Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 17, 1896, Page 6, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    6 Hievertrieöcn.
Es ist Nachts ein Uhr.
Im Kinderzimmer schläft der kleine
siebenjährige Kur: und seine zweijäh
rige Schwester. Der Junge hustet
auf. Nebenan ist das Schlafzimmer
der Eltern.
„Du. Grete," sagt der Mann hajtig,
„Kurt hustet! Hörst Du nicht?"
Die Frau erhebt sich schlaftrun
ken „Ich höre nichts!"
„Es ist doch merkwürdig, daß Du
dergleichen nie hörst, Grete!"
Die Frau lauscht. Es ist alles still.
„Es ist ja auch nicht gefährlich, wenn
«in Kind einmal aufhustet." Sie ist
unwillig über den gestörten Schlaf.
„Bei Dir, Grete, scheint's aber ge
fährlich Hu sein, wenn man Dich im
Schlafe stört, selbst Wenn's die Kinder
betrifft!"
Er lauscht gespannt nach dem Kin
derzimmer. Er möchte^förmlich^etwas
mal aushuste, damit er
ader ruhig wei
ter. ' , . .
„Hat sich doch wohl vieder einen Hu
sten aus der Schule mitgebracht."
brummte der Vater, und versucht
schließlich einzuschlafen.
Morgens steht der Knabe frisch und
gieb sofort Selters mit
Heißer Milch für Kurt!"
Die Frau sieht ihn verwundert an.
„Ja, ja, Selters mit heißer Milch!
oder willst Du den Husten ganz aus
arten lassen?"
„Gewiß soll Kurt es gleich zu trin
ken bekommen! Aber hat er denn ei
gentlich Husten?"
„Wie sollst Du das wissen! Du
schläfst Deine Tour herunter, da mag
die Welt entzwei gehen."
„Hat Kurt also noch oft gehustet?
fragte ängstlich die Frau.
„Eine Mutter weiß selbst Bescheid!
Ich bin doch auch kein Nachtwächter.
Bei anderen Leute kümmert sich der
Mann überhaupt nicht um Kinder
stuben!"
„Ich wünschte, Du thätest es auch
weniger! Du verursachst Dir, mir
und den Kindern vi»l unnütze Aufre
gung, Fritz."
„Meinst Du?" fragte der Mann mit
unverhohlenem Aeraer.
„Gewiß, lieber Mann! Du bist
übertrieben zärtlich und besorgt, und
daraus erwächst vieles, was den Kin-
Mit diesen Worten war ein Funken
in's Pulversaß gefallen.
„Du bist hingegen egoistisch wie alle
Frauen, obschon Ihr ewig von Opfern
und ähnlichen Sentimentalitäten
sprecht! Es bedarf erst verschiedener
Katastrophen wie Beinbrüche, Schädel
spaltungen und dergleichen mehr, um
Dich aus der Fassung zu bringen. Ich
bin allerdings Tag und Nacht um die
Kinder besorgt und noch jetzt weit
mehr, seit Kurt zur Schule geht. Du
kennst meine Ansichten über den Segen
des frühen Schulbesuchs!"
„Es wird Dir Niemand bestreiten,
daß manche Gefahren, besonders für
die noch so kleinen Kinder, im Schul
leben vorhanden sein können, aber da
für wirken Schuldisciplin, Interesse
für die Lehrgegenstände, Umgang mit
Altersgenossen auch etwas bändigend
auf einen so wilden Buben wie den un
sern!"
„Es ist ja sehr gut für Dich, daß Du
Dich so in die Nothwendigkeit fügst!
Ich halte den frühen Schulbesuch für
schädlich und kann den Zwang nicht
„Unsere Eltern und wir sind doch
auch schon mit 6 Jahren zur Schule ge
än Leib und Seele."
„Ich kümmere mich nicht um meine
Ahnen und um meine Enkel, aber daß
meine kleinen Kinder physischen und
moralischen Gefahren in der Schule
ausgesetzt sind, davon bin ich fest über
zeugt, und daher bin ich auch so ängst
lich um Kurt besorgt."
Beim Mittagessen erlaubte sich Kurt
«ine kleine Nothlüge zu sagen. Der
Vater schalt ihn mit gerechter Entrü
stung und machte ihm klar, daß er stets
bei der Wahrheit zu bleiben habe.
„Siehst Du, Grete, schon moralische
Verrottung! Das hast Du von der
gepriesenen Schulbildung! Nie hat
der"—"« gelogen! Jetzt hört «'s
den.
„Ihr Frauen mit dem ewigen Aber!
Gelogen ist gelogen!"
