprichwort sagt: „Een echter Berliner hat ewig Geld" wogegen der Münchener sagt: Nur koa Traurigkeit spür'n lassen. Dies be herzigt insbesondere der Maler Mi chael -k., ein lustiger Mann von vier undvierzig Jahren, der immer noch dabei ist wo es eine Hetz gibt, obwohl er das Schönste bereits gesehen hat und sein Leben lang mit Sorge, Ar beit und widrigem Geschick sich abmü hen mußte. Wenn die Geld- oder Ma genfrage zu ungestüm an ihn heran kommt, so hat derselbe ein Präservativ in einem humorvollen Sprichworte und dies heißt:: „Nur der Noth koan Schwung lassen!" Der Michl, ein gemllthvoller blonder Junggeselle, dem beständig ein sardo nisches Lächeln um den Mund schwebt, keine Späße! Berken Sie sich das! Aus Ihren Mienen ersehe ich, daß Sie da zahl i überall, bei die Madln da das Wenigste, d' Freund' soso lala; d' nig; d' Verwandschaft GrueßGott! dann erst kimmt der Unterstand? Wenn Sie bereits drei Zetteln bam: Im Namen Seiner Majestät, sollens an Eanern g'wohnt'n Hausherrn nix ambt'n zahlt! Was denka's Eahne nacher? Jetz'n kriegt Koaner was, daß koan Verschmooch ausheben! net wahr? Richter: Bitte! Ihr Hausherr hat seinen Arrest durchZahlung wieder be seitigt und Sie waren benachrichtigt, daß Sie wieder an ihn zahlen dürfen. Angekl.: Freilich! Sie sagen'» ja selber, „dürfen", aber was i darf, is no' lang net „müaß'n", i hätt' viel leicht aa dreimal zahl'n dürfen, aber hier hoaßt's müaß'n, sonst mag der Michl net. Richter: Kurz! Der Hausbesitzer Andreas D- kam in Ihre Wohnung und verlangte den Miethzins und statt zu bezahlen, überschütteten Sie densel ben mit einer Fluth von Schimpfwor ten. Mittags drangen Sie noch in erst nach geraumer Zeit, als es Ihnen beliebte, nicht aber nach wiederholter Aufforderung, die Wohnung zu ver lassen. Angekl. :A bisserl was is scho' wahr,, aber net Alles! Also der Herr Haus- Quittir'n und sagt: So Michl! Ehst gehst zwanz'g Stutz'n einreib'n, woaßt der Zins is das Erste für an richtigen Mann. I woaß ja, Du magst a Bier zahl'n, Steuer und Abgaben, Umla gen, Reparaturen, G'schästsleut und dergieicha, da kann sich Koaner an dem Haus d'rauf und 's nächst Monat kost't Wohnung a so zwoa Markl meh rer. Da bin i wild worden und sag: Erstens zahl i net mehrer, wia ausg'- macht ist, zweitens kann i net mehrer zahlen, weil der Verdeanst z' gering is, drittens brauch i was zum Leben, pnd wenn mi' alle Hausherrn von der zen Stadt als an Haderlumperer an- j schaug'n, und viertens, fünftens und sechstens hab i koa' Geld zum Zahl'n. WennDu selber so richti' zahlen thätst, nachher hätt' i net mein' ganzen Schubladen voll Beschlagnahmen. Die san meine größte i jedes mal dabei denk: Jetzt is a Reicher g'- storb'n! Im Verlauf der Unterhal- Depp'n und nachher hab i eahm mit a wengl saftigere Bröckerln aufg'wartet. Dös war die Beleidigung. Bitte, mer ken's Eahna aber den Depp'n, dös war i selber. Richter: Nun zum zweiten Fall! Wie kamen Sie zum Hausfriedens bruch? Angekl.: Das is' was Anderes! I kauf mir auf den Schrecken a Maß. Wissen's wenn Oaner a mal imG'wer gel is', na mueß er nur der Noth koan Schwung lass'n! Dös Jammern und Zapfen hat gar koan Werth und wia d' Noth anSchwung hat, nacher kannst nimmer mitthuan, da bist verlesen. I geh' also ganz zerm wieder hoam und denk mir: morgen geht wieder a an derer Wind, pfeif über d' Stieg'» nauf dös nette Liadl „Sehg'n Sie! das is' ein Geschäft, das bringt etwas ein! ein jeder Mann nicht, d' Hausfrau: Sie, Herr Michl! zu mein' Mann eina sag' i und dös glei'. A gueter Kerl wie i bin, geh' i eina. Der sitzt mit'n Schlafrock und an ro then Türtenzylinder auf'n Kanapee und raucht an Guet'n und sagt in.sei ner Dampfwolk'n drinnet wia a G'- wittergott: Michl! wennst glei aus ziahgst, daß i di' morgen Fruah nim mer seh', nachher schenk i dir in Got tesnamen die M Markl! 's gibt ja Häuser gnua in der Stadt und i quit tir' Dir sogar den Zinst. Da war i ganz weg und sag, wenn er was quit tir'n will, dann soll er die Quadrat detsch'n quittir'n, die er kriegt, wenn er an ordentlichen Mann, der ehrlich und röthlich dasteht, no' a mal so an Antrag macht. Erlauben's a mal! I will haben, daß dös ausg'schrieb'n wird, weil i darin a Aufmunterung zu aner Urkundenfälschung 'rauskenna thua. —Guet! d' Frau kennt mi' schon a bisserl und moant, i kunnt hand handgreiflich werden, da schreit's: Simmerl. schaff eahm außa, na hol i d' Schandarmerie, funst timmt no' mehrer. Der Simmerl hat dann g'- sagt: Dös brauch i mir net zu gefall'n zu lassen! i sag' eahna ganz ener gisch: 'naus, 'naus, 'naus! I laß eahm no' a bisserl net waren fertig. Der Michl erhielt für seine Ruchlo sigkeit zwei Geldstrafen von je fünf Mark. Er mochte etwa mehr erwar tet haben, denn er meint«: Wenn i net von Eahna selber, Herr Stadtricht«r, a vierazwanzg Stund'n kriag'n kunnt, nacher that i no' a mal an Haussrie- / densbruch risliren, aber so is ja die G'schicht ganz guet 'nausganga. Nur der Noth koan Schwung lass'n! Bedenklicher Fleiß. Mutter (stolz): .. Und ob der Pepi fleißig beim Violinsvielen ist! Jetzt hat er seit einem halben Jahr' Stund' und die dritte Geige ist schon hin!" Eine weite Aussicht. Auf dem Wasserthurm in Hamburg sagte zu dem Wächter ein Besucher: »Man hat doch von hier aus eine ziem lich weite Aussicht? Gewiß! giebt der Angeredete zur Antwort. Man kann wohl auch von hier aus Tuxha sen sehen? frägt der Besucher. „Natürlich noch viel weiter! erwidert der Wärter. So, das Ist aber doch kaum denkbar! Na, passen Sie Aha! A.: der Arzt hat mir verboten, vorläufig Champagner zu trinken. B.: Wahrscheinlich, bis Du ihm Deine Rechnung bezahlt hast!