2 Armer Kert. 1. ! Armer Kerl! Eines Tages hatte er sich entschlos sen, ihr seine Liebe zu erklären. All die Wahnsinnige, glühende, flammende Lie be, die in seinem Herzen lohte. Die junge Dame hörte ihn mit arti gem Lächeln an, und als er seine Er klärung endlich fertig gestammelt hat te, da bat sie ihn, sich den Gedanken an sie doch gefälligst lieber aus dem Sinne zu schlagen. Armer Kerl! Er stand da wie geknickt; er wurde todtenbleich, seine Lippen versuchten weiter zu stammeln, aber es ging nicht. Dafür rannen zwei dicke Thränen über seine Wangen. Das junge Mädchen wurde durch den Anblick dieser Thränen gerührt. Sie reichte ihm ihre Hand, sprach ihm einige freundliche Worte des Tro stes zu und schloß: „Sie sollen stets ei ne Schwester an mir haben, eine auf richtige Schwester! Wollen Sie?" Armer Kerl! «>ng. Ging.um sich auszuweinen und aus zufchluchzen. Und da das zu lange dauern zu wollen schien, so schickte sein Papa ihn auf Reisen. Armer Kerl! 2. Drei Monate waren vergangen. Es war Hochsommer. ? Der junge Mann kam an Bord der »Normandie" von Amerika zurück, «hne vergessen zu haben. Durch einen Brief, den er zu Hause antraf, erfuhr er, daß Alice Alice hieß die unbeugsame Schöne auf Ghlt sei. . Auf Sylt?.' Natürlich fuhr er sofort dorthin. Armer Kerl! Er kam auf Sylt an. Bei jedem Mädchen, jedem Weibe, das er sah, klopfte sein Herz höher, denn in jedem Weibe sah er, oder glaubte er Alicen zu sehen. Aus dem Strande kommt ihm eine junge Dame entgegen. Diesmal ist es Alicr. Armer Kerl! Sie streckt ihm beide Hände entgegen und heißt ihn willkommen. Ach, und wie schön sie geworden ist. Noch viel tausendmal schöner als sie gewesen; so frisch, so rosig, so duftig, in ihrem Kleide von weißem Piquee. Sie aber hält seine Hände fest und sieht ihm zärtlich in die Augen. Armer Kerl! „Erinnern Sie sich noch," sagte sie zu ihm, „jener Tage, da ich Ihnen sag te, ich wollte Ihnen eine Schw:ster sein?" Ach Gott! und ob er sich erinnert! Ein tiefer schwerer Seufzer sagt es ihr mehr, als alleWorte es ihr sagen könn ten. Armer Kerl! „Nun denn," fährt das junge Mäd chen fort, jetzt will ichJhnen nicht mehr Schwester sein. Ich will Ihnen mehr sein, das Theuerste, was es auf Erden giebt!" Und sie preßt feine Hände so innig und sieht ihn so an, so zärtlich, 50.... so Armer Kerl! „Wäre es möglich?" ruft er. Da senkt sie wie verschämt ihr Köpf chen. „Ja," sagte sie, ich will Ihnen mehr sein, viel mehr: eine Mutter!" .Eine Mutter?!?!?!!!... !?" „Jawohl, eine Mutter! Gestern hat Me? „Ich ... habe „Ja" gesagt." Armer Kerl! An dem Tage hatte er keinen großen Appetit. Und das Menu war so gut. Armer, armer, armer Kerl!! Vor- und Nachher. Der jugendliche Liebhaber Felix Po serl am Stadttheater in Kleingroß heim hatte die üble Gewohnheit, der Vertreterin der jugendlichen Liebha berrollen, sobald es das Stück vor schrieb, nicht den üblichen Theaterkuß, sondern allemal statt zu „markiren", einen sehr feurigen wirklichen zu le ben. Die Dame war wüthend, sie hatte Ohrfeige verabreicht der Direktor schäumte und nahm Poserl in immer höhere Strafen es nützte aber alles nichts, Poserl wollte absolut nicht mar tiren. Im Gegentheil, er verfolgte die hübsche Collegin sozusagen Tag mid Nacht nun auch außerhalb des Dien stes mit seinen Liebesbetheuerungen. Endlich ließ sie sich erweichen und hei rathete ihn fast am selben Tage gin gen sie in ein anderes Engagement. Unlängst nun besuchte eine Collegin, die Kleingroßheimer