Die Deftigkeit des Mannes war
«benso groß wie seine unbegrenzte Ehr
lichkeit, und zu einem ruhigen Ausspre
chen ließ seine polemksche Gereiztheit es
selten kommen. Die Frau mochte ihn
nicht noch mehr erregen. Wie eine
Löwenbändigerin legte sie ihre Hand
auf seinen Arm.
„Du hast recht, Fritz!"
Nun war er wieder zu stolz und
kampflustig, einen so plötzlichen Waf
fenstillstand anzunehmen.
„Recht? Was hilft's mir, ob ich
Recht habe oder nicht? Der Junge
muß zur Schule! Bald bringt er
einen Husten, bald eine Liige mit nach
Hause."
Djese Gewittersiürntt hatten das
solchenFällen zu Wort, aber desto mehr
zum Nachdenken.
Sie sagte sich innerlich: Fritz hat ja
doch im Leben werden
den Eltern, so kann man ihm klar
wachen, was gut und ?>iife ist.
Eis seufzte unwillkürlich auf.
„Du seufzest ja so anmuthig sanft!"
ironisirte der Mann.
Sie mochte in Gegenwart der Kin
der nichts sagen, dachte aber, wie noth
wendig es sei, in allen Fällen ruhig
und sanft mit den Kleinen umzuge^n,
„Merktest Du, Grete, welche Gri-
und Frau S. enthielt.
„Nun. Grete, was gedenkst Du mit
der Einladung zu thun?"
„Und die Kinder?"
„Werden schlafen, wie gewöhnlich!
Luise das Hausmädchen bleibt
doch bei ihnen!"
„Bleibt sie nun wirklich, oder geht sie
ein Weilchen zum Freund odet zur
Freundin? Das ist noch die Frage!"
„Jetzt ist sie vier Monate bei uns
und ich habe keinen Grund, sie für so
gewissenlos zu halten."
„Ich für meine Person, würde die
Kinder nie dem Mädchen allein ander
trauen.
„Du übertreibst Deine Kinderliebe!
Wir sind allerdings verwöhnt, weil
Deine Mutter bisher bei uns wohnte,
doch wie machen's alle andern Leute?"
„Was scheren mich andere Leute!
Betreffs meiner Kinder bin ich allein
mir maßgebend!"
„Hat man einen zuverlässigen Men
schen zu Hause, finde ich nichts dabei,
wenn die Eltern sich eine kleine Zer
streuung verschaffen."
„Willst Du Dich oder mich der Angst
aussetzen, daß die Kinder in unserer
Abwesenheit vielleicht allein bleiben
daß inzwischen gar ein Feuer ausbricht
oder dergleichen mehr? Gut. dann
bin ich bereit. Dich zu begleiten."
„Ich bestehe auf dem heutigen Aus
gehen durchaus nicht. Wir bleiben zu
Hause. Aber wozu absichtlich seine
Phantasie mit solch grausigen Bildern
beleben? Wenn es in großen Städten
wohl auch ab und zu vorkommt, daß
ein Hausmädchen die Kinder im Stich
läßt, so ist solch eine große Schlechtig
keit doch noch immer nicht die Regel!
Und das Bedürfniß der Frau, manch
mal unter Menschen zu gehen, ist ein
vollkommen berechtigtes! Die Haus-
und Kinkrzucht erfordert viel Zeit
und Kraft. Oft genug wird man
mürbe, abgespannt, ja sogar theil
nahmslos! Die Frau bedarf einer
geistigen Erfrischung, um sich immer
wieder die nöthige Elasticität zu ver
schaffen. Wenn sie, reich an neuen
Eindrücken, am Abend heimgekehrt, hat
sie mehr den Kindern genützt, als wenn
sie bei ihnen Schildwache gestanden."
„Höre, Grete, Du bist ja eine kleine
redegewandte Frau; das wußte ich bis
jetzt aar nicht!"
. Weil ich nicht wußte, was Ausreden
heißt!" scherzte die Frau.
„Bon heute ab also, liebe Frau, we
niger schelten und —"
„ Und mehr ausgehen!" lachte
die N?raU und schlug in die dargebotene
Rechte ihres Mannes.
Aphorismen.
Schweigen ist Gold manchmal
aber auch Rücksichtslosgkeit.
Verschlossenheit ist oft ein billiges
Mittel, die Armseligkeit des Geistes
immer beneidet und nun gehs^ Du
doch in die Kneipe!" Mann: „Liebes
Frauchen, nur um mir 'mal wieder
trefflich!
be Ihnen doch nichts bestellt! Reifen
— Naiv. Carlchen: Nicht wahr,
Mama, wenn ich groß bin, werde ich
auch ein Herr? Mama: Ja, Du mußt
aber auch ganz artig und hübsch brav
werde ich Wohl später ein Frauenzim
> Lakonisch. „Du wolltest
Deinen Mann doch unter den Pantof
fel bringen, hattest Du damit Erfolg?"
! .S, solet!"
Alis der rolken Erde.
lm Wesergebiete der ProvinzWest-
Wittekind mit Karls des GroßenFran
gestattele Stück Westfalens, so wird
Wechsel von Wald, Feld und Wiese,
seine Bewohner kennen lernen will. '
Das westfälische Bauernhaus, von
hohen, oft tausendjährigen Eichen um-
Tenne.
mit weißeiy Kalk getünchten Wände
und die meist grün oder blau gestriche-
Wohn'stätte findet.
der Mitte der Giebelseite und ist als
B o r 112 l u r.
Denn er kann es vor Gefahren
Besser als der Mensch bewahren."
Auch der Name des Besitzers und
feiner Frau oder in alten Häusern
Querbalken einschneiden zu lassen, daß
er mit Hilfe des Geldes seiner Schwie
germutter dies Haus habe la^-
Querbalken hinausragen, sind mit
köpfen und Rosetten verziert. Ueber
all sind an den ältesten Häusern Spu
ren von Bemalungen z» mden, und es
geschnitten, Flachs gehechelt und alles
zur Wirthschaft Nöthige besorgt und
angefertigt. An den Wänden hängen in
stigt sind. Rechts links von der
Tenne befinden sich die Stallungen des
Viehes. Die Pf»rde und Rinder sind so
aufgestellt, daß sie ihre Köpfe der Tenne
zukehren und von hiex aus gefüttert
werden können. Auch möge nicht uner
wähnt bleiben, daß an den Balken oder
auf daran befestigtenßrettern die mun
tere Schwalbe gern ihr Nest baut. Sie
wird von den Bewohnern sorgfältig
geschützt, weil sie, nach ihrem Glauben,
ihnen Glück und Segen bringt. Tritt
ein Trauerfall ein, dann soll das
Schwalbenpaar, wie man erzählt, sich
dem Hause ein ganzes Jahr fern hal
ten und erst nach beendeter Trauer mit
Hellem Gezwitscher wieder seinen Ein
zug halten.
Im Hintergrunde der Tenne liegt
das Vorhaus, ein quer vorgelagerter
höherer Raum, der von zwei Seilen
durch breite Fenster erhellt wird. In
Stube.
der Mitte ist der Herd angelegt, von
dem crus die Hausfrau sämmtliche
Räume des Hauses übersehen kann. An
der Längswand stehen alte geschnitzte
oder bemalte Kleider- und Küchen
schränke, ein in einer Ecke befindlicher
Brunnen liefert das nöthige Wasser,
eine Treppe führt von hier aus auf die
weiten Bodenräume, und in den hohen
Querbalken hängen luftig und kühl die
geräucherten Würste und Schinken. Da
sämmtliche westfälische Bauerhäuser in
früherer Zeit Rauchhäuser waren und
in ihnen der Rauch von dem niedrigen
Herde in dicken Schwaden seinen Aus
gang durch die beidenSeitenthüren und
das Einfahrtsthor nehmen mußte, so
sind die Wände und Balken der ältesten
Häuser noch heute vom Rauch ge
schwärzt. Der Feuergesährlichkeit we
gen ist dieser Zustand jetzt beseitigt,
anstatt des alten niedli
chem der Rauch nunmehr, wie in jedem
andern Hause, seinen Ausgang durch
den Schornstein nimmt.
stellt. Da sie aus gutem Eichenholz ge
fertigt sind, so sind sie gewiß, wie auch
die Jahreszahlen beweisen, schon von
Bettstelle mit Lampe.
um ihre Taille geschlungen hat.
So bildet also der westfälische
politischer Beziehung eine Bauern
men Friedhofe der Mittelpunkt des
Ganzen ist.
Vermöge Abgeschlossenheit hat
der westfälische Bauer noch die alten
M
!!
Friedhof.
Krause, die von der breiten Kinn- und
Brustschleife zum Theil verdeckt wird.
Die goldumborteteSchürze erreicht fast
die Länge des Rockes. Bei Ausfahr-
Kopftheil befestigt ist.
—Am gescheitesten. „Wai
soll ich zum Nachtmahl kochen, Adolf?'
»Etwas aus dem Gasthaus."
Zttnsvrulk.