Kußge schichte mitdurchgemacht hatte, Frau Poserl. „Nun", war eine ihrer ersten Fragen, „küßt Dich Dein Mann nach seiner alten Gewohnheit noch immer so Merkwürdig. Mikosch (zu Bcinem Freund): Hob' ich mir gekauft schön's Glaserl in Berlin, schau durch, schau 's Brandenburger Thor. Komm stallzUHcms' seh durch, is meiSchwein «hin mit einem Anderen gehen sieht): Schau,schau, die Kathi! Morgen wollt' tch mit ihr eine Liebschaft anfangen Heu 6 wird sie mir untreu! Die erste Waßt w Snake Kulch. Heute ist Snake Gulch ein flottes, lebhaftes und ziemlich volkreiches Mi nenstädchen in Arizona geworden, aber damals lag es noch sozusagen in den Windeln. Zu den „ältesten" Ansied lern und hervorragendsten Bürgern gehörte Col. Aellowbuck und Major Ruft. Der Colone! war aus Kentucky und hielt viel auf seine Eigenschaft als Gentleman, weßhalb er auch von den übrigen Ansiedlern, nach dem Motto: Nur der Lump ist bescheiden, mit einer gewissen Rücksicht behandelt wurde, die nicht allein seiner außerordentlichen Treffsicherheit mit dem Revolver und seinen umfassenden Kenntnissen auf dem Gebiete des Sports zuzuschreiben war. Man erzählte sich sogar von ihm, er sei ein durchgebrannter Buchmacher, der seiner Zeit als Autorität auf allen Rennplätzen des Blau-Gras-Staates gegolten habe. Auch war Col. Uellow buck ein sehr stattlicher, großer Mann, dem die Portweinfarbe im Gesicht sehr gut zu seinem ergrauten, üppigen Haarwuchs stand. Ihm zunächst an Ansehen stand der Major, ein Mis sourier; obwohl er beinahe einen Kopf kleiner war als der Colonel hatte er doch einen Bulldognacken und die Stärke eines Stiers. Die Beiden wa ren große Freunde, und jeden Morgen konnte man sie zusammen in Pete Dozle's Apotheke den „Eye Opener", Abends die „Nachtmütze" und selbst während des Tages eine Anzahl Do sen Medizin hinunterschlucken sehen. Gewöhnlich bestand diese Medizin in einfachem Whiskey, ohne Wasser. Ih nen zuhören war ein Genuß, denn sie besaßen beide die Gabe des Südlän ders, über Alles hübsch und lebhaft zu reden. Eines Morgens im August standen die Zwei wieder vor der blanken Ma hagonybar und schluckten ihr Lieb lingsgetränk mit Grazie hinunter. „Mehdscher", sprach da plötzlich der Colonel, „dies ist eine sehr nette An siedlung das reine Paradies. Nur Eins fehlt." „Richtig, Cörnel, Eins fehlt die Mäjestät des Gesetzes." „Correct, Mehdscher wie wär's, wenn wir die Sache in die Hand näh men? Eine Localwahl, um Ordnung in der Ansiedlung zu schaffen, die Aemter richtig vertheilt was?" „Stimme vollkommen überein mit Ihnen, Cörnel die Aemter richtig vertheilt dann würde Snake Gulch einen großen Aufschwung nehmen. Wir schulden das unseren Mitbürgern, Cörnel, wir Zwei, zu denen sie auf schauen." „Ganz recht, Mehdscher laßt uns an die Sache gehen. Vorläufig ge nügt ein Friedensrichter, ein Rath der Superviforen und ein, hm, hm —" „Ein Sheriff, Cörnel, ein Sheriff laßt uns den nicht vergessen, Cör nel wichtiges Amt, wozu ein Mann von Charakter gehört —" und der Major sah dem Anderen scharf und spähend in's Auge, so daß der Colonel etwas röther ward. „Ja, ganz recht, ein Sheriff das hätte ich beinahe vergessen." Und sie schüttelten sich die Hände links abbog. Eine Woche verging so, eine ereig nißreiche Woche. Denn es wurden drei Personen gelyncht in jener Woche. Erst Jim McFarland wegen Pserde diebstahls, dann dessen Bruder Per kins, weil der zwei der Regulatoren auf offener Straße niedergeknallt hat te, und schließlich Aleck White, der im Red Star Saloon beim Falschspiel er tappt worden war. Es ging damals überhaupt noch etwas wild zu in Snake Gulch. Fast keine Woche, ohne daß die Regulatoren den würde, was doch im Hinblick auf die steigenden Preise der Baustellen und aus das Geschäft nicht wünschens werth war. Der obigen Unterredung zwischen dem Colonel und dem Major folgte denn auch bald eine zweite. „Ich habe einen Mann im Auge, Cörnel", nahm der Major das Wort, „der mir sehr passend erscheint, um der wachsenden Gesetzlosigkeit Einhalt zu gebieten", und wieder blickte er den Andern augenblinzelnd an. Der Colo nel erröthete. „Haben Sie, Mehdscher, haben Sie? Das freut mich," murmelte er. „Ja, einen tüchtigen Mann, einen von Principien, der auch das Herz auf dem richtigen Flecke hat." „Was wollen Sie nehmen, Mehd scher?" frug der Colonel, indem feine Augen glänzten. „Die übliche Dosis, Cörnel, die üb liche Dosis, und, wie gesagt, es'wird Zeit, daß wir uns an die Arbeit wenden, Ordnung ist das erste Gesetz des Himmels." „Gut, thun wir das, Mehdscher", brummte der Colonel. Und sie begaben sich wirklich an die ber, um die erste Localwahl in Snake Gulch zu Wege zu bringen. Und ihre Idee fand Beifall. Das Lynchen hatte l!i> Laufe d-r letzten sechs Monate fast Jeder schon diesen oder jenen Freund aus so unerwartete Art verloren hatte. Das Datum der Wahl wurde be stimmt und Candidaten für die ver schiedenen Aemter schössen auf wie die Pilze, obwohl es doch eigentlich nur zwei Posten gab, die der Mühe werth waren die des Friedensrichters und des Sheriffs. Aber für Friedensrich ter, darüber waren sie alle einig, paßte doch nur Einer „Lame" Ald redge, der zugleich Postmeister und Agent für die Expreß-Compagnie war, denn der war der einzige, der eine blasse Idee vom Gesetzbuch hatte, und der konnte auch so leidlich ortho graphisch schreiben. Hingegen für Sheriff, so stellte es sich bald heraus, waren Zwei im Fel de. Und dies waren, wie Snake Gulch mit Erstaunen constatirte, der Colo nel und der Major. Doch das Erstau nen der Stadt war nicht so groß darü ber wie ihr eigenes Erstaunen. Es lag offenbar ein böses, ein schlimmes Mißverständniß vor. Denn bis vor einerWoche hatte der Colonel geglaubt, sein Freund, der Major, „arbeitete" für ihn, und der Major wieder hatte angenommen, daß der Colonel sich für ihn aufopfere von früh bis spät, um somehr als sich die Zwei nicht mehr in ihrem gewöhnlichen Rendezvous, bei Pete Dozle's, getroffen hatten. Als der Colonel von dem Verrath seines Freundes hörte, da nahm fein rothes Gesicht eine bläuliche Schatti rung an und er murmelte etwas in den Bart von der „Schlange im Gras". Der Major dagegen, als er die Nachricht vernahm, schlug die Hände über dem Kopf zusammen, tippte sich dann vor die Stirn und sagte nur: „Also deßhalb nahm er meineJdee so günstig auf hm, hm!" Das war Alles. Und so waren die Beiden denn thätig von früh bis spät, um ihre Chancen für den Wahltag, jeder für sich, zu verstärken, und kein Haus, kein Saloon, nicht einmal die zwei chinesischen Waschonkel, die seit Kurzem in Snake Gulch ihre segens reiche Thätigkeit entfalteten, blieben von ihnen verschont. Und wenn sie sich auf der Straße begegneten, der Colo nel und der Major, so strichen sie an einander vorbei wie zwei knurrige Köter. So kam der Wahltag heran. Es ging sehr lebhast zu. Sowohl der Colonel wie auch der Major strengten ihren Credit auf's Aeußerste an, um ihre Freunde und Parteigänger nicht trocken werden zu lassen. Im Wahl zimmer hielt sich, als der Tag auf die Neige ging, eine kleine Anzahl von prominenten Bürgern auf, um zu se hen, daß Alles mit rechten Dingen zu gehe. Als der Colonel Mexican Joe, einen des Englischen völlig unkundigen Maulthiertreiber, herbeischleppte, da erhob sich ein Murmeln der Unzufrie denheit unter den Freunden des Ma jors, denn der Mexicaner war, soviel man wußte, nicht einmal Bürger der Vereinigten Staaten. Aber als dann der Major mit den beiden Chinesen an langte, und diese lächelnd und unschul dig ihre Zettel in die Urne werfen wollten, da gab es einen Aufruhr un ter den Anhängern des Colonel, und Letzterer selbst suchte zu verhindern, daß die beiden Mongolen stimmten. Indessen bemerkte der Major ganz richtig und geschäftsmäßig: kvi-l'.v didaten fielen. Dies waren indeß die letzten Stim mzettel, die an jenem Tage abgegeben wurden. Sonst hatte schon jeder Mensch in Snake Gulch seiner Biir- genügt. das Zählen der Zettel los. Es dauerte und zu goß er sich sein Glas voll und leerte es. Der Major that dasselbe. Plötzlich erhob sich die Stimme des Wahlrichters: Major Ruft 88." „Ich protestire— die Wahl ist un jor. „Ungültig, weil Major Ruft, der und hell. Als der Rauch sich verzogen hatte, saßen sich die beiden Gegner und ehe- Stühle gefallen. Beide waren todt beide hatten eine Kugel in's Herz er-j halten. So endete die erste Wahl in Snake Gulch. Eine Woche später fand die Supplementärwahl statt. Pete Dozle wurde zum Sheriff erwäblt. Man mußte ihm doch Gelegenheit geben, seine großen Verluste am Wahltage, die er durch den Colone! und den Major sowie deren beiderseitige Freunde erlitten, wieder einigermaßen Der Sanftmuthspreis. Ich war fünfunddreißig Jahre alt und Junggeselle, was meine Eltern zur Verzweiflung brachte, und fortwährend mußte ich Vorwürfe hören. „Du wirst doch nicht Dein ganzes Leben lang Junggeselle bleiben? Du willst also ein unnützes Mitglied der menschlichen Gesellschaft werden? Ein alter Junggeselle ist ein todter Zweig muß! Was soll denn aus Dir wer den, wenn wir nicht mehr sein werden? Wer soll Dich pflegen, wenn Du krank bist? Wer soll für Dich ko chen? Es fehlt doch nicht an jungen Mädchen. Wir kennen prächtig« Partieen." Nuu mußte ich zum hundertstenMa le die Aufzählung all' dieser prächtigen Partieen aus demVekanntenkreise mei ner Eltern über mich ergehen lassen. Irma Vobinhard, einzige Tochter, alte Eltern, Vater früherer Fabrikant, hübsche Mitgift; Celestine Rosenville, Tochter eines Viehhändlers, Waise, schönes Vermögen, einzige Erbin einer tranken Tante, die seit Jahren mit ei nem Fuß im Grabe stand; Henriette Pochaud, Tochter eines Notars, der Unglück gehabt hat, Opfer eines Ju stizirrthums (er ist freigesprochen wor den) hat ein großes Vermögen erwor ben, das einen dichten Schleier über seine Vergangenheit wirft. Ivette de la Brauchen«, eine sehr wohlerzogene junge Person, nicht sehr reich, aber schöne Beziehungen; Malonia Frain bois, Tochter eines Kaufmannes, Künstlerin bis an die Haarwurzeln, musikalisch bis zu den Fingerspitzen, spielt die schwierigsten Stücke, sogar auf der Zither. Ich habe Mißtrauen gegen musikalische Damen, selbst wenn sie nur Zither spielen. Lucie Rascaille, Tochter eines hohen Eisenbahnbeam ten, sehr häuslich und stickt vorzüg lich. Mir wurde die Wahl schwer. Was mir ganz besonders mißfiel, war der Umstand, daß immer nur vom Vermögen die Rede war. Da ich selbst ziemlich wohlhabend war, so wollte ich vor allen Dingen ein junges Mädchen heirathen, das mir gefiel. Daher blieb ich auf alle Ermahnun gen taub. So standen die Dinge, als meine Tante und meine Cousine mei nen Eltern einen Besuch machten. Wir haben eine passende Partie für Emil," rief meine Tante. Emil bin ich nämlich! „Aha!" sagte ich zu mir; „schon wie der eine Partie!" „Eine prächtige Partie!" erklärte meine Tante. .Ja," fuhr meine Tante fort, „ein reizendes junges Mädchen, sehr wohl erzogen .zeichnet wie Raphael und singt wie eine Lerche." „Und wie heißt diese Perle?" frag te ich. „Charlotte Verduret!" „Und was auch nichts schadet," setz te meine Tante hinzu, „sie hat eine schöne Mitgift; ihr Vater ist Armee lieferant gewesen." „Ja, ja," meinte ich, „bei dem Ge schäft wird Keiner arm!" „Wenn Du Fräulein Verduret nicht haben willst, so bist Du wirklich schwer zu befriedigen." „Jawohl," fuhr mei ne Cousine fort, „Charlotte ist ein En gel. Wir waren zusammen in der Pen sion; sie hat den Sansmuthspreis be kommen; was sagst Du dazu?" „Wenn sie den Sanftmuthspreis be kommen hat," versetzte ich, „so habe ich nichts mehr einzuwenden." Es wurde beschlossen, mich vorzu stellen. Einige Tage später erhielt ich eine Einladung von den Verdurets; meine Tante führte mich ein. Fräulein Char lotte, eine Brünette von 25 Jahren, ein sehr hübsches Mädchen, gefiel mir so fort. Sie schlug die Augen zu Boden und musterte mich dabei von Kopf bis zu den Füßen. Ich war entschieden bezaubert. Ich kam wieder, und man gestattete mir, Fräulein Charlotte den Hof zu ma chen. Das junge Mädchen war zurückhal tend und sprach nur wenig; desto mehr aber thaten das die Eltern. Abends wurde ich eingeladen, den Thee mit ih nen zu nehmen; meine Zukünftige setz te sich an's Klavier und sang uns mit ziemlich angenehmer Altstimme etwas vor. Während dieser Zeit zählte mir die Mutter die guten Eigenschaften ih rer Tochter aus, während der Vater, der in einem Fauteuil ausgestreckt lag, fortwährend Cigarren rauchte. Eines Abends öffnete die zukünfti ge Schwiegermutter einen Bibliothek schrank und sagte: „Das sind die Preise, die meineToch ter nach sause gebracht hat; sie war stets die erste in der Pension." Ich bezeigte meine Bewunderung. „Sie hat auch den Sanftmuthspreis bekommen." „Das wußte ich," sagte ich. „Soll ich ihn Ihnen zeigen?" „Ich wagte nicht, Sie darum zu bitten!" Die Schwiegermutter reichte mir den Band: „Geschichte der unglücklichenKö- Es muß wohl sehr viele unglückliche Außerdem war er illustrirt. Ich blätterte darin. Ein Holzschnitt stellte die unglückli che Jane Grey dar, wie sie der Henker eben ergreist; «in anderer zeigte Ma rie Stuart, den Kopf auf dem Block ; ein anderer Marie Antoniette, auf das Schaffst steigend. Madame Verduret zählte mir sämmtliche Preise auf, d!e ihre Tochter erhalten. Ich mußte einenßlick in jedes Bucb werfen und der glücklichen Mut ter Complimente machen. Mit meiner Braut hatte ich mich noch nicht viel unterhalten können; daher benutzte ich einen Abend, als wir allein waren, um sie nach ihren Gefühlen, mir gegenüber, zu befragen. „ich stehe im Begriff, Ihr Gatte zu werden, und möchte gern wissen, ob meine Persönlichkeit Ihnen angenehm ist!" „Mein Herr," versetzte sie, „meineEl tern haben Sie als Schwiegersohn an genommen und ein wohlerzogenes jun ges Mädchen muß seinen Eltern gehor chen." „So meine ich es nicht!" rief ich; die Einwilligung Ihrer Eltern genügt mir nicht; ich will vor allen Dingen dieJH rige haben!" Sie schlug die Augen zu Boden. „Ich habe nicht gesagt, mein Herr, daß ich nicht einwillige!" „Wie! Sie willigen ein?" Außer mir vor Freuden ergriff ich ihre Hand, die ich ehrfurchtsvoll an meine Lippen führte, und drückte einen heißen Kuß auf zwei Finger, die sie nicht allzu hastig zurückzog. Meine Cousine hatte Recht, meine Zukünftige war ein Engel, ich war gar nicht würdig, einen solchen Schatz zu besitzen. Trotzdem hielt ich mich bei die ser Betrachtung nicht auf und die Hoc hzeit wurde festgesetzt. Sie wurde mit Pomp gefeiert und acht Tage lang folgte ein Diner und ein Ball dem andern. Zahlreiche Gäste wurden eingeladen. Meine Frau war zu allen liebenswürdig und zeigte sich als vollkommene Weltdame. Ich war stolz auf sie. Als der letzte Gast, ein al ter Vetter, der garnicht gehen wollte, verschwunden war, sagte ich zu meiner Frau: „Endlich allein! Jetzt sind wir, Gott sei Dank, die langweilige Gesellschaft los." „Sie sind nicht höflich gegen unsere Freunde und Verwandten," entgegnete sie. „Weil ich so glücklich bin," versetzte ich zärtlich. Dabei zog ich meine Cigarettenta sche heraus und wollte mir eine anzlln „Jch hoffe, Sie werden hier nicht rauchen!" meinte meine Frau. Eine Cigarette, eine ganz kleine Cigarette." „Nicht um die Welt!" rief sie im lebhaften Tone. „Aber mein liebes, kleines Frau „Nein!" „Die Cigarette ist Ihnen so unan genehm?" „Sie ist mir nicht unangenehm; aber ich will nicht, daß Sie rauchen." „Ihr Vater raucht den ganzenTag!" Mein Mann wird nicht rauchen. Ich bin nicht wie Mama, ein Lamm, das sich abschlachten läßt." „Aber das ist ja garnicht meine Frau," dachte ich, „man hat sie mir ausgetauscht." „In einer Ehe," fuhr ich fort, „muß mau sich gegenseitig zu Gefallen leben; und dasCigarrettenrauchen ist für mich eine alte Gewohnheit." „Sie werden sie eben aufgeben, das ist alles!" „Das ist nicht ernsthaft, Sie scherzen sicherlich?" „Ich verbiete Ihnen zu rauchen, nun versuchen Sie es doch!" „Und ich." versetze ich, „verbiete Ih nen, in diesem Tone mit mir zu spre chen!" Ich hatte noch nicht ausgeredet, als ich einen dicken Band an den Kopf be- Ich bückte mich, um das Buch auf zuheben und wich entsetzt zurück. Es war der Sanftmuthspreis! Und trotzdem trotzdem leben wir noch immer zehn Jahre sind seit un serer vergangen—sehr glück lich. Wie süß ist die Versöhnung nach solchen Scenen! Ich glaube nicht mehr daran, daß eine Frau denSanstmuths preis besitzen muß, um ihren Mann glücklich zu machen.... Aus dem Zaun. Die kleinen Vögel schweigen, Bald wird die Heide braun, Ein Vogel nur gar eigen Singt Abends noch vom Zaun. Ein muntrer Vogel, wißt es, Der gerne hüpft und springt, Ein lust'ger Vogel ist es, Der von dem Zaune singt. Doch wenn im Abendschauer So still die Welt umher, Nur hinter schwarzer Mauer Des Waldes rauscht das Meer, Wenn dann vom Zaun in Tönen Es schallt um diese Zeit, Den Vogel, klagt er mir: „Mein Schatz ist über'm Meere, Ach, wär' mein Schatz doch hier! Wie würd' ich dann wohl munter, Wie flög' in einem Nu Ich von dem Zaun hinunter Und grade auf ihn zu!" Der sprechende Kund. Daß es sprechende Kanarienvögel gibt, haben wir erst kürzlich auf dem letzten Hamburger Dom gesehen, wo bekanntlich ein derartig kleines, gelbes Vieh ausgestellt war. welches auf die Frage: „Wat magst Du leewer smö ken, en Cigahr oder 'n Piep?" mit gar nicht mißzuverstehender Geberde erwi derte: „Piep!" Und warum nicht? Existiren doch singende und tanzende Mäuse, Pfei fende Stare und sogar auch pfeifende Gemsen, also weshalb sollte nicht eben falls mal ein sprechender Hund vor kommen können? Der Herr Bürgermeister von Däm lichhusen glaubte bisher freilich nicht daran. Er war nämlich, trotzdem er im Uebrigen als unumschränkter Ge bieter in seinem kleinen Landstädtchen herrschte, geistig doch etwas beschränkt, genau so, wie es für seine Gemeinde Paßte. Deshalb mochte ihn auch Jeder gern und man verehrte ihn förmlich wegen seiner „vernünftigen" Ansichten. Nun aber hatte unser braves Stadt oberhaupt dasGlück, mit geradezu her vorragend intelligenten Lebewesen um geben zu sein, ein Umstand, der im Laufe der Zeit zu einem höchst unange nehmen Eonflikt für ihn führen sollte, wie wir bald sehen werden. Da war in erster Linie Karo, sein kleiner Teckel, ein Hund von so über aus großer Begabung, daß er seinen Herrn in allen Dingen, bei welchen es nicht nur auf Instinkt, sondern auch auf Ueberlegung ankam, bei weitem übertraf. Karo konnte z. 8., um nur eins anzuführen, mit Leichtigkeit in einen Dachsbau hineinkriechen, und das brachte der dickleibige Bürgermei ster trotz seiner vornehmen Stellung mit dem besten Willen nicht fertig. Ferner war der Johann, der Haus knecht, ein welterfahrener Mann, der seine vier Jahre ehrlich bei den Garde dragonern in Berlin abgedient hatte, und daher in Dressur und Schliff den klugen Karo womöglich, jedenfalls aber seinen nichtgedienten und nicht gereisten Chef leicht aus dem Felde schlug. Und I.'liit not lc.iut, zählte zu der Umgebung des hohen Herrn auch noch Trina, die Haushälterin (der Herr Bürgermeister war nämlich unbe weibt), eine große, starke Brünette von circa dreißig Jahren, deren weibliche Schläue von Niemandem angezweifelt wurde, ebenso wenig wie ihre Energie, vermöge deren sie ihren Brotherrn und somit im weiteren auch das ganze Ge meinwesen des Städtchens beherrschte. Was man sich sonst noch von dem zwischen den Beiden obwaltenden Ver hältnisse erzählte, das gehört nicht hierher, weil es erstens nicht erwiesen ist und weil man zweitens der hohen Obrigkeit kein Mißtrauen entgegen bringen soll. Soviel steht aber fest, zwischenTrina und Johann existirte nicht das beste Verhältniß. Sie zankten sich unauf hörlich. Dennoch wagte der Herr Bür germeister den Johann nicht hinauszu werfen, denn derselbe war ihm eben zu klug! Er wußte so allerlei. Nun finden wir aber in unserer meister in liebenswürdigem Tone, „wirklich ein überaus kluges Thier!" „Ja, dat meen ick ok, un wenn he en Verl mehr werth!" „Gewiß, gewiß, lieber Johann, aber daran ist doch bei einem solch unver nünftigen Vieh gar nicht zu denken, daß es jemals sprechen könnte!" „Oho, Herr Burmeister, dat seggen Se man jo nich. As ick dunntomalen in Berlin bi de Dragoners stunn, da lewte dor en Professor, de kunn de Hunn'n dat Snacten bibringen!" „Aber, Johann, das ist doch wohl unmöglich!" „Nee, dat is ganz wiß un wahrhaf tig so, un mi schient, wenn überhaupt en Köter dat Snacken lehren kann, denn is uns' Karo doch wull de Neegste dorto, denn so'n klauten Hund gisst dat doch up de Welt nich wedder!" Das leuchtete dem Herrn Bürger meister endlich ein und geschmeichelt erwiderte er: „Darin hast Du aller dings durchaus Recht, lieber Johann! Einen klügeren Hund gibt's wohl kaum. Aber wie sollte man es nur an fangen. jenem Professor den Hund hinzuschicken, da Du vermuthlich die Adresse nicht weißt?" „Oh, dat's ganz eensach. Ick reis' siilwst mit unsen Karo nah Berlin! Den Professor finn ick ganz säcker, ick weet dor jo gaud Bescheed!" „Wie, Johann? Du wolltest Dich hen?" „Jawull, dat dhau'k giern! Wenn ick den Herrn Burmeister en Gefallen paz nix!" Nun, uin die Sache kurz zu erzäh len, Johann bekam also von seinem wohlhabenden Herrn reichlich Reisegeld eingehändigt, nahm den klugen Karo an die Leine und fort ging's, freilich nicht nach Berlin, denn dies Geld konnte man ja sparen, sondern einfach bis nach Hamburg, was viel weniger recht hübsch einige Tage vergnügen und den „Hang zum Wohlleben" be friedigen kann. Spannung. „Jowull! Dat's allens in beste Ordnung! De Herr Professor seggt, der afhalen, denn kann he so gaud snacken, as wie beiden! Kost't äwer hunnert Mark!" Also das Vierteljahr verging und Johann wurde auf's Neue mit diesmal noch reichlicherem Reisegeld und gleich fessor ausgerüstet und nach Berlin ge schickt. Selbstverständlich fuhr er wie der blos bis Hamburg, blieb aber dies erstaunten und wohl auch vorwurfs vollen Blicken. „Nun, Johann, Du hast den Hund wohl noch auf dem Bahnhof zurückge lassen?" "s"'h d bd P fss nicht ausgelernt? „Was soll daS heißen? Ist denn Herr Burmeister dat denn affluts we ten will'n, denn mutt ick't jowull man verteilen: Ick kam also vichtig wedder in Berlin bi den Herrn Professor an, stieg de Treppen herup un klopp an de Dör. „Herein!" röppt dat ganz lud un wat meenen Se wull, dor sitt uns Karo ganz alleen up'n Sopha un kickt mi so recht kluksnautig an. Ick weer ganz fürchterlich verwunnert! Dat kä nen Se sick wull denken, Herr Burmei ster. „Allerdings! Nun, und dann?" „Up eenmal makt de Hund dat Mul up un fangt an so snacken, grad as vb't de Herr Burmeister siilwst weer. Hi snackt vun diit un von jenes, wo schön un so wider!" „Erstaunlich, wirklich erstaunlich!" „Jowull,dat weer dat ok un ick hadt ok min helle Freud an den klauken Köter. Mit'n Mal fängt he äwer an hier von uns' Verhältnissen tau sna cken." „Nun, das war doch sehr hübsch von ihm, daß er sich der alten Heimath er innerte." „So? Na, denn passen's mal up. Up eenmal sröggt he: „Na, Johann, wat makt denn de Herr Burmeister? Pussirt he noch Ummer mit de Hushöl lerin Trina?" „Weten Se, Herr Burmeister, do> kunn ick mi nich mehr Hollen. Aewei düsse Niederträchtigkeit würd' ick in den Oogenblick so wüthend, dat ick so forts minen Knüppel nöhm un der Hund up de Städ dodt slög!" „Das hast Du recht gemacht, mein lieber Johann!" Gewohnheitsspiel. Dame: „Also jetzt wollen wir Pfänder spielen." Student: „Bitte, keine unangenehmen Erinnerungen er wecken!" Wunderbares. Herr: Nun, haben Sie sich auch der Alpen Wunderwelt angesehen? Tourist: Ja, 's ist dort wirklich wunderbar was in den kleinsten Wirthshäusern für größte Preise Platz haben! --Merks. Herr (zum Nachbar bei der table d'hote, der sich immer die besten Stücke wählt): „Sie scheinen sehr fromm zu sein!" „Wie so?" .Prüfet alles und behaltet das Beste!" rung. Professor (zu seiner redseli gen Frau): Erzähl' nur nicht imme: Deinen Kränzchen - Damen von ko mischen Verwechslungen, die mir Pas sirt sind sonst glauben sie am Ende, ich habe Dich auch nur aus Zerstreut heit geheirathet! Kräftige Wirkung. Kauf mann zu einem anderen): Die Wir kung des Karlsbader Wassers ist wirk lich eminent, mein Buchhalter kam um zwanzig Kilo leichter zurück! Das ist noch garnichts, mein Kassirer hat sich einen Urlaub nach Karlsbad ge nommen und ist überhaupt nicht mehr wiedergekontme».