Die so herrlich am Inn gelegene
Hauptstadt Tirols, Innsbruck, im
scheu Alpen gelten. Die Stadt hat
eine Bevölkerung von über 23,000
Einwohnern (mii den Vororten 35.-
ncbst der Vorsicht Wilten größten
durch drei Brücken mit den am linken
Ufer liegenden Vorstädten Mariahilf,
Aussicht von der neuen
Brücke.
hindurch, zunächst aus den Margare
thenplatz, auf dem der 1863 bis 1867
erbaute Rudolfsbrunnen an die sllns-
Oesterreich erinnert. Weiterhin ge
langt man zur Maria Theresienstraße,
der belebtesten und schönsten Straße
Annafäule, 1706 zum Gedächtniß der
Räumung Tirols durch die bayerischen
und französischen Truppen errichtet,
und mit dem herrlichen Ausblick aus
den Solstein. Den südlichen Abschluß
der breiten Straße, in der das Land
haus. die Post und andere ansehnliche
Gebäude aus dem 17. und 18. Jahr
hundert liegen, bildet die 1765 zur
Vermählungsfeier des Kaisers Leo-
Tiroler Hof.
pold tl. mit der Infant!» Maria Lu
-30,000 Ducaten haben kosten lassen.
In seiner jetzigen Gestalt rührt der
Maximilian I. (1504) her, aus den sich
auch die schönen marmornen Wappen
schilder und die Malereien (Maximi
lian mit feinen zwei Gemahlinnen) be
ulte Stadt- oder Feuerthurm empor,
und rechts führt die Hofgasse zu der
Franziskaner- ode: Hofkirche mit ih-
Marla-Theresien-Straße.
Die Pfarrkirche enthält ein Altarbild
von Lukas Kranach. Beim Austritt
der Hofiirche links die
dagogiums befindliche colossale Rettef
karte Tirols von Professor I. Schuler,
die aus den Gesteinsarten zusammen
gesetzt ist, welche den thatsächlichen geo
logischen Verhältnissen entsprechen.
Noch lohnender sind die Ausflüge in
die Umgebung, um die so liebliche wie
großartige Natur recht zu genießen:
nach Schloß Weiherburg, der Hunger
burg, Mühlauer Schlucht, nach dem
Berg Jfel mit dem Hofer-Denkmal
Natters, nach Schloß Ambras, den
Lanfer Köpfen u. s. w.
Fremde Einmischung.
Himmeldonnerwetter,was machen denn
Sie b-i nachtfchlafener Zeit für einen
Höllenlärm an der Hausthür? Be
trunkener (brüllt): He, Lehmann. Du
olles Nilpferd, mach uff! Leh —Lehhh-
maann! Ich heiße nicht Lehmann, ich
bin der Privatier Meier! Betrunke
ner: Denn halt' de Klappe, denn jehtet
Dir »cch nischt an!! (brüllt und lärmt
sidel weiter).
Ein fürstliches Paar.
Das letzte Geburtstagsfest der Kö
nigin Charlotte von Württemberg
war ein Doppelfest, indem an demsel
ben zugleich die Verlobung der Herzo
gin Elsa von Württemberg mit dem
Lippe bekannt gemacht und gefeiert
wurde. Die Herzogin Elsa Mathilde
Maria von Württemberg, geboren am
1. März 1876, ist eine der beiden
von Württemberg, Großfürstin von
Rußland, und des im Jahre 1877
durch einen Sturz vom Pferde jäh aus
dem Leben geschiedenen Herzogs Eu
gen von Württemberg, des damaligen
Das Brautpaar,
präsumtiven Thronfolgers. Der
Bräutigam, Prinz Christian Albrecht
Gaetano Karl Wilhelm zu Schaum
burg-Lippe, geboren zu Ratiboritz am
24. October 1869, ist der zweite Sohn
des Prinzen Wilhelm Karl August zu
Schaumburg-Lippe und der Prin
halt. Prinz Wilhelm P Besitzer der
Der rücksichtsvolle Ehe
ler!"
Erster Geiger: „Aber, Herr Diri-
Schulmeister: „Macht nichts! Wt-
Fräulein: Sie sind doch
ein Soldat!"
Fürchterlich. Lieutenant:
Rekrut Mayer, Sie wie
Schiller!
Ah so ! Wenn ich
und strenge Zucht halte. Bewerbers
Aus Zucht dürfen Sie sich verlas
sen, ich war sechs Jahre im Zuchthaus.
Banlier: Was? Und da unterstehen
Sie sich Bewerber: Ja ent»
schuldigen Sie ich war Aufseher im
Zuchthaus!
Strinbauer Sepp kann's vor Zahn
schmerz nicht länger aushalten und
sähri per Eisenbahn zur Stadt, um.
sich den bösen Zahn ziehen zu lassen.
Kurz vor dem Ziel entgleist der Zug
und Sepp kommt zu Tode. „Mein ar
mer Seppl", schluchzte die treue Gat
tin an der Leiche des Verunglückten,
.jetzt ist er todt. . . und nit mal den
bösen Zahn hat er sich ziehen lasse»
kZ»nw